Читать книгу: «Geisterenthüller John Bell», страница 2

Шрифт:

Einen Moment später war ich auf meinem Zimmer und schloss die Tür. Ich unterzog es einer gründlichen Untersuchung. Sofern ich auf den ersten Blick erkennen konnte, gab es keinen anderen Zugang außer der Tür, die passend zu der runden Wand geformt war. Ich bemerkte jedoch einen minimalen Luftzug und fand schließlich heraus, dass er hinter der eichenen Wandvertäfelung hervorkam. Ich konnte zunächst keine Ursache für den Luftzug entdecken, aber er war auf unangenehme Weise da. Ferner fiel mir auch, dass das Bett recht eigenartig war. Es hatte nicht, wie üblich, Rollen an den vier Beinen, stattdessen waren diese etwa einen halben Inch in dafür gedachte Sockel im Holzboden eingelassen. Diese Entdeckung erweckte weiteres Misstrauen in mir. Es war offensichtlich, dass das Bett dazu gedacht war, in einer bestimmten Position zu bleiben. Ich sah, dass es direkt zu dem kleinen, tief in der Wand versunkenen Fenster zeigte. Als ich auf die Uhr schaute, stellte ich fest, dass es bereits nach elf war, und platzierte zwei Kerzen auf einem kleinen Tischchen neben dem Bett. Dann legte mich hin, ohne zuvor meine Kleidung abzulegen. Ich lauschte gespannt, um auch nur das leiseste Geräusch zu erhaschen, aber die Stunden vergingen und nichts geschah.

Im Haus war alles still und von draußen konnte ich deutlich das Wasser hören, wie es über das Mühlrad plätscherte.

Ich lag die ganze Nacht wach, aber als die Morgendämmerung hereinbrach, fiel ich in einen unruhigen Schlaf. Ich erwachte vom grellen Tageslicht, dass durch das schmale Fenster hereinfiel.

Nach einer schnellen Morgentoilette machte ich einen Spaziergang und begab mich anschließend zum Frühstück. Dieses war für mich in der großen Küche vorbereitet worden und der alte Mann saß beim Ofen.

„Nun“, sagte die Frau, „ich hoffe, Sie haben gut geschlafen, mein Herr.“ Ich bejahte und mir fiel auf, dass der alte Bindloss und seine Frau jetzt wesentlich besser gelaunt waren. Sie sagten, dass ich, wenn ich mit dem Zimmer zufrieden sei, eine weitere Nacht im Gasthaus bleiben könne. Ich verriet ihnen, dass ich eine Menge Fotos aufnehmen müsse und mir das sehr gelegen käme. Während ich sprach, sah ich mich nach dem Mädchen um, Liz. Sie war nirgends zu sehen.

„Wo ist Ihre Enkeltochter?“, fragte ich die alte Frau.

„Sie ist den Tag über unterwegs“, war die Antwort. „Es ist zu viel für Liz, Fremde zu treffen. Sie regt sich auf und dann bekommt sie Anfälle.“

„Was für Anfälle?“

„Ich kann Ihnen nicht sagen, wie man sie nennt, aber sie sind übel und schwächen sie. Armes Ding! Liz darf sich nicht zu sehr aufregen.“ An dieser Stelle warf Bindloss seiner Frau einen warnenden Blick zu. Sie schaute zu Boden und ging auf die andere Seite des Raumes, um etwas in einem Topf umzurühren.

Am Nachmittag lieh ich mir, unter dem Vorwand, Hechte angeln zu wollen, ein paar Schnüre von Bindloss und außerdem ein altes Boot, das am Ufer des Mühlweihers festgemacht war. Das Wetter war perfekt für diese Zeit des Jahres.

Auf meine Gelegenheit wartend, steuerte ich mit dem Boot das Ufer des Dammes an, der den Weiher vom Fluss trennte, und ging diesen in Richtung des Mühlrades entlang, über welches das Wasser rauschte.

Als ich das Haus so vom gegenüberliegenden Ufer aus beobachtete, sah ich, dass der Turm, in dem sich mein Zimmer befand, einst ein Teil der Mühle selbst gewesen sein musste und ich bemerkte weiterhin, dass das Mauerwerk dort vergleichsweise neu war. Es musste also Umbaumaßnahmen gegeben haben, als die Mühle stillgelegt und in ein Gasthaus verwandelt worden war. Ich kletterte an der Seite des Mühlrads hinunter, indem ich mich an den Streben festhielt, welche grün und glitschig waren, und spähte zwischen den Schaufeln hindurch.

Während ich noch meine Untersuchungen anstellte, erschreckte mich plötzlich eine Stimme.

„Was machen Sie dort unten?“

Ich sah auf. Der alte Bindloss stand am Ufer und schaut auf mich hinab. Er war alleine, sein Gesicht verzerrt vor Angst und Aufregung. Ich zog mich selbst hastig wieder nach oben und stand dann neben ihm.

„Was schnüffeln Sie hier unten herum?“, fragte er mit seinem hässlichen alten Gesicht direkt vor meinem. „Sie Narr! Wenn Sie gestürzt wären, hätten Sie ertrinken können. Niemand kann auch nur einen Zug in diesem Mühlbach schwimmen. Und dann hätte es einen weiteren Todesfall gegeben und der ganze Ärger hätte von Neuem begonnen! Würden Sie die Güte haben, mein Herr, und diesen Ort verlassen? Ich will Sie hier nicht mehr haben.“

„Ich habe vor, morgen früh abzureisen“, versuchte ich ihn zu beschwichtigen, „und ich bin Ihnen wirklich sehr verbunden, dass Sie mich vor der Mühle gewarnt haben.“

„Sie wären besser gar nicht in ihre Nähe gekommen“, sagte er in drohendem Tonfall und wendete sich dann hastig ab. Ich beobachtete, wie er den steilen Damm emporkletterte und dann aus meinem Sichtfeld verschwand. Er ging in entgegengesetzte Richtung vom Haus. Die Gelegenheit seiner Abwesenheit wahrnehmend, näherte ich mich wieder der Mühle. War es möglich, dass Wentworth in sie hineingeraten war? Aber wenn das der Fall gewesen wäre, hätte es Wunden und Abdrücke auf seinem Körper gegeben. Ich kletterte kühn hinunter. Es dämmerte schon, aber ich konnte sehen, dass eine Verlängerung der Achse in die Mauer des Turmes hineinragte. Die Mechanik war in wunderbar gutem Zustand und der Bolzen, der das riesige Rad hielt, musste nur ein wenig herausgezogen werden, um es in Bewegung zu setzen.

An diesem Abend dachte ich während des Essens angestrengt nach. Ich bemerkte, dass Bindloss verärgert war, auch war er misstrauisch und alarmiert. Mir wurde klar, dass der einzige Weg aufzudecken, was Wentworth angetan worden war, war, zu versuchen, den alten Grobian dazu zu bringen, dasselbe mit mir zu versuchen, um mich loszuwerden. Das war ein gefährliches Unternehmen, aber ich war fest entschlossen und meine Neugier und Interesse waren aufs Äußerste geweckt. Nachdem ich mit dem Abendessen fertig war, betrat ich den Gang, der zur Küche führte. Ich hatte Filzschlappen angezogen und meine Schritte waren geräuschlos. Als ich mich der Tür näherte, hörte ich Bindloss zu seiner Frau sagen:

„Er hat um das Mühlrad herumgeschnüffelt. Ich wünschte, er würde von selbst verschwinden.“

„Oh, er kann nichts herausfinden“, bekam er zur Antwort. „Verhalt dich ruhig, Bindloss, er wird morgen früh weg sein.“

„Kann sein“, sagte der Wirt daraufhin und dann folgte ein raues und äußerst unangenehmes Lachen. Ich wartete einen Moment und betrat die Küche. Bindloss war jetzt allein. Er beugte sich rauchend über den Kamin.

„Ich werde morgen in der Früh aufbrechen,“ sagte ich, „also machen Sie mir bitte die Rechnung fertig.“ Ich setzte mich neben ihn und zog meinen Stuhl nah ans Feuer. Er sah aus, als ob ihn das ärgerte, aber sagte nichts.

„Die Todesfälle in diesem Haus haben mich sehr neugierig gemacht“, sagte ich nach einer Weile. „Wie viele waren es nochmal, sagten Sie?“

„Das geht Sie nichts an“, antwortete er. „Wir wollten Sie hier nicht haben, Sie können gehen, wann es Ihnen passt.“

„Ich werde morgen früh gehen, aber ich möchte noch etwas sagen.“

„Und was wäre das?“

„Ich glaube nicht an diese Geschichte, dass es hier spukt.“

„Oh, tun Sie wirklich nicht, eh?“ Er ließ seine Pfeife sinken und seine Augen funkelten mich mit einer Mischung aus Ärger und schlecht verborgener Beunruhigung an.

„Nein“, ich hielt inne, dann sagte ich langsam und eindringlich: „Ich ging trotz Ihrer Warnung zur Mühle zurück, und ...“

„Was?“, schrie er und sprang dabei auf die Füße.

„Nichts“, antwortete ich. „Nur dass ich nicht an den Geist glaube.“

Sein Gesicht wurde nicht nur blass, sondern fahl. Ich verließ ihn ohne ein weiteres Wort. Ich sah, dass sein Misstrauen durch meine Worte stärker geworden war. Das hatte ich beabsichtigt. Den Grobian aufs Äußerste zu reizen, war der einzige Weg, ihm das Geheimnis zu entlocken.

Mein kleines Zimmer sah genauso aus wie am vorigen Abend. Die grotesken Muster der Tapete schienen wie ein Relief hervorzustehen. In diesem Moment schienen einige der hässlichen Linien in meiner Vorstellung fast menschliche Formen anzunehmen, sich in trollähnliche Gesichter zu verwandeln und mich anzugrinsen. Wagte ich zu viel? War es falsch, mein Leben auf diese Weise zu riskieren? Ich war furchtbar müde und, so seltsam es scheinen mag, meine größte Angst in diesem entscheidenden Moment war, dass ich einzuschlafen drohte. Ich hatte zwei Nächte fast ohne Rast verbracht und fühlte, dass jeden Moment trotz all meiner Anstrengungen der Schlaf mich übermannen könnte. Um Bindloss die volle Gelegenheit zu geben, seinen Plan in die Tat umzusetzen, war es notwendig, dass ich zu Bett ging und sogar, dass ich mich schlafend stellte. In meinem momentanen erschöpften Zustand konnte vorgetäuschter Schlaf sehr schnell zu Echtem werden. Dieses Risiko, so groß es auch war, musste ich allerdings eingehen. Ohne mich auszuziehen, legte ich mich ins Bett und zog die Bettdecke weit über mich. In meiner Hand hielt ich meinen Revolver. Ich löschte bewusst die Kerzen und bewegungslos wartete ich auf das, was da kommen sollte.

Das Haus war still wie ein Grab – es gab keinerlei Bewegung und mit der Zeit beruhigten sich meine Nerven, so angespannt sie zuvor gewesen waren. Wie ich es erwartet hatte, übermannte mich der Schlaf und trotz aller Anstrengung driftete ich in das Land der Träume ab. Ich begann mir zu wünschen, dass egal, welche Erscheinung es war, die sich zeigen würde, sie es jetzt gleich tun sollte, damit wir es hinter uns bringen konnten. Langsam, aber sicher schien ich mich von all den Erinnerungen der realen Welt zu entfernen und in eine seltsame und schreckliche Fantasiewelt abzutauchen. In diesem Zustand schlief ich, in diesem Zustand träumte ich auch und es waren Albträume.

Mir war, als ob ich einen Walzer mit einer enorm großen Frau tanzte. Sie türmte sich über mir auf, hielt mich fest in ihren Armen und begann mich in einem schwindelerregenden Tempo im Kreis zu wirbeln. Ich konnte die polternde Musik einer Band in der Ferne hören. Schneller und schneller wurde ich in einem großen leeren Saal umhergewirbelt. Ich wusste, dass ich das Bewusstsein zu verlieren begann, und schrie sie an, aufzuhören und mich gehen zu lassen. Plötzlich gab es einen furchtbaren Knall ganz in meiner Nähe. Guter Gott! Ich merkte, dass ich wach war – aber ich bewegte mich immer noch. Wo war ich? Wohin ging ich? Ich versuchte einen Sprung auf das Bett zu machen, nur um zu torkeln und rückwärts wieder auf den Boden zu fallen. Was war das? Warum schlitterte ich? War ich plötzlich verrückt geworden oder erlitt ich einen furchtbaren Albtraum? Ich versuchte, mich zu bewegen, auf die Füße zu kommen.

Dann, ganz allmählich, begannen meine Sinne zurückzukehren und ich wusste, wo ich war. Ich war in der runden Kammer, in dem Zimmer, in dem Wentworth gestorben war. Aber was mit mir passierte, konnte ich nicht begreifen. Ich merkte nur, dass ich mit einer Geschwindigkeit im Kreis gewirbelt wurde, die jeden Moment zunahm. Im Mondlicht, das sich durch das Fenster quälte, sah ich den Boden und das Bett darauf drehen. Nur der Tisch lag auf der Seite, er musste mich geweckt haben, als er umgefallen war.

Ich konnte nichts von den anderen Möbeln im Zimmer sehen. Aber auf welch geheimnisvolle Weise waren sie entfernt worden? Mit unheimlichem Aufwand kroch ich zur Mitte dieser furchtbaren Kammer und, das Fußende des Bettes greifend, kämpfte ich mich auf die Füße. Ich wusste, hier würde weniger Bewegung sein und ich konnte gerade so die Umrisse der Tür ausmachen. In weiser Voraussicht hatte ich den Revolver in meine Tasche geschoben, und war mir immer noch sicher, dass ich damit mein Leben gegen jede menschliche Erscheinung verteidigen konnte. Aber der Horror, den ich durchlebte, war mit Sicherheit nicht menschlicher Natur! Als sich der Boden des Raumes in Richtung der Tür bewegte, stürzte ich auf sie zu, wurde aber prompt vorbeigetragen und fiel erneut schwer. Als ich wieder an der gleichen Stelle vorbeikam, machte ich einen verzweifelten Versuch, mich an einer der Stufen festzuhalten, aber vergeblich. Das Kopfteil der Bettstatt erwischte mich, als es in einer nächsten Runde an mir vorbeiflog, und zog mir die Arme weg. Einen Moment später glaubte ich, ich würde verrückt durch den ganzen Horror. Mein Kopf fühlte sich an, als würde er platzen. Es war mir unmöglich, logisch zu denken. Der einzige Gedanke, der mich wirklich beherrschte, war der sehnliche Wunsch, diesem furchtbaren Ort zu entkommen. Ich kämpfte mich zum Bett, zog dessen Beine aus den Sockeln und schleifte es in die Mitte des Raumes, weg von der Wand. Als es aus dem Weg war, schaffte ich es schließlich zur Tür.

In dem Moment, in dem ich den Türgriff erhaschen konnte, sprang ich auf die kleine Stufe und versuchte die Tür aufzureißen. Sie war verschlossen, von außen verschlossen. Sie widerstand all meiner Anstrengungen. Dort, wo ich stand, hatte ich gerade so Platz für meine Füße. Unter mir raste der Boden des Raumes immer noch in furchtbarem Tempo im Kreis. Ich wagte kaum, darauf zu blicken, denn der Schwindel in meinem Kopf nahm ständig zu. Im nächsten Moment waren deutlich leise Schritte zu hören, und ich sah einen Lichtschimmer durch einen Spalt in der Tür. Ich hörte jemandem am Schloss fummeln, die Tür wurde langsam von außen geöffnet und ich sah das Gesicht des alten Bindloss. Er nahm mich nicht wahr, denn ich hockte auf der Stufe, und im nächsten Moment warf ich mich mit all meiner Kraft auf ihn. Er stieß einen Schreckensschrei aus. Die Laterne, die er getragen hatte, fiel herunter und ging aus, aber ich hatte ihn am Hals gefasst und bohrte meine Finger tief in seine hagere, sehnige Kehle. Rasch zog ich ihn durch den Flur zu einem Fenster, durch welches das Mondlicht schien. Hier löste ich meinen Griff von seiner Kehle, aber bedrohte ihn augenblicklich mit meinem Revolver.

„Auf die Knie oder Sie sind ein toter Mann!“, rief ich. „Geben Sie alles zu oder ich schieße Ihnen mitten ins Herz.“

Sein Mut hatte ihn offensichtlich verlassen. Er begann zu wimmern und weinte bitterlich.

„Verschonen Sie mein Leben“, heulte er. „Ich werde alles erzählen, aber verschonen Sie mein Leben.“

„Dann rasch“, sagte ich, „ich bin nicht in der Stimmung, gnädig zu sein. Heraus mit der Wahrheit!“

Ich lauschte besorgt nach den Schritten seiner Frau, aber außer dem leisen Summen der Maschine und dem Plätschern des Wassers hörte ich nichts.

„Reden Sie“, forderte ich und schüttelte den alten Mann. Seine Lippen zitterten, die Worte kamen stockend.

„Es war Wentworths Werk“, keuchte er.

„Wentworth? Doch nicht der Ermordete?!“, rief ich.

„Nein, nein, sein Cousin. Dieser Verbrecher, der Fluch meines Lebens. Dank dieses letzten Todesfalls erbt er das Anwesen. Er ist der eigentliche Besitzer der Mühle und er erfand den sich drehenden Boden. Es gab Todesfälle – oh ja, oh ja. Es war so leicht und ich wollte das Geld. Die Polizei schöpfte nie Verdacht, genauso wenig die Ärzte. Wentworth war furchtbar hart mit mir und hatte mich in der Hand.“ An dieser Stelle würgte und schluchzte er. „Ich bin ein schlechter alter Mann, Sir“, japste er.

„Also töteten Sie Ihre Opfer wegen des Geldes?“, vermutete ich und packte ihn bei den Schultern.

„Ja“, sagte er, „Ja. Bailiff hatte zwanzig Pfund in Gold, niemand wusste davon. Ich nahm es und konnte Wentworth für eine Weile befriedigen.“

„Und was war mit Archibald Wentworth?“

„Das war sein Werk, und ich sollte bezahlt werden.“

„Und jetzt wollten Sie schließlich mich loswerden?“

„Ja, denn Sie hatten Verdacht geschöpft.“

Während des Gesprächs bemerkte ich im fahlen Mondlicht eine weitere Tür in der Nähe. Ich öffnete sie und sah, dass es der Eingang zu einem dunklen Abstellraum war. Ich stieß den alten Mann hinein, drehte den Schlüssel herum und rannte nach unten. Die Ehefrau war immer noch unerklärlicherweise abwesend. Ich öffnete die Vordertür und zitternd, erschöpft, in Schweiß gebadet stand ich an der frischen Luft. Ich war erschüttert. In diesem schrecklichen Moment war ich alles andere als Herr meiner selbst. Mein einziger Wunsch war von diesem schrecklichen Ort zu fliehen. Ich hatte gerade das kleine Tor erreicht, als eine Hand, leicht wie eine Feder, meinen Arm berührte. Ich sah auf. Das Mädchen, Liz, stand vor mir.

„Sie sind gerettet,“ sagte sie, „Gott sei Dank! Ich habe alles versucht, was ich konnte, um das Rad zu stoppen. Schauen Sie, ich bin nass bis auf die Knochen. Ich schaffte es nicht. Aber zumindest habe ich Großmutter eingeschlossen. Sie ist in der Küche, friedlich schlafend. Sie hat ein Menge Gin getrunken.“

„Wo warst du gestern den ganzen Tag?“, fragte ich.

„Eingeschlossen in einer Kammer im anderen Turm, aber ich schaffte es, aus dem Fenster zu klettern, obwohl es mich fast umbrachte. Ich wusste, wenn Sie bleiben, würden sie es diese Nacht wieder versuchen. Gott sei Dank sind Sie in Sicherheit.“

„Nun, dann halte mich jetzt nicht auf“, sagte ich. „Ich bin wie durch ein Wunder gerettet worden. Du bist ein gutes Mädchen. Ich verdanke dir viel. Du musst mir ein anderes Mal erzählen, wie du es geschafft hast, den ganzen Horror hier zu überleben.“

„Bin ich nicht verrückt geworden?“, war ihre traurige Antwort. „Oh, mein Gott, wie ich leide!“ Sie presste die Hände aufs Gesicht. Der Ausdruck ihrer Augen war furchtbar. Aber ich konnte nicht länger warten, um mich mit ihr zu unterhalten. Ich verließ den Ort hastig.

Wie ich Harkhurst erreichte, kann ich nicht mehr sagen, aber früh am Morgen traf ich dort ein. Ich ging direkt zu Dr. Stanmores Haus und weckte ihn. Ich erzählte ihm alles. Sofort suchten wir gemeinsam den Polizeichef auf. Nachdem ich meine aufregende Geschichte erzählt hatte, nahmen wir eine Droschke und kehrten zu dritt zum ‚Castle Inn‘ zurück. Wir waren noch vor acht Uhr morgens da.

Aber wie der Polizeibeamte vermutet hatte, war der Ort verlassen. Bindloss war aus der dunklen Kammer entkommen und mit seiner Frau und Liz geflohen. Der Arzt, der Polizist und ich gingen hoch zur runden Kammer, dann hinunter in den Keller und nach einer sorgfältigen Untersuchung entdeckten wir eine niedrige Tür, durch die wir krochen. Wir gelangten in ein dunkles Gewölbe, das voll mit Maschinen war. Im Licht einer Laterne untersuchten wir es. Hier fanden wir die Erklärung des ganzen Tricks. Die Achse des Mühlrads, die durch ein Loch in der Wand des Turmes hereinragte, bildete fortlaufend auch die Achse eines senkrechten Zahnrades, dass ein großes horizontales Rad bewegte, von dem ein senkrechter Pfosten nach oben führte. Dieser endete in der Mitte von vier Querbalken, die den Boden des Raumes trugen, in dem ich geschlafen hatte. Um den runden Rand des Bodens war ein Stahlrand gezogen, der sich in einem runden Sockel drehen konnte. Es brauchte nur einen einzigen Handgriff, um diesen furchtbaren Apparat in Bewegung zu versetzen.

Die Polizei veranlasste augenblicklich die Fahndung nach Bindloss und ich kehrte nach London zurück. Noch am Abend besuchten Edgcombe und ich Dr. Miles Gordon. Alter dickköpfiger Arzt wie er war, war er fassungslos, als ich meine Geschichte erzählte. Er erklärte mir, dass ein Mann in der Position, in der ich mich befunden hatte, als sich der Boden zu bewegen begonnen hatte, auf Grund der Zentrifugalkraft eine enorme Stauung des Gehirns erleiden würde. In der Tat würde der sich drehende Boden künstlich den Zustand eines Schlaganfalls hervorrufen. Wenn das Opfer unter Drogeneinfluss stand oder auch nur tief schlief, und der Boden sich langsam zu drehen begann, würde dies fast augenblicklich zur Bewusstlosigkeit führen, die bald in Koma überging und zum Tode führte. Aber eine Autopsie einige Stunden später würde keine Ergebnisse bringen, denn das Gehirn würde absolut intakt erscheinen, nachdem das Blut es wieder verlassen hatte.

Nach dem Besuch bei Dr. Miles Gordon gingen Edgcombe und ich mit unseren Ergebnissen zu Scotland Yard und die ganze Angelegenheit wurde in die Hände der Londoner Ermittlungseinheiten gelegt. Mit den Hinweisen, für die ich fast mit meinem Leben bezahlt hätte, erledigten sie den Rest schnell. Wentworth wurde festgenommen und unter Druck konnte er zu einem vollen Geständnis bewegt werden, aber der alte Bindloss hatte mir schon das Wesentliche der Geschichte erzählt. Wentworths Vater war der Besitzer der Mühle gewesen, er war in Konflikt mit dem Gesetz geraten und hatte seinen Namen geändert. Tatsächlich hatte er sogar fünf Jahre Strafdienst verrichtet. Dann war er nach Australien gegangen und zu Geld gekommen. Er starb, als sein Sohn noch ein junger Mann war. Dieser erbte allerdings alle Untugenden des Vaters. Er kehrte nach Hause zurück, besuchte die Mühle und erfand, da er Talent für Mechanik besaß, den rotierenden Boden. Er verwandelte die Mühle in ein Gasthaus und setzte Bindloss, einen seiner ‚Kumpels‘, als Eigentümer ein, mit der vollen Absicht, von Zeit zu Zeit nichtsahnende Reisende ihres Geldes wegen umzubringen.

Die Polizei jedoch suchte ihn bald darauf wegen einer geprellten Rechnung und er dachte, es sei das Beste zu fliehen. Bindloss war alleine mit der ganzen Sache. Aus Angst vor Wentworth, der ihn wegen eines lange zurückliegenden Verbrechens in der Hand hatte, ermordete er in zwei Fällen selbst das Opfer in der runden Kammer. Inzwischen waren mehrere unerwartete Todesfälle im alten Zweig der Wentworth-Familie eingetreten und Archibald Wentworth allein stand zwischen seinem Cousin und dem riesigen Vermögen. Wentworth kehrte nach Hause zurück und mit der Hilfe von Bindloss brachte er auch Archibald in seine Gewalt. Der junge Künstler schlief in dem verhängnisvollen Zimmer und sein Tod war die Folge. Zu diesem Zeitpunkt stehen Wentworth und Bindloss vor Gericht am Old Bailey und es gibt keine Zweifel, wie das Urteil ausfallen wird.

Das Rätsel um den Geist vom ‚Castle Inn‘ ist natürlich für immer und ewig gelöst.

399
477,97 ₽
Возрастное ограничение:
0+
Объем:
210 стр. 1 иллюстрация
ISBN:
9783753198316
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают