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Inhaltliche Differenz und gute Gespräche

Jurkowski und Hänze (2010) konnten in einer Studie nachweisen, dass der Lernerfolg umso größer ist, wenn die Lernenden aufeinander Bezug nehmen und Beiträge der anderen weiterentwickeln. Je intensiver das inhaltliche Gespräch ist und je breiter das Meinungsspektrum ist (inhaltliche Differenzierung), umso besser ist das für das Lernen.

Kooperatives Lernen

Verschiedene Studien untersuchen positive Faktoren für das kooperative Lernen. Für Slavin (1996) ist die Motivation der Einzelnen grundlegend. Wenn die Einzelnen eine gute Leistung erbringen, gibt es eine Belohnung durch die Gruppe, zum Beispiel Anerkennung. Cohen (1994) ist der Meinung, dass sich die soziale Kohäsion3 besonders auf den Lernerfolg auswirkt. Er führt das auf das Bedürfnis nach sozialer Bindung zurück, die die Motivation der Lernenden fördert.

Störungsfreiheit

Rakoczy (2007) weist nach, dass sich die Teilnehmenden oder Lernenden in ihrem Streben nach Kompetenz und Autonomie desto stärker unterstützt fühlen, je störungsfreier und disziplinierter der Unterricht ist. (Disziplin meint hier das konzentrierte Arbeiten der Mitlernenden.) Wenn die Mitlernenden konzentriert arbeiten, überträgt sich das auf einen selbst oder auf solche, die zunächst nicht so stark mitarbeiten wollen. Das disziplinierte Arbeiten wird dann gleichsam zur Norm der Gruppe.

Vereinbarung von Regeln

Das Ziel von Regeln ist, Ordnungsstrukturen herzustellen und aufrechtzuerhalten, sodass Unterricht möglichst störungsfrei stattfinden kann. Wichtig für die Leitung von Lerngruppen ist die Vereinbarung von Regeln. Dazu gehört auch, dass Lehrpersonen ihre Erwartungen deutlich kommunizieren. Wichtig ist aber auch, die Interessen der Teilnehmenden aufzunehmen. Dadurch werden die Teilnehmenden ernstgenommen und integriert. Eine Folge davon sind weniger Störungen im Unterricht (Rakoczy, 2007).

Wahrnehmung der Lehrperson durch die Lernenden

Es besteht darüber hinaus einen Zusammenhang zwischen Lernerfolg und wie die Lernenden die Lehrperson wahrnehmen. Teilnehmende beziehungsweise Lernende lernen besser bei einer Lehrperson, die sich durch Regelklarheit und mit einer flexiblen Anpassung an die jeweilige Situation auszeichnet (Neuenschwander, 2006). Im Gegensatz dazu empfinden Lernende Lehrpersonen, die rigoros und autoritär sind, nicht als förderlich für das eigene Lernen. Neuenschwander untersuchte weiter, was Teilnehmende als souveräne Leitung wahrnehmen: Neben der bereits erwähnten Regelklarheit und flexiblen Anpassung sind auch eine hohe Erklärungs- und Kommunikationskompetenz wichtig.

Relevante Lernziele

Lernziele müssen von den Lernenden als relevant empfunden werden. Hinsichtlich dieser Lernziele braucht es einen strukturierten Unterricht, der klare Arbeitsanweisungen enthält und von den Teilnehmenden als interessant wahrgenommen wird. Darüber hinaus muss die Lehrperson über eine hohe Fachkompetenz verfügen. Damit der Aspekt der relevanten Ziele wirklich umgesetzt werden kann, müssen die Lernenden und Teilnehmenden in den Unterricht miteinbezogen werden. Die Lehrpersonen sollte mit den Teilnehmenden oder Lernenden einen Aushandlungsprozess und einen Dialog anstoßen, in dem neben den vorgegebenen Zielen auch eine individuelle Vertiefung oder Schwerpunktsetzung ausgehandelt werden kann (Helmke/Weinert, 1997).

Offen leiten mit Beziehung

Seidel, Rimmele und Prenzel (2003) zeigen auf, dass das Verhalten von Lernenden von der Qualität der Beziehung zwischen Lernenden und Lehrperson abhängt. Es konnte nachgewiesen werden, dass, wenn eine Lehrperson die Interaktionen und die Kommunikation stark dominiert, für Lernende und Teilnehmende keine Freiräume für eigenständiges Denken entstehen und keine Internalisierung von Lernzielen stattfindet. Das heißt, eine intrinsische Motivation wird unterbunden. So fühlen sich Lernende in eng geführten Interaktionen in ihrer Autonomie und in ihrer Kompetenz nicht unterstützt. Die Folge ist Demotivation, die Lernenden beschäftigen sich mit anderem als dem Unterricht (Tagträumen, mit dem Handy spielen, Seitengespräche). Mit der Zeit schwindet das Interesse am Thema oder Fach fast gänzlich (Seidel/Rimmele/Prenzel, 2003).

Wertschätzung

Rakoczy (2007) weist nach, dass die Wahrnehmung der eigenen Autonomie im Unterricht sehr eng mit einer wertschätzenden Beziehung der Lehrperson zu den Teilnehmenden Lernenden zusammenhängt.

Für die intrinsische Motivation ist Wahrnehmung von Autonomie, Kompetenz und sozialer Bindung von großer Bedeutung.

Lernerfolge unterscheiden sich nicht von Schule zu Schule, sondern von Klasse zu Klasse innerhalb derselben Schule. Nach Hattie gelingt Unterricht dann, wenn er auf der Basis von Respekt, Wertschätzung, Fürsorge und Vertrauen stattfindet (Hattie, 2014).

Entwicklung einer Lernkultur mithilfe der Gruppendynamik

Auf der Basis dieser Erkenntnisse lässt sich ein «innerer Kompass» für die Lehrperson formulieren. Zusammenfassend sind folgende Aspekte für einen gelungenen Unterricht wichtig:

 Relevanz der Didaktik (Lernziele, Methoden, Folgerichtigkeit des Aufbaus usw.)

 Förderung von Lernstrategien

 Der Sinn des Lerninhalts ist erkennbar.

 Positive Interaktionen zwischen allen Beteiligten

 Lernende nehmen aufeinander Bezug und gehen aufeinander ein. Sie zollen sich gegenseitig Anerkennung.

 Damit für vorgegebene Lernziele intrinsische Motivation aufgebaut werden kann, sind Austausch und Kommunikation nötig.

 Die Einbindung in die Lerngruppe beziehungsweise Klasse ist wichtig. Sie deckt das menschliche Grundbedürfnis nach Zugehörigkeit ab.

 Der Unterricht ist störungsarm.

 Die Regeln werden in einem wechselseitigen Dialog festgelegt.

 Leitungsstil der Lehrperson: klare Regeln festlegen und einhalten, präsent sein, flexibel reagieren können, Lehrpersonen können gut erklären

 Wenn die Beziehung zwischen Lehrperson und Lernenden von den Teilnehmenden als wertschätzend wahrgenommen wird, erleben sie ihre Autonomie stärker.

 Die Lehrperson schafft ein wertschätzendes Sozialklima, die Autonomie der Lernenden wird unterstützt, die Lernenden erleben ihre Kompetenz.

 Die Interaktion und Kommunikation werden von der Lehrperson nicht dominiert.

 In Diskussionen kommen unterschiedliche Meinungen zum Ausdruck.

 Lernerfolge beruhen auf Respekt, Wertschätzung, Fürsorge und Vertrauen.

 Gegenseitige Unterstützung unter den Lernenden

Reflexion

Wie können Lehrpersonen Gruppendynamik nutzen,

 damit sich Wertschätzung entwickeln kann?

 damit sich die Lernenden gegenseitig unterstützen?

 damit in Diskussionen unterschiedliche Meinungen zum Ausdruck kommen?

 damit sich alle Teilnehmenden der Gruppe zugehörig fühlen?

 damit sehr gute Leistungen erbracht werden können und eigene Kompetenz erfahren werden kann?

Sonderfall: Lerngruppen und Klassen sind nicht automatisch Gruppen

Abstract

Aus der einschlägigen Literatur zu Gruppendynamik in Schulklassen und der Sozialpsychologie der Schule geht hervor, dass Lerngruppen und Klassen keine Gruppen sind, wie wir sie bisher definiert haben. Es fehlt ein gemeinsames Ziel. Die Teilnehmenden haben ihre individuellen Ziele, die sie erreichen wollen. Um die positiven Effekte der Gruppendynamik für das Lernklima nutzbar zu machen, muss die Lehrperson ein gemeinsames Ziel formulieren. Naheliegend ist das Ziel, gemeinsam eine positive Lernkultur zu schaffen.

Der Literatur im Bereich Gruppendynamik und Lerngruppe oder Klasse beziehungsweise Sozialpsychologie der Schule zufolge gelten Klassen und Lerngruppen nicht als klassische Gruppen. Wie aus der hier eingeführten Definition von «Gruppe» entnommen werden kann, gehört ein gemeinsames Gruppenziel dazu. Lerngruppen und Schulklassen haben nun aber in aller Regel kein gemeinsames Gruppenziel. Ulich schreibt: «Vermutlich genügt die Lerngruppe einigen Definitionsmerkmalen der Gruppe, anderen aber nicht» (1974, S. 34). Stanford (2017) hat sich für eine Definition der Lerngruppe entschieden, in der der Aspekt des Ziels vollständig fehlt. Dollase (2014) bezeichnet die Lerngruppe als Pseudogruppe. Steins (2014) referiert auf verschiedene Merkmale von Gruppe und kommt zum Schluss, dass Schulklassen kein gemeinsames Ziel haben.

Die Lerngruppe ist eine Art von Gruppe, die es ausschließlich in Kursen, Bildungsinstitution und Schulen gibt. In der Arbeitswelt gibt es diese Art von Gruppe kaum. Dollase (2012, 2014) zufolge haben diese Gruppen allenfalls ein gemeinsames Schicksal, aber kein gemeinsames Ziel. Damit aber eine Lerngruppe eine Gruppe wird, wie sie in der Literatur der allgemeinen Gruppendynamik definiert und diskutiert wird, ist eine besondere Maßnahme seitens der Lehrperson nötig. Darum wird es im Weiteren gehen.

In jeder Lerngruppe und Klasse gibt es so viele Ziele, wie es Lernende gibt. Sie wollen ein Lernziel erreichen, sei es ein explizit ausgesprochenes, das für alle gilt, oder ein individuelles. Sie möchten zum Beispiel das Qualifikationsverfahren bestehen, einen Masterabschluss erlangen oder den Fachausweis Ausbilder/-in. Dieses Ziel erreichen sie allein, denn die Prüfung müssen sie allein bestehen: Sie reichen ihre Unterlagen allein bei den Behörden ein, um den Fachausweis zu erhalten. Die Kompetenznachweise müssen sie allein schreiben. Die Physikprüfung und das Diktat müssen sie allein durchstehen. Ihren Lernprozess machen sie individuell durch. Es gibt kein Ziel, das eine Lerngruppe oder Schulklasse gemeinsam erreichen muss.

Es gibt Ausnahmen, die allerdings nicht die ganze Gruppe betreffen: wenn man zum Beispiel innerhalb einer Lerngruppe Projektgruppen oder Transfergruppen bildet. Diese Gruppen erfüllen dann durchaus die Kriterien der oben aufgeführten Definition.

Daher stellt sich die Frage, was man als Lehrperson tun kann, damit eine Klasse oder Lerngruppe zu einer Gruppe im oben definierten Sinne werden kann.

Das übergeordnete Ziel für eine Lerngruppe oder Klasse: die Lernkultur

Damit eine Lerngruppe oder Klasse ein übergeordnetes Ziel bekommt, empfiehlt sich die Schaffung einer gemeinsamen Lernkultur. Diese wird mittels eines Contractings zur Diskussion gestellt (z.B. Steins, 2014; Ulich, 1974; besonders Stanford, 2017).

Steins (2014) weist eindrücklich die Zusammenhänge zwischen Verhaltensstandards, Zusammenhalt unter den Lernenden und der Produktivität nach. Durch Normen kann der Zusammenhalt unter den Lernenden gefördert werden, was sich dann positiv auf die Lernleistung auswirkt.

Ulich schlägt als Gruppenziel vor, mittels eines interessanten Unterrichts das gemeinsame Lernen zu fördern und gleichzeitig sozial-emotionale Bedürfnisse (wie z.B. Zugehörigkeit zu einer Gruppe, Anerkennung, Kompetenzerfahrung etc.) abzudecken.

Abbildung 2:

Die Wirkung eines Ziels

Ein gemeinsames Ziel gibt einer Lerngruppe beziehungsweise Klasse eine Richtung. Im nächsten Kapitel, «Vom Zielpool zum Gruppenvertrag», wird der Aspekt des gemeinsamen Ziels vertieft.

Teil 2: Mit Dynamik unterwegs
Vom Zielpool zum Gruppenvertrag – Contracting

Abstract

Wenn Menschen zusammenkommen, dann haben sie ganz unterschiedliche Ziele. Stahl beschreibt dies als Zielpool. Es gibt darin vier Arten von Zielen: gesetzte öffentliche Ziele, wählbare öffentliche Ziele, gesetzte nicht öffentliche Ziele, gesetzte nicht öffentliche Ziele. Um hier der Gruppe eine innere Zielstruktur zu geben, empfiehlt es sich, eine Zusammenarbeitsvereinbarung mit der Gruppe abzuschließen. Ich nenne diese schriftliche oder mündliche Vereinbarung zwischen den Teilnehmenden und der Lehrperson Contracting4. Viele Probleme treten auf, weil diese, unterschätzte gruppendynamische Intervention nicht durchgeführt wird. Man mag sie nicht für notwendig halten oder man ist sich der präventiven Wirkung dieser Intervention nicht bewusst. Ein gutes Contracting ist die Basis für die Zusammenarbeit und beugt gleichzeitig Problemen vor. Bei einem Contracting muss darauf geachtet werden, dass nicht von der Lehrperson einseitig verordnet wird, was gelten soll. Ein richtiges Contracting beinhaltet eine echte Mitsprache und Mitbestimmung der Teilnehmenden. Welche konkreten Punkte verhandelt werden, hängt von den Umständen ab.

«Frage nicht, was dein Land für dich tun kann. Frage, was du für dein Land tun kannst.»

Dieses berühmte Zitat von John F. Kennedy mag in diesem Zusammenhang etwas befremdlich klingen. Aber es geht nicht um das Thema «Land», sondern um die Haltung, die dahintersteckt. Die Haltung lautet: Ich gebe etwas. Sie kann gut auf Lehr-Lern-Prozesse übertragen werden: «Frage nicht, was deine Lehrperson für dich tun kann. Frage, was du zu deinem Lernen beitragen kannst.»

Es geht nun nicht darum, dass die Lernenden und Teilnehmenden allein für ihren Lernerfolg verantwortlich sind. Im Bereich der Berufsfachschulen, der Weiter- und Erwachsenenbildung (hier sind es letztlich die Anforderungen aus der Arbeitswelt) geht es auch um die Förderung der Selbstverantwortung. Mit dem Gruppenvertrag oder Contracting verfügen Lehrpersonen über ein Instrument, um eine Lehr- und Lernkultur zu implementieren, die auf geteilter Verantwortung beruht.

Welches Ziel kann bei einer Lerngruppe oder Klasse implementiert werden, wenn es nicht um ein individuelles Lernziel geht? Wichtige Hinweise dazu gibt Ulich: «Im Vergleich zu anderen Arbeitsgruppen besteht die hervorstechendste Besonderheit der Lerngruppe darin, dass hier die soziale Differenzierung und Strukturierung nicht im Zug einer zielbestimmten Arbeitsteilung, sondern im Zuge sozialer Auseinandersetzung stattfindet» (1974, S. 64).

Der Zielpool

Abbildung 3:

Die Teilnehmenden haben ihre individuellen Ziele

Wenn wir uns zu Gruppen zusammentun, fügt jeder der Beteiligten seine persönlichen Ziele in den großen gemeinsamen Topf, in den Zielpool der Gruppe (Stahl, 2017).

Die in dieser Gesamtheit befindlichen Ziele bilden wie Fische im Aquarium ein System. Sie stehen untereinander in Beziehung, wirken aufeinander ein und lassen so im Verlauf der gemeinsamen Aktivität ein unverwechselbares Beziehungsgeflecht entstehen. Der Zielpool setzt sich nach Stahl aus vier Zieltypen zusammen (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4:

Vier Zieltypen im Zielpool

Dabei ist es wichtig, die gemeinsamen Ziele für alle transparent zu machen. Dabei lassen sich die Typen von Zielen unterscheiden:

 Die gesetzten öffentlichen Ziele sind die Kursauschreibungen. Sie werden manchmal vorgegeben mit Überzeugung, Zwang oder Druck, ein Lernziel oder einen Abschluss zu erreichen. Es sind auch die Lernziele, die von der Kursleitung bekannt gegeben werden.

 Die wählbaren öffentlichen Ziele sind persönliche Entwicklungsziele oder Wünsche, die im Kurs genannt werden.

 Nicht öffentliche wählbare Ziele stammen von den Lernenden: Ich will mich rausziehen und nicht aktiv mitmachen. Ich will mit möglichst wenig Engagement das Zertifikat erhalten. Ich will mal etwas wagen, was ich noch nie gemacht habe. Ich will neue Leute kennenlernen. Ich will mich persönlich weiterentwickeln. Ich will mehr Sicherheit im Thema gewinnenAus verschiedenen Gründen werden diese Ziele nicht öffentlich deklariert: Man hat nicht daran gedacht, man findet etwas selbstverständlich, oder man schweigt aus Scham oder Verdrängung. Oder ein persönliches Ziel ist mit den allgemeinen Zielen der Gruppe unvereinbar und man traut sich nicht, darüber zu reden.

 Die gesetzten nicht öffentlichen Ziele sind die Ziele der Kursleitung: Die Teilnehmenden sollen brav sein. Sie sollen sich anpassen. Sie sollen keine kritischen Fragen stellen. Ich will eine gute Beziehung zwischen mir und den Teilnehmenden. Ich wünsche mir großen Einsatz von den Teilnehmenden. Ich will, dass sie Verantwortung übernehmen. Diese Ziele werden aus Flüchtigkeit, Taktik und Rücksichtnahme auf institutionelle Tabus oder dem Wunsch nach Zugehörigkeit verschwiegen.

Der Gruppenvertrag: Contracting

Ein Gruppenvertrag, Contract, ist ein wirksames Mittel, um für die Zusammenarbeit Klarheit zu schaffen. Dabei ist es wichtig, die Lernenden als eigenständige Vertragspartei ernst zu nehmen und die Bedingungen nicht einseitig zu diktieren.

Ein Vertrag kann wie folgt entstehen:

1 Die Lernenden werden ausführlich über die Inhalte, Themen, Methoden und Bedingungen informiert, damit sie sich ein Bild machen können, was auf sie zukommt.

2 Die Lernenden entwickeln ihre eigenen Entwicklungsziele.

3 Die Lehrperson deklariert, was für sie für eine gute Zusammenarbeit wichtig ist. Damit erhalten die Lernenden Orientierung zum Umgang untereinander und mit der Lehrperson.

4 In einem weiteren Schritt beschreiben nun die Teilnehmenden, was sie brauchen, um gut lernen zu können. «Was braucht ihr, um die Lernziele und eure persönlichen Entwicklungsziele gut erreichen zu können a) von euch selbst, b) von der Gruppe und c) von der Leitung?» Die Antworten werden zuerst in Einzelarbeit, danach in Gruppen erarbeitet. Die Gruppenergebnisse werden im Plenum vorgestellt. Auf dieser Grundlage verhandeln Lehrperson und Lernende den Contract.

Im Rahmen des Contractings kommen Themen wie Ziele, Inhalte, Aufgaben, Vermittlungsformen, Rahmenbedingungen, Gestaltung des Unterrichts, Art der Zusammenarbeit, eigene Beiträge oder von der Gruppe und der Leitung, Kommunikation untereinander, Umgangsformen, Umgang mit Handy oder der Umgang mit Laptop zur Sprache (siehe «Elemente einer Lernkultur»). Anhand des Contractings wird eine ganz bestimmte Lernkultur eingeführt.

Ganz zentral ist dabei, dass nicht einfach Erwartungen der Teilnehmenden und Lernenden abgerufen werden, weil damit eine Konsumhaltung gefördert wird: Die Teilnehmenden haben ihre Erwartungen platziert und jetzt soll die Leitung schauen, dass sie in Erfüllung gehen. Damit fördern wir das Oberkellnersyndrom: Die Leitung präsentiert alles auf dem Silbertablett. Alternativ oder ergänzend dazu sollen persönliche Entwicklungsziele formuliert werden (2). Danach können die Lernenden dann immer noch zum Ausdruck bringen, was sie von der Leitung brauchen, um gut lernen zu können – aber eben in Kombination mit sich selbst und der ganzen Gruppe (4). Es muss sichergestellt sein, dass das Lernen eine partnerschaftliche Angelegenheit ist. Mit dem Contracting wird das Zeichen gesetzt, dass ein guter Lernerfolg auf der Basis von Zusammenarbeit und geteilter Verantwortung zustande kommt.

Es ist wesentlich einfacher, zu Beginn einer Lernphase diesen Vertrag zu verhandeln, als später Fehlentwicklungen zu korrigieren. Mit späteren Korrekturen sind möglicherweise Konflikte verbunden, weil die Teilnehmenden sich nun in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlen.

Sie sollten sich selbst Regeln geben. Dabei bringt die Lehrperson ihre Vorstellung einer guten Lehr- und Lernkultur mit Engagement ein. Gleichzeitig zieht sie die Teilnehmenden und Lernenden bei der Mitgestaltung hinzu. Die Erfahrung zeigt, dass dieser Weg in der Regel zu einem guten Resultat führt, wenn die Beziehung zur Lehrperson beziehungsweise zur Institution intakt ist.

Gegebenenfalls kann die Lehrperson ihre Idealvorstellung nicht (mehr) realisieren, aber das Wesen eines Contractings ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen, das vielleicht dazu führt, gewünschte Aspekte loszulassen. So lange sich Geben und Nehmen die Waage halten, führt diese Verfahren mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem guten Ergebnis.

Fall: Ferien sind besser als Ausbildung

Felicien macht eine längere berufsbegleitende Ausbildung im Bereich Sozialpädagogik. In deren Verlauf findet ein Ausbildungsblock von fünf Tagen in einem Bildungshaus statt. Es befindet sich im grenznahen Ausland, gelegen auf einem Hügel mit einer herrlichen Aussicht über das ganze schweizerische Mittelland bis zu den Alpen. In diesem Ausbildungsteil ist Felicien sehr passiv, er geht regelmäßig joggen, bleibt beim Essen lange sitzen, bietet den anderen Kursteilnehmenden Wein an und animiert sie, zu genießen. Er kommt immer wieder zu spät in die Kurse. Mit der Zeit distanzieren sich die anderen Teilnehmenden von ihm. Niemand will mehr so richtig mit ihm in einer Gruppe arbeiten, weil er oft auf andere Themen zu sprechen kommt. Das steigert sich zu aggressiven Äußerungen, zum Beispiel «Du fauler Sack!».

Intervention

Wenn sich ein so offensichtliches, abweichendes Verhalten zeigt, ist es günstig, es direkt anzusprechen und zwar am besten im Plenum. Ein Gespräch unter vier Augen würde nicht zur Klärung in der Gesamtgruppe führen. Die Befürchtung, den Teilnehmer bloßzustellen, ist unbegründet, denn er ist schon exponiert. Die Lehrperson spricht das Thema angemessen, ruhig und sachlich beschreibend an. Auf keinen Fall soll eine Wertung oder Verurteilung stattfinden: «Felicien, mir fällt auf, dass du des Öfteren zu spät kommst, du hast dich im Plenum auch noch nie zur Sache gemeldet und heute ist klar zum Ausdruck gekommen, dass niemand mit dir in der gleichen Gruppe arbeiten will. Mich interessiert, wie es dir geht und wo du im Hinblick auf das Thema stehst.»

Nach dieser Intervention stellt sich heraus, dass Felicien diesen Kursblock mehr als Ferien betrachtet, als Erholung von seinem anstrengenden Familienalltag mit sechs Kindern. Er stellt klar, dass er für diese Tage andere Prioritäten habe. Gleichzeitig entschuldigt er sich dafür, bei den anderen negative Gefühle hervorgerufen zu haben. Nach seinem Statement beruhigt sich die Situation. Die anderen Teilnehmenden wissen nun, woran sie sind. Feliciens Stellung in der Gruppe bleibt nicht einfach, aber die anderen nehmen ihn mit und tolerieren seine Beweggründe. Seine persönlichen, unausgesprochenen Ziele waren also Genießen und Erholung. Sie waren für ihn wichtiger als die gesetzten öffentlichen Ziele.

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