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6.1 Wege in die Zukunft

Temperaturerhöhungen von 3, 4 oder 5 °C sind in erdgeschichtlicher Betrachtung kein dramatischer Vorgang. Aus zivilisatorischer Sicht sieht das allerdings anders aus: Die Verschiebung des fruchttragenden Gürtels nach Norden bzw. Süden, die Überschwemmung der Küstenlandschaften und der dortigen Infrastruktur, die Ausbreitung der Wüsten etc. sind reale Bedrohungen für unsere menschengemachte Umwelt, die sich neuen Bedingungen anpassen muss. In Kap. 12, Folgen des (ungebremsten) Klimawandels, wird hierauf im Detail einzugehen sein.

Es kann befürchtet werden, dass die notwendigen Veränderungen sich nicht immer sanft vollziehen und z.B. massive Wanderungsbewegungen die (relative) Stabilität der Staatengemeinschaft (zer)stören. Das dann als Klimakatastrophe zu bezeichnen, geht allerdings deutlich zu weit, auch wenn sich die Medien nicht scheuen, den Terminus immer wieder aufzugreifen. Die Welt hat die technischen und finanziellen Mittel, diesen Übergang gleitend zu gestalten. Die Frage jedoch, ob und vor allem wie der Mensch hier eingreifen soll und kann, ist trotz mancher Initiativen noch offen, zu großen Teilen mindestens.

Dass die CO2-Emission mittelfristig zu reduzieren und langfristig ganz zu stoppen ist, steht außer Frage und hat in den Beschlüssen von Kyoto und Paris schon ihren Niederschlag gefunden.

Wie das im Einzelnen zu erreichen ist, bleibt allerdings international offen und den Mitgliedstaaten der Protokolle überlassen. Immerhin gibt es seit Kyoto einen Ansatz, der hier weiterhelfen kann: Festlegung nationaler Gesamtemissionen und die Möglichkeit, zwischenstaatlich Emissionsrechte zu handeln.1

Die zentrale Rolle in diesen Grundsatzüberlegungen kommt den nicht-fossilen Energiequellen zu, die in fernerer Zukunft die Weltenergieversorgung tragen müssen. Als solche stehen bereit:

 Nukleare Energie aus Kernspaltung

 Die sog. Erneuerbaren Energien (Wasserkraft, Windenergie, Solarenergie, Bioenergie)

 Geothermie und Wärmepumpen

 Verbesserung der Effizienz als Maßnahme, dem gleichen CO2-Ausstoß eine höhere Produktivität zu geben

 Nukleare Energie aus Fusion

Wenn diese Optionen in absehbaren Zeiträumen greifen, wäre dies die Lösung des Klimaproblems, denn die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist langfristig reversibel, wenn der „Nachschub” fehlt, die Produktion von CO2 also aussetzt. Das ist in Abb. 6‑2 für die Konkurrenz Erneuerbare Energien vs. Energie aus fossilen Quellen einmal dargestellt. Wobei die Grundannahme ist, dass die billiger werdenden regenerativen Energieformen allein aufgrund ihres zunehmenden Preisvorteils die fossilen Energien zunehmend ablösen.

Das Basisszenario der oberen Kurve überlässt den Verlauf allein den Marktkräften, während die übrigen Szenarien eine schnellere, ggf. auch durch Förderung erreichte Substitution annehmen. Im Basisszenario wäre dann in rd. 160 Jahren ein Maximum der CO2-Konzentration und in rd. 270 Jahren ein maximaler Temperaturanstieg von rd. 5 °C erreicht, mit danach jeweils wieder absinkenden Werten.2

Abb. 6‑2:

Oberes Diagramm: globale Kohlenstoffemissionen mit 4 Szenarien: Basisszenarium bei „Nichts tun“, Preisrückgang für erneuerbare Energien um 50 bzw. konservativere 30 %, und schließlich um 30 % und zusätzlich CO2-Bepreisung mit 100 $/t; Unteres Diagramm: Veränderung der globalen Mitteltemperatur in den 4 Szenarien; Quelle: Chakravorty 1997, S.1222f; Amed 1994

Auch wenn das Basisszenario aus heutiger Sicht viel zu hohe Werte zeigt und viel zu lange Zeiträume umfasst, so ist es doch beruhigend, dass auch hier in einigen tausend Jahren, also in erdgeschichtlich kurzer Zeit, der Ausgangszustand der Erdtemperatur wieder erreicht wird. Die Forcierung der Regenerativen haben wir selbst in der Hand und können damit zivilisatorisch verträglich Anstiege und Zeiträume erreichen, s. die weiteren Szenarien der Abb. 6‑2. Und dies sogar, ohne die (in Deutschland) gesellschaftlich umstrittene Energie aus Kernspaltung und die noch längst nicht beherrschte Fusionsenergie zu bemühen.

6.2 Sensitive Regionen und Sektoren

Wenn es darum geht, CO2 ohne wesentliche Beeinträchtigung der Volkswirtschaften einzusparen – sei es durch Effizienzverbesserung oder Substitution nicht-regenerativer Energieformen – dann stellt sich zunächst die Frage nach den wesentlichen Verursachern, um dann hier mit geeigneten Maßnahmen anzusetzen. Dabei ist sowohl regional wie sektoral zu differenzieren.

Regional sind die Verursacher sehr ungleich verteilt, s. Abb. 6‑3. Vom gesamten CO2-Ausstoß von weltweit 32,3 Mrd. t entfiel nach Abb. 6‑4 im Jahr 2017 die Hälfte auf nur 3 Emittenten: China rd. 9 Mrd. t, USA rd. 5 Mrd. t und Indien rd. 2 Mrd. t.

Abb. 6‑3:

Die Top 10 unter den CO2-Emittenten, 2015, in Mio. t CO2; Quelle: IDW 2017, urspr. Internationale Energieagentur 2017

Abb. 6‑4:

Weitere Einzelheiten zur Höhe der CO2-Emissionen; Quelle: IAE und Europäische Umweltagentur 2017

Wie stark sich das Gewicht Chinas verändert hat, geht aus Abb. 6‑5 hervor: Während die EU seit 1990 827 Mio. t CO2 eingespart hat, stieg sein Anteil um fast 7 Mrd. t, offensichtlich ein Ergebnis des überproportional starken Wirtschaftswachstums: China wurde in diesem Zeitraum zur Werkbank der Welt – ein Trend, dem in kleinerem Maßstab auch Indien folgt.

Abb. 6‑4 liefert zugleich noch die Information, dass der Anteil der EU an den CO2-Emissionen z.B. im Jahre 2015 nur knapp 10 % erreichte – was deutlich macht, welch geringen Beitrag Einspareffekte haben, wenn sie sich nur auf Europa beschränken. In noch viel stärkerem Maße gilt das für Einsparungen innerhalb nationaler Grenzen, z.B. für solche, die sich allein auf Deutschland beziehen. Das CO2-Problem ist eben ein Welt-Problem, kein nationales.

Abb. 6‑5:

Zur gewachsenen Dominanz Asiens in den CO2-Emissionen; Quelle: IDW 2017, urspr. IAE 2017

Auf welche Wirtschaftssektoren sich die Emissionen verteilen, zeigt Abb. 6‑6. Im Jahr 2015 lautete in den Grenzen der EU die Reihenfolge:

 Energieerzeugung

 Verkehr

 Industrie und Bau

 Landwirtschaft

 Haushalte

Alle Sektoren weisen deutliche Einsparungen seit 1990 aus – mit Ausnahme des Verkehrssektors, dessen Emissionen sogar deutlich zugenommen haben. Woran das liegt, macht eine Analyse von 2019 zumindest für Deutschland sichtbar: Der Absatz von Benzin und Diesel korrespondierte mit der Entwicklung des Fahrzeugbestands in Deutschland, der weiter zunahm. Bei den Zulassungen holten alternative Antriebe zwar auf, aber immer noch blieben Diesel- und Benzinfahrzeuge mit einem Anteil von über 90 % an den Zulassungen 2019 dominant. Vor allem hat das Marktsegment der SUVs nach Produktionszahlen wie Verkäufen weiter zugenommen. Dadurch wurden bisher erreichte Effizienzfortschritte bei den Verbrennungsmotoren neutralisiert. Eine Trendwende ist hier ohne staatliche Eingriffe nicht in Sicht1 – der private Konsum folgt freiheitseinschränkenden Klimaappellen nur widerwillig.

Das Bild wiederholt sich ähnlich auf der Welt-Ebene, hier in Abb. 6‑7 wiedergegeben für das Jahr 2016. Allerdings ist hier die Landwirtschaft nicht gesondert ausgewiesen.

Abb. 6‑6:

Treibhausgasemissionen in der EU 1990 /2015, nach Wirtschaftssektoren; Quelle: IDW 2017, urspr. IAE 2017

Abb. 6‑7:

Verteilung der energiebedingten CO2-Emissionen weltweit nach Sektoren im Jahr 2016; Quelle: Statista 2020

Um größere Fortschritte in der Reduzierung der CO2-Emissionen zu erreichen, muss der Fokus des Handelns und Verhandelns sich auf die die Einbindung der Hauptemittenten China, USA und Indien konzentrieren, wie dies mit dem Pariser Abkommen versucht wurde, und sich dabei auf die Wirtschaftssektoren Energieerzeugung und Transport ausrichten.

Europa kann in der Quantität nur einen begrenzten Beitrag leisten, jedoch eignet es sich gut als Testfeld für Techniken der Effizienzverbesserung, energiepolitische Modelle und Maßnahmen der Regulierung. Ein gutes Beispiel für letztere ist hier der Europäische Emissionshandel, der im Jahre 2005 eingerichtet wurde, oder auch das ab 2021 in Deutschland greifende nationale Emissionshandelssystem.

6.3 Instrumente

Bei den Instrumenten zur gezielten Emissionsminderung stehen sich drei Positionen gegenüber, über die politisch wie gesellschaftlich anhaltend gestritten wird:

 Limitierende Gesetze, Verbote und Verordnungen

 Marktwirtschaftliche Lösungen

 Fördermaßnahmen und Subventionen

Beispiele für Limitierende Gesetze und Verbote sind im Fall Deutschland die kernenergiefreie Stromerzeugung, der geplante Ausstieg aus der Braunkohlenutzung, die 2001 erstmals eingeführte und inzwischen mehrfach geänderte Energie-Einsparverordnung (EnEV), das Verbot neuer Ölheizungen, die an der Fahrzeugleistung orientierte Kfz-Steuer, der Steueranteil bei Kraftstoffen, die CO2-Obergrenze bei der Neuzulassung von Fahrzeugen (Flottenmix), das geforderte Verbot von Verbrennungsmotoren in Neufahrzeugen, Geschwindigkeitsbeschränkungen, das Herstellungsverbot klassischer Glühlampen, Subventionskürzungen für die Landwirtschaft etc.etc.

Ausgangspunkt für marktwirtschaftliche Lösungen ist die Grundidee, das CO2 mit einem Preis zu versehen und den jeweiligen Verursacher hiermit zu belasten. Aus dieser Vorstellung heraus ist der Zertifikatehandel der Energiewirtschaft entstanden, der inzwischen die gesamte EU umfasst und wenigstens grundsätzlich funktioniert. Die Einbindung anderer Sektoren wie Verkehr und privater Verbrauch bereitet allerdings Probleme, s. weiter unten. Auch solche Lösungen kommen nicht ohne staatliche Eingriffe bzw. Vorgaben aus (Länder-Obergrenzen für die Emissionen, Preis der Zertifikate).

Zu den marktwirtschaftlichen Lösungen zählt auch die Liberalisierung des Energiemarktes, die 1996 von der EU verbindlich vorgegeben wurde. Ihr Ziel war die Herstellung eines echten Marktes für Strom, Gas und Telekommunikationsdienste, was zugleich auch Konkurrenz für die etablierten Versorger bedeutete und (auch) auf einen Markteinstieg der regenerativen Anbieter hinauslief.

Beispiele von Fördermaßnahmen sind in Deutschland das im Jahr 2000 in Kraft gesetzte und mehrfach novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung, die. staatlich veranlassten Förderprämien beim Kauf von Elektrofahrzeugen, der Befreiung der Elektrofahrzeuge von der Kfz-Steuer, die Zuschüsse im Personennahverkehr ÖPNV, die Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich der regenerativen Energien einschließlich der Speicher, Power-to-Gas und der möglichen Ausrichtung auf eine wasserstoffbasierte Energiewirtschaft, die Beiträge zur Fusionsforschung etc.

Dies sind Beispiele ohne Vollständigkeit. Ihre bloße Zahl demonstriert jedoch das Dilemma: Man hat eine Vielzahl von Stellschrauben zur Verfügung. Die nationale Energiepolitik machte und macht hiervon umfangreich Gebrauch, oft ohne klare ordnungspolitische Ausrichtung. Das im Jahr 2020 beschlossene Klimapaket der deutschen Bundesregierung liefert hierzu umfangreiches Anschauungsmaterial.

Für den Handlungsbereich stehen technisch und energiepolitisch folgende Aktionsfelder zur Verfügung:

 Energieeffizienz und Energiemanagement

 Zertifikatehandel

 Staatliche Eingriffe: Grenzwerte und Verbote

 Regenerative Energien: Wasser, Photovoltaik, Bioenergie, Solarthermie, Wind

 mit den Anforderungen an Speicherung und Netze

 Geothermie und Wärmepumpen

 Kernspaltung und Kernfusion

 CO2-Verwendung und -Entsorgung

 Systemlösungen KWK, Brennstoffzellen, Power-to-X bzw. Power-to-Anything, Sektorkopplung, Energiemärkte, Intelligente Netze und Virtuelle Kraftwerke

 Umstellung der Versorgungssysteme auf Wasserstoff

Diese Aktionsfelder werden in ihrer Entwicklung, ihrem Stand und in ihren Perspektiven nachfolgend einzeln vorgestellt. In vielen Fällen ergeben sich dabei Querverbindungen.

7 Aktionsfelder
7.1 Energieeffizienz und Energiemanagement

Bei der Umwandlung von einer Energieform in die andere fallen immer Verluste an, technisch als Wirkungsgrad beschrieben. Wie hoch der Wirkungsgrad ist, hängt vom jeweiligen Prozess ab. Thermische Energie, also Wärme, ist nur eingeschränkt in andere Energieformen umwandelbar und zwischen Systemen übertragbar. Daher treten insbesondere bei der Stromerzeugung aus fossiler Energie Verluste bei der Umwandlung in die nutzbare elektrische Energie auf, die sich in geringerem Maße bei der Rückverwandlung der elektrischen Energie in die Endenergie (Exergie), z.B. mechanische Energie, wiederholen.

Beim Einsatz fossiler Brennstoffe liegen die Verluste bei ausschließlicher Stromerzeugung und -verwendung bei 60 % bis 70 %; durch Nutzung der entstehenden Wärme (Anergie) als Fernwärme können sie auf rd. 50 % gesenkt werden (Kraft-Wärme-Kopplung). Ähnlich sieht es im Verkehrssektor aus, der noch lange vom verlustreichen Verbrennungsmotor dominiert sein wird.

Verluste gibt es nicht nur bei thermischen Maschinen. Die Erzeugung elektrischer Energie über Photovoltaik und Wind sind weitere Beispiele, ebenso der Wärmesektor, wo die Verluste erheblich sind, sowohl in industriellen Prozessen wie im Heizungssektor beim privaten Verbraucher. Damit ist angedeutet, dass das Problem der Verluste nicht verschwindet, wenn die Nutzung fossiler Quellen immer weiter zurückgefahren wird.

Im Grunde ist jeder Wirtschafts- und Lebensbereich durch die Vorgänge Energieerzeugung, Energietransport, Energieumwandlung und Energiespeicherung charakterisiert und damit von Verlusten betroffen. Die Verluste zu begrenzen, möglichst zu reduzieren, „den Wirkungsgrad zu verbessern“, ist seit langem ein Traum der Ingenieure – und seit einigen Jahrzehnten auch ein Anliegen der Wirtschaft und der Politik. Hier ordnen sich auch Energiesparen, Energiemanagement und letztlich auch die neue Norm ISO 50001 ein.1

7.1.1 Historische Hintergründe

Bemerkenswerterweise hat der Verbrauch an Primärenergie in Deutschland trotz Wirtschaftswachstums seit 1990 nicht zu-, sondern etwas abgenommen. Zwischen 1990 und 2011 z.B. nahm das reale Bruttoinlandsprodukt um 34 % zu, der Energieverbrauch nahm jedoch um 9 % ab. Gründe hierfür sind der technische Fortschritt in der Energiewirtschaft, die sparsamere und rationellere Energienutzung und die Verlagerung der Produktion ins Ausland (Beispiel: die Aluminiumproduktion in energieintensiven Unternehmen).

Die Schwankungen des Energieverbrauchs in den letzten Jahren sind allerdings auch auf die veränderten Witterungsbedingungen zurückzuführen: Kalte oder warme Winterhalbjahre führen eben zu unterschiedlichen Heizkosten, die einen erheblichen Teil des Verbrauchs ausmachen.

In den 1970er Jahren etablierte sich die angesprochene „sparsame und rationellere Energienutzung“ als Ziel für Forschung und Energiewirtschaft, gefolgt von den Ölkrisen, die die Versorgungsicherheit Deutschlands bedrohten. Zeitgleich zum 4. Atomprogramm vereinigten H. EHMKE (Minister für Forschung und Technologie) und H. MATTHÖFER (dessen Nachfolger) 1974 die Positionen der nicht-nuklearen Energieforschung unter dem neuen Programmbegriff „Energieforschung“ in der Verantwortung beider Minister. Bis dahin waren die Forschungsgegenstände fast ausschließlich auf die Nutzung und den Ausbau der Kernenergie und vor allem auf das Thema Versorgungssicherheit bezogen gewesen; die nachhaltigen Auswirkungen der beiden Ölpreiskrisen hatten diese Art einer Vorsorgepolitik zunächst durchaus gerechtfertigt. Nun kamen jedoch bereits im ersten Programmentwurf die Themen zum Ziel der rationellen Energieanwendung und der Energieeinsparung hinzu.1

Energieeinsparung wurde in den folgenden, bis ins 2005 reichenden Energieforschungsprogrammen als einer der Schwerpunkte ständig mitgeführt. Im 6. Energieforschungsprogramm (2011–2015) taucht dann der Begriff „Effizienz“ auf, der in der Folge als Synonym für Energieeinsparung oder rationelle Energieverwendung stand und bis heute steht.

Parallel zu diesen Programmen entwickelte sich ab Gründungsdatum 1978 die Tätigkeit der GRE e.V. – Gesellschaft für Rationelle Energieverwendung – als gemeinnützige bundesweite Initiative. Ihre Ziele waren nach eigener Darstellung:

 „Die Förderung von Energieeinsparmaßnahmen, z. B. von Maßnahmen zur Einsparung von Primärenergie, sowie von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz,

 Unterstützung von Gesetzgebung, Verwaltung und Forschung bei der Förderung rationeller Energieverwendung,

 Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärung und Beratung auf dem Gebiet der Wärmeschutztechnik und dem Einsatz energiesparender Anlagen,

 Aufklärung und Beratung über mess- und regeltechnische Verfahren im Zusammenhang mit Energieeinsparung.

 Herausgabe von Informationen zur Energieeinsparung über die Medien.“2

Effizienzverbesserung gehört seither neben der später einsetzenden Förderung der nachhaltigen Energieformen zu den Schwerpunkten deutscher Energie- und Förderpolitik.

 Es ist heute üblich geworden, Effizienz als zusätzliche Energiequelle (korrekter: Verbrauchssenke) zu verstehen, die für erhebliche Reserven steht.

Effizienz hat zuerst eine wirtschaftliche Bedeutung: Weniger Energie zur Herstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung aufzuwenden, bedeutet betriebswirtschaftlich, es im Preis senken zu können und somit auch den Gewinn zu erhöhen. Für die volkswirtschaftliche Seite bedeutet weniger Energie eine geringere Importabhängigkeit, speziell von Öl und Gas, neuerdings auch von Strom­importen sowie daraus folgend höhere Versorgungssicherheit.

Ein weiterer immer wichtigerer Punkt ist die positive Auswirkung für den Umweltschutz. Die Europäische Union hat sich deshalb die schon in Kap. 6.3 und Kap. 6.4 angesprochenen ambitionierten klimaschutzpolitischen Ziele gesetzt.

Abb. 7‑1:

Primärenergieverbrauch BIP/Kopf und Energieproduktivität in Deutschland 1990–2020; Quelle: UBA, Umwelt im Unterricht

Zur Erreichung der klimaschutzpolitischen Ziele und zur Gewährleistung eines zukunftsfähigen Energiesystems setzen die Länder der Europäischen Union neben einer deutlichen Ausweitung der Nutzung erneuerbarer Energien vor allem auf eine Steigerung der Energieeffizienz in Industrie, Verkehr und privatem Verbrauch.

 Gemessen werden kann dies über die Energieproduktivität, die das Bruttoinlandsprodukt in ein Verhältnis zum Energieverbrauch setzt.

Im Jahre 2015 wurde unterstellt, dass die Energieproduktivität bis zum Jahr 2020 deutlich verbessert werden könnte und insbesondere stärker steigen müsste als im Zeitraum von 1990 bis 2008, als die jahresdurchschnittlichen Steigerungsraten bei 1,8 % lagen, s. Abb. 7‑1.

Der Europäische Rat wiederum hatte bereits 2007 beschlossen, die Energieproduktivität so zu steigern, dass der in der Referenzprognose für 2020 erwartete Energieverbrauch um 20 % gesenkt werden kann.3

Abb. 7‑2:

Einsparpotentiale an Endenergie, aufgeteilt nach Sektoren, Stand 2012; Quelle: Umweltbundesamt (Hg.), Politikszenarien für den Umweltschutz VI, Dessau-Roßlau 2012.

Weniger Energieverbrauch bedeutet auch geringere Belastung der Umwelt. Damit wird die Aussage verständlich:

 Die umweltfreundlichste Energie ist die eingesparte.4

Um welche Einsparpotentiale es sich dabei quantitativ handelte, wird aus Abb. 7‑2 ersichtlich. Dass dieses Potential ab dem Jahr 2000 zunehmend entdeckt und gefördert wurde, zeigt der Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums zum 6. Energieforschungsprogramm, s. Abb.7‑3.

Neuere Untersuchungen aus dem Jahr 2020 kommen hinsichtlich der Effizienzpotentiale trotz des Fortschritts in der Zeit immer noch zu ähnlichen Ergebnissen wie oben für das Jahr 2012, s. Abb. 7‑4. Zugrunde gelegt sind hier die Daten aus über 19.000 Effizienzaudits US-amerikanischer Unternehmen des produzierenden Gewerbes, deren technischer Stand als dem den deutschen Unternehmen vergleichbar unterstellt werden kann.5

Abb. 7‑3:

Übersicht der Themen im 6. Energieforschungsprogramm des Bundes, in Mio. €; Quelle: BMWi (Hg.), Bundesbericht Energieforschung 2018.

Abb. 7‑4:

Technisches und real umsetzbares Effizienzpotential in der produzierenden Industrie nach Branchen 2020; Quelle: N.A. Industrry Classifikation System und Datenbasis IAC

Die die gleiche Quelle nutzende Abb. 7‑5 zeigt schließlich die Verteilung der Potentiale auf die Anwendungsformen. Wenig überraschend liegt hier die Wärmerückgewinnung an erster Stelle, deutlich vor der Wärmedämmung, deren Wirkpotential gemeinhin überschätzt wird.

Abb. 7‑5:

Technisches Potential von Verwendungen; Quelle: Ebersold, F. et alii: Keine Klimaneutralität ohne Energieeffizienz, Bild 2, in: Z. BWK Bd.72, Nr.12, 2020

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9783816900382
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