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3 Club of Rome: Grenzen des Wachstums?

1972 ist auch das Jahr der ersten und bekanntesten Veröffentlichung des Club of Rome, der „Grenzen des Wachstums“ mit D. MEADOWS als Herausgeber.

Der Club of Rome ist, wie „Club“ nahelegt, ein informeller Zusammenschluss von etwa 70 Mitgliedern aus 25 Staaten. Seine spektakuläre Geschichte beginnt 1967 mit einer Begegnung zwischen A. PECCEI, einem Manager der FIAT, und A. KING, einem schottischen Chemiker. Während seiner Arbeit um die Welt reisend, wurde PECCEI über das Tempo der sozioökonomischen Entwicklung, die Umweltzerstörung und das Nord-Süd-Gefälle zunehmend besorgter. Seine Bedenken äußerte er in einer Grundsatzrede vor ADELA, einer neuen Investmentgesellschaft. Zufällig landete sein Redetranskript auf dem Schreibtisch von A. KING, der so beeindruckt war, dass er PECCEI kontaktierte und ein Treffen vorschlug.1

Auf Einladung der beiden versammelten sich 1968 rund 30 europäische Wissenschaftler, Ökonomen und Industrielle in Rom, um über globale Probleme zu diskutieren. Das Treffen war nicht unbedingt ein Erfolg, auch weil das Hintergrundpapier für die Diskussion zu abstrakt, kompliziert und kontrovers geraten war. Bei einem Abendessen in kleiner Gruppe waren sich die Teilnehmer einig, dass sie „zu dumm, naiv und ungeduldig“ gewesen seien und sich eingehender mit der Thematik beschäftigen müssten. Sie beschlossen, sich hierfür ein Jahr Zeit zu geben und sich dann neu in einem Diskussionskreis zu treffen, den sie fortan den „Club von Rom“ nannten.2

Bis 1969 war der Club eine informelle Gruppe von Personen, die sich häufiger trafen, um globale Probleme besser zu verstehen. Als ihre Zahl wuchs, wurde es notwendig, eine rechtliche Struktur zu schaffen und A.PECCEI als Präsidenten zu ernennen. Sein Credo war, dass das Verständnis der „Problematique“, wie der Club die miteinander verbundenen Herausforderungen nannte, unerlässlich sei, um für die Zukunft zu planen.3

Auf Einladung der Schweizer Regierung hielt der Club 1970 seine erste offizielle Sitzung in Bern ab. PECCEI hatte den türkischen Zukunftsforscher H. OZBEKHAN eingeladen, ein Modell vorzuschlagen, um die missliche Lage der Menschheit zu untersuchen. Dem Forum erschien dies Modell nicht geeignet; es akzeptierte dann aber einen Vorschlag des MIT-Professors J. FORRESTER, das Potential seiner Computermodelle zu nutzen. Der Club beschloss, eine Gruppe von MIT-Forschern mit der Entwicklung des sogenannten „World3-Modells“ und der Erstellung eines ersten Berichts an den Club of Rome zu beauftragen.4

1971 wurden Entwürfe des Berichtes unter dem Titel „The Limits to Growth“ der niederländischen Presse zugespielt und lösten eine überwältigende Resonanz aus. F. BOETTCHER, der Leiter der niederländischen Delegation im OECD-Ausschuss für Wissenschaft und Technologie, überredete den Club daraufhin, „The Netherlands Association for the Club of Rome“ zu gründen, den ersten nationalen Verband. Die Gründung anderer nationaler Verbände, auch eines deutschen, folgte schnell.5 1972 war der Bericht an den Club of Rome fertig, erstellt von Forschern am MIT unter der Leitung von D. MEADOWS, die die Methoden J. FORRESTERS nutzten.

„The Limits to Growth“ gilt als Klassiker der Nachhaltigkeitsbewegung und war die erste Studie, die die Lebensfähigkeit des anhaltenden Wachstums vor dem Hintergrund des menschlichen ökologischen Fußabdrucks in Frage stellte.

Die Veröffentlichung betrat auch Neuland als erstes globales Modell, das von einem unabhängigen Gremium und nicht von einer Regierung oder der UNO in Auftrag gegeben wurde. Übersetzt in über 30 Sprachen hat sich das Buch mehr als 16 Millionen Mal verkauft.6

Für „Die Grenzen des Wachstums“ nutzte MEADOWS den Ansatz einer „Dynamik komplexer Systeme“ (= „Systems Dynamics“) für die Modellierung einer homogen angenommenen Welt. Es berücksichtigte die Wechselwirkungen zwischen Bevölkerungsdichte, Nahrungsmittelressourcen, Energie, Material und Kapital, Umweltzerstörung, Landnutzung usw. Das Modell ermöglichte mittels Computersimulation eine Reihe von Szenarien, mit Annahmen über verschiedene „stabilisierende“ politische Maßnahmen.

Die Aussagen aller Modelle liefen darauf hinaus, dass sich die Weltbevölkerung und ihr Wohlstand in den nächsten hundert Jahren dramatisch reduzieren würde, wenn der Ausbeutungstrend (nach Stand von 1972) unverändert anhielte. MEADOWS hatte bewusst vereinfacht, um überhaupt zu Ergebnissen zu kommen. Er wollte auch keine Prognosen mitteilen, sondern Modelle aufstellen und testen. Die Öffentlichkeit sah das anders und nahm den Bericht als Hiobsbotschaft – was ihm weltweite Publizität und dem Club of Rome vor allem in Großbritannien und den USA das Image unverantwortlicher Schwarzmalerei eintrug. In Deutschland dagegen wurde der Club of Rome für „Grenzen des Wachstums” 1973 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.

Der Veröffentlichung von 1972 folgten weitere Berichte des Club of Rome, so D. Meadows [u.a.]: Die neuen Grenzen des Wachstums, 1992; D. Meadows [u.a.]: Grenzen des Wachstums. Das 30-Jahre-Update, 2006. Sie modifizierten die Ergebnisse der Ursprungsveröffentlichung, kehren sie jedoch nicht um. Wenn auch inzwischen Emissionen mit aufgenommen sind – die Berichte des Club of Rome sind keine Klimareports geworden und enthalten auch keine diesbezüglichen Prognosen, sehr wohl aber Handlungsanweisungen für die Politik vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen. So ist der sparsame Umgang mit Energie mehrfach thematisiert. Typisch für die Handlungsempfehlungen der MEADOWS (zu den Autoren gehörte auch die Ehefrau D. MEADOWS‘, Prof. Dr. DONELLA MEADOWS, † 2001) sind die allgemeinen Maximen, von denen hier drei zitiert seien:

„Wir brauchen nicht Wachstum, sondern Entwicklung. Sofern für die Entwicklung ein materieller Zuwachs erforderlich ist, sollte dieser gerecht erfolgen und unter Berücksichtigung sämtlicher realen Kosten finanzierbar und nachhaltig sein.“

„Wir müssen Techniken fördern, die den ökologischen Fußabdruck der Menschheit verkleinern, die Effizienz erhöhen, Ressourcen stützen, Signale deutlicher machen und materielle Benachteiligung beenden.“

„Wir müssen unsere Probleme als Menschen angehen und außer der Technik noch weitere Möglichkeiten zu ihrer Lösung einsetzen.“7

4 Wahrnehmung und Beginn einer Klimapolitik
4.1 Klimakonferenzen

Die Fragen, was der Mensch mit der Welt und speziell seiner Umwelt anstellt und anstellen darf, lagen mit „Grenzen des Wachstums“ auf dem Tisch. Dass zu den dort behandelten Problemen das Thema „Klima“ hinzutrat, ist den Fachwissenschaften und speziell der Meteorologie zu verdanken.

Eine Schlüsselrolle spielte hierbei die Weltorganisation für Meteorologie (World Meteorological Organization – WMO), die am 23. März 1950 gegründet wurde. Sie hatte mit der seit 1873 bestehenden Internationalen Meteorologischen Organisation (IMO) eine Vorläuferin, die als freiwilliger Zusammenschluss der Direktoren staatlicher meteorologischer Dienste und Observatorien bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs arbeitete. Die internationale Zusammenarbeit blickte in diesem Feld also bereits auf eine lange Geschichte zurück – kaum eine andere Wissenschaft ist so auf großräumige Zusammenarbeit angewiesen wie gerade die Meteorologie. Das Wetter macht nicht an politischen Landesgrenzen halt, und alle Staaten sind auf die Wetterbeobachtungen der anderen angewiesen.

Mitglieder der WMO sind nicht Wetterdienste oder deren Direktoren, wie es bei der Vorgängerorganisation IMO der Fall war, sondern Staaten und Hoheitsgebiete, die einen ständigen Vertreter benennen. Voraussetzung für eine Mitgliedschaft ist die Existenz eines eigenen meteorologischen Dienstes. Am 1. Juli 1984 gehörten der WMO 152 Staaten und 5 sog. Territorien an; heute sind es 187 Staaten und sechs Territorien (Stand 2019). Zu diesen Territorien gehört beispielsweise Hongkong, das einen eigenen Wetterdienst besitzt. Deutschland ist mit der Bundesrepublik seit dem 10. Juli 1954 Mitglied der WMO. Sie ist der Organisation als 60. Staat beigetreten. Für sie ist der Präsident des Deutschen Wetterdienstes der Ständige Vertreter bei der WMO.1 Neben dem Welt-Wetterwachtprogramm (WWW Programm) hat das Welt-Klimaprogramm (World Climate Programme ‒ WCP) seit Beginn der 1980er Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen – als Folge der ersten Weltklimakonferenz, die die WMO vom 12.–23. Februar 1979 in Genf veranstaltete. Die Konferenzergebnisse hatten noch im Mai des gleichen Jahres zur Annahme des WCP geführt.

Auf der Konferenz von Genf (kurz WCC 1 genannt) standen der Hintergrund der Klima-Anomalien seit 1972 und die Möglichkeit der Klimabeeinflussung durch die menschliche Gesellschaft im Mittelpunkt. Das Ergebnis war zusammengefasst:

 „Die fortdauernde Ausrichtung der Menschheit auf fossile Brennstoffe als wichtigster Energiequelle wird wahrscheinlich zusammen mit der fortgesetzten Waldvernichtung in den kommenden Jahrzehnten und Jahrhunderten zu einem massiven Anstieg der atmosphärischen Kohlendioxid-Konzentration führen (…) Unser gegenwärtiges Verständnis klimatischer Vorgänge lässt es durchaus als möglich erscheinen, dass diese Kohlendioxid-Zunahme bedeutende, eventuell auch gravierende langfristige Veränderungen des globalen Klimas verursacht; und (…) da das anthropogene Kohlendioxid in der Atmosphäre nur sehr langsam durch natürliche Prozesse abgebaut wird, werden die klimatischen Folgen erhöhter Kohlendioxid-Konzentrationen wohl lange anhalten“ (KAS).2

Die Weltklimakonferenz WCC 1 der WMO folgten noch zwei weitere, sämtlich in Genf als Sitz der WMO, sodass sich die Folge ergibt:

 WCC 1, 1979

 WCC 2, 1990

 WCC 3, 2009

War das Klima bis zur WCC 1 und zur WCC 2 weitgehend eine Angelegenheit der Wissenschaftler und Fachexperten, so änderte sich das mit den Konferenzergebnissen und der steigenden Zahl z. T gleichsinniger, z. T. widerstreitender Veröffentlichungen: 1983 gründeten die Vereinten Nationen die Internationale Kommission für Umwelt und Entwicklung (WCED = World Commission on Environment and Development) als unabhängige Sachverständigenkommission. Diese Kommission veröffentlichte vier Jahre später ihren Bericht zur Zukunft, der nach ihrer Vorsitzenden auch als BRUNDTLAND-REPORT bekannt wurde. In ihm wurde ein Leitbild zur sogenannten Nachhaltigen Entwicklung zum Programm erhoben, das bis heute gültig ist.

Der Brundtland-Bericht stellte im einzelnen fest, dass kritische, globale Umweltprobleme i.A. das Resultat großer Armut im Süden und von nicht nachhaltigen Konsumgewohnheiten und Produktionsmustern im Norden sind (Nord-Süd-Gefälle). Er verlangte somit eine Strategie, die Entwicklung und Umwelt zusammenbringt und formulierte den Leitsatz:

 „Dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.”3

Aus „dauerhafter Enwicklung” wurde schnell „nachhaltige Entwicklung”, ein Begriff, der ursprünglich wohl auf die Forstwirtschaft zurückgeht, für die der sächsische Oberberghauptmann H. C.VON CARLOWITZ schon 1713 eine „nachhaltende Nutzung“ verlangt hatte, s. Kap. 2, Die Anfänge: Ressourcen. Sein Begriff wurde ins Englische mit „sustainable“ übertragen.Dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.

Vor dem Hintergrund des Brundtland-Berichtes beriefen die Vereinten Nationen nach langen Vorbereitungen 1992 eine zweite große Umweltkonferenz ein, die in Rio de Janeiro mit großer Beteiligung von Experten und Regierungen stattfand.

Wesentliches Ergebnis war die sogenannte Agenda 21, die detaillierte Handlungsaufträge für den sozialen, ökologischen und ökonomischen Sektor formulierte.

Bisher gab es drei weitere Folgekonferenzen solcher „Weltgipfel”. Nach 5 Jahren fand am 23.–27. Juni 1997 in New York der Weltgipfel Rio +5 statt. Hauptthema war: Welche Veränderungen haben die Hauptakteure – Regierungen, internationale Politiker, Wirtschaft, Gewerkschaften, Frauengruppen und andere – in den fünf Jahren nach Rio erreicht? Am Gipfel nahmen 53 Staats- und Regierungschefs sowie 65 Minister für Umwelt oder anderer Ressorts teil.

Der Weltgipfel Rio +5 hatte folgende Ziele:

 Wiederbelebung und Stärkung der (Selbst-)Verpflichtungen für eine nachhaltige Entwicklung,

 Offenes Feststellen von Versagen und Identifizieren der jeweiligen Gründe,

 Erkennen von Erreichtem und Identifizieren von Aktionen, die in der Sache weiterführen,

 Festlegen von Prioritäten für die Zeit nach 1997,

 Feststellen der Probleme, die in Rio nicht genügend gewürdigt wurden.

Der Weltgipfel Rio +5 endete im Prinzip mit großer Ernüchterung bis hin zur Enttäuschung und eigentlich mit nur einer Übereinstimmung, nämlich dass es der Erde schlechter gehe als je zuvor. Hierüber konnten kleinere lediglich auf einzelnen Sektoren erreichte Fortschritte, wie z.B. bei Klimaveränderungen, Waldverlusten oder knappen Süßwasserreserven nicht hinwegtäuschen. Probleme zeichneten sich insbesondere ab bei der Zunahme der Emissionen von Treibhausgasen und bei der Freisetzung toxischer Stoffe und fester Abfälle. Insbesondere wegen der Nord-Süd-Differenzen darüber, wie nachhaltige Entwicklung global finanziert werden sollte bzw. könnte, gab es keine großen Durchbrüche. Im Schlussdokument, das sich als sog. Programm für die weitere Umsetzung der Agenda 21 von Rio verstand, wurden weiche, allgemeine Formulierungen gewählt, um die zutage getretenen Differenzen notdürftig zu überdecken.

Der Weltgipfel Rio +10 in Johannesburg, 26. August bis 4. September 2002, hatte erneut die Umsetzung der Rio-Konvention (Agenda 21) zum Gegenstand, wobei dieses Mal die fortgeschrittene Globalisierung neue Akzente setzte.

Zum 20-jährigen Jubiläum fand schließlich die 3. Nachfolgekonferenz (Rio + 20) vom 20. Juni bis 22. Juni 2012 statt, wieder in Rio. Die Konferenz versammelte erneut die Staats- und Regierungschefs, um die 1992 gegebenen Impulse zur Nachhaltigkeit wieder aufzugreifen und zu erneuern.

Allerdings war schon im ersten Treffen des Vorbereitungskomitees sichtbar geworden, dass der Gegensatz zwischen reichen und armen Ländern sich kaum überbrücken ließ. Der Vorwurf, die reichen Länder würden die Nachhaltigkeit ihrer Standards zur Abschottung ihrer Märkte missbrauchen, stand im Raum.

In der rund 50 Seiten starken Abschlusserklärung mit der Überschrift „Die Zukunft, die wir wollen” bekannte sich die Staatengemeinschaft dennoch zum Konzept einer Green Economy, um die natürlichen Ressourcen stärker zu schonen. Außerdem verständigte man sich darauf, bis 2014 universell gültige Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals) auszuarbeiten. Auch sollte das bestehende Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP – UN Environment Programme) gestärkt und aufgewertet werden.4

Insgesamt wurden die Ergebnisse des Gipfels eher als Enttäuschung gewertet. Bundeskanzlerin A. MERKEL äußerte sich kritisch, aber auch konstruktiv zum Abschlussdokument:

„Die Ergebnisse von Rio bleiben hinter dem zurück, was in Anbetracht der Ausgangslage notwendig gewesen wäre. Die Europäische Union und Deutschland hatten sich für verbindlichere Aussagen eingesetzt. Aber einmal mehr haben wir gesehen: Wir sind nicht alleine auf der Welt; es ist recht schwierig, bestimmte Dinge durchzusetzen. … Richtig ist aber auch, dass die Ergebnisse zumindest ein weiterer Schritt in die richtige Richtung sind. Ich will dazu drei Punkte nennen.

Erstens: Die sogenannte Green Economy … Umweltschonendes Wirtschaften wurde von den Vereinten Nationen als wichtiges Instrument für eine nachhaltige Entwicklung gewürdigt. Damit erkennt nun die gesamte Staatengemeinschaft an, dass in einem Green-Economy-Konzept, das der jeweiligen Situation eines Landes angepasst ist, große Chancen liegen. Das heißt, Ökonomie und Ökologie werden nicht mehr als Widerspruch, sondern als Einheit wahrgenommen …

Zweitens: In Rio wurde beschlossen, die bisherige Kommission für nachhaltige Entwicklung abzulösen. Künftig wird es ein hochrangiges politisches Forum für nachhaltige Entwicklung geben. Damit kann das Thema Nachhaltigkeit mehr politisches Gewicht auf der Agenda der Vereinten Nationen erhalten. Es ist uns leider nicht gelungen, das UN-Umweltprogramm UNEP in Nairobi zu einer Sonderorganisation aufzuwerten. Aber wir konnten UNEP durch die Einführung einer universellen Mitgliedschaft und eine bessere Finanzausstattung stärken. …

Drittens: In Anlehnung an die bisherigen Millennium-Entwicklungsziele sollen nun auch „Sustainable Development Goals“ erarbeitet werden. Damit erhöht sich der politische Handlungsdruck im Sinne von Nachhaltigkeit. Jetzt müssen wir allerdings die Konferenzergebnisse in der Praxis konkretisieren. Denn allein die Feststellung, dass man so etwas will, reicht natürlich nicht aus. …”

Und schließlich noch a. a. O. das für Europäer nicht überraschende Grundsatzbekenntnis:

„Ein solcher Entwicklungspfad von Gesellschaften begründet sozusagen eine neue Kultur: die Kultur der Nachhaltigkeit. Diese Kultur der Nachhaltigkeit stellt die Lebensgewohnheiten eines jeden von uns auf den Prüfstand. Das gilt für das Berufsleben genauso wie für das Privatleben.”5

Der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), H. WEIGER, kritisierte dagegen die wenig konkreten Zielvorschläge: „Blumige Absichtserklärungen und ein Aufguss früherer Gipfelbeschlüsse hälfen dem globalen Ressourcenschutz nicht.”6

Abgesehen von Rio 1992 stellt sich damit die Bilanz der großen Weltkonferenzen als eher durchwachsen dar. Die Teilnahme der Regierungschefs war dem Fortschritt in der Sache wohl eher hinderlich (was im Nachhinein die angekündigte Abwesenheit der deutschen Bundeskanzlerin in Rio 2012 rechtfertigt). Schwierige Detailfragen lassen sich im kleineren Kreis der Fachleute oft besser behandeln, und Kompromisse sind auf diesem Wege häufig eher möglich.

Neben den Weltgipfeln gibt es ein weiteres, auf die Welt-Klima-Probleme gerichtetes Konferenzformat auf der Arbeitsebene: die UN-Klimakonferenz, die seit 1995 regelmäßig tagt und die Klimakonferenzen der WMO abgelöst hat. Auf diese unter dem Kürzel COP geführten Veranstaltungen wird im Kap. 5.1, Klimakonvention und Kyotoprotokoll, einzugehen sein.

4.2 Weltklimarat

Neben WMO, Weltklimakonferenzen, Weltgipfeln, COP, CMP gibt es noch eine weitere internationale Einrichtung, die sich um das Weltklima und seine Stabilisierung kümmert: den IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) als Gremium der Experten.

Der IPCC wurde 1988 von der UN-Umweltorganisation (UNEP) und der WMO gegründet. Seine Aufgabe ist es, die Politik neutral über die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Klimaveränderung und zu möglichen Gegenmaßnahmen zu informieren. 195 Staaten sind Mitglieder des IPCC. Sie benennen jeweils Experten, meist Fachwissenschaftler, die ihre Berichte eigenständig erstellen und als (weitgehend) unabhängig gelten. Das Gremium hat seinen Sitz in Genf und betreibt keine eigene Forschung, sondern wertet eine große Zahl von anerkannten Studien aus und fasst die zentralen Erkenntnisse daraus zusammen. Den breiten wissenschaftlichen Konsens sichern mehrere tausend beim IPCC registrierte Gutachter, die die Berichte kommentieren und natürlich auch kritisieren können (und sollen).

Publizität gewinnt der IPCC regelmäßig durch seine großen Sachstandsberichte, von den bisher nach einem ersten im Jahr 1990 vier weitere im Abstand von 5‒6 Jahren erschienen sind. Der bislang letzte ist der Fünfte Sachstandsbericht (AR5) von 2013/14, der als Ergebnis eines fünfjährigen Arbeitsprozesses in drei Bänden vorgelegt wurde. Die Kernergebnisse des ersten, die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels und künftige Entwicklungen des Klimasystems behandelnden Bandes zeigt die nachstehende Auflistung:1

 Die atmosphärische CO2-Konzentration liegt heute rund 40 % über vorindustriellem Niveau.

 Die Durchschnittstemperatur an der Erdoberfläche stieg zwischen 1880 und 2012 um 0,85 °C.

 Auch die Ozeane haben sich deutlich erwärmt.

 Die drei Jahrzehnte seit 1980 waren jeweils wärmer als jedes andere Jahrzehnt seit 1850.

 Eindeutig der Mensch ist verantwortlich für den größten Teil der Erwärmung zwischen 1951 und 2010.

 Mit wenigen Ausnahmen schrumpfen weltweit die Gletscher, und das Tempo beschleunigt sich.

 Die Ausdehnung des arktischen Meereises sinkt seit 1979 um durchschnittlich 3,8 % pro Jahrzehnt.

 Etwa 30 % des durch menschliche Aktivität freigesetzten CO2 wurden von den Ozeanen aufgenommen, die deutlich versauern.

 Die weltweiten Meeresspiegel werden bis ca. 2100 um etwa 2682cm steigen.

 Steigt der Treibhausgas-Ausstoß weiter wie bisher, erwärmt sich die Erde bis ca. 2100 um 2,6 bis 4,8 °C.

Der sechste IPCC-Sachstandsbericht als Hauptprodukt des aktuellen Berichtszyklusses (2016‒2022) wird 2021/22 veröffentlicht. Daneben kennt der IPCC Sonderberichte, von denen sich der jüngste vom Oktober 2018 auf das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels fokussierte.

Die Berichte sind in der Regel etwa 1.500 Seiten stark und durch eine Vielzahl von Mitwirkenden erstellt. Angesichts der Vielzahl zusammengetragener Informationen und der breiten Mitwirkung anerkannter Klimawissenschaftler gelten diese Berichte als der heilige Gral der Klimaforschung – sie geben letztlich den Mainstream vor.

Angesichts des Gewichtes, das dem IPPC und seinen Berichten international zugemessen wird, stellt sich naturgemäß die Frage nach seiner Unabhängigkeit und nach seiner Finanzierung ‒ auch Wissenschaftler geraten in ihrer Abhängigkeit von Fördergeldern gelegentlich in Interessenskonflikte. Abb. 4‑1 stellt zunächst die Grundstruktur der Organisation dar. Die leitenden Funktionen werden ehrenamtlich wahrgenommen; dies gilt auch für die Autoren der Berichte des IPCC. Die Autoren wie auch die Vorstände des IPCC werden in der Regel von ihren heimatlichen Instituten für die Mitarbeit bei IPCC freigestellt, ihnen werden jedoch Reisekosten erstattet. Die Geschäftsstellen der Arbeitsgruppen und das Datenzentrum werden von den Ländern finanziert, die sie beherbergen; hauptsächlich sind dies die Industrieländer.2

Abb. 4‑1:

Organisation des IPPC. Grau: Beteiligte Regierungen mit entsandten Fachleuten, grün: Wissenschaftler, blau: unterstützende Organisationen; Quelle: IPPC

Um auch die Reisen von Fachleuten aus Entwicklungsländern zu finanzieren, stehen Mittel aus einem jährlich etwa 7 Mio. € umfassenden Treuhandfonds zur Verfügung, der sich aus freiwilligen Beiträgen der Industrieländer speist und der auch die Veröffentlichung und Übersetzung von IPCC-Berichten finanziert. Bis zum Jahr 2017 beteiligten sich hier die USA mit fast 45 % des jährlichen Aufkommens; nach ihrem Austritt übernahm die EU diesen Anteil, um die Weiterarbeit des IPPC zu ermöglichen. Zur Wirklichkeit gehört allerdings auch, dass 80 % der Mitgliedstaaten keine Beiträge leisten.

Die Seriosität der Beiträge und Schlussfolgerungen wird durch ein mehrstufiges Peer-Review-Verfahren sichergestellt. Da die anthropogene Klimaänderung eine große Herausforderung ist, die alle Nationen der Erde dauerhaft dazu zwingt, weitreichende Entscheidungen über den Umgang mit diesem Problem zu treffen, blieb Kritik nicht aus. Massive Interventionen versuchten, die Klimawissenschaft und den IPCC in Misskredit zu bringen. Als Reaktion hierauf beauftragten die Vereinten Nationen und der IPCC das internationale Netzwerk von Wissenschaftsakademien (den Inter Academy Council IAC), eine Kommission zur Überprüfung der Prozesse und Verfahren des IPCC einzuberufen.

Insgesamt hat die Kommission den Assessment-Prozess des IPCC – die Aufarbeitung des wissenschaftlichen Sachstandes – als korrekt und erfolgreich bewertet.3 Die Hauptempfehlungen der Kommission betrafen Verbesserungen im Management, im Review-Prozess, in der Beschreibung von Unsicherheiten4 sowie die Kommunikation und die Transparenz im Assessment-Prozess – Details also, die nicht die Kernbefunde in Zweifel zogen.

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9783816900382
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