Читать книгу: «Der Freigeist», страница 3

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Dritter Auftritt

Theophan. Lisette.

Lisette. Ich bleibe, Herr Theophan, um Ihnen noch ein kleines großes Kompliment zu machen. Wahrhaftig! Sie sind der glücklichste Mann von der Welt! und wenn Herr Lisidor, glaube ich, noch zwei Töchter hätte, so würden sie doch alle viere in Sie verliebt sein.

Theophan. Wie versteht Lisette das?

Lisette. Ich verstehe es so: daß wenn es alle viere sein würden, es jetzt alle zwei sein müssen.

Theophan (lächelnd). Noch dunkler!

Lisette. Das sagt Ihr Lächeln nicht.—Wenn Sie aber wirklich Ihre

Verdienste selbst nicht kennen, so sind Sie nur desto liebenswerter.

Juliane liebt Sie: und das geht mit rechten Dingen zu, denn sie soll

Sie lieben. Nur schade, daß ihre Liebe so ein gar vernünftiges

Ansehen hat. Aber was soll ich zu Henrietten sagen? Gewiß sie liebt

Sie auch, und was das Verzweifeltste dabei ist, sie liebt Sie—aus

Liebe.—Wenn Sie sie doch nur alle beide auch heiraten könnten!

Theophan. Sie meint es sehr gut, Lisette!

Lisette. Ja, wahrhaftig! alsdann sollten Sie mich noch obendrein behalten.

Theophan. Noch besser! Aber ich sehe, Lisette hat Verstand—

Lisette. Verstand? Auf das Kompliment weiß ich, leider! nichts zu antworten. Auf ein anders: Lisette ist schön, habe ich wohl ungefähr antworten lernen: Mein Herr, Sie scherzen. Ich weiß nicht, ob sich diese Antwort hieher auch schickt.

Theophan. Ohne Umstände!—Lisette kann mir einen Dienst erzeigen, wenn sie mir ihre wahre Meinung von Julianen entdeckt. Ich bin gewiß, daß sie auch in ihren Mutmaßungen nicht weit vom Ziele treffen wird. Es gibt gewisse Dinge, wo ein Frauenzimmerauge immer schärfer sieht, als hundert Augen der Mannspersonen.

Lisette. Verzweifelt! diese Erfahrung können Sie wohl nimmermehr aus Büchern haben—Aber, wenn Sie nur acht auf meine Reden gegeben hätten; ich habe Ihnen bereits meine wahre Meinung von Julianen gesagt. Sagte ich Ihnen nicht, daß mir ihre Liebe ein gar zu vernünftiges Ansehen zu haben scheine? Darin liegt alles, was ich davon denke. Überlegung, Pflicht, vorzügliche Schönheiten der Seele—Ihnen die Wahrheit zu sagen, gegen so vortreffliche Worte, in einem weiblichen Munde, mag ein Liebhaber immer ein wenig mißtrauisch sein. Und noch eine kleine Beobachtung gehöret hieher: diese nämlich, daß sie mit den schönen Worten weit sparsamer gewesen, als Herr Theophan allein im Hause war.

Theophan. Gewiß?

Lisette (nachdem sie ihn einen Augenblick angesehen). Herr Theophan!

Herr Theophan! Sie sagen dieses Gewiß mit einer Art,—mit einer Art,—

Theophan. Mit was für einer Art?

Lisette. Ja! nun ist sie wieder weg. Die Mannspersonen! die Mannspersonen! Und wenn es auch gleich die allerfrömmsten sind—Doch ich will mich nicht irremachen lassen. Seit Adrast im Hause ist, wollte ich sagen, fallen zwischen dem Adrast und Julianen dann und wann Blicke vor—

Theophan. Blicke?—Sie beunruhiget mich, Lisette.

Lisette. Und das Beunruhigen können Sie so ruhig aussprechen, so

ruhig—Ja, Blicke fallen zwischen ihnen vor; Blicke, die nicht ein

Haar anders sind, als die Blicke, die dann und wann zwischen Mamsell

Henrietten und dem vierten vorfallen—

Theophan. Was für einem vierten?

Lisette. Werden Sie nicht ungehalten. Wenn ich Sie gleich den vierten nenne, so sind Sie eigentlich doch in aller Absicht der erste.

Theophan (die ersten Worte beiseite). Die Schlaue!—Sie beschämt mich für meine Neubegierde, und ich habe es verdient. Nichtsdestoweniger aber irret Sie sich, Lisette; gewaltig irret Sie sich—

Lisette. O pfui! Sie machten mir vorhin ein so artiges Kompliment, und nunmehr gereuet es Sie auf einmal, mir es gemacht zu haben.—Ich müßte gar nichts von dem Verstande besitzen, den Sie mir beilegten, wenn ich mich so gar gewaltig irren sollte.—

Theophan (unruhig und zerstreut). Aber wo bleibt er denn?—

Lisette. Mein Verstand?—Wo er will.—So viel ist gewiß, daß Adrast bei Henrietten ziemlich schlecht steht, sosehr sie sich auch nach seiner Weise zu richten scheint. Sie kann alles leiden, nur geringgeschätzt zu werden, kann sie nicht leiden. Sie weiß es allzuwohl, für was uns Adrast ansieht: für nichts, als Geschöpfchen, die aus keiner andern Absicht da sind, als den Männern ein Vergnügen zu machen. Und das ist doch sehr nichtswürdig gedacht! Aber da kann man sehen, in was für gottlose Irrtümer die ungläubigen Leute verfallen.—Nu? Hören Sie mir nicht mehr zu, Herr Theophan? Wie so zerstreut? wie so unruhig?

Theophan. Ich weiß nicht, wo mein Vetter bleibt?—

Lisette. Er wird ja wohl kommen.—

Theophan. Ich muß ihm wirklich nur wieder entgegengehn.—Adieu,

Lisette!

Vierter Auftritt

Lisette. Das heiße ich kurz abgebrochen!—Er wird doch nicht verdrießlich geworden sein, daß ich ihm ein wenig auf den Zahn fühlte? Das brave Männchen! Ich will nur gerne sehen, was noch daraus werden wird. Ich gönne ihm wirklich alles Gutes, und wenn es nach mir gehen sollte, so wüßte ich schon, was ich täte.—(Indem sie sich umsieht.) Wer kömmt denn da den Gang hervor?—Sind die es?—Ein Paar allerliebste Schlingel! Adrasts Johann, und Theophans Martin: die wahren Bilder ihrer Herren, von der häßlichen Seite! Aus Freigeisterei ist jener ein Spitzbube; und aus Frömmigkeit dieser ein Dummkopf. Ich muß mir doch die Lust machen, sie zu behorchen. (Sie tritt zurück.)

Fünfter Auftritt

Lisette, halb versteckt hinter einer Szene. Johann. Martin.

Johann. Was ich dir sage!

Martin. Du mußt mich für sehr dumm ansehen. Dein Herr ein Atheist? das glaube sonst einer! Er sieht ja aus wie ich und du. Er hat Hände und Füße; er hat das Maul in der Breite und die Nase in der Länge, wie ein Mensch; er red't, wie ein Mensch; er ißt, wie ein Mensch:—und soll ein Atheist sein?

Johann. Nun? sind denn die Atheisten keine Menschen?

Martin. Menschen? Ha! ha! ha! Nun höre ich, daß du selber nicht weißt, was ein Atheist ist.

Johann. Zum Henker! du wirst es wohl besser wissen. Ei! belehre doch deinen unwissenden Nächsten.

Martin. Hör zu!—Ein Atheist ist—eine Brut der Hölle, die sich, wie der Teufel, tausendmal verstellen kann. Bald ist's ein listiger Fuchs, bald ein wilder Bär;—bald ist's ein Esel, bald ein Philosoph;—bald ist's ein Hund, bald ein unverschämter Poete. Kurz, es ist ein Untier, das schon lebendig bei dem Satan in der Hölle brennt,—eine Pest der Erde,—eine abscheuliche Kreatur,—ein Vieh, das dummer ist, als ein Vieh;—ein Seelenkannibal,—ein Antichrist,—ein schreckliches Ungeheuer—

Johann. Es hat Bocksfüße: nicht? Zwei Hörner? einen Schwanz?—

Martin. Das kann wohl sein.—Es ist ein Wechselbalg, den die Hölle durch—durch einen unzüchtigen Beischlaf mit der Weisheit dieser Welt erzeugt hat;—es ist—ja, sieh, das ist ein Atheist. So hat ihn unser Pfarr abgemalt; der kennt ihn aus großen Büchern.

Johann. Einfältiger Schöps!—Sieh mich doch einmal an.

Martin. Nu?

Johann. Was siehst du an mir?

Martin. Nichts, als was ich zehnmal besser an mir sehen kann.

Johann. Findest du denn etwas Erschreckliches, etwas Abscheuliches an mir? Bin ich nicht ein Mensch, wie du? Hast du jemals gesehen, daß ich ein Fuchs, ein Esel, oder ein Kannibal gewesen wäre?

Martin. Den Esel laß immer weg, wenn ich dir antworten soll, wie du gerne willst.—Aber, warum fragst du das?

Johann. Weil ich selbst ein Atheist bin; das ist, ein starker Geist, wie es jetzt jeder ehrlicher Kerl nach der Mode sein muß. Du sprichst, ein Atheist brenne lebendig in der Hölle. Nun! rieche einmal: riechst du einen Brand an mir?

Martin. Drum eben bist du keiner.

Johann. Ich wäre keiner? Tue mir nicht die Schande an, daran zu zweifeln, oder—Doch wahrhaftig, das Mitleiden verhindert mich, böse zu werden. Du bist zu beklagen, armer Schelm!

Martin. Arm? Laß einmal sehen, wer die vergangene Woche das meiste Trinkgeld gekriegt hat. (Er greift in die Tasche.) Du bist ein lüderlicher Teufel, du versäufst alles—

Johann. Laß stecken! Ich rede von einer ganz andern Armut, von der Armut des Geistes, der sich mit lauter elenden Brocken des Aberglaubens ernähren, und mit lauter armseligen Lumpen der Dummheit kleiden muß.—Aber so geht es euch Leuten, die ihr nicht weiter, als höchstens vier Meilen hinter den Backofen kommt. Wenn du gereiset wärest, wie ich—

Martin. Gereist bist du? Laß hören, wo bist du gewesen?

Johann. Ich bin gewesen—in Frankreich—

Martin. In Frankreich? Mit deinem Herrn?

Johann. Ja, mein Herr war mit.

Martin. Das ist das Land, wo die Franzosen wohnen?—So wie ich einmal einen gesehen habe,—das war eine schnurrige Kröte! In einem Augenblicke konnte er sich siebenmal auf dem Absatze herumdrehen, und dazu pfeifen.

Johann. Ja, es gibt große Geister unter ihnen! Ich bin da erst recht klug geworden.

Martin. Hast du denn auch Frankreich'sch gelernt?

Johann. Französisch, willst, du sagen:—vollkommen.

Martin. Oh! rede einmal!

Johann. Das will ich wohl tun.—Quelle heure est-il, maraut? Le père et la mère une fille de coups de bâton. Comment coquin? Diantre diable carogne à vous servir.

Martin. Das ist schnakisch! Und das Zeug können die Leute da verstehen? Sag einmal, was hieß das auf deutsch?

Johann. Ja! auf deutsch! Du guter Narre, das läßt sich auf deutsch nicht so sagen. Solche feine Gedanken können nur französisch ausgedrückt werden.

Martin. Der Blitz!—Nu? wo bist du weiter gewesen?

Johann. Weiter? In England—

Martin. In England?—Kannst du auch Engländ'sch

Johann. Was werde ich nicht können?

Martin. Sprich doch!

Johann. Du mußt wissen, es ist eben wie das Französische. Es ist französisch, versteh mich, auf englisch ausgesprochen. Was hörst du dir dran ab?—Ich will dir ganz andre Dinge sagen, wenn du mir zuhören willst. Dinge, die ihresgleichen nicht haben müssen. Zum Exempel, auf unsern vorigen Punkt zu kommen: sei kein Narr, und glaube, daß ein Atheist so ein schrecklich Ding ist. Ein Atheist ist nichts weiter, als ein Mensch, der keinen Gott glaubt.—

Martin. Keinen Gott? Je! das ist ja noch viel ärger! Keinen Gott?

Was glaubt er denn?

Johann. Nichts.

Martin. Das ist wohl eine mächtige Mühe.

Johann. Ei! Mühe! Wenn auch nichts glauben eine Mühe wäre, so glaubten ich und mein Herr gewiß alles. Wir sind geschworne Feinde alles dessen, was Mühe macht. Der Mensch ist in der Welt, vergnügt und lustig zu leben. Die Freude, das Lachen, das Kurtisieren, das Saufen sind seine Pflichten. Die Mühe ist diesen Pflichten hinderlich; also ist es auch notwendig seine Pflicht, die Mühe zu fliehen.—Sieh, das war ein Schluß, der mehr Gründliches enthält, als die ganze Bibel.

Martin. Ich wollt's. Aber sage mir doch, was hat man denn in der

Welt ohne Mühe?

Johann. Alles was man erbt, und was man erheiratet. Mein Herr erbte von seinem Vater und von zwei reichen Vettern keine kleinen Summen; und ich muß ihm das Zeugnis geben, er hat sie, als ein braver Kerl, durchgebracht. Jetzt bekömmt er ein reich Mädel, und, wenn er klug ist, so fängt er es wieder an, wo er es gelassen hat. Seit einiger Zeit ist er mir zwar ganz aus der Art geschlagen; und ich sehe wohl, auch die Freigeisterei bleibt nicht klug, wenn sie auf die Freite geht. Doch ich will ihn schon wieder in Gang bringen.—Und höre, Martin, ich will auch dein Glück machen. Ich habe einen Einfall; aber ich glaube nicht, daß ich ihn anders wohl von mir geben kann, als—bei einem Glase Wein. Du klimpertst vorhin mit deinen Trinkgeldern; und gewiß, du bist in Gefahr, keine mehr zu bekommen, wenn man nicht sieht, daß du sie dazu anwendest, wozu sie dir gegeben werden. Zum Trinken, guter Martin, zum Trinken: darum heißen es Trinkgelder.—

Martin. Still! Herr Johann, still!—Du bist mir so noch Revansche schuldig. Habe ich dich nicht jenen Abend nur noch freigehalten?– Doch, laß einmal hören! was ist denn das für ein Glück, das ich von dir zu hoffen habe?

Johann. Höre, wenn mein Herr heiratet, so muß er noch einen Bedienten annehmen.—Eine Kanne Wein, so sollst du bei mir den Vorzug haben. Du versauerst doch nur bei deinem dummen Schwarzrocke. Du sollst bei Adrasten mehr Lohn und mehr Freiheit haben; und ich will dich noch obendrein zu einem starken Geiste machen, der es mit dem Teufel und seiner Großmutter aufnimmt, wenn nur erst einer wäre.

Martin. Was? wenn erst einer wäre? Ho! ho! Ist es nicht genug, daß du keinen Gott glaubst? willst du noch dazu keinen Teufel glauben? Oh! male ihn nicht an die Wand! Er läßt sich nicht so lange herumhudeln, wie der liebe Gott. Der liebe Gott ist gar zu gut, und lacht über einen solchen Narren, wie du bist. Aber der Teufel— dem läuft gleich die Laus über die Leber; und darnach sieht's nicht gut aus.—Nein, bei dir ist kein Aushalten: ich will nur gehen.—

Johann (hält ihn zurück). Spitzbube! Spitzbube! denkst du, daß ich deine Streiche nicht merke? Du fürchtest dich mehr für die Kanne Wein, die du geben sollst, als für den Teufel. Halt!—Ich kann dich aber bei dem allen unmöglich in dergleichen Aberglauben stecken lassen. Überlege dir's nur:—Der Teufel—der Teufel—Ha! ha! ha!—Und dir kömmt es nicht lächerlich vor? Je! so lache doch!

Martin. Wenn kein Teufel wäre, wo kämen denn die hin, die ihn auslachen?—Darauf antworte mir einmal! den Knoten beiß mir auf! Siehst du, daß ich auch weiß, wie man euch Leute zuschanden machen muß?

Johann. Ein neuer Irrtum! Und wie kannst du so ungläubig gegen meine Worte sein? Es sind die Aussprüche der Weltweisheit, die Orakel der Vernunft! Es ist bewiesen, sage ich dir, in Büchern ist es bewiesen, daß es weder Teufel noch Hölle gibt.—Kennst du Balthasarn? Es war ein berühmter Bäcker in Holland.

Martin. Was gehn mich die Bäcker in Holland an? Wer weiß, ob sie so gute Brezeln backen, wie der hier an der Ecke.

Johann. Ei! das war ein gelehrter Bäcker! Seine bezauberte Welt—ha! —das ist ein Buch! Mein Herr hat es einmal gelesen. Kurz, ich verweise dich auf das Buch, so wie man mich darauf verwiesen hat, und will dir nur im Vertrauen sagen: Der muß ein Ochse, ein Rindvieh, ein altes Weib sein, der einen Teufel glauben kann. Soll ich dir's zuschwören, daß keiner ist?—Ich will ein Hundsfott sein!

Martin. Pah! der Schwur geht wohl mit.

Johann. Nun, sieh,—ich will, ich will—auf der Stelle verblinden, wenn ein Teufel ist.

(Lisette springt geschwinde hinter der Szene hervor, und hält ihm rückwärts die Augen zu, indem sie dem Martin zugleich winkt.)

Martin. Das wäre noch was; aber du weißt schon, daß das nicht geschieht.

Johann (ängstlich). Ach! Martin, ach!

Martin. Was ist's?

Johann. Martin, wie wird mir? Wie ist mir, Martin?

Martin. Nu? was hast du denn?

Johann. Seh ich—oder—ach! daß Gott—Martin! Martin! wie wird es auf einmal so Nacht?

Martin. Nacht? Was willst du mit der Nacht?

Johann. Ach! so ist es nicht Nacht? Hülfe! Martin, Hülfe!

Martin. Was denn für Hülfe? Was fehlt dir denn?

Johann. Ach! ich bin blind, ich bin blind! Es liegt mir auf den

Augen, auf den Augen.—Ach! ich zittere am ganzen Leibe—

Martin. Blind bist du? Du wirst ja nicht?—Warte, ich will dich in die Augen schlagen, daß das Feuer herausspringt, und du sollst bald sehen—

Johann. Ach! ich bin gestraft, ich bin gestraft. Und du kannst meiner noch spotten? Hülfe! Martin, Hülfe!—(Er fällt auf die Knie.) Ich will mich gern bekehren! Ach! was bin ich für ein Bösewicht gewesen!—

Lisette (welche plötzlich gehen läßt, und, indem sie hervorspringt, ihm eine Ohrfeige gibt). Du Schlingel!

Martin. Ha! ha! ha!

Johann. Ach! ich komme wieder zu mir. (Indem er aufsteht.) Sie

Rabenaas, Lisette!

Lisette. Kann man euch Hundsfötter so ins Bockshorn jagen? Ha! ha! ha!

Martin. Krank lache ich mich noch darüber. Ha! ha! ha!

Johann. Lacht nur! lacht nur!—Ihr seid wohl albern, wenn ihr denkt, daß ich es nicht gemerkt habe.—(Beiseite.) Das Blitzmädel, was sie mir für einen Schreck abgejagt hat! Ich muß mich wieder erholen. (Geht langsam ab.)

Martin. Gehst du? Oh! lacht ihn doch aus! Je! lach Sie doch, Lisettchen, lach Sie doch! Ha! ha! ha! Das hat Sie vortrefflich gemacht; so schöne, so schöne, ich möchte Sie gleich küssen.—

Lisette. Oh! geh, geh, dummer Martin!

Martin. Komm Sie, wirklich! ich will Sie zu Weine führen. Ich will Sie mit der Kanne Wein traktieren, um die mich der Schurke prellen wollte. Komm Sie!

Lisette. Das fehlte mir noch. Ich will nur gehen, und meinen

Mamsells den Spaß erzählen.

Martin. Ja, und ich meinem Herrn.—Der war abgeführt! der war abgeführt!

(Ende des zweiten Aufzuges.)

Dritter Aufzug

Erster Auftritt

Theophan. Araspe.

Araspe. Was ich Ihnen sage, mein lieber Vetter. Das Vergnügen Sie zu überfallen, und die Begierde bei Ihrer Verbindung gegenwärtig zu sein, sind freilich die vornehmsten Ursachen meiner Anherkunft; nur die einzigen sind es nicht. Ich hatte den Aufenthalt des Adrast endlich ausgekundschaftet, und es war mir sehr lieb, auf diese Art, wie man sagt, zwei Würfe mit einem Steine zu tun. Die Wechsel des Adrast sind verfallen; und ich habe nicht die geringste Lust, ihm auch nur die allerkleinste Nachsicht zu gönnen. Ich erstaune zwar, ihn, welches ich mir nimmermehr eingebildet hätte, in dem Hause Ihres künftigen Schwiegervaters zu finden; ihn auf eben demselben Fuße, als Sie, Theophan, hier zu finden: aber gleichwohl,—und wenn ihn das Schicksal auch noch näher mit mir verbinden könnte,—

Theophan. Ich bitte Sie, liebster Vetter, beteuern Sie nichts.

Araspe. Warum nicht? Sie wissen wohl, Theophan, ich bin der Mann sonst nicht, welcher seine Schuldner auf eine grausame Art zu drücken fähig wäre.—

Theophan. Das weiß ich, und desto eher—

Araspe. Hier wird kein Desto eher gelten. Adrast, dieser Mann, der sich, auf eine ebenso abgeschmackte als ruchlose Art von andern Menschen zu unterscheiden sucht, verdient, daß man ihn auch wieder von andern Menschen unterscheide. Er muß die Vorrechte nicht genießen, die ein ehrlicher Mann seinen elenden Nächsten sonst gern genießen läßt. Einem spöttischen Freigeiste, welcher uns lieber das Edelste, was wir besitzen, rauben und uns alle Hoffnung eines künftigen glückseligern Lebens zunichte machen möchte, vergilt man noch lange nicht Gleiches mit Gleichem, wenn man ihm das gegenwärtige Leben ein wenig sauer macht.—Ich weiß, es ist der letzte Stoß, den ich dem Adrast versetze; er wird seinen Kredit nicht wieder herstellen können. Ja, ich wollte mich freuen, wenn ich sogar seine Heirat dadurch rückgängig machen könnte. Wenn mir es nur um mein Geld zu tun wäre: so sehen Sie wohl, daß ich diese Heirat lieber würde befördern helfen, weil er doch wohl dadurch wieder etwas in die Hände bekommen wird. Aber nein; und sollte ich bei dem Konkurse, welcher entstehen muß, auch ganz und gar ledig ausgehen: so will ich ihn dennoch auf das Äußerste bringen. Ja, wenn ich alles wohl erwäge, so glaube ich, ihm durch diese Grausamkeit noch eine Wohltat zu erweisen. Schlechtere Umstände werden ihn vielleicht zu ernsthaften Überlegungen bringen, die er in seinem Wohlstande zu machen, nicht wert gehalten hat; und vielleicht ändert sich, wie es fast immer zu geschehen pflegt, sein Charakter mit seinem Glücke.

Theophan. Ich habe Sie ausreden lassen. Ich glaube, Sie werden so billig sein, und mich nunmehr auch hören.

Araspe. Das werde ich.—Aber eingebildet hätte ich mir es nicht, daß ich an meinem frommen Vetter einen Verteidiger des Adrasts finden sollte.

Theophan. Ich bin es weniger, als es scheinet; und es kommen hier so viel Umstände zusammen, daß ich weiter fast nichts als meine eigne Sache führen werde. Adrast, wie ich fest überzeugt bin, ist von derjenigen Art Freigeister, die wohl etwas Besseres zu sein verdienten. Es ist auch sehr begreiflich, daß man in der Jugend so etwas gleichsam wider Willen werden kann. Man ist es aber alsdann nur so lange, bis der Verstand zu einer gewissen Reife gelangt ist, und sich das aufwallende Geblüte abgekühlt hat. Auf diesem kritischen Punkte steht jetzt Adrast; aber noch mit wankendem Fuße. Ein kleiner Wind, ein Hauch kann ihn wieder herabstürzen. Das Unglück, das Sie ihm drohen, würde ihn betäuben; er würde sich einer wütenden Verzweiflung überlassen, und Ursache zu haben glauben, sich um die Religion nicht zu bekümmern, deren strenge Anhänger sich kein Bedenken gemacht hätten, ihn zugrunde zu richten.

Araspe. Das ist etwas; aber—

Theophan. Nein, für einen Mann von Ihrer Denkungsart, liebster Vetter, muß dieses nicht nur etwas, sondern sehr viel sein. Sie haben die Sache von dieser Seite noch nicht betrachtet; Sie haben den Adrast nur als einen verlornen Mann angesehen, an dem man zum Überflusse noch eine desperate Kur wagen müsse. Aus diesem Grunde ist die Heftigkeit, mit der Sie wider ihn sprachen, zu entschuldigen. Lernen Sie ihn aber durch mich nunmehr unparteiischer beurteilen. Er ist in seinen Reden jetzt weit eingezogener, als man mir ihn sonst beschrieben hat. Wenn er streitet, so spottet er nicht mehr, sondern gibt sich alle Mühe, Gründe vorzubringen. Er fängt an, auf die Beweise, die man ihm entgegensetzt, zu antworten, und ich habe es ganz deutlich gemerkt, daß er sich schämt, wenn er nur halb darauf antworten kann. Freilich sucht er diese Scham noch dann und wann unter das Verächtliche eines Schimpfworts zu verstecken; aber nur Geduld! es ist schon viel, daß er diese Schimpfworte niemals mehr auf die heiligen Sachen, die man gegen ihn verteidiget, sondern bloß auf die Verteidiger fallen läßt. Seine Verachtung der Religion löset sich allmählich in die Verachtung derer auf, die sie lehren.

Araspe. Ist das wahr, Theophan?

Theophan. Sie werden Gelegenheit haben, sich selbst davon zu überzeugen.—Sie werden zwar hören, daß diese seine Verachtung der Geistlichen mich jetzt am meisten trifft; allein ich bitte Sie im voraus, nicht empfindlicher darüber zu werden, als ich selbst bin. Ich habe es mir fest vorgenommen, ihn nicht mit gleicher Münze zu bezahlen; sondern ihm vielmehr seine Freundschaft abzuzwingen, es mag auch kosten, was es will.

Araspe. Wenn Sie bei persönlichen Beleidigungen so großmütig sind—

Theophan. Stille! wir wollen es keine Großmut nennen. Es kann Eigennutz, es kann eine Art von Ehrgeiz sein, sein Vorurteil von den Gliedern meines Ordens durch mich zuschanden zu machen. Es sei aber, was es wolle, so weiß ich doch, daß Sie viel zu gütig sind, mir darin im Wege zu stehen. Adrast würde es ganz gewiß für ein abgekartetes Spiel halten, wenn er sähe, daß mein Vetter so scharf hinter ihm drein wäre. Seine Wut würde einzig auf mich fallen, und er würde mich überall als einen Niederträchtigen ausschreien, der ihm, unter tausend Versicherungen der Freundschaft, den Dolch ins Herz gestoßen habe. Ich wollte nicht gerne, daß er die Exempel von hämtückischen Pfaffen, wie er sie nennt, mit einigem Scheine der Wahrheit auch durch mich vermehren könnte.

Araspe. Lieber Vetter, das wollte ich noch tausendmal weniger, als

Sie.—

Theophan. Erlauben Sie also, daß ich Ihnen einen Vorschlag tue:—oder nein; es wird vielmehr eine Bitte sein.

Araspe. Nur ohne Umstände, Vetter. Sie wissen ja doch wohl, daß Sie mich in Ihrer Hand haben.

Theophan. Sie sollen so gütig sein und mir die Wechsel ausliefern, und meine Bezahlung dafür annehmen.

Araspe. Und Ihre Bezahlung dafür annehmen? Bei einem Haare hätten Sie mich böse gemacht. Was reden Sie von Bezahlung? Wenn ich Ihnen auch nicht gesagt hätte, daß es mir jetzt gar nicht um das Geld zu tun wäre: so sollten Sie doch wenigstens wissen, daß das, was meine ist, auch Ihre ist.

Theophan. Ich erkenne meinen Vetter.

Araspe. Und ich erkannte ihn fast nicht.—Mein nächster Blutsfreund, mein einziger Erbe, sieht mich als einen Fremden an, mit dem er handeln kann? (Indem er sein Taschenbuch herauszieht.) Hier sind die Wechsel! Sie sind Ihre! machen Sie damit was Ihnen gefällt.

Theophan. Aber erlauben Sie, liebster Vetter: ich werde nicht so frei damit schalten dürfen, wenn ich sie nicht auf die gehörige Art an mich gebracht habe.

Araspe. Welches ist denn die gehörige Art unter uns, wenn es nicht die ist, daß ich gebe, und Sie nehmen?—Doch damit ich alle Ihre Skrupel hebe: wohl! Sie sollen einen Revers von sich stellen, daß Sie die Summe dieser Wechsel nach meinem Tode bei der Erbschaft nicht noch einmal fodern wollen. (Lächelnd.) Wunderlicher Vetter! sehen Sie denn nicht, daß ich weiter nichts tue, als auf Abschlag bezahle?—

Theophan. Sie verwirren mich—

Araspe (der noch die Wechsel in Händen hat). Lassen Sie mich nur die

Wische nicht länger halten.

Theophan. Nehmen Sie unterdessen meinen Dank dafür an.

Araspe. Was für verlorne Worte! (Indem er sich umsieht.) Stecken

Sie hurtig ein; da kömmt Adrast selbst.

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Дата выхода на Литрес:
21 мая 2019
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