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(3) Der krisengeborene Verwertungspool

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Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Einrichtung eines Verwertungspools. So kann im Poolvertrag die Klausel enthalten sein, dass sich nach erfolglosem Sanierungsversuch des Unternehmens dessen Verwertung anschließt. In einer solchen Verwertungsklausel können die Beteiligten vereinbaren, wie das Vermögen des Schuldners liquidiert werden soll und welche Bank im Liquidationsfalle zu welchem Anteil bedacht wird. Die Verwertung kann bei entsprechend negativer Feststellung der Sanierungsfähigkeit des Unternehmens auch von Beginn an das erklärte Ziel des Poolvertrages sein. Letzteres ist schwerpunktmäßig bei den Lieferantenpoolverträgen der Fall.

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Von den Verwertungspoolverträgen unterscheiden sich die Bankenpoolverträge maßgeblich in dem Punkt, dass hier keine Beweis- und Abgrenzungsschwierigkeiten im Vordergrund stehen, da zumindest im Zeitpunkt des Abschlusses des Bankenpoolvertrages gemeinsame Rechte der Gläubigerbanken untereinander noch gar nicht existieren.[94] Ausdrückliche Verwertungspools unter Beteiligung von Banken kommen daher oft nur in der Form gemischter Sicherheitenpoolverträge zwischen Waren- und Geldkreditgebern in Betracht. An solchen Sicherheitenabgrenzungsverträgen beteiligen sich Banken vornehmlich deshalb, weil sie gemeinsam mit anderen Kreditgebern konkurrierende Interessen durch eine optimale (Aus-)Nutzung sämtlicher Sicherheiten zur Geltung bringen wollen. Aufgrund von Vorbehalten der Kreditwirtschaft finden sich solche Verträge in der Praxis jedoch eher selten.

cc) Privat- und insolvenzrechtliche Gesichtspunkte

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Rechtstechnisch handelt es sich bei einem Sicherheitenpool entweder um eine BGB-Gesellschaft oder um ein unechtes Treuhandverhältnis.[95] Auf das Innenverhältnis der Banken als Gesellschafter untereinander, auf die Vermögensstruktur einer solchen BGB-Gesellschaft, den Saldenausgleich, die Verwertung und Erlösverteilung von bzw. aus den Sicherheiten, die Befristung oder die Kündigung soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden.[96] Es genügt der Hinweis, dass bei der Bildung eines Bankenpools die allgemeinen Grenzen für die Bestellung von Sicherheiten eingehalten werden müssen, insbesondere also die Sittlichkeitskontrolle gem. § 138 BGB zu keinen Beanstandungen führen darf. Zu Einzelheiten sei auf die allgemeine zivilrechtliche Fachliteratur verwiesen. Ein Verstoß gegen § 138 BGB hat die Nichtigkeit des Sicherungs- wie des gesamten Poolvertrages zur Folge, wenn der Zweck der BGB-Gesellschaft als sittenwidrig im Sinne dieser Vorschrift zu qualifizieren ist. Am Pool beteiligten Gläubigern droht eine Schadensersatzklage anderer Gläubiger nach den §§ 826, 830 Abs. 1 S. 1, 840 Abs. 1 BGB. So kann in einer Benachteiligung nicht in dem Pool organisierter Gläubiger eine Gläubigergefährdung im Sinne von § 826 BGB liegen, wenn ein Gläubiger sich bei der Ausübung seiner Rechte zur an sich legitimen Verfolgung eigener Interessen unlauterer Mittel bedient, durch die Ansprüche anderer Gläubiger vereitelt werden können.[97] Eine Insolvenzverschleppung zeichnet sich dagegen dadurch aus, dass einem insolvenzreifen Unternehmen ein unzulänglicher Kredit gewährt wird, um damit den Eintritt der Insolvenz hinauszuzögern.[98]

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Poolvereinbarungen von Gläubigerbanken mit dem Gemeinschuldner zum Zwecke der Unternehmenssanierung sind insolvenzrechtlich dagegen unbeachtlich.[99] Einzelne von Schuldnerseite aus zustimmungsbedürftige Vertragsklauseln bedürfen jedoch einer näheren insolvenzrechtlichen Betrachtung. Die Mitwirkung des Schuldners als berechtigte und verpflichtete Partei im Poolvertrag stellt eine Rechtshandlung im Sinne des § 129 InsO dar und ist somit mit der Rechtsfolge des § 143 InsO anfechtbar. Gleiches gilt für Poolverträge, die ohne Zustimmung des Schuldners abgeschlossen worden sind. In Frage könnte eine Anfechtung wegen inkongruenter Deckung gem. § 131 InsO kommen. Eine Sicherheit wird dann zu einer inkongruenten Deckung, wenn ihr Geber diese Sicherheit nicht, nicht in der gewährten Art oder nicht zu diesem Zeitpunkt schuldete.[100] Eine entsprechende Anfechtung scheidet allerdings aus, wenn der Gläubigerpool durch den Abschluss des Poolvertrages nicht mehr Rechte erhält, als den beteiligten Gläubigern bereits zuvor einzeln zustanden. Willigt der Schuldner vor Ablauf der in § 131 Abs. 1 InsO genannten Frist in die Erweiterung des Sicherungszwecks ein, so kommt eine Anfechtung nach dieser Vorschrift ebenfalls nicht in Betracht. Gleiches gilt, wenn ein Poolgläubiger vor diesem Zeitraum einen Anspruch auf Erweiterung des Sicherungszwecks hatte.

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Bargeschäfte gem. § 142 InsO sind ebenfalls der Anfechtung nach § 131 InsO entzogen. Zu beachten gilt es allerdings, dass es an einem Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO fehlt, wenn der Sicherungszweck im Zusammenhang mit Neuvalutierungen lediglich auf bereits bestehende Forderungen erweitert wird. Unter den strengen Anforderungen der Absichtsanfechtung nach § 133 InsO sind Bargeschäfte auch dann anfechtbar, wenn durch eine poolvertragliche Nachbesicherung der Sicherungszweck nicht verändert wurde.[101]

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Bei vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung besteht die Anfechtungsmöglichkeit des § 133 Abs. 1 InsO. Ein hierzu nachgewiesenes unlauteres, die Gläubiger benachteiligendes Verhalten ist allerdings zu verneinen, wenn der Schuldner zwar die (stets immanenten) Risiken einer Sanierung erkennt, für ihn aber die auf Grund positiver Prognose nachvollziehbare und vertretbare Bemühung um die Rettung des Unternehmens im Vordergrund steht. Durch eine sorgfältige Prüfung der Sanierungsmöglichkeit können die Pool-Banken das Risiko einer Anfechtung nach § 133 InsO minimieren.

dd) Resümee

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Die Bildung eines Gläubigerpools ist zulässig und per se nicht strafbar. Inzwischen ist dies sowohl vor wie auch innerhalb eines Insolvenzverfahrens gängige Praxis, kann doch so im Interesse der Mitglieder oftmals eine Fortführung des angeschlagenen Unternehmens erreicht werden.[102] Ein drohendes Insolvenzverfahren steht der Poolbildung nicht entgegen.[103] Die freie Sanierung[104] durch einen Bankenpool kann aus Schuldnersicht eine günstige Alternative zum Insolvenzverfahren und seiner Liquidation sein. Sollte es später dennoch zu einem Insolvenzverfahren kommen, so wird die Rechtsstellung der am Pool beteiligten Gläubiger in diesem Verfahren durch die vorherige Poolbildung jedoch nicht verbessert. Unabhängig von der Zusammenfassung im Poolvermögen muss für jede einzelne Sicherheit bewiesen werden[105], für welchen der Gläubiger und zur Absicherung welcher der gestellten Forderung sie bestellt wurde.[106] Den Gläubigerpools ist die Gefahr der Täuschung und Benachteiligung vor allem von Nichtpoolmitgliedern immanent. Dies eröffnet oftmals die Möglichkeit der Einleitung von Strafverfahren wegen Betruges, Untreue oder Bankrotts gem. § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB.[107] Banken können sich insbesondere über § 14 StGB nach §§ 283 ff. StGB, wegen Insolvenzverschleppung oder Untreue – etwa durch die Vergabe weiterer ungesicherter Kredite – strafbar machen.[108]

b) Einrichtung eines Gläubiger-Fonds

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Die Einrichtung eines Gläubiger-Fonds stellt grds. neben dem Gläubigerpool eine weitere Möglichkeit der Massesicherung durch Außenstehende dar. In diesem Bereich ist jedoch erhöhte Vorsicht geboten, bieten sich doch vielfältige Möglichkeiten strafrechtsrelevanter Anknüpfungspunkte, gerade in Fällen so genannter externer „Sanierer“.

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Im Vorfeld sucht ein von dem in Schieflage geratenen Unternehmen beauftragter „Sanierer“ die jeweiligen Gläubiger auf und führt mit diesen Verhandlungen, um dem angeschlagenen Unternehmen Zeit für weitere Aktivitäten zu verschaffen.[109] Spätestens mit dem Hinweis auf die geringen Erfolgsaussichten einer gerichtlichen Durchsetzung ihrer Forderungen und dem drohenden völligen Forderungsausfall bei Eröffnung des ansonsten unausweichlichen Insolvenzverfahrens geben die Gläubiger regelmäßig nach. Dann erreicht ein überzeugend auftretender „Sanierer“ oftmals die Gewährung von Stundungen oder den Abschluss von Teilerlassverträgen im Sinne eines teilweisen Forderungsverzichts.[110] Gleichzeitig wird bei den Gläubigern unter Andeutung von durch Dritte bereits bereitgestellten Geldern für die Durchführung eines Sanierungsplans und damit die Einrichtung eines Gläubiger-Fonds geworben. Das Vertrauen der Gläubiger in die angebliche Sanierung wird dabei insbesondere durch die Einrichtung eines dem Zugriff des Schuldners entzogenen Anderkontos gewonnen. Zur Unterstreichung der Seriosität und als scheinbare Sicherheit werden teilweise sogar Bankvorstände als Berater oder Mitkontrolleure von den Scheinsanierern genannt.[111]

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Je nach Vorgehensweise macht sich ein solcher „Sanierer“ wegen Täterschaft oder Teilnahme an einem (Kredit-)Betrug, einer Untreue, einer Insolvenzverschleppung oder an einer Gläubiger- bzw. Schuldnerbegünstigung strafbar. Eine Untreue gegenüber den Gläubigern kann etwa dann bejaht werden, wenn der „Sanierer“ den Gläubigern zusagt, ihnen im Rahmen eines Sanierungsplans Fonds-Gelder auszubezahlen, um dadurch einen Stundungsvergleich herbeizuführen, in Wirklichkeit jedoch die Gelder abredewidrig anderweitig verwenden will.[112] Macht der vermeintliche „Sanierer“ falsche Angaben über den Fonds und die angeblich zur Verfügung stehenden (Dritt-)Gelder, so kann er sich wegen Betruges strafbar machen, wenn die Gläubiger dadurch zum Abschluss von Stundungs- oder Teilerlassverträgen veranlasst worden sind.

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Oftmals misslingt den Strafverfolgungsbehörden jedoch der Nachweis eines Vermögensschadens. So muss zu Lasten des Täters nachgewiesen werden, dass die Gläubigerforderungen ohne den täuschungsbedingten Abschluss des Stundungs- oder Teilerlassvertrages zumindest teilweise noch realisierbar gewesen wären und erst nach der erfolglosen Durchführung der „Sanierung“ wertlos geworden sind.[113] Gelingt dieser Nachweis nicht, so kommt eine Verfolgung der Tat als Kreditbetrug gem. § 265b StGB in Betracht.[114] Schließlich droht dem „Sanierer“ ein Strafverfahren wegen Insolvenzverschleppung, wenn und soweit er als faktischer Geschäftsführer eingestuft werden kann oder formal betrachtet sogar eine entsprechende Funktion innerhalb des überschuldeten Unternehmens übernommen hat. In den übrigen Fällen kommt zumindest eine Strafbarkeit wegen Anstiftung oder Beihilfe zu einer Insolvenzverschleppung durch den Schuldner in Betracht.[115]

c) Gründung von Auffang-, Sanierungs- oder Betriebsübernahmegesellschaften

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Soll ein bereits insolventes oder zumindest entsprechend gefährdetes Unternehmen vorübergehend fortgeführt oder optimal verwertet werden, so liegt häufig die Gründung so genannter Auffang-, Sanierungs- oder Betriebsübernahmegesellschaften nahe.[116] Ein solches Vorgehen ist sowohl vor als auch noch innerhalb eines Insolvenzverfahrens grds. zulässig.[117] Selbst wenn die Gründung im Einzelfall dem Interesse der Gläubiger entsprechen kann, darf nicht übersehen werden, dass es bei diesen Gesellschaften regelmäßig ausschließlich um die Zerschlagung des Unternehmens zu Lasten einzelner oder aller Gläubiger geht.[118] Außerhalb eines Insolvenzverfahrens kann in der Gründung einer solchen Auffanggesellschaft sogar eine Form der gesteuerten Insolvenz liegen. Bereits die Gründung einer Auffang-, Sanierungs- oder Betriebsübernahmegesellschaft kann unter Umständen strafrechtlich von Relevanz sein. Je nach Einzelfall verwirklicht sie ein Beiseiteschaffen von Vermögensbestandteilen gem. § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB oder eine als unwirtschaftlich einzustufende Ausgabe im Sinne von § 283 Abs. 1 Nr. 2 StGB.[119] Auch der Auffangtatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB kommt hier in Frage.[120] An eine Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung, Gläubigerbegünstigung oder wegen Untreue ist in diesen Fällen ebenfalls zu denken. Da die Gründung solcher Gesellschaften jedoch grds. zulässig ist, sind die entsprechenden Merkmale der Straftatbestände hier besonders genau zu prüfen.[121]

2. Eingriffe in die Unternehmensorganisation

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Verbinden sich einzelne Gläubiger eines Schuldners zu einem Gläubigerpool, so stellt sich die Frage, inwieweit sie als Konstrukt in die Unternehmensorganisation des Schuldners eingreifen dürfen. Dies hängt zum einen von der privatrechtlichen Ausgestaltung des schuldnerischen Unternehmens, zum anderen von der Bereitschaft des Schuldners zur Zusammenarbeit ab. Handelt es sich bei dem Schuldner etwa um eine natürliche Person in der Form eines Einzelkaufmanns, so besteht für den Gläubigerpool rechtlich grds. keine Möglichkeit, eine Zusammenarbeit des Schuldners zu erzwingen. Insbesondere ist der Schuldner nicht dazu verpflichtet, mit dem Gläubigerzusammenschluss zu kooperieren. Ein Insolvenzverfahren ist in diesen Fällen schließlich (noch) nicht anhängig.

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Handelt es sich bei dem Schuldner dagegen um eine Aktiengesellschaft oder eine andere vergleichbare juristische Person, so kann der Gläubigerverbund versuchen, über seine Mitbestimmung im Aufsichtsrat bzw. in einem Vergleichsgremium in die Unternehmensorganisation einzugreifen. Auch hier sind die hinter der juristischen Person stehenden natürlichen Personen aber nicht zu einer Zusammenarbeit mit dem Gläubigerpool verpflichtet.

Teil 1 Grundfragen des Insolvenz- und Insolvenzstrafrechts › F. Verzahnung von Insolvenzrecht und Insolvenzstrafrecht › IV. Maßnahmen zur Massesicherung und zur Befriedigung von Gläubigern

IV. Maßnahmen zur Massesicherung und zur Befriedigung von Gläubigern

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Die Maßnahmen zur Massesicherung und zur Befriedigung einzelner Gläubiger sind in der InsO geregelt. Zu strafrechtlich bewehrten Verhaltensweisen von Schuldnern im Kontext der Insolvenz sei auf die unten[122] aufgeführten Insolvenzdelikte der §§ 283 ff. StGB verwiesen.

1. Insolvenzanfechtung

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Eine in der Praxis häufig vorkommende Maßnahme zur Massesicherung, die während des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter genutzt werden kann,[123] ist die oben bereits erwähnte Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO. Diese bietet gem. § 129 Abs. 1 InsO die Möglichkeit, Rechtshandlungen, die noch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, nach den §§ 130 ff. InsO anzufechten. Mit dieser Möglichkeit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass nicht selten von dem noch verfügungsberechtigten Schuldner im Vorfeld der Insolvenz Verfügungen getroffen worden sind, um entweder vorübergehend flüssige Mittel zur Verfügung zu haben oder aber auch um das Vermögen dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen.[124] Solche Rechtshandlungen vor Insolvenzeröffnung sind grundsätzlich wirksam, jedoch anfechtbar, um sachlich ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen.

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Wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, prüft der Insolvenzverwalter daher immer, ob möglicherweise Anhaltspunkte vorliegen, die eine Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff. InsO zur Folge haben könnten. Der Begriff der Rechtshandlung i. S. d. § 129 Abs. 1 InsO ist weit auszulegen. Hierunter fallen neben rechtsgeschäftlichen Verfügungen schuldrechtliche Verträge, geschäftsähnliche Handlungen und Realakte sowie Prozesshandlungen.[125] Gemäß § 129 Abs. 2 InsO sind auch Unterlassungen umfasst.

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Die Rechtshandlung muss eine Benachteiligung der Gläubiger zur Folge haben. Dies ist immer dann der Fall, wenn sie sich vermögensmindernd auswirkt[126] und damit die Chancen der Gläubiger, ihre Forderungen aus der Masse befriedigen zu können, verschlechtert werden. Benachteiligungen liegen folglich in einer Verringerung der Aktiva oder einer Erhöhung der Passiva, können aber auch dann schon angenommen werden, wenn der Zugriff auf Vermögensbestandteile und damit die Verwertung erschwert oder auch nur verzögert wird.[127] Die entstandene Benachteiligung muss die gesamte Gläubigerschaft betreffen.[128]

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Grundsätzlich bedarf es für eine Insolvenzanfechtung nicht einer Handlung oder auch nur Mitwirkung des Schuldners an den vermögensmindernden Aktionen, sondern es sind auch die Gläubiger benachteiligende Rechtshandlungen anfechtbar, die durch einen Dritten verwirklicht werden.[129]

Die näheren Voraussetzungen für eine Insolvenzanfechtung regeln die einzelnen Anfechtungstatbestände der §§ 130–136 InsO. Grundsätzlich ist es möglich, Rechtshandlungen anzufechten, die bis zu zehn Jahre vor der Stellung des Insolvenzantrages vorgenommen worden sind. Je länger eine Handlung zurückliegt, desto höher sind die Anforderungen an eine mögliche Anfechtung.[130]

2. Absonderung

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Der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Insolvenzgläubiger im Insolvenzverfahren findet seine Grenzen unter anderem in der Absonderung nach § 49 InsO und der Aussonderung nach § 47 InsO aufgrund der besonderen Rechtsstellung der betreffenden Gläubiger.

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Die bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger ist im Rahmen der Absonderung nach § 49 InsO möglich: Aus der Menge der Insolvenzgläubiger fallen diejenigen heraus, die einen Anspruch darauf haben, dass der Schuldner die Verwertung einer bestimmten Sache aus seinem Vermögen duldet. Der Kreis der Absonderungsrechte ist gesetzlich in den §§ 49–51 InsO abschließend festgelegt. Dieses Recht kann dem Gläubiger z. B. wegen einer Grundschuld, einer Sicherungsübereignung, einer Sicherungsabtretung oder einer Pfändung zustehen. Mit dieser Position, die sich auf eine bestimmte Sache innerhalb des Schuldnervermögens bezieht, ist der betreffende Gläubiger kein Insolvenzgläubiger im eigentlichen Sinne, sondern ein Absonderungsberechtigter, für den gem. §§ 49 ff., 165 ff. InsO eine abgesonderte Befriedigung seiner Gläubigerinteressen möglich ist. Die gleichmäßige Verteilung des Erlöses im Rahmen des Insolvenzverfahrens trifft diesen Gläubiger also nicht. Zwar ist der betreffende Gegenstand nicht der Masse entzogen, sondern er wird ihr weiterhin zugerechnet. Allerdings wird dem Gläubiger der Veräußerungserlös bzw. ein Teil desselben bis zur Höhe seiner Forderung aus diesem Gegenstand zugewiesen.[131] Das Recht auf Absonderung wird gem. § 49 InsO nach Maßgabe des ZVG geltend gemacht.[132] Veräußert der Insolvenzverwalter unberechtigt Gegenstände, die Absonderungsrechten unterliegen, so gelten die Regeln der Ersatzabsonderung nach § 48 InsO analog.[133]

3. Aussonderung

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Gemäß § 47 S. 1 InsO gehören Gegenstände, an denen ein anderer ein dingliches oder persönliches Recht geltend machen kann, nicht zur Insolvenzmasse; der Inhaber eines solchen Rechtes hat einen Anspruch auf Aussonderung dieses Gegenstandes. Im Gegensatz zur Absonderung entzieht die Aussonderung den entsprechenden Gegenstand komplett dem Insolvenzverfahren, das heißt, er wird nicht wie bei der Absonderung verwertet, sondern steht außerhalb der Insolvenzmasse nach § 35 Abs. 1 InsO.[134] Infolgedessen ist der betreffende Gläubiger gem. § 47 S. 1 InsO auch kein Insolvenzgläubiger. Der Gegenstand wird also gänzlich dem betreffenden Gläubiger zugeordnet, was weiter geht als die Absonderung, die lediglich die vorrangige Befriedigung des Gläubigers aus dem Erlös gewährt. Aussonderungsberechtigt ist derjenige, der als Eigentümer gem. § 985 BGB die betreffende Sache herausverlangen kann. Der häufigste Fall der Aussonderung ist der einfache Eigentumsvorbehalt,[135] ausreichend ist aber auch bspw. die Stellung als rückgabeberechtigter Vermieter, der nicht notwendigerweise selber Eigentümer der Mietsache sein muss (vgl. § 546 Abs. 1 BGB).[136]

Teil 1 Grundfragen des Insolvenz- und Insolvenzstrafrechts › F. Verzahnung von Insolvenzrecht und Insolvenzstrafrecht › V. Auswirkungen der Insolvenz auf die soziale Stellung des Mandanten

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