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Der hohe Preis der Manipulation

Weil wir gerade so nett mit den Zaubertricks unterwegs waren, fällt mir eine weitere Episode aus meiner Kindheit ein, in die wir nun kurz zurückreisen: Ende der 1960er-Jahre gibt es bei uns Zu Hause einen einfachen Schwarz-Weiß-Fernseher und drei Programme. Der ist fast so groß wie unser Kühlschrank und braucht nach dem Einschalten aufgrund seiner vorsintflutlichen Röhrentechnik noch etwa drei Minuten Vorglühzeit, bis das Bild mit einem Knistern auf der Mattscheibe aufflackert. Und es gibt wohl auch schon den Begriff der Fernbedienung, denn eine Bedienung dieses Geräts vom Sessel aus liegt noch in weiter Ferne. Da muss man schon aufstehen und direkt am Gerät einen der fünf Knöpfe drücken. Meine Eltern leisten sich eine Fernsehzeitschrift, in der sich der kleine Frank gern die bunten Bilder zu den kommenden Filmen anschaut. Aber der kleine Frank kennt die Uhr mit dem großen und dem kleinen Zeiger noch nicht so richtig. Und deshalb weiß er auch erst recht nicht, was sich hinter den kryptischen Zahlen verbirgt, die die Anfangszeiten der Fernsehsendungen verkünden. 13:30, 16:45 oder 20:00 (»zwanzig-nullnull«). Relativ schnell wird nun aber selbst dem kleinen Frank klar, dass die wirklich interessanten Sendungen auffallend häufig um zwanzig-nullnull gesendet werden. Spannend, spannend. Wenn der kleine Frank doch nur wüsste, ob zwanzignullnull noch eine Uhrzeit ist, zu der kleine Kinder noch fernschauen dürfen. Und an welche unerschöpfliche Quelle der Weisheit wendet man sich im zarten Kindesalter mit einem so quälenden Informationsdefizit? Na sicher doch: an Mama. Mama kennt nicht nur die Uhr schon ganz genau, sondern sie kann unter günstigen Voraussetzungen auch eine Zuschau-Erlaubnis erteilen. Und was bekommt der kleine Frank zu hören, wenn er danach fragt, ob er den Cowboy-Film um zwanzig-nullnull noch anschauen darf? Dann sagt Mama: »Das ist so spät, kleiner Frank, das schauen sich sogar Mama und Papa nicht mehr an.« Aha, zwanzig-nullnull ist also offenbar mitten in der Nacht. Ganz, ganz spät, wenn auch von den Großen keiner mehr wach ist.

Lange habe ich in dem Bewusstsein gelebt, dass zwanzig-nullnull eine fremde Zeitgalaxie sein muss ist, in der nur ganz verwegene Gestalten noch vor dem Fernseher sitzen, und ich habe mich damit getröstet, dass auch Mama und Papa so spät nicht mehr wach sind. Und dann passiert es. Eines Abends. Der kleine Frank wird durch irgendetwas aus dem Schlaf geweckt und schlurft schlaftrunken ins elterliche Wohnzimmer. Und was muss er da vollkommen überrascht feststellen? Da ist doch tatsächlich die große Fernseh-Party im vollen Gange. Kerzenschimmer, Mama und Papa, Chips, Wein, Gelächter – und der Film von zwanzig-nullnull …

Der elterliche Schwindel flog auf und meine Enttäuschung war riesengroß. Zum einen über die vielen Sendungen, die ich bis dahin verpasst hatte, während meine Eltern sich schamlos und unentdeckt vor dem Fernseher vergnügt hatten. Viel schwerer aber wog der Vertrauensverlust, der für mich mit dieser Entdeckung einherging. Ich habe mich regelrecht betrogen gefühlt. Und das von den Personen, die mir am nächsten standen und denen ich am meisten vertraute. Ich hätte sicher viel besser damit leben können, wenn man mir klar gesagt hätte, dass es eine Zeit gibt, zu der Kinder ins Bett gehören, während Erwachsene Filme anschauen, die für Erwachsene gemacht sind. Und die zu einer Uhrzeit laufen, zu der auch andere Kinder bereits schlafen. Das wäre klar, unmissverständlich und vor allem ehrlich gewesen, weil es der Wahrheit bzw. der Realität entsprochen hätte.

Gut, ich habe von dieser Episode elterlicher Flunkerei wohl keinen, zumindest keinen bleibenden Schaden davongetragen und bin auch später nicht aufgrund meiner unglücklichen Fernseh-Kindheit zum TV-Junkie geworden. Vielmehr habe ich vor vielen Jahren meinen Fernseher sogar verkauft und lebe heute sehr gut ohne Fernsehprogramm. Ich habe also den Abschied vom allabendlichen »Daumen-breit-Zappen« und dem »Für-dumm-verkauft-Werden« durch sinnfreie Werbung für unnötige Produkte als enormen Zugewinn an Lebenszeit und -qualität erlebt. Dennoch zeigt allein der Umstand, dass ich diese Begebenheit aus meiner Kindheit sogar hier niederschreibe, wie eindrücklich sie in meiner Erinnerung geblieben ist.

Bestimmt kennen Sie ähnliche Geschichten aus Ihrer eigenen Erinnerung. Genau genommen sind dies unsere ersten eigenen Erfahrungen mit Psychotricks, weil wir schon im zarten Kindesalter durch unsere Eltern manipuliert wurden. Manchmal erzählt man uns mit voller Absicht Dinge, die überhaupt nicht stimmen, nur um uns ruhig zu stellen oder um die eigenen Interessen durchzusetzen. Die harmlose Variante der Traumgestalten ist da noch der Osterhase, während Knecht Ruprecht mit der Rute schon gelegentlich zur Unterstützung elterlicher Autorität herangezogen wird (»Wenn du nicht brav bist, dann kommt der mit der Rute …«). Da werden Horrorszenarien von finsteren Gestalten kreiert, um uns zu gegebener Zeit möglichst ohne große Widerrede auf Spur zu bringen oder dort zu halten. Auf die Spitze getrieben wird dies etwa im Ostalpenraum und in Österreich. Das Pendant zum Knecht Ruprecht ist dort der »Krampus«; er begleitet alljährlich Anfang Dezember den Heiligen Nikolaus auf seiner Tour durch die Städte und Dörfer. Während die Lichtgestalt des Heiligen Nikolaus die braven Kinder beschenkt, ist der Krampus ein finsterer Geselle und für deren Bestrafung zuständig. Und wer schon einmal bei einem der zahlreichen Krampus-Umzüge dabei sein durfte – oder dabei sein musste –, fühlt sich in den finsteren Teil der »Herr der Ringe«-Trilogie versetzt, wenn eine Horde wild gewordener Krampusse in Fellkostümen mit großen Glocken und rasselnden Ketten behängt durch sie Straßen berserkert.

Zugegeben, wir sind inzwischen aus dem Alter raus, in dem man uns mit fragwürdigen Schauergeschichten oder Flunkereien bei der Stange halten konnte. Wenn wir ehrlich sind, hat das auch schon im Kindesalter nur kurz funktioniert. Denn wenn der Schwindel erst einmal aufgeflogen war, waren wir augenblicklich für immer aus dem Paradies der Gutgläubigkeit vertrieben. Dennoch begegnen wir auch in unserer heutigen Erwachsenenwelt immer wieder den Manipulationsversuchen unseres Umfelds.


In den allermeisten Fällen wiegt der kurzfristige vermeintliche Erfolg, den wir uns durch den Manipulationsversuch erkaufen, den damit einhergehenden späteren Vertrauensverlust nicht auf. Und in vielen Fällen gilt: Einmal enttäuscht – für immer verloren.

Doch der Bumerang kommt zurück, denn der Einsatz von Psychotricks hat seinen Preis. Wer sich als Mitarbeiter von seinem Chef über den Tisch gezogen, ausgenutzt oder manipuliert fühlt, ist in der Regel nicht begeistert oder von großer Dankbarkeit erfüllt. Ganz im Gegenteil. Der Management- und Unternehmensberater Reinhard K. Sprenger bringt es auf den Punkt, wenn er sagt: »Menschen kommen zu Unternehmen, aber sie verlassen Vorgesetzte.« (Sprenger 2012, S. 122). Wir werden noch näher betrachten, mit welchen Sturmschäden und Nebenwirkungen Sie bei der Anwendung von Psychotricks rechnen müssen, denn es gibt eine Vielzahl von denkbaren Reaktionen, die in ihren Auswirkungen alle nicht besonders attraktiv für Führungskräfte bzw. Unternehmen sind.

4.Wie der Wind sich dreht: Führung im zeitlichen Wandel

Darum geht es jetzt!

Welche neuen Anforderungen sich an Unternehmen und Führungskräfte von heute stellen. Warum früher einiges leichter war – aber nicht alles. Welche Ziele mit einer erfolgreichen Führung erreicht werden sollen.

Was Unternehmen wollen

In der freien Marktwirtschaft und im beruflichen Miteinander lassen sich bestimmte Grundkonflikte leider nicht vermeiden. Die Ausgangssituation führt zu einem Dilemma, das letztlich nicht aufzulösen ist, sondern lediglich immer wieder neu in Balance gebracht werden kann. Das Ziel von unternehmerischen Anstrengungen besteht letztlich darin, einen Nutzen für Kunden zu liefern und damit Gewinne zu erzielen. Selbst Unternehmungen, die vorrangig nicht profitorientiert sind, sondern vor allem andere, ideelle Ziele verfolgen – wie etwa politische Parteien, das Deutsche Rote Kreuz, Greenpeace, Caritas –, erzeugen durch ihr Handeln Kosten, die erst einmal erwirtschaftet werden müssen. Ob es sich dabei um Spenden, Subventionen oder Mitgliedsbeiträge handelt, ist für das Grundprinzip unerheblich. Dafür gilt es, Ressourcen sinnvoll und effizient einzusetzen und sich gegenüber dem Wettbewerb in der Gunst des Verbrauchers durchzusetzen. Einfach gesagt, wollen Unternehmen mit minimalem Einsatz einen maximalen Ertrag erzielen. In der profitorientierten Lösung eines Kundenproblems besteht die eigentliche Daseinsberechtigung von Unternehmen.

Unternehmerische Gewinne lassen sich von Ihnen allerdings nur dann erwirtschaften, wenn Sie mit der eigenen Geschäftsidee auch genügend Kunden ansprechen und von sich überzeugen können. Leider gibt es aber auch die unliebsamen Mitbewerber auf dem großen Markt der Möglichkeiten, die sich der gleichen oder einer ähnlichen Geschäftsidee verschrieben haben. Ihre Konkurrenz ist in derselben Branche unterwegs und möchte ebenfalls gern ein Stück vom großen Kuchen für sich und ihre Mitarbeiter erobern. Selbst wenn es Ihnen gelingen sollte, mit einer neuen Geschäftsidee, einem neuen Produkt oder einer innovativen Dienstleistung auf den Markt zu kommen, werden Sie als Vorreiter der Idee in aller Regel maximal sechs Monate von ihrer Position profitieren können. Dann haben Ihre Wettbewerber Ihre Idee bzw. Ihr Produkt übernommen, kopiert oder sogar verbessert. Spätestens dann müssen Sie mit einer neuen Idee herauskommen, um weiterhin die Poleposition zu behalten. Das kann mühsam sein. Schließlich bedeutet es, immer wieder nach neuen Ideen zu suchen, Altes und Bewährtes infrage zu stellen und hohe Risiken einzugehen. Sie wissen ja vorher nie, ob der gewagte nächste Schritt auch wirklich in die richtige Richtung geht. Dort, wo Neuland betreten wird, gibt es eben noch keine eingetretenen Pfade. Sie können kaum auf Erfahrungswerte zurückgreifen, sondern bewegen sich auf dem weiten Feld der Visionen und Prognosen.

Besonders deutlich lässt sich dies am Beispiel der Automobilindustrie nachvollziehen. Es dauert in der Regel fünf bis sechs Jahre, ein neues Modell bis zur Serienreife zu entwickeln. Das bedeutet, dass die Fahrzeuge, die heute auf den Markt kommen, schon vor langer Zeit in den Geheimlaboratorien der Autohersteller im Computer entstanden sind. Bis das Modell vom Band rollt und verkauft werden kann, ist es allerdings noch ein weiter Weg. Sämtliche Bauteile müssen zunächst einmal gefertigt werden, was auch bedeutet, Zulieferbetriebe einzubinden, Produktionsstraßen zu entwickeln und Fertigungsroboter zu bauen. Teure Crash-Tests müssen durchgeführt und hohe Summen in das Marketing investiert werden. Wenn das Auto dann die besagten fünf bis sechs Jahre später vom Band läuft, können Sie als Hersteller am Ende nur darauf hoffen, dass es auch tatsächlich von Ihren Kunden gekauft und hinreichende Absatzzahlen erreichen wird. Sonst war alles vergebene Liebesmüh.

Das birgt viele Risiken und Unwägbarkeiten, weil Sie am Anfang ja noch nicht wissen können, ob das Design Ihres Autos den dann vorherrschenden Zeitgeschmack trifft oder ob die Technik nicht vielleicht schon eine andere Entwicklung, wie zum Beispiel in Richtung Elektromobilität oder autonomes Fahren, genommen haben wird. Außerdem wissen Sie nicht, ob Ihre Wettbewerber, die natürlich auch nicht untätig waren und genauso wie Sie an der Entwicklung neuer Modelle gearbeitet haben, ein halbes Jahr früher ein gleichartiges oder sogar besseres Modell herausbringen werden. Dann laufen Ihnen vielleicht kurz vor der großen Produktpremiere die Kunden weg. Selbst wenn es Ihnen gelingen sollte, bei der Markteinführung die Nase vorn zu haben und tatsächlich den ersten großen Wurf zu landen, müssen Sie befürchten, dass andere Hersteller, zum Beispiel in Asien, Ihre Technologie stante pede abkupfern und schon bald ein vergleichbares Fahrzeug zu einem wesentlich günstigeren Preis anbieten werden. Die Nachahmer sind Ihnen gegenüber dann sogar noch im Vorteil, weil sie vielleicht geringere Personalkosten haben und Ihre Technologie einfach nur noch nachbauen müssen. Damit entfallen auch die langjährigen Entwicklungskosten, die Ihre Wettbewerber ebenfalls nicht mehr über den Verkaufspreis hereinholen müssen.

Je langfristiger Sie für die Entwicklung und Herstellung Ihrer Produkte oder Dienstleistungen brauchen, umso höher ist das Risiko, mit den vielen notwendigen Vorannahmen und Entscheidungen danebenzuliegen.


Deshalb ist es von unschätzbarem Wert, wenn Ihr Unternehmen bei den Kunden ein derart hohes Ansehen hat, dass man Ihnen fast alles abkauft, was Sie herstellen, nur weil es aus Ihrem Hause kommt.

Wenn es Ihnen gelingt, solch ein positives Image aufzubauen, haben Sie einen immensen Wettbewerbsvorteil, den Ihnen auch ein anderes Unternehmen mit einem besseren oder preiswerteren Produkt nicht so schnell abspenstig machen kann.

Führung will Ziele erreichen

Es liegt in der Natur der Sache, dass sich Führung zwangsläufig an Unternehmenszielen orientieren muss. Deshalb stellen sich in diesem Zusammenhang auch immer dieselben Fragen: Wohin soll Führung eigentlich führen? Welche konkreten Ziele sollen durch Führung erreicht werden? Wie kommen Sie mit Ihren Mitarbeitern letztendlich dahin? Und: Wann ist Führung eigentlich überhaupt erforderlich?

Vielleicht ist Ihnen ja auch der maritime Sinnspruch geläufig »Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt’s einen, der die Sache regelt«? Selbstverständlich ist hier vom Kapitän die Rede, der als Führungskraft für alles die Verantwortung trägt und der für diese Aufgabe mit umfassenden disziplinarischen Machtbefugnissen ausgestattet ist. Mir kommt in diesem Zusammenhang eine Karikatur in den Sinn, die ich irgendwann einmal in einer Tageszeitung gesehen habe: Zwei Matrosen stehen rechts und links am Steuerruder eines Schiffes, das direkt auf einen Eisberg zusteuert. Der eine Matrose möchte das Schiff nach rechts lenken, während der andere links am Eisberg vorbeifahren will. Jeder von ihnen versucht, mit höchster Anstrengung gegen den Druck des anderen das Ruder herumzureißen. Das gelingt aber offensichtlich keinem von beiden. Und so stehen sie denn beide mit hochrotem Kopf und äußerster Kraftanstrengung am Steuer, ohne eine Kursänderung zu bewirken. Und während das Schiff weiterhin geradeaus fährt und die direkte Kollision mit dem Eisberg droht, steht unter der Karikatur: »Wann ist eigentlich Führung erforderlich?«

An diesem Beispiel wird deutlich, warum es auch in flachen Hierarchien und bei aller wertschätzenden Führung dennoch jemanden geben muss, der »den Hut aufhat«.


Eine Führungspersönlichkeit in einer hierarchisch übergeordneten Position ist für ein Unternehmen immer dann unverzichtbar, wenn Basisdemokratie in die Katastrophe führen würde.

Oftmals müssen in Unternehmen einfach auch schnelle Entscheidungen her. Da würde es schlicht viel zu lange dauern, alle Argumente immer wieder gegeneinander abzuwägen, um schließlich dann doch zu keiner Lösung zu kommen, mit der alle Beteiligten einverstanden sind. Denken Sie nur an die zahlreichen Meetings, in denen endlos debattiert wird, ohne dass ein Beschluss gefasst würde. Der rettende Kunstgriff der Ratlosigkeit ist dann häufig, die Entscheidung zunächst auf einen späteren Termin zu vertagen oder in einem letzten Akt der Verzweiflung einen Arbeitskreis zu gründen, der sich dann weiter mit dem Thema befassen wird. So ist die Angelegenheit erst einmal vom Tisch, was eine kurzfristige Erleichterung verschafft; geklärt und entschieden ist damit aber noch lange nichts.

In Abstimmungsprozessen gibt es ja immer Bedenkenträger, die aus ihrer subjektiven Sicht gute Argumente gegen ein bestimmtes Projekt oder einen Beschluss haben. Ihre Aufgabe als Führungskraft ist es ja auch nicht, solange zu diskutieren, bis alle zufrieden sind. Vielmehr ist es wichtig, alle Argumente zu kennen, die Pros und Contras verstanden zu haben und dann zu einer Entscheidung zu gelangen. Dabei ist es vielfach sogar besser, eine Entscheidung, die sich nachträglich als falsch herausstellt, zu treffen als gar keine. Bei fehlerhaften Entscheidungen können Sie zumindest hinterher sehen, was schiefgelaufen ist und dementsprechend korrigieren. Das ist allemal sinnvoller, als endlos zu zögern. Handlungsunfähigkeit führt auch zwangsläufig dazu, dass sich zwar manche Probleme von allein lösen, Sie dann jedoch keinen wirklichen Einfluss auf die Lösung haben. Sie sind dann so wie ein Schiff ohne Segel oder Motor nur noch den Launen des Wetters und der Wellen ausgesetzt. Ihr Schiff nimmt einen eigenen Kurs, den Sie nicht mehr mitbestimmen. Zugegeben, es wird vielleicht nicht gleich untergehen und auch nicht gleich auf ein Riff laufen. Vielleicht kommt es sogar irgendwann irgendwo an. Dies wäre dann aber dem Zufall überlassen und nicht mehr das Ergebnis Ihrer Kontrolle.

Im hektischen Führungsalltag, in dem die aktuellen Events und kurzfristigen Entscheidungen des Tagesgeschäfts oftmals im Vordergrund stehen, ist der Blick auf die langfristigen Ziele mitunter verstellt. Gerade dann ist es jedoch wichtig, dass Sie auf Ihrer Kommandobrücke den Überblick behalten und auch die übergeordnete Perspektive nicht aus den Augen verlieren. Zudem müssen Sie immer wieder auch unattraktive Entscheidungen treffen und durchsetzen. Dies kann beispielsweise bedeuten, sich einmal von unproduktiven Geschäftszweigen oder Mitarbeitern trennen zu müssen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Gesamtunternehmens langfristig zu erhalten. Sie brauchen jetzt kein Psychologe zu sein, um vorherzusehen, dass Sie sich mit dieser Entscheidung nicht unbedingt bei allen Ihren Mitarbeitern beliebt machen. Insbesondere diejenigen, die persönlich von Ihrer Entscheidung betroffen sind, die unliebsame Veränderungen zu befürchten haben oder möglicherweise sogar ihren Arbeitsplatz verlieren werden, können voraussichtlich wenig Verständnis für Ihre Entscheidung aufbringen. Sie müssen dann sogar damit rechnen, dass es den Betroffenen nicht immer gelingen wird, Ihre Position und Ihre Person auseinanderzuhalten. Wenn Ihre Entscheidungen den Mitarbeiter ganz persönlich betreffen, wird er das dann auch persönlich nehmen. Umso wichtiger ist es dann, dass Sie bei schwierigen oder unangenehmen Entscheidungen versuchen, Ihren Mitarbeitern gegenüber auch Ihre persönliche Betroffenheit zu kommunizieren. Vielleicht gelingt es Ihnen ja zu vermitteln, dass es Ihnen selbst nicht leichtfällt und Sie die Konsequenzen Ihrer Entscheidung vielleicht sogar bedauern, während Sie in der Sache durchaus die erforderliche Stringenz und notwendige Kompromisslosigkeit an den Tag legen müssen.

War früher etwa alles einfacher?

Wenn Sie ein wenig in meiner Vita gelesen haben, dann wissen Sie vielleicht, dass ich in meinem ersten Leben als Fahrschulunternehmer und Fahrlehrer tätig war. Es gefiel mir in diesem Berufsfeld zwar sehr, mit Menschen zu arbeiten, deren Lernfortschritt zu beobachten und auch nach bestandener Führerscheinprüfung den direkten Erfolg meiner Arbeit mitzuerleben. Allerdings störte mich das hierarchische Gefälle zwischen dem Lehrer und dem Schüler immer mehr. Ich habe das Ungleichgewicht hinsichtlich der Erfahrung sowie die Machtposition auf der Fahrlehrerseite und die Unkenntnis und Unsicherheit auf der Seite des Fahrschülers eher als Hindernis empfunden.

Schon damals interessierten mich das zwischenmenschliche Miteinander, die Kommunikation im beruflichen Kontext und der Erfahrungsaustausch auf Augenhöhe mehr, als den Menschen »nur« das Autofahren beizubringen. So kam es, dass ich weiter in die Verkehrssicherheitsarbeit einstieg und neben meiner Fahrlehrertätigkeit anfing, als Moderator und Trainer zu arbeiten. Darüber hinaus hatte ich begonnen, erste Erfahrungen als Seminarleiter für Pkw- und Motorradsicherheitstrainings zu sammeln.

Und plötzlich ging für mich eine Tür auf. Ich kam mit Menschen zusammen, die ihren Führerschein in meinem Geburtsjahr oder noch früher gemacht hatten und schon über mehrere Millionen Kilometer Fahrerfahrung verfügten. Eine hervorragende Voraussetzung, um sich auf Augenhöhe zu treffen und auf dem Erfahrungsschatz der Teilnehmer aufzubauen. Hier ging es darum, zu moderieren, zuzuhören, zusammenzufassen und unterschiedliche Meinungen gelten zu lassen. Hier fand lebendiges Lernen statt. Miteinander und voreinander. Welch ein Erlebnis. Mit dem Rückenwind dieser neuen Erfahrung kam schnell der nächste Schritt: Wie wäre es, mich noch weiter zu qualifizieren und wirklich tief in diese Materie einzusteigen? Vielleicht noch einmal zu studieren? Aber dabei nicht alles auf Anfang zu setzen, sondern auf den bisherigen Erfahrungen aufzubauen und damit etwas Neues entstehen zu lassen. Die Idee war geboren, Psychologie zu studieren. Durch das Studium wollte ich hier noch einmal intensiv in diese neue Materie einsteigen und die Grundlagen für meine spätere Tätigkeit als freiberuflicher Trainer und Kommunikationspsychologe legen.

Das war keine leichte Entscheidung. Ich habe mich aber dann doch auf das Wagnis eingelassen und es letztlich bis zum heutigen Tag keine Sekunde bereut. Vielmehr habe ich es als großes Privileg empfunden, mich noch einmal eindringlich mit einer völlig neuen Materie auseinanderzusetzen, ohne immer wieder fragen zu müssen, wofür diese Theorie oder jenes Experiment denn nun in der Praxis gut sein soll. Auch in meiner späteren Tätigkeit als Vortragsredner, Business Coach oder Seminarleiter habe ich viele Menschen kennenlernen dürfen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und deren Berufsweg alles andere als gradlinig verlaufen ist.

Das ist auch nicht wirklich verwunderlich, denn der Wandel der beruflichen Zusammenhänge betrifft ja auch andere Disziplinen. Wer sich früher bei der Berufswahl dazu entschieden hatte, zum Beispiel ein Handwerk zu erlernen, ging in eine Lehre, und der Ablauf war dann von Anfang an klar. Es gab drei Lehrjahre, die selbstverständlich keine Herrenjahre waren, und in denen man die Grundlagen für den späteren Beruf vermittelt bekam. Meistens schloss die Lehre mit der Gesellenprüfung ab, und wenn alles gut lief, wurde man schließlich vom Ausbildungsbetrieb übernommen. Wer wollte, konnte sich dann noch hocharbeiten und seinen Meister machen. Und wer das nicht wollte, blieb eben Zeit seines Berufslebens Geselle. Das Wissen, das man sich zu Beginn seiner Ausbildung und während der Arbeit aneignete, reichte oftmals für ein gesamtes Berufsleben aus. An dessen Ende konnte man dann irgendwann in Rente gehen und seinen wohlverdienten Lebensabend genießen. Zugegeben, ich habe die Zusammenhänge vielleicht etwas holzschnittartig verkürzt – aber:


In vielen Fällen werden Sie auch in Ihrem Umfeld Menschen kennen, die auf ein derart gradliniges Berufsleben ohne große Veränderungen zurückblicken.

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