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9. Juni 2000

Ich hab’s geahnt: Kaum habe ich in diesem Katzentagebuch das Thema Darmentleerung angeschnitten, passiert schon etwas in dieser Richtung.

Ela erleichtert sich bei Frauchen, und alles ist wie immer: starr der Blick, steif der Schweif, groß das Gekratze und Getue, lang die Zeremonien. Und sauertöpfisch wie immer die Miene – typisch für die feline Post–Klo–Depression (FPKD). Ganz alltäglich ist auch, dass Ela nach vollzogener Entleerung die Küche verlässt, sich einen knappen Meter vom Eingang entfernt in den Flur setzt und zu putzen beginnt.

Doch heute ist etwas ganz anders: Ela schaut, schon putzbereit dahockend, den Rücken an die Wand gelehnt, nach unten – und erstarrt entsetzt! Am Fell ihres Hinterns hängt – Scheiße noch mal! – eine etwa fünf Zentimeter lange frische Wurst!

Nach dem Bericht von Elke, die den Vorfall beobachtet hat, macht die Überraschung im Katzenantlitz »Was ist denn DAS?«) schnell großem Ekel und dann abgrundtiefer Ratlosigkeit Platz.(»IGITT! Was tu ich nur, was tu ich nur, um die Schweinerei los zu werden?«)

Und da Katzen panische Tiere sind, rennt Ela vor der Schmach und der Unschlüssigkeit davon. Sie läuft ins Wohnzimmer – Elke, eine braune Verfärbung des Teppichbodens befürchtend, hastet hinterher. Es gelingt ihr, die perplexe Katze einzufangen und ihr den Hintern mit Klopapier abzuwischen, dabei die Wurst vorsichtig aus dem Fell klaubend.

Und die Katze? Ist sie dankbar für sanitäre Assistenz und anale Nothilfe? Nein – Ela ist stinksauer!

12. Juni 2000

Habe die Katze lange gestreichelt und sie anschließend auf ihre Lieblingsdecke gesetzt, weil sie nicht – wie sonst üblich – nach etwa einer Stunde aus eigenem Antrieb abgewandert ist. Sofort fängt Ela an, sich mit energischen Bewegungen zu putzen. Ich nehme, einer spontanen Eingebung folgend, ihren buschigen Schwanz, der schlaff herunterhängt, und halte ihn Ela vors Schnäuzchen.

Als handle es sich um eine einmalige Gelegenheit, die es unbedingt zu nutzen gelte, stürzt sie sich auf die Schwanzspitze und putzt sie wie wild.

Vielleicht ist es ja tatsächlich eine seltene Chance, den Schweif lecken zu können, ohne dass er dabei nachgibt oder wegrutscht.

15. Juni 2000

Hinter Elas Putz–Technik steckt, da bin ich mir sicher, eine hochkomplizierte Arithmetik. Wenn man zählen könnte, grüble ich, wie oft sie welches Körperteil wann säubert, könnte man vielleicht interessante numerische Beziehungen entdecken. Also passe ich auf.

Ela säubert Ohr und Auge. Sie wischt in Sechsergruppen, genau 20 Sechserpacks – erst über ein Ohr, dann über ein Auge, dann wieder über das Ohr. Es folgen Auge, Ohr, Auge. Und immer zwanzig Sechsergruppen.

Fußt die feline Arithmetik auf der Grundzahl 20? Oder ist es die sechs?

20. Juni 2000

»Miau« ist, so sagt man in Menschenkreisen, der wertfreie Routine– und Normallaut aller Katzen. Das mag falsch sein. Auf jeden Fall trifft es für Ela nicht zu denn für das Grauchen bedeutet »Miau« nichts anderes als »SOS«.

Sie »miaut«, wenn sie in den Transportkäfig gesperrt wird und vermuten muss, dass die Fahrt zum Tierarzt geht. Sie benutzt dieses zum Notruf zweckentfremdete Katzenwort (oder ist es tatsächlich ein Notsignal, und wir Menschen verkennen es nur?) in der Regel jammervoll und mit langgezogener Klage intoniert, aber im bestem Hamburger Hoch–Kätzisch präzise und akzentfrei als »Mi–au!!!« prononciert (Doppelbetonung auf mi und au, Tonhöhenmaximum auf dem i) in Zeiten hohen Stresses: etwa, wenn sie mitsamt ihrem Reisekäfig in den Fußraum des Ford Ka gestürzt ist, weil Elke heftig bremsen musste. Oder wenn sie unsicher ist, ängstlich oder sorgenvoll.

Es wäre interessant, die Reaktion anderer Katzen auf Elas Notruf zu beobachten. Ob sie etwa der entspräche, die Hamburger Passanten zeigen würden, wenn eine gut gekleidete und wohlgenährte Dame mittleren Alters auf der Eppendorfer Landstraße oder der Mönckebergstraße plötzlich jammervoll, klagend und in offensichtlicher Not (nicht »Hilfe!«, sondern) »Hallo!« riefe? »Hal–lo!« oder »Gu–ten Tag«?

Oder ist das Beispiel falsch gewählt, weil Miau tatsächlich ein »Wort« der Unpässlichkeit ist, ein Notschrei? Sagen all die Hauskatzen etwa nur deshalb »Miau!«, weil sie wissen, dass ihre dummen Herrchen das von ihnen erwarten?

24. Juni 2000

Herrscht in Elas Revier nach ihrem Ermessen ein Mangel an Spielzeug, so versorgt sich die Katze auf eigene Tatze mit den fehlenden Unterhaltungsutensilien. Sie angelt sich Walnüsse aus der flachen Glasschale in Elkes Wohnung, kegelt sie über den Tisch, wirft sie auf den Boden und fetzt sie dort mit großem Krach umher.

»Knall!« macht es, »Schepper!«, »Peng!«, »Bumms!«, »Koller!«, »Dröhn!« und »Rumms!«. Ela, die beidpfotig schießt und dribbelt, wie das beim Hamburger Sportverein kein einziger Profi kann, findet dieses Spiel sehr kurzweilig. Frauchen kann sie im letzten Moment stoppen, als sie Erdbeeren aus einer anderen Schale angelt (später auch mal Radieschen und Kirschen!) – wahrscheinlich, um auch mit ihnen Fußball zu spielen.


27. Juni 2000

Drei Wochen Urlaub in England stehen vor der Tür, und die Hektik der Packerei droht. Ela kommt zum ersten Mal nach Rahlstedt zu Jens und Mary C., einem befreundeten Ehepaar, wo sie über ein Haus mit Garten verfügen kann. Wir hoffen, dass es ihr gut gefällt. Aber wir machen uns natürlich Sorgen, wie das Grauchen mit der unendlichen Außenwelt, freiem Herumstreunen, dem Garten, den Nachbarkatzen und der Straße vor dem Haus zurechtkommt. Aus Athen ist sie ja Freiheit gewohnt, aber Hellas ist lange her!

Ich will die Gelegenheit nutzen, mich ein wenig ausführlicher über Ela als Spielerin auszulassen. Wer weiß, wann sich wieder eine Gelegenheit dazu bietet. Und ich schreibe erheblich lieber als ich packe.

Also denn: Ela ist eine wohlgerundete Dame in besseren Jahren (um nicht zu sagen: von gesetztem Alter), doch Gott sei Dank ist sie keine Matrone, und alle Katzenaktivitäten sind ihr weiterhin wichtig. Sie schläft manchmal 20 Stunden am Tag, aber wenn sie dann spielt, dann tut sie es richtig – dann fliegen nicht selten die Fetzen. (Wie schon erwähnt: Das Fitness–Programm der Katzen, mit dem sie die physiologischen Folgen exzessiven Bewegungsmangels ausgleichen und Schäden an Gelenken, Schleimbeuteln, Bandscheiben, Bändern, Bindegewebe, Knochen und Knorpeln verhindern, ist genial ausgeklügelt.)

Liebstes Spielzeug sind, keinem Katzenhalter dürfte es neu sein, bescheidene »Bändchen«, also Schnüre und Bindfäden. Sie sind lang und dünn, im Grunde also mauseschwanzförmig, und bewegen sich wild und unregelmäßig (weil Frauchen oder Herrchen daran ziehen!) – leben also.

Da kann keine Katze widerstehen, auch unser angejahrtes Prinzesschen nicht. Wirbelt man ihr ein Bändchen vor der Nase herum, kann man an guten Tagen die wildesten Kapriolen erleben – Tänze auf beiden Hinterbeinen, halsbrecherische Sprünge, Saltos und Panthersätze, wirbelnde Körperkreisel, blitzende Augen, aufgerissenes rosa Drachenmaul, gebleckte Dolchzähne und ein Ungewitter überlichtschnell niederprasselnder Tatzenhiebe.

(Die Bändchen–Hörigkeit unserer Katze hat uns die strikt unwissenschaftliche, aber möglicherweise dennoch korrekte Theorie eingegeben, dass das Volk der Mäuse wohl vor allem deshalb seit Äonen von den Katzen verfolgt und dezimiert wird, weil die unglücklichen Nager dieses »Bändchen« hinter sich herziehen, dem aufgrund des in den Genen verankerten Spieltriebs keine Katze widerstehen kann.

Entschlösse sich das Mäusevolk zu einer summarischen Amputation ihres Anhängsels, würden seine Mitglieder unter Umständen als Beute uninteressant – bis die Katzen–Gene entsprechend geändert wären.

Eines der liebsten Spielzeuge Elas war lange Zeit ein großer Haufen von »Bändchen«, rund ein Kilo bunten Weihnachtslamettas, das Elke irgendwo gekauft oder gefunden und welches Ela unverzüglich mit Beschlag belegt hatte. Die Katze suhlte sich in dem Hügel von zweckentfremdetem Christbaumdekor, sprang hinein wie Dagobert Duck in das Taler–Meer seines Geldspeichers. Ela tauchte mit Anlauf in das Lametta ein, schleuderte es in die Luft, dass es ihr (wie beim Toben im Heu) auf dem Schädel landete, wohnte und schlief darin und bewachte es.

Gerade beim Spielen fällt nicht selten auf, das es zwischen Zweibeiner und Felidentier gravierende Verständnisprobleme gibt. Ganz offensichtlich folgt Ela den Verhaltensmustern eines uralten Jagdinstinkts, auch wenn es sich bei der Beute nur um einen Flaschenkorken, einen roten Schraubverschluss oder eine zweckentfremdete Jalousienschnur handelt.

Verfehlt sie das Bändchen ein oder zweimal mit Hochgeschwindigkeitsschwingern, bricht sie oftmals die Jagd ab. Ich grüble, ob sie das tut, weil der Misserfolg sie kränkt oder weil sie eine Jahrtausende alte Kriegslist anwendet, um die zunächst entkommene Beute durch offensichtliches Desinteresse in Sicherheit zu wiegen und an weiterer Flucht zu hindern, um sie später doch noch zu packen?

Oder sie hechtet plötzlich, mitten im Spiel, hinter den Fernseher, kriecht um ihn herum und späht aus einem Versteck. Es kann auch geschehen, dass sie nur lauert, zaudert und dem Bändchen so ausgiebig hinterher äugt, dass dem Menschen die Zeit zu lang wird. Er meint hinter der Untätigkeit kätzische Müdigkeit oder Behäbigkeit zu orten und verkennt dabei, dass dieser Teil des Spiels für Ela wahrscheinlich ebenso wichtig und aufregend ist wie das Krallenfetzen, Beißen und das Seilziehen mit Elke oder mir.

Bricht man das Spiel ab, weil Ela trotz aller Bemühungen, sie zum Zuschlagen zu animieren, minutenlang nur tatenlos dasitzt und schaut, statt hinter dem Bändchen her zu hechten, glaube ich manchmal ein enttäuschtes Flickern in den Katzenaugen zu sehen. »Ach wie schade – Du verstehst es immer noch nicht!« oder »Ihr Menschen seid ein hoffnungsloser Fall – keine Ahnung von der Katzenjagd!« scheinen die Augen zu klagen.

Man weiß ja, dass Katzen sich viel Zeit lassen, wenn sie nachdenken zu müssen glauben – und dass Ela diese alte Sitte zum Exzess getrieben hat. Bei ihr dauert alles länger – dem Beginn des Milchschlabberns geht ein ausführlicher sensorischer Analyseprozess voraus, der Annahme des ersten Leckerbissens gleichermaßen – aber die menschliche Geduld reicht zum Unverständnis und Missfallen der Katze oft nicht bis zu ihrem nächsten Jagd–Schub aus.

Ebenfalls eine Todsünde, die uralte Katzenregeln und Ehrenkodices verletzt, scheint es zu sein, das Bändchen (die virtuelle Beute also) auf Ela fallen zu lassen oder über sie hinweg zu ziehen. Frevelt man so, geht die Katze manchmal richtiggehend verärgert von dannen, oder aber sie wendet mir den Hintern zu (»Leck mich!«) und ist nicht mehr ansprechbar.

Ist es selbst im Spiel ein Nono, dass die »Maus« der Katze durchs Gesicht fährt oder über den Rücken rast? Verletzt eine derartige »Blamage« Katzenehre und Katzenstolz? Vieles spricht dafür.

Beinahe unglaublich ist die Geschicklichkeit (eigentlich ist dies ein falsches Wort, denn es handelt sich ja nicht um ein Spiel mit fünf Jonglierkugeln, sondern um den Einsatz von Elas ureigensten Jagdwaffen!), mit der Ela Gegenstände »dribbelnd« vor sich hertreibt, sie mit links an Fußleisten schmettert, den Abpraller blitzschnell mit rechts aufnimmt und »volley« wegknallt, einen beidpfotigen Schusswirbel entfacht, den man mit Menschenaugen nicht mehr verfolgen kann.

Schwerreiche Fußballstars muten im Vergleich schneckenlangsam und behindert an. Leider endet das wilde Geballere meist damit, dass Ela ihren »Puck« verschießt, das Spielgerät unter den Kühlschrank hämmert oder an eine andere unerreichbare Stelle.

Seit wir Ela gestattet haben, ein artgerechteres Leben zu führen – nämlich auf Tischen und Bänken zu lauern, pirschen, Wache liegen und zu patrouillieren – hat sie das Springen wieder gelernt. Größte Herausforderung ist es, in Elkes Küche von der Arbeitsplatte mit dem Besteckkasten und der Brekkies–Schale den Abgrund zu überqueren, der diesen traditionellen Ela–Ansitz vom Küchentisch trennt.

Lange schaute die Katze, die sich vom Mülleimer über die Heizung nach oben gearbeitet und den Besteckkasten durchquert hatte, sehnsuchtsvoll über die »Schlucht« zu ihrem Frauchen herüber, das am Küchentisch isst, malt oder andere interessante Tätigkeiten verrichtet, bei denen Katzen so gern helfen.

Sie hockte schließlich dicht an der Kante der Küchenkluft, äugte zum Ziel, kalkulierte, rechnete, schätzte, telemetrierte, versuchte sich an springlebendige alte Athener Zeiten zu erinnern, erwog, wie ihr gewichtiger Hintern das Flugverhalten beeinflussen würde, versuchte ihre Schnellkraft zu kalibrieren, analysierte Länge, Hindernisfreiheit, Reibungskoeffizient und damit Bremswirkung der Landebahn sowie das Verletzungsrisiko, rang mit sich, fasste Entschlüsse – und verwarf sie wieder.

Mit der Katzenruhe war es dahin: Ela balancierte am Rand des Abgrunds und kämpfte mit dem inneren Schweinehund. Sie setzte sich zurecht, Vorderbeine zusammen, Hinterläufe angewinkelt, wiegte Oberkörper und Kopf, ließ ihn kreisen, machte Stilaugen, zauderte, zappelte und zitterte.

»Jetzt mach ich’s, JETZT! Hau–ruck ... Nein, warte – ob das wirklich klappt? So etwas will gut überlegt sein. Blamieren oder verletzen wollen wir uns ja nicht! So JETZT! Halt, nicht so hastig! Alles mit der Ruhe! Bin ja kein Hund, oder? Ob ich’s mal mit Anlauf versuche? Ob die Landebahn dann auch ausreicht? Ob ich mir wehtue? Neinnein, lassen wir das erst einmal! Morgen ist auch noch ein Tag!«

Fühlt Evil–Knievel–Ela (kennt heute überhaupt noch jemand den amerikanischen Stuntman gleichen Namens, der auf dem Motorrad über 50 Autos oder Schluchten flog und dabei immer wieder schauerlich zerschellte???) sich beobachtet, bricht sie den Rekordversuch in der Regel ab und wendet Elke mürrisch den Rücken zu. (»Die lacht ja bloß, wenn es nicht klappt und ich abstürze!«).

Aber dann schaffte die mutige Katze es doch: setzte (Elke schaute ostentativ weg!) mit elegantem Satz zum Tisch über. Elke lobte ihr Tier, und dieses genoss Ehr und Preis.

Die Katze sei vor lauter Freude und Stolz richtig gewachsen, erzählte Frauchen, groß und schlank geworden und habe ganz jung ausgesehen. Seitdem hat die Katze den Abgrund häufig gemeistert, ist auch vier Mal abgestürzt, sogar zweimal an einem einzigen Tag. Nach einem wegen wegrutschender Abstoßoberfläche oder schlampiger Planung missglückten Absprung hatte sie der Mut verlassen und sie war in den Sturzflug übergegangen, um einen Aufprall auf der Tischkante zu vermeiden.

Einmal ist Ela bei der Landung gestürzt wie der Albatros im Disney–Trickfilm »Bernhard & Bianca«, der Mäusepassagiere befördert. Aber springerische Misserfolge wurmen die Katze noch mehr als Elke, und Ela versuchte den »Todessprung« bald wieder.

Ihren »Rappel« bekommt Ela meist nach dem Klo–Besuch. Sie beschleunigt schon im Streu mit aller Kraft, verursacht einen Steinchenhagel wie ein Porsche beim Rallyestart auf Rollsplitt und rast schreiend durch die Zimmer. Aus den »Taschen« zwischen ihren Zehen verteilt sie Katzenstreu in der ganzen Wohnung.

Das scheint dermaßen zu befriedigen und zu entspannen, dass unser Grauchen manchmal für einen »Nachschlag« zurückkehrt, wieder ins Klo steigt und nach einem vorangegangenen »kleinen« Geschäft das »große« verrichtet – wie üblich mit Konzentration, Stocksteife und Stilaugen. Und was kommt anschließend? Richtig: wieder ein streustiebender Rappel!

Den »Rappel« scheint der Katzenschöpfer seinen Tieren zusammen mit dem Putztrieb zum Ausgleich ihrer extremen Trägheit eingepflanzt zu haben, quasi als Zwangsaktivität und Regel–Sport, um sie elastisch und fit zu erhalten. Ohne Putz–Aerobic und die Rappel–Raserei wöge das Leckermäulchen Ela wahrscheinlich 20 Kilo und hätte Gicht, Rheuma, Bechterew, Lordose und Arthritis. Wenn das mal reicht.


29. Juni 2000

Ela schnürt zielbewusst und in schnellem, erwartungsfrohem Schritt ins Schlafzimmer. Kurze Zeit später kommt sie wieder aus der Tür, Ingrimm im Gesicht. Das muffige Katzenantlitz sagt mir: »Du hast mich geärgert!«

Es bleibt eines der großen Rätsel der Menschheit, wie die Katze es schafft, mit einem nur wenig flexiblen Mund, einer nicht runzelbaren Stirn und nicht hochziehbaren Augenbrauen ein dermaßen ausdrucksstarkes, durchaus Shakespeare–reifes Mienenspiel zustande zu bringen!

Der Grund für die Katzenwut ist schnell gefunden: Alle vier Kleiderschrankschiebetüren sind unprogrammgemäß und außergewöhnlicherweise geschlossen.

Kein Katzenschlafversteck also, kein stilles und dunkles Bettchen auf aussortierten Unterhemden, in Sommerruhe befindlichen Wollstrümpfen und abgestürzten Socken, dem Strandgut des Ankleidens sozusagen. Sicher hatte Ela vor dem Schrank gestanden und fassungslos das Fehlen jedweden Einschlupfloches registriert. Wo sie geschlossene Türen sowieso nicht leiden kann!

Was tut man als gut gedrillter Halter? Man geht, von dem Blick tiefen Katzengrolls ins Mark getroffen, ins Schlafzimmer, schiebt eine der Türen einen katzenbreiten Spalt zurück, holt Ela und setzt sie davor, das Tier erwartungsvoll beobachtend.

Und was geschieht dann? Ela steckt den Kopf ins Dunkel, zieht ihn aber bald zurück und wirft mir einen schrägen Blick zu (»Also nee, wenn ich beobachtet werde, macht Verstecken keinen Spaß!«).

Ich räume augenblicklich das Feld – aber es ist schon zu spät. Die Prinzessin ist verschnupft und trabt beleidigt aus dem Schlafzimmer.


30. Juni 2000

Heute bringt Elke die Katze in ihr Ferienheim. Wir sind beide jetzt schon voller Trennungsschmerz, und wir machen uns Gedanken, ob wir unser Grauchen gesund wiedersehen. Auf freilaufende Katzen lauern so viele Gefahren, die Hausmiezen erspart bleiben. Und Ela ist schon dreizehn ...

1. Juli 2000

Bald geht’s zur Englandfähre »Princess of Scandinavia«. Wir fühlen uns etwas besser, weil es Ela, wie Elke berichtet, in der Sommerfrische auf Anhieb gut gefiel. Und dann kam gestern Abend noch ein Anruf von Mary: Ela, die man langsam an Landluft und Garten hatte gewöhnen und zunächst im Haus hatte halten wollen, war trotz aller Vorsichtsmaßnahmen schon kurz nach Elkes Abfahrt in den Garten geschlüpft.

Sie habe zunächst mit stolz geschwellter Brust auf der Terrasse gesessen, sagte Mary, und ihre Körpersprache habe gesagt: »Meine Terrasse! Mein Garten! Alles meins!« Dann sei sie im Grün verschwunden. Mary habe gezittert, aber nach zwei Stunden sei Ela zurückgekehrt, als sei das die natürlichste Sache der Welt, und als wohne sie immer schon hier.

Wir sind mächtig stolz auf das Tier. So eine kluuuge Katze!

23. Juli 2000

Aus Cornwall zurück. Das Land ist wunderschön, voller malerischer Cottages, in denen Hobbits wohnen könnten, pastellfarbener Hortensienbüsche, rauer kleiner Buchten, noch rauerer winziger Häfen zwischen schroffen Klippen, einsamer Kirchen aus grobem Stein und noch einsamerer Ruinen von Zinnbergwerken, und es gibt wunderbaren Tee mit Scones und Clotted Cornish Cream. Das Hafenstädtchen Brixham hat uns sehr gefallen.

Die Küste ist romantisch, die Häuser sind heimelig und die Leute sehr nett, aber das Wetter war grauenhaft. Am ersten Tag holte ich mir einen Sonnenbrand auf dem schütter werdenden Schädeldach, am zweiten regnete es – und hörte kaum noch auf. Wir waren dauererkältet und weckten uns in den Hotelzimmern nachts gegenseitig mit Hustenanfällen auf – scheußlich! So ein Pech! Von Land’s End, der Südspitze Britanniens, wo wir extra hingefahren waren, war wegen dicken Nebels NICHTS zu sehen!

Ela hat sich sofort wieder bei Elke eingelebt. Ihr scheint es gut zu gehen. Gott sei Dank!

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9783844256550
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