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c) Einstellung des Insolvenzverfahrens

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Kristallisiert sich erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens[39] die Unzulänglichkeit der Masse heraus, so stellt das Insolvenzgericht das Verfahren gem. § 207 Abs. 1 InsO ein, wenn nicht ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten des Verfahrens nach § 4a InsO gestundet werden. Vor dieser Entscheidung sind die Gläubigerversammlung, der Insolvenzverwalter und die Massegläubiger nach § 207 Abs. 2 InsO zu hören. Sind Barmittel in der Insolvenzmasse vorhanden, so hat der Insolvenzverwalter kraft § 207 Abs. 3 InsO vor der Einstellung die Kosten des Verfahrens und von diesen zuerst die Auslagen nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berichtigen. Eine Pflicht zur Verwertung von Massegegenständen trifft ihn zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.

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Sind die Kosten des Insolvenzverfahrens zwar gedeckt, reicht die Insolvenzmasse jedoch (voraussichtlich) nicht aus, um die fälligen sonstigen Masseverbindlichkeiten zu erfüllen, so muss der Insolvenzverwalter dies als Masseunzulänglichkeit dem Insolvenzgericht gem. § 208 Abs. 1 InsO anzeigen. Das Insolvenzgericht muss diese Anzeige nach § 208 Abs. 2 InsO öffentlich bekanntmachen und sie den Massegläubigern besonders zustellen. Die fortlaufende Pflicht des Insolvenzverwalters zur Verwaltung und Verwertung der Masse bleibt hiervon nach § 208 Abs. 3 InsO unberührt. Die Rangordnung zur Befriedigung der Massegläubiger ergibt sich aus § 209 InsO. Die Vollstreckung einer Masseverbindlichkeit im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist mit Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 210 InsO unzulässig.

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Nach normgemäßer Verteilung der Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter stellt das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren gem. § 211 Abs. 1 InsO ein. Eine Einstellung kann nach § 212 InsO auf Antrag des Schuldners bei entsprechender Glaubhaftmachung auch wegen des Wegfalls des Eröffnungsgrundes vorgenommen werden. Mit Hinweis auf die entsprechende Zustimmung sämtlicher Insolvenzgläubiger enthält § 213 InsO einen weiteren Einstellungsgrund. Das Verfahren innerhalb der aufgezeigten Wege der Einstellung regelt § 214 InsO, der u. a. eine öffentliche Bekanntmachung und eine Niederlegung des Antrages zur Einsicht vorschreibt. Vor der Einstellung hat der Insolvenzverwalter nach § 214 Abs. 3 InsO unstreitige Masseansprüche zu berichtigen und für die streitigen Masseansprüche Sicherheiten zu leisten. § 215 InsO regelt schließlich die Bekanntmachung und die Wirkungen einer solchen Einstellung. Als Rechtsmittel steht jedem Insolvenzgläubiger und dem Schuldner gem. § 216 InsO die sofortige Beschwerde zur Verfügung.

3. Der Insolvenzverwalter als Erkenntnisquelle

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Wie bereits dargelegt, hat der Insolvenzverwalter eine bedeutende Rolle innerhalb des Insolvenzverfahrens inne.[40] Vom Insolvenzrichter beauftragt, hat er regelmäßig im Vorfeld ein Gutachten zur Beantwortung der Frage zu erstatten, ob zur Deckung der Kosten eines Insolvenzverfahrens genügend freie Masse vorhanden ist (vgl. § 26 InsO). Auf Grund seines Einblicks in das insolvente Unternehmen stellt der Insolvenzverwalter eine wichtige Erkenntnisquelle der Ermittlungsbehörden dar.[41] Unabhängig davon, ob er als Gutachter gerade damit befasst ist, unternehmensbezogene Erkenntnisse zu sammeln und auszuwerten, oder ob er bereits ein schriftliches Gutachten vorgelegt hat, ist eine Kontaktaufnahme seitens des Staatsanwalts zu dem Insolvenzverwalter unerlässlich. Dadurch lassen sich gerade mit Blick auf eine möglicherweise „unsaubere“ Insolvenz wichtige Ansatzpunkte der Ermittlungsbehörden für weitere Untersuchungen gewinnen.[42] So werden oft entscheidende Feststellungen über Straftaten getroffen, die für den Verfall des Vermögens kausal waren oder in diesem Zusammenhang begangen wurden.

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Durch die ihm gem. § 152 InsO obliegende Verpflichtung zur Erstellung eines Gläubigerverzeichnisses verfügt der Insolvenzverwalter zudem über einen umfassenden Überblick über möglicherweise geschädigte Gläubiger und damit potenzielle Opfer einer Insolvenzstraftat. Die ihm erteilten Auskünfte und eingesehenen Geschäftsunterlagen ermöglichen es dem Insolvenzverwalter regelmäßig, den Ermittlungsbehörden wichtige Hinweise auf vorgenommene Vermögensverschiebungen und sonstige Bankrotthandlungen zu geben.[43] Hier zeigt sich die Wichtigkeit eines intensiven Gesprächs und Austauschs zwischen Staatsanwalt und Insolvenzverwalter, da Letzterer derartige Erkenntnisse auf Grund seines anders lautenden gerichtlichen Auftrages in der Regel nicht schriftlich fixiert, sondern sich oftmals nur auf die Frage der Masseunzulänglichkeit beschränkt.

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Die Zusammenarbeit funktioniert nicht immer reibungslos. Selbst in Anbetracht der Tatsache, dass gerade der Insolvenzverwalter häufig schon aus eigenem Interesse an einer entsprechenden Kooperation mit der Staatsanwaltschaft interessiert ist[44], steht mancher Insolvenzverwalter einer derartigen Zusammenarbeit kritisch gegenüber. Dies kann in der Praxis sogar dazu führen, dass Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bewusst behindert werden. In diesem Fall sollte sich der Staatsanwalt nach dem gescheiterten Versuch der Herbeiführung eines Einvernehmens nicht scheuen, die erforderlichen Maßnahmen gegen den womöglich die Herausgabe wichtiger Unterlagen verweigernden Insolvenzverwalter zu ergreifen.[45] Neben dem Instrumentarium der Beschlagnahme gem. § 94 Abs. 2 StPO ist in Extremfällen auch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den unkooperativen Insolvenzverwalter wegen des Verdachts der (versuchten) Strafvereitelung gem. § 258 Abs. 1 (bzw. 4) StGB in Erwägung zu ziehen (Rn. 1174).

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Der Insolvenzverwalter ist nicht zur Akteneinsicht in die Ermittlungsakten berechtigt,[46] weil er nicht Verletzter der Straftat ist und als solcher auch keine sonstigen Anträge im Verfahren stellen kann (bspw. keinen Adhäsionsantrag).[47] Diese formale Argumentation kann jedoch nicht überzeugen. Dem Insolvenzverwalter steht jedenfalls ein Einsichtsrecht nach § 475 StPO zu, soweit es um Straftaten zu Lasten des vom Verwalter vertretenen Unternehmens geht. Dem Insolvenzverwalter soll aber jedenfalls nach den §§ 111g Abs. 2, 111h Abs. 2 StPO ein Recht auf Verfahrensbeteiligung zustehen, wenn das geschädigte Unternehmen die Zwangsvollstreckung in das Tätervermögen durchführt.[48]

Teil 1 Grundfragen des Insolvenz- und Insolvenzstrafrechts › E. Das Insolvenzverfahren › IV. Stellung der Gläubiger, insbesondere öffentlicher Stellen und der Sozialversicherung

IV. Stellung der Gläubiger, insbesondere öffentlicher Stellen und der Sozialversicherung

1. Das Finanzamt als Gläubiger des Gemeinschuldners

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Das Finanzamt kann nicht nur als Informationsquelle[49] der Strafverfolgungsbehörden mit einem insolventen Schuldner konfrontiert werden, und zwar im Rahmen des § 30 AO, sondern auch als dessen Gläubiger. Im Gegensatz zur früheren Rechtspraxis im Konkursverfahren muss zunächst festgestellt werden, dass das Finanzamt im Insolvenzverfahren bei der Geltendmachung von Forderungen keine Vorrechte mehr gegenüber anderen Gläubigern genießt. Dennoch bestehen in diesen Fallkonstellationen Besonderheiten, die eine nähere Auseinandersetzung mit der Rechtsmaterie erforderlich machen: Das Insolvenzrecht gilt gleichermaßen für Steuerforderungen, so dass diese grds. selbst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch durch das Finanzamt durchgesetzt werden können.[50] Hierbei ist die Insolvenzordnung vorrangig anzuwenden. Das Insolvenzrecht geht dem Steuerrecht regelmäßig vor, da die Insolvenzordnung bis auf wenige Ausnahmen keine Regelungen zu steuerrechtlichen Problemen vorsieht. Mangels Änderungen des Steuerrechts im Hinblick auf die Insolvenzordnung gelten die steuerrechtlichen Grundsätze wie im früheren Konkurs- und Gesamtvollstreckungsverfahren im Wesentlichen fort.

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Gemäß § 38 InsO erfasst der Begriff der „Insolvenzforderung“ diejenigen Forderungen, die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung begründet waren. Zur Feststellung des berücksichtigungsrelevanten Zeitpunkts stellt sich somit die Frage, wann eine Steuerforderung begründet ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Rechtsgrund für ihre Entstehung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits gelegt war.[51] Eine Steuerforderung begründet sich dabei unabhängig von ihrer Entstehung und ihrer Fälligkeit. So können Steuerforderungen, deren Entstehen an den Ablauf des Veranlagungs- oder des Voranmeldezeitraums gebunden ist,[52] auch schon vor Entstehung begründet sein. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung begründete Steuerforderungen sind als Insolvenzforderungen nach § 174 Abs. 1 InsO anzumelden. Das Finanzamt ist als Steuergläubiger auch Insolvenzgläubiger und Massegläubiger hinsichtlich der sonstigen Masseverbindlichkeiten im Sinne von § 55 InsO. Zu Letzteren gehören die Steuern, insbesondere auch die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder des qualifizierten vorläufigen Insolvenzverwalters entstandene Umsatzsteuer. Ein insolvenzfreies Vermögen ist der Insolvenzordnung unbekannt. Stattdessen fließt jeder Neuerwerb des Schuldners während des Insolvenzverfahrens gem. § 35 InsO in die Insolvenzmasse.

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Unabhängig vom Vorliegen einer Insolvenz des Schuldners lässt sich das formale Vorgehen rund um die Steuerschuld zeitlich wie inhaltlich in verschiedene Stufen untergliedern. Dem Steuerermittlungsverfahren folgen das Steuerfestsetzungsverfahren, gegebenenfalls ein Steueraufsichtsverfahren oder ein Steuerfeststellungsverfahren sowie das Rechtsbehelfs- und Vollstreckungsverfahren.

Die Insolvenz unterbricht das Streitverfahren lediglich, so dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Steuerermittlungs- und das Steueraufsichtsverfahren unberührt lässt. Letztere werden vom Finanzamt ohne Rücksicht auf die Insolvenz des Schuldners eingeleitet, fortgesetzt oder abgeschlossen. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens treffen den Insolvenzverwalter allerdings die Mitwirkungspflichten des Schuldners.

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Anders verhält es sich mit dem Steuerfestsetzungs- und dem Steuerfeststellungsverfahren. Beide werden durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen und können erst nach Einstellung des Insolvenzverfahrens auf Antrag des Schuldners mit Zustimmung aller Gläubiger (§ 213 Abs. 1 InsO) oder wegen Unzulänglichkeit der Masse (§ 207 Abs. 1 InsO) fortgesetzt werden. Der Erlass eines Steuer-, Feststellungs- oder Messbescheides wegen vorinsolvenzlicher Steuerforderungen ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus diesem Grund sowohl gegenüber dem Schuldner als auch gegenüber dem Insolvenzverwalter unzulässig. Solche vorinsolvenzlichen Forderungen sind vielmehr ebenso wie noch nicht fällige, noch nicht festgesetzte oder noch nicht angemeldete Steuern zur Insolvenztabelle anzumelden.[53]

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Von der Insolvenzeröffnung unberührt bleiben Steuerermittlungs- und Steueraufsichtsverfahren sowie Betriebsprüfungen und Steuerfahndungsverfahren im Sinne der §§ 208, 404 AO. Die Insolvenzmasse betreffende Steuerverwaltungsakte können nach Verfahrenseröffnung nicht mehr durch Bekanntgabe an den Schuldner wirksam werden.[54] Gleiches gilt für gesonderte Gewinnfeststellungsbescheide im Sinne von § 180 Abs. 1 Nr. 2b AO, Steuermess- und Zerlegungsbescheide, andere Feststellungsbescheide im Rahmen der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nach § 10d EStG, der gesonderten Feststellung nach § 47 KStG, von Einheitswerten, bei Grundsteuermessbescheiden sowie nach geänderter Rechtsprechung des BFH[55] für Bescheide im Rahmen der einheitlichen wie gesonderten Gewinnfeststellung.[56]

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Rechtsbehelfsverfahren und Fristen werden durch die Insolvenzeröffnung unterbrochen. Wird die angemeldete Forderung im Prüfungstermin bestritten, so bedarf es zur Weiterverfolgung eines Feststellungsstreits.[57] Mangels Vollziehbarkeit ist die Aussetzung der Vollziehung eines vor Insolvenzeröffnung ergangenen Steuerbescheids während des Verfahrens nicht mehr möglich.[58] Hinter dieser Regelung steckt die erkennbare Intention des Gesetzgebers, dass auch das Finanzamt seine Ansprüche nur noch innerhalb des Insolvenzverfahrens verfolgen können soll. Für den Insolvenzverwalter besteht die Möglichkeit der Aufnahme eines unterbrochenen Verfahrens, wenn das Rechtsbehelfsverfahren einen Erstattungsanspruch zum Gegenstand hat, der nicht durch Aufrechnung während des Insolvenzverfahrens erledigt wird.[59]

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Dem Finanzamt ist es, wie allen anderen Gläubigern auch, untersagt, wegen Insolvenzforderungen Vollstreckungsmaßnahmen in die Insolvenzmasse oder in das sonstige Schuldnervermögen durchzuführen[60] Ein entsprechendes Verwaltungszwangsverfahren gegen den Schuldner im Sinne von §§ 328 ff. AO wäre sofort einzustellen. Hatte derjenige, der die Vollstreckungsmaßnahme angeordnet hat, Kenntnis von der Zahlungsanordnung, so können diejenigen Maßnahmen im Verwaltungszwangsverfahren erfolgreich angefochten werden, die zwischen dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden.[61] Ist das Insolvenzverfahren bereits eröffnet, so genügt die Kenntnis solcher Umstände, die bereits auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eines Insolvenzgläubiger zwecks Erlangung einer Sicherung am Schuldnervermögen, die bis zu einem Monat vor dem Eröffnungsantrag oder bereits nach dem Eröffnungsantrag erfolgen, sind unwirksam.[62] Dies betrifft allerdings naturgemäß nur Sicherungen an den Teilen des Schuldnervermögens, die zur Insolvenzmasse gehören. Wenn der Insolvenzverwalter drohende Masseunzulänglichkeiten im Sinne von § 208 InsO geltend macht, ist es dem Finanzamt untersagt, in die Masse zu vollstrecken, wobei den Insolvenzverwalter eine entsprechende Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Masseunzulänglichkeiten trifft. In diesen Fällen genügt es nicht, wenn der Verwalter die Unzulänglichkeiten der Masse vor Beginn der Vollstreckung dem Finanzamt anzeigt und sie öffentlich bekannt macht.[63]

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Als Gläubiger steht dem Finanzamt die Möglichkeit offen, mit Steuerforderungen gegen Forderungen der Insolvenzmasse aufzurechnen, wenn die Aufrechnungslage bereits bei Insolvenzeröffnung bestanden hat.[64] Dieses Instrumentarium steht der Behörde unabhängig davon zur Verfügung, ob die gegeneinander aufzurechnenden Forderungen bei Eröffnung der Insolvenz auch bereits fällig waren. Ist ein Insolvenzgläubiger allerdings erst nach Eröffnung des Verfahrens etwas zur Masse schuldig geworden oder hat er seine Forderung erst nach Verfahrenseröffnung von einem anderen Gläubiger erworben, so ist eine Aufrechnung gem. § 96 InsO unzulässig. Will das Finanzamt nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Aufrechnung gegen einen Vorsteuervergütungsanspruch des Schuldners erklären und setzt sich dieser Anspruch sowohl aus vor als auch aus nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vorsteuerbeträgen zusammen, so hat das Finanzamt nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO sicherzustellen, dass die Aufrechnung den Vorsteuervergütungsanspruch nur insoweit erfasst, als sich dieser aus Vorsteuerbeträgen zusammensetzt, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden sind.[65] § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO hindert nicht die Aufrechnung des Finanzamts mit Steuerforderungen aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den aus dem Vergütungsanspruch des vorläufigen Insolvenzverwalters herrührenden Vorsteueranspruch des Insolvenzschuldners. Die für das Finanzamt durch den Vorsteueranspruch des Schuldners entstandene Aufrechnungslage beruht nicht auf einer nach der InsO anfechtbaren Rechtshandlung.[66]

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Bezüglich der bereits behandelten Unterscheidung von einfachem („schwachen“) vorläufigen Insolvenzverwalter und qualifiziertem („starken“) vorläufigen Insolvenzverwalter[67] ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass der („starke“) vorläufige Insolvenzverwalter steuerlich als Vermögensverwalter im Sinne des § 34 Abs. 3 AO eingestuft wird. Dadurch treffen ihn nicht nur die steuerlichen Pflichten des Schuldners – wie etwa die Abgabe entsprechender Steuererklärungen oder Steueranmeldungen –, sondern er ist auch Adressat von Verwaltungsakten des Finanzamts. Darunter fallen insbesondere Steuerbescheide auf Grund von nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Steueransprüchen als sonstigen Masseverbindlichkeiten und für Prüfungsanordnungen. Durch eigene Maßnahmen im Zusammenhang mit der Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse kann der Verwalter zudem eigene steuerliche Verbindlichkeiten im Sinne von Steuerforderungen begründen. Diese sind nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als sonstige Masseverbindlichkeiten vorweg zu begleichen, allerdings nur dann, wenn sie erst nach Insolvenzeröffnung begründet wurden. In diesen Fällen sind sie durch Steuerbescheid geltend zu machen.[68]

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Widerspricht ein Insolvenzgläubiger oder der Insolvenzverwalter einer zur Insolvenzmasse angemeldeten Steuerforderung, so steht es dem Finanzamt als Steuergläubiger zu, die Feststellung der Forderung gegen den Widersprechenden zu betreiben.[69] Die Bearbeitung dieses Widerspruchs hängt im Wesentlichen von der Titulierung des Anspruchs ab, wovon auszugehen ist, wenn ein Bescheid vor Insolvenzeröffnung bekanntgegeben oder eine Steueranmeldung abgegeben wurde.[70] Bei der Behandlung von Widersprüchen hat sich eine spezielle Kasuistik herausgebildet: Bei rechtskräftiger Steuerforderung wirkt die Bestandskraft auch gegen den Widersprechenden, der jedoch Wiedereinsetzungsgründe im Sinne von § 110 AO[71] vorbringen kann. Dem Finanzamt kommt an dieser Stelle das Selbsttitulierungsrecht zugute. So kann es einen in Inhalt, Form und Begründung einem Feststellungsurteil entsprechenden Feststellungsbescheid gegen den Insolvenzverwalter erlassen, durch welchen Bestehen, Höhe und Fälligkeit der angemeldeten Steuerforderung festgestellt werden. Hierbei ist zu beachten, dass ein vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlassener bestandskräftiger Steuerbescheid nicht einem Titel nach § 179 Abs. 2 InsO gleichzustellen ist, bei welchem die Verfolgung des Widerspruchs dem Bestreitenden obliegt.[72] Gegen den Feststellungsbescheid kann der Widersprechende Einspruch, gegen die darauf ergehende Entscheidung Klage erheben.[73]

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Bei vor Insolvenzeröffnung ergangenen und noch nicht rechtskräftigen Steuerbescheiden unterbricht die Verfahrenseröffnung den Lauf der Rechtsbehelfsfrist. Das Finanzamt erlässt einen Feststellungsbescheid, wenn ein Widerspruch gegen die angemeldete Forderung erhoben wurde. Folgt man der Rechtsprechung[74], so hat das Finanzamt demjenigen, der die Forderung bestreitet, gem. § 240 ZPO analog die Aufnahme des Steuerstreitverfahrens zu erklären. Der unterbrochene Lauf der Rechtsbehelfsfrist beginnt dann mit Zustellung dieser Erklärung von neuem. Nach Einspruch durch den Bestreitenden ist das Einspruchsverfahren nach der Abgabenordnung abzuwickeln.

Wurde bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die Festsetzung einer Steuerforderung ein Rechtsbehelf eingelegt, so fordert das Finanzamt den Bestreitenden zur Rücknahme des Widerspruchs innerhalb einer angemessenen Frist oder zur Aufnahme des Steuerstreitverfahrens auf.[75] Leistet der Bestreitende dem keine Folge, nimmt das Finanzamt von Amts wegen das Verfahren wieder auf und führt – je nach Fallkonstellation – das Einspruchs- oder Klageverfahren fort, bzw. erlässt einen Insolvenzfeststellungsbescheid.

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Wenn bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bislang keine Steuerforderungen durch einen Steuerbescheid festgesetzt wurden, erlässt das Finanzamt einen Feststellungsbescheid gem. § 251 Abs. 3 AO. Hierbei handelt es sich mangels Steuerfestsetzung allerdings um keinen Steuerbescheid im klassischen Sinne, so dass dieser nur gem. der §§ 129 ff. AO geändert werden kann.

Gegen die angemeldete Steuerforderung kann im Prüfungstermin auch der Schuldner Widerspruch einlegen, wodurch die Feststellung der angemeldeten Forderung zwar nicht gehindert wird (§ 178 Abs. 1 S. 2 InsO), das Finanzamt nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aber nicht aus dem Tabelleneintrag vollstrecken kann (§§ 251 Abs. 2 S. 2 AO, 201 Abs. 2 InsO).

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