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Geschichte

Die Äthiopische Kirche verdankt ihre Entstehung im 4. Jahrhundert der Mission durch die aus Syrien stammenden Brüder Frumentius$Frumentius, gest. um 383, syrisch-orthodoxer Missionar, Gründer der äthiopischen Kirche (gest. um 383) und Aedesius$Aedesius, Missionar, Mitbegründer der äthiopischen Kirche und deren Verbindungen nach Alexandrien [→ Koptische Orthodoxe Kirche, → Patriarchat von Alexandrien]. Vom alexandrinischen PatriarchenPatriarch wurden die Bischöfe geweiht, die in Äthiopien tätig waren.

Um die Mitte des 4. Jahrhunderts erklärte König Ezana$Ezana, geb. erste Hälfte 4. Jhd., äthiopischer König von Aksum (geb. in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts) in Aksum, der alten Hauptstadt des äthiopischen Reichs, das Christentum zur Staatsreligion. Zunächst war der christliche Glaube wohl auf den Königshof beschränkt, aber seit dem 6. Jahrhundert wurde die weitere Verbreitung des Christentums, und zwar in seiner miaphysitischenChristologieMiaphysitische Form, durch Mönche aus dem östlichen Mittelmeerraum vorangetrieben. Mit dem Niedergang Aksums und seiner christlichen Herrscher begann ein Zerfall des Christentums. Erst seit dem 12. Jahrhundert kam es mit dem Aufstieg christentumsfreundlicher Herrscherdynastien wieder zu einer Blüte des Christentums. Im 13. Jahrhundert erfolgte ein Aufschwung des Mönchtums, das sich im 4./5. Jahrhundert herausgebildet hatte und eine nicht unerhebliche Rolle bei der Bildung des äthiopischen Volkes spielte. Im 15. Jahrhundert erfolgte die offizielle Implementierung der Marienverehrung und unter Kaiser Zara Yaqob$Zara Yaqob (Konstantin I.), 1399–1468, 1434–1468 Kaiser von Äthiopien (1399–1468), der von 1434 bis 1468 in Äthiopien herrschte, wurden in großem Stil heidnische Praktiken, Magie und Zauberei verboten und verfolgt. Bis ins 16. Jahrhundert konnte sich das Königreich Äthiopien, das von islamischen Herrschaftsgebieten umgeben war, seine Unabhängigkeit bewahren, auch von der lateinischen und der byzantinischen Kirche.

Von 1527 bis 1543 geriet schließlich auch Äthiopien unter muslimische Oberhoheit. Die Invasoren gingen hart gegen die Christen vor und erzwangen die Konversion zum Islam unter Todesandrohung. Durch ein zur Hilfe gerufenes portugiesisches Heer konnten die muslimischen Eroberer geschlagen werden. Aber noch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts begann die Volksgruppe der heidnischen Oromo aus dem Süden nach Äthiopien vorzudringen. Dieser Einwanderungsprozess dauerte bis ins 18. Jahrhundert und rief immer wieder Konflikte hervor. Außerdem erfolgten auch weiterhin muslimische Einfälle ins Land.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts begann die zentrale Staatsgewalt zu zerfallen. Stattdessen gelangten lokale Herrscher in verschiedenen Regionen an die Macht, bis Mitte des 19. Jahrhunderts die Einheit des Reichs unter Kaiser Tewodros$Tewodros II., 1818–1868, 1855–1868 Kaiser von Äthiopien II. (1818–1868) unter Einführung des alten Staatskirchentums wiederhergestellt wurde. Im Zuge dessen wurden protestantische Missionare und katholische Jesuiten, die mit den portugiesischen Befreiern ins Land gekommen waren, bekämpft. In Anlehnung an das Patriarchat von Alexandrien erfolgte die Klärung theologischer Streitfragen, um die theologische Einheit der KircheKircheEinheit der Kirche dogmatisch zu festigen.

Unter Menelik II.$Menelik II., 1844–1913, 1889–1913 Kaiser von Äthiopien (1844–1913), von 1889 bis 1913 Kaiser und ein Förderer der Kirchenbelange, erreichte Äthiopien die größte Ausdehnung seit dem Mittelalter. Addis Abeba wurde neue Hauptstadt. Unter dem von 1930 bis 1974 herrschenden Kaiser Hailä Selassi$Hailä Selassi, 1892–1975, 1930–1974 Kaiser von Äthiopien (1892–1975), ebenfalls ein Freund der Kirche, erlangte die Äthiopische Kirche ihre AutokephalieAutokephalie. Als Folge der Verfassungserklärung von 1955, die die Kirche als StaatskircheStaatskirche deklarierte, weihte 1959 der koptische Papst Kyrillos$Kyrillos, 827–869, byzantinischer orthodoxer Priester und Missionar, zusammen mit seinem Bruder Methodios „Slawenapostel“ VI.$Kyrillos VI., 1902–1971, Patriarch von Alexandrien und Papst des Stuhls des heiligen Markus (1902–1971) den äthiopischen Metropoliten Baselyos I.$Baselyos I., gest. 1970, äthiopischer orthodoxer Erzbischof, erster Patriarch der äthiopischen Kirche (gest. 1970) zum PatriarchenPatriarch der Äthiopischen Kirche.

Nach dem Sturz des Kaisers 1974 wurde in der folgenden, bis 1991 herrschenden kommunistischen Militärdiktatur das Staatskirchentum der Kirche aufgelöst, die Kirche enteignet und dem Regime genehme PatriarchenPatriarch an ihrer Spitze eingesetzt. Mit dem Machtwechsel erfolgte ein SchismaSchisma in der Kirche, das 2018 aufgehoben wurde. Seit 1991 erlebt die Kirche, vor dem Hintergrund der in der Verfassung festgeschriebenen Trennung von Staat und Kirche, einen bedeutenden Aufschwung.

Theologie, Kirche, Frömmigkeit

 Der Legende nach reichen die Wurzeln der Äthiopischen Kirche bis in die alttestamentliche Zeit. So soll aus der Verbindung von König Salomon und der Königin von Saba der sagenumwobene äthiopische König Menelik I. von Aksum hervorgegangen sein, der die Bundeslade mit den Gesetzestafeln nach Aksum bringen ließ. In der Volksfrömmigkeit hat diese Legende eine große Bedeutung.

 Die Wertschätzung der alttestamentlichen TraditionTradition schlägt sich sogar liturgisch nieder. Insbesondere die Verwendung des sich in Kopie in jeder äthiopischen Kirche befindlichen Tabot als Sinnbild der Bundeslade bei der EucharistieEucharistie oder verhüllt bei Prozessionen ist Ausdruck davon.

 Die Überzeugung, schon vor der Christianisierung Erbe des alten Israel gewesen zu sein, zeigt sich in einer Nähe zu jüdischen Praktiken, z.B. bei der Beschneidung von Knaben, der Heiligung des Sabbats oder der Nachahmung des jüdischen Tempels bei der Gestaltung des Kirchenraums. Eine direkte historische Verbindung zum alttestamentarischen Judentum muss aber stark bezweifelt werden.

 Seit 1878 nennt sich die Äthiopische Kirche Äthiopisch-Orthodoxe TewahedoTewahedo-Kirche. Tewahedo bedeutet ,Einheit‘ und meint nicht die Einheit der KircheKircheEinheit der Kirche, sondern greift theologisch tiefer und bezieht sich auf die miaphysitischeChristologieMiaphysitische Einheit der beiden Naturen Christi.

 Die Äthiopische Kirche ist die derzeitig größte altorientalische Kirche mit geschätzten 50 Millionen Gläubigen.

Eritreische Orthodoxe TewahedoTewahedo-Kirche

Geschichte

Die Eritreische Kirche wurde 1993, im gleichen Jahr der Unabhängigkeitserklärung der ehemaligen Provinz Äthiopiens, Eritrea, autokephal. Die Eigenständigkeit erteilte der koptische Papst [→ Koptischen Kirche, → Patriarchat von Alexandrien], ohne Einverständnis des äthiopischen PatriarchenPatriarch [→ Äthiopische Orthodoxe TewahedoTewahedo-Kirche], von dessen Patriarchat sich die Eritreische Kirche löste. Das sorgte für schwere Verstimmungen zwischen der äthiopischen und der koptischen Kirche.

Es ist davon auszugehen, dass etwa 50 % der Bevölkerung Eritreas der Eritreisch-Orthodoxen Kirche angehören. Allerdings lassen sich keine genauen Daten erheben, da Eritrea seit Staatsgründung unter dem diktatorischen Regime von Isayas Afewerki$Afewerki, Isayas, geb. 1946, Staatspräsident von Eritrea (geb. 1946) steht.

2006/07 setzte die Regierung willkürlich den amtierenden PatriarchenPatriarch Abune Antonios$Antonios, geb. 1927, orthodoxer Patriarch der eritreischen orthodoxen Kirche (geb. 1927) ab und stellte einen regierungstreuen Gegenkandidaten auf, der von den anderen orientalischen Kirchen nicht anerkannt wird.

Betroffen von den Christenverfolgungen, Inhaftierungen und Folterungen in Eritrea sind besonders Christen kleinerer verbotener Religionsgemeinschaften, insbesondere evangelikaler Kirchen, aber es muss auch von Verfolgungen orthodoxer Christen ausgegangen werden.

Aus keinem anderen Land in Afrika fliehen derzeit so viele Menschen wie aus Eritrea. Schätzungen aus dem Jahr 2015 gingen von bis zu 5000 Menschen monatlich aus, bei einer Bevölkerungszahl von ca. vier Millionen.

Theologie, Kirche, Frömmigkeit

 Die Eritreische Kirche nennt sich in der Selbstbezeichnung ebenso wie die Äthiopische Kirche TewahedoTewahedo-Kirche, um schon im Namen auf ihr miaphysitischesChristologieMiaphysitische BekenntnisBekenntnis der Einheit der beiden Naturen Christi hinzuweisen.

 Die Kirche hat geschätzt zwei Millionen Gläubige. Genaue Angaben können aufgrund der derzeitigen politischen Lage nicht erhoben werden.

Syrische Orthodoxe Kirche von Antiochien und dem ganzen Osten

Geschichte

Eine besondere Wurzel des Christentums in der Antike stellte die Gemeinde von Antiochien am Orontes dar, das heutige Antakya in der Südtürkei. Antiochien war im römischen Reich nach Rom und Alexandrien die drittgrößte Weltstadt, aus deren christlicher Gemeinde gleich mehrere Kirchen hervorgingen. In altkirchlicher Zeit war die Kirche von Antiochien sowohl griechisch- als auch aramäischsprachig.

Der aramäische Sprachgebrauch war im ländlichen Hinterland noch ausgeprägter. Zu diesem Hinterland gehörte Edessa, das heutige Urfa. In Edessa bestanden seit spätestens Mitte des 2. Jahrhunderts christliche Gemeinden, deren theologische Ausrichtungen, gestützt von berühmten Gelehrten der damaligen Zeit, ein vielfältiges Kaleidoskop abgaben. In dieser Vielfalt war die spätere orthodoxe Gemeinde nur eine unter vielen. Das großkirchliche Christentum fand sein Zentrum schließlich in Antiochien.

In Edessa wurde schon früh christliche Literatur in aramäisch verfasst, wobei der aramäische Dialekt in Edessa Syrisch war. Dieses Syrisch wurde zur klassischen Kultur- und Literatursprache der aramäischen Christenheit. Heute wird es nicht mehr gesprochen, verbindet aber immer noch die Kirchen, die sich auf seiner Grundlage gebildet haben.

Für das griechisch geprägte, byzantinische Patriarchat von Antiochien war griechisch die Sprache der LiturgieLiturgie, zunächst neben dem Aramäischen, schließlich aber als alleinige Ausdrucksform. Zu den sprachlichen Differenzen zwischen den Gemeinden kamen dogmatische Probleme. Die griechisch-orthodoxe Kirche nahm die Beschlüsse des KonzilsKonzil / Konziliarismus von Chalcedon an, die syrisch-orthodoxe, die dem MiaphysitismusChristologieMiaphysitische zuneigte, nicht. So bildeten sich nebeneinander zwei orthodoxe Kirchen heraus, die beide ihren Patriarchatssitz in Antiochien lokalisierten: Das syrisch-orthodoxe Patriarchat von Antiochien und das griechisch-orthodoxe Patriarchat von Antiochien.

Mit dem Regierungsantritt Kaiser Justins (um 450–527)$Justin, um 450–527, 518–527 Kaiser des (Ost)römischen Reichs im Jahr 518 setzte eine Verfolgungswelle der nicht-chalcedonensischen Gemeindegruppen ein, die erst durch die islamische Herrschaft seit dem 7. Jahrhundert ihr Ende fand. Dabei blieben den syrisch-orthodoxen Christen aufgrund ihrer Nichtzugehörigkeit zur muslimischen ReligionReligion Repressionen nicht erspart. Aufgrund erneuter Unterdrückung während der Phase der Rückeroberung Nordsyriens durch die Byzantiner im 10. Jahrhundert erscheint allerdings im kulturellen Gedächtnis der Syrisch-Orthodoxen Kirche die islamische Eroberung als Befreiung von der Zwangsherrschaft der Griechen.

In die Zeit der byzantinischen Herrschaft im 6. Jahrhundert fällt das Wirken des syrischen Mönches Jakob Baradaios$Baradaios, Jakob, um 490–578, syrisch-orthodoxer Mönch und Priester, Namensgeber der Jakobiten (um 490–578), der für die nicht-chalcedonensische Kirche eine große Rolle spielte und der Legende nach die Syrisch-Orthodoxe Kirche gründete. Von ihm leitet sich der Name Jakobiten ab, der den syrisch-orthodoxen Christen von ihren Gegnern verliehen wurde. Sie selbst lehnen diesen Begriff ab.

Eine Blütezeit mit einer fruchtbaren Literaturproduktion erlebte die Syrisch-Orthodoxe Kirche im 12. und 13. Jahrhundert. Diese Epoche wird auch als syrische RenaissanceRenaissance bezeichnet, da die Rückbesinnung auf die syrische Sprache in dieser Zeit besonders ausgeprägt war. Die Herrschaft der in religiöser Hinsicht toleranten Mongolen seit 1258 förderte diese Prosperität noch. Aufgrund des Fehlens einer guten Kirchenorganisation und einer eigenen kirchlichen Repräsentanz, defizitärer kirchenpolitischer Strukturen und innerkirchlicher Spannungen begann seit dem 14. Jahrhundert ein Niedergang der Syrisch-Orthodoxen Kirche.

Im 19. Jahrhundert wurde die Kirche nicht von Verfolgungen verschont, die sie im Zuge des Zusammenbruchs des osmanischen Reichs und dem aufbrechenden türkischen Nationalismus ereilten. Trauriger Höhepunkt waren die Massaker in der heutigen Südosttürkei im Jahr 1915, die v.a. Armenier und Assyrer trafen [→ Heilige Apostolische Kirche der Armenier, → Heilige Apostolische Katholische Assyrische Kirche des Ostens], aber auch fast hunderttausend syrisch-orthodoxe Christen.

Nach einer langen Repressions- und Vertreibungsgeschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Türkei, wo die Kirche bis heute nicht zu den anerkannten Religionsgemeinschaften zählt, wurde der Sitz des Patriarchats nach Damaskus, der Hauptstadt der 1930 gegründeten Syrischen Republik, verlegt. In ihrem einstigen Stammland, der Türkei, sind die syrisch-orthodoxen Christen nur noch eine kleine Minderheit. In Syrien ist das Leben der Kirche, wie das anderer christlichen Kirchen auch, aufgrund des Krieges seit 2011 und Verfolgungen durch islamistische Milizen auf das massivste eingeschränkt.

Präzise Zahlen zur Kirchenmitgliedschaft sind nicht zu erheben. Schon vor Kriegsbeginn lebte der Großteil der syrisch-orthodoxen Christen im Ausland bzw. als Gläubige der Syrisch-Orthodoxen Kirche in Indien [→ Indische Orthodoxe Kirchen].

Theologie, Kirche, Frömmigkeit

 Die Marienverehrung spielt in der syrischen Orthodoxie eine große Rolle. Die Ikonenverehrung ist allerdings nicht so stark ausgeprägt wie in den östlich-byzantinischen Kirchen.

 Eine besondere Belastung für die Kirche vor dem Hintergrund ihrer starken monastischen Prägung und langen TraditionTradition monastisch-asketischer Spiritualität ist der Zusammenbruch fast aller Klöster und monastischen Zentren in den Kriegsgebieten Syriens und des Iraks, ebenso wie in der Türkei.

 Die Syrisch-Orthodoxe Kirche versteht sich als Nationalkirche Syriens. Die Gemeinden haben im Allgemeinen angeschlossene Kulturvereine, die Sprache und Bräuche pflegen, was sich auch in der Diaspora fortsetzt.

 Generell verzeichnen syrisch-orthodoxe Gemeinden eine ausgeprägte und gute Jugendarbeit.

Die Syrisch-Orthodoxe Kirche hat in der Bundesrepublik Deutschland das Recht, eigenen Religionsunterricht an staatlichen Schulen abzuhalten. Das ist z.B. der Fall in Nordrhein-Westfalen, wo es eine große syrisch-orthodoxe Diaspora gibt.

 Mit der Maronitisch-Syrischen Kirche von Antiochien (auch: Maronitische Kirche) gibt es eine syrische, nicht unierteUnion / Uniert, → Römisch-katholische Kirche [→ AusdifferenzierungAusdifferenzierung (des Christentums)]. Der Legende nach von einem syrisch-aramäischen Mönch, dem heiligen Maroun$Maroun (von Belt), gest. 410, syrisch-orthodoxer Priester, Eremit, Namensgeber der Maroniten, gegründet, machte sie sich schon im 7. Jahrhundert mit einem eigenen PatriarchenPatriarch von der Syrisch-Orthodoxen Kirche unabhängig, wobei sich die Maroniten durch den Bischofssitz von Antiochien in apostolischer SukzessionSukzessionApostolische Sukzession sehen. Die Maronitisch-Katholische Kirche ist mit etwa einer Million Mitglieder eine der größten Kirchen im Libanon. Weltweit gehören der Kirche rund sechs Millionen Gläubige an.

Indische orthodoxe Kirchen

Eine konfessionskundlich vielfältige Landschaft und teilweise unübersichtliche Gemengelage mit sieben unterschiedlichen Kirchen bzw. Gemeinschaften der syrischen Orthodoxie bieten die indischen orthodoxen Kirchen, die in verschiedenen Traditionslinien und historischer Genese ihre Ursprünge auf die frühen Thomaschristen zurückführen.

Geschichte

Auf den ApostelApostel Thomas geht in den Ostkirchen eine alte und gewichtige Traditionslinie zurück. Er hat in dieser Region eine ähnlich große Bedeutung wie Petrus für Rom. Historisch lässt sich das Wirken des Apostels Thomas nur in Bruchstücken rekonstruieren und sein Leben und Wirken genauso wenig geschichtlich klären wie das des Petrus. Fest steht die Verbindung des Thomas zu Edessa. Vermutlich kam er bei seinen Missionen bis nach Nordindien. Die indischen Thomaschristen, von denen sich die orthodoxen Kirchen in Indien und darüber hinaus weitere christliche Gemeinschaften ableiten, behaupten eine direkte Mission durch den Apostel.

Theologie, Kirche, Frömmigkeit

 Die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Malankara steht in Gemeinschaft mit der Syrischen Orthodoxen Kirche. Um diese Verbundenheit darzustellen, nennt sie sich auch Malankarische Jakobitische Syrisch-Orthodoxe Kirche. In einem SchismaSchisma ging 1912 aus ihr die Malankarisch Orthodoxe Syrische Kirche (auch: Indisch-Orthodoxe Kirche) hervor, die als einzige der orthodoxen Kirchen in Indien den Status der AutokephalieAutokephalie hat. Insgesamt umfassen die syrisch-orthodoxen Kirchen Indiens ca. zwei Millionen Gläubige, die sich zu etwa gleichen Teilen auf die beiden Kirchen aufteilen.

 Weiterhin gibt es die relativ kleine, sich im 18. Jahrhundert vom → Patriarchat von Antiochien und dem ganzen Osten abtrennende Unabhängige Syrische Kirche von Malabar und eine Metropolie der Assyrischen Kirche [→ Heilige Apostolische Katholische Assyrische Kirche des Ostens].

 Große Kirchen stellen dagegen die mit Rom unierteUnion / Uniert Syro-Malabarische und die Syro-Malankarische Kirche mit knapp vier Millionen bzw. knapp einer halben Million Kirchenmitgliedern dar.

 In der TraditionTradition der Thomaschristen sieht sich auch eine presbyterianische und mit der → Anglikanischen Gemeinschaft in Kirchengemeinschaft stehende Kirche, die Syrische Mar-Thoma-Kirche von Malankara, von der sich 1952 die Evangelische St. Thomas Kirche von Indien abspaltete.

 Trotz der Kirchenspaltungen und der internen Zersplitterung spielen die Thomaschristen im Bundesstaat Kerala, in dem es bei einer Gesamtbevölkerung von 33 Millionen Menschen sechs Millionen Christen gibt, eine herausragende Rolle in der Bildungsarbeit und im Sozialwesen.

3.3.3.2 Die byzantinischen Kirchen

Die zweite große orthodoxe Konfessionsfamilie sind die byzantinisch-orthodoxen Kirchen oder orthodoxe Kirchen nach byzantinischem Ritus, die sich ursprünglich innerhalb des byzantinischen Reichs befanden und an dessen Zentrum Konstantinopel orientierten. Diese byzantinischen Kirchen stimmen in Kirchenverständnis, Lehre und Kult weitgehend überein. Ihren historischen Kern bildet die altkirchliche Pentarchie, zu der neben dem Bischofssitz in Rom, der zum Zentrum der Kirche des weströmischen Reichs wurde, die Bischofssitze von Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem gehörten. Heute sind das das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel, das Patriarchat von Alexandrien und ganz Afrika, das Patriarchat von Antiochien und dem ganzen Osten sowie das Patriarchat von Jerusalem. Hinzu kommen folgende autokephale Kirchen: das Patriarchat von Georgien, das Patriarchat von Bulgarien, das Patriarchat von Moskau und ganz Russland, das Patriarchat von Belgrad und das Patriarchat von Bukarest sowie die Kirche von Zypern, die Kirche von Griechenland, die Polnische Autokephale Orthodoxe Kirche, die Orthodoxe Autokephale Kirche von Albanien und die Orthodoxe Kirche der Tschechischen Länder und der Slowakei.

Seit 2018/19 ist die Orthodoxe Kirche der Ukraine eine durch das Ökumenische Patriarchat anerkannte autokephale Kirche. Diese Ernennung wird derzeit von einigen orthodoxen Kirchen abgelehnt und scharf kritisiert. Die Orthodoxe Kirche der Ukraine wird im Folgenden gesondert gezählt, da ihre AutokephalieAutokephalie-Ernennung (noch) nicht von der orthodoxen Gemeinschaft bestätigt ist (Stand Januar 2019).

Zu den Kirchen mit autonomem Status gehören die Orthodoxe Kirche vom Berg Sinai, die Orthodoxe Kirche Finnlands, die Moldauische Orthodoxe Kirche, das Erzbistum Ohrid sowie die Russische Orthodoxe Kirche im Ausland [→ Patriarchat von Moskau / Russische Orthodoxe Kirche im Ausland]. Im Allgemeinen wird zu den autonomen Kirchen auch das Erzbistum von Japan [→ Patriarchat von Moskau / Erzbistum von Japan] gezählt. Dieser Status trifft nur eingeschränkt zu, da die AutonomieAutonomie der Japanisch-Orthodoxen Kirche lediglich von Russland anerkannt wird. Auch diese Kirchen sollen im Folgenden skizziert werden.

Ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel

Geschichte

Mit der Gründung der Kaiserresidenz Konstantinopel 330 und durch die enge Verbindung von Kaiser und PatriarchPatriarch erhielt der Bischofssitz von Konstantinopel eine hohe Bedeutung. Während des 2. Ökumenischen KonzilsKonzil / KonziliarismusÖkumenisches Konzil 381 wurde ihm der zweite Rang nach Rom verliehen.

Konstantinopels Stellung als Zentrum des östlichen Christentums kommt seit dem 6. Jahrhundert in dem Titel seines PatriarchenPatriarch als Ökumenischer Patriarch, d.h. zuständig für die gesamte Welt, zum Ausdruck, ein Titel, der auf starken Widerspruch des römischen Papstes stieß.

Nach dem Niedergang des byzantinischen Reichs und der Eroberung Konstantinopels 1453 behielt der PatriarchPatriarch im Milletsystem des osmanischen Reichs eine Führungsrolle für die Christen und wurde religionspolitischer Ansprechpartner der Herrscher. Als Nachfolger der byzantinischen, aufs engste mit der politischen Macht verbundenen Kirche [→AusdifferenzierungAusdifferenzierung (des Christentums)] repräsentierte das Ökumenische Patriarchat das orthodoxe Christentum im gesamten osmanischen Einzugsbereich. Es hielt seine Führungsposition im östlichen Christentum über Jahrhunderte hinweg aufrecht, auch wenn die Osmanen, wie bereits zuvor die byzantinischen Kaiser, häufig direkt Einfluss auf die Besetzung des Patriarchenstuhls nahmen. Dieser Umstand schwächte die Kirche neben den allgemeinen Einschränkungen der Christen im osmanischen Reich, z.B. zusätzliche Steuerabgaben, das Verbot von christlicher Mission sowie fehlende gesellschaftliche Aufstiegschancen.

Im 16. Jahrhundert bestätigte der Ökumenische PatriarchPatriarch der Russisch-Orthodoxen Kirche [→ Patriarchat von Moskau und ganz Russland] den Titel Patriarch für ihre Oberhäupter. In Russland war die Vorstellung virulent, dass nach dem Untergang Roms und dem Untergang Konstantinopels als das Zweite Rom, Moskau das Dritte Rom sei, Zentrum des östlichen Christentums und Hort des wahren orthodoxen Glaubens. In russischer Perspektive beerbte das orthodoxe Christentum in Russland ideell das Konstantinopler Patriarchat um seine Vorrechte im Pantheon der orthodoxen Patriarchate und Lokalkirchen.

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts kam es zu einem theologischen Austausch des Ökumenischen PatriarchenPatriarch Jeremias$Jeremias II., 1536–1595, orthodoxer Patriarch von Konstantinopel II. (1536–1595) mit Tübinger lutherischen Theologen [→ Lutherische Kirchen], bei dem es um die zentralen theologischen Inhalte der beiden ReligionenReligion, d.h. der christlichen Konfessionen ging. Es konnte in dem Dialog, wenn er auch freundlich geführt und beendet wurde, kein theologischer Konsens herbeigeführt werden. Exemplarisch zeigten sich die Divergenzen der je konfessionell geprägten theologischen Schwerpunkte.

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhundert bestieg mit Kyrillos$Kyrillos, 827–869, byzantinischer orthodoxer Priester und Missionar, zusammen mit seinem Bruder Methodios „Slawenapostel“ Loukaris (1572–1638)$Kyrillos I. (Loukaris), 1572–1638, orthodoxer Patriarch von Konstantinopel ein dem Calvinismus [→ AusdifferenzierungAusdifferenzierung (des Christentums) / Besonderheiten der historischen Entwicklung der evangelischen Konfessionsfamilie] nahestehendes Oberhaupt der orthodoxen Griechen den Patriarchenstuhl. Wegen seiner protestantismusfreundlichen Tendenzen brachten ihn römisch-katholische Kirchenpolitiker, die ihrerseits eine orthodox-römisch-katholische UnionUnion / Uniert avisierten, beim Sultan in Verruf. Nach mehrmaliger Amtsenthebung und Amtseinsetzung wurde er schließlich von muslimischen Schergen ermordet.

Im 19. Jahrhundert erkannte das Ökumenische Patriarchat die AutokephalieAutokephalie gleich mehrerer orthodoxer Kirchen an: die der → Kirche von Griechenland, des → Patriarchats von Belgrad und des Patriarchats von Bukarest. An dem Bemühen um Autokephalie, das den Verleihungen vorausging, zeigte sich der im 19. Jahrhundert auch in der Orthodoxie zunehmende Einfluss von nationalen Interessen innerhalb der Kirchenpolitik. Im Kernland des Ökumenischen Patriarchats begann mit der Gründung der Republik Türkei 1923 ein rasanter Einflussverlust der griechisch-orthodoxen Kirche. Im Zuge der Ratifizierung der zwischen Griechenland und der Türkei vereinbarten Konvention zum Bevölkerungsaustausch wurden 1922/23 etwa 1,25 Millionen Griechen aus der Türkei vertrieben.

Im türkischen Staat herrschte zwar Religionsfreiheit, aber insbesondere nach dem Tod von Staatsgründer und Präsident Mustafa Kemal Atatürk$Atatürk, Mustafa Kemal, 1881–1938, Gründer und erster Präsident der Republik Türkei (1881–1938) erlitten die Rechte von Christen in der Praxis oft eine starke Beschneidung.

Nach dem Pogrom von Istanbul 1955, als bei gewalttätigen Ausschreitungen in Istanbul, Ankara und Izmir gegen griechisch-orthodoxe und armenische Christen sowie türkische Juden mindestens elf Menschen getötet wurden (die genauen Zahlen sind bis heute nicht klar), verließen zehntausende orthodoxe Griechen ihre türkische Heimat.

Die theologische Ausbildungsstätte des Ökumenischen Patriarchats, die Hochschule von Chalki, ist seit 1971 geschlossen, die religiöse Ausbildung von PriesternPriester und Religionslehrern verboten. Theologen der griechisch-orthodoxen Kirche in der Türkei erhalten ihre Ausbildung im Ausland. Innerhalb der Türkei hat das Ökumenische Patriarchat einen schweren Stand und ist immer wieder Angriffen ausgesetzt. Das Attribut „ökumenisch“ im Titel des PatriarchenPatriarch ist in der Türkei umstritten und de jure verboten.

Theologie, Kirche, Frömmigkeit

 Die apostolische SukzessionSukzessionApostolische SukzessionApostolizitätApostolische Sukzession des BischofsBischof von Konstantinopel wird in der byzantinischen TraditionTradition bis auf den ApostelApostel Andreas zurückgeführt, der als erster Jünger von Jesus noch vor Petrus berufen wurde.

 Auch heute hat das Ökumenische Patriarchat eine Ehrenwürde unter den byzantinisch-orthodoxen Kirchen, welches nicht mit einem PrimatPrimat wie das des römisch-katholischen Papstes verwechselt werden darf.

 Seit 1612 befindet sich die Residenz des Ökumenischen PatriarchenPatriarch im Phanar in Konstantinopel.

 Der für die Orthodoxie heilige Berg Athos und die sich darauf befindliche Mönchsrepublik gehört zur Jurisdiktion des Ökumenischen Patriarchats.

 Im 20. Jahrhundert gingen vom Ökumenischen Patriarchat wesentliche Impulse für die ÖkumeneÖkumene, für den innerorthodoxen Ausgleich und für die Zusammenarbeit mit den orientalischen orthodoxen Kirchen aus. Der derzeitige Ökumenische PatriarchPatriarch Bartholomaios I.$Bartholomaios I., geb. 1940, orthodoxer Patriarch von Konstantinopel (geb. 1940) setzt sich seit Jahrzehnten profiliert für Umweltschutz und Ökologie ein.

 Dem Ökumenischen Patriarchat unterstehen weltweit 133 Bischöfe, 6000 PriesterPriester und geschätzt vier bis fünf Millionen Gläubige. Von ihnen lebt der allergrößte Teil in Amerika, Europa, Japan, Ozeanien, Australien, der wesentlich geringere Teil auf dem Gebiet der Türkei, Nordgriechenlands, Kretas und der Dodekanes.

Patriarchat von Alexandrien und ganz Afrika

Geschichte

Die Gemeinde in Alexandrien bestand anfangs aus Judenchristen und Griechen. Erst nach und nach stieß die einheimische koptische Bevölkerung hinzu, die sich später mit einer eigenen Kirche von dem griechisch-orthodoxen Teil der Gemeinde, den Melkiten, trennte [→ Koptische Orthodoxe Kirche]. Die Bezeichnung Melkit kommt aus dem Arabischen, meint ,kaiserlich‘, ,königlich‘ und galt als Bezeichnung für die oströmischen „Kaisertreuen“.

Seit dem 2. Jahrhundert war das Patriarchat durch die Katechetenschule von Alexandrien ein theologisch einflussreiches Zentrum des Ostens. Im 4. Jahrhundert spielte es bei den trinitätstheologischen Streitigkeiten eine ausschlaggebende Rolle, sowohl in theologischer als auch kirchenpolitischer Hinsicht.

Alexandrien stand ursprünglich wie Konstantinopel mit Rom in Konkurrenz. Auf dem zweiten KonzilKonzil / Konziliarismus von Konstantinopel 381 wurde dem Patriarchat der dritte Rang nach Rom und Konstantinopel verliehen. Nach und nach aber, und ganz besonders mit der arabischen Eroberung, verlor das griechisch-orthodoxe Patriarchat seinen Einfluss und seine Bedeutung. Der PatriarchPatriarch residierte bis 1846 als Titularbischof in Konstantinopel.

Im 20. Jahrhundert hatte die Kirche große missionarische Erfolge in Afrika. Es gibt Bischofssitze des Patriarchats von Alexandrien in den Ländern Zentral-, Ost- und Südafrikas.

Theologie, Kirche, Frömmigkeit

 Zentrale Charakteristika der → Koptischen Kirche treffen auf die alexandrinische orthodoxe Kirche zu.

 Das Patriarchat von Alexandrien und ganz Afrika versammelt ca. 350000 Gläubige in Ägypten und 1,2 Millionen auf dem restlichen afrikanischen Kontinent Afrika.

Patriarchat von Antiochien und dem ganzen Osten

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