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Volksinitiativen

Die politische Linke steht der Berufslehre immer wieder kritisch gegenüber. Unter anderem hat das mit der Tatsache zu tun, dass im Gegensatz zum öffentlich-rechtlichen Bildungssystem Unternehmen bestimmen, wie viele Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. 1982 wurde die eidgenössische Volksinitiative «Für eine gesicherte Berufsbildung und Umschulung» eingereicht. Mit der Einrichtung von Lehrwerkstätten und anderen Ausbildungsstätten, finanziert von den Arbeitgebern und der öffentlichen Hand, sollte eine ausreichende Zahl von Ausbildungsplätzen sichergestellt werden. Die dazu notwendige Ergänzung der Bundesverfassung wird vom Volk 1986 abgelehnt, genau wie ähnlich lautende Vorstösse auf kantonaler Ebene. [1982a] 1999 wird die «Lehrstellen-Initiative» eingereicht, lanciert von der Jugendorganisation des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. Verlangt wird ein Recht auf eine ausreichende berufliche Ausbildung. Dazu sollten Bund und Kantone für ein genügendes Angebot im Bereich der beruflichen Ausbildung sorgen, finanziert über einen von allen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern gehäuften Berufsbildungsfonds. 2003 wird auch diese Volksinitiative abgelehnt. [1999f]

Rückgang der Lehrlingszahlen, gefolgt von Lehrstellenmangel

Grafik 1 (siehe hier) zeigt es: Erstmals in diesem Jahrhundert gehen die Lehrlingszahlen zwischen 1985 und 1995 längere Zeit und in grösserem Ausmass zurück, um rund 40 000 Berufslernende. Tabelle 1 gibt Hinweise auf die Gründe: Es gibt 60 000 Jugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren weniger und 10 000 Schülerinnen und Schüler mehr an allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe II. Der Rückgang der Lehrlingszahlen hat also einerseits demographische Gründe, anderseits ist er eine Folge der Bevorzugung der Mittelschulen. Letzteres beunruhigt die Vertretungen der Berufsbildung.


Abbildung 13 Die Linke versucht zweimal mit Volksinitiativen, das Berufsbildungssystem zu ändern, hier das diesbezügliche Plakat zur Abstimmung 1982

Tabelle 1 Gründe für den Rückgang der Lehrlingszahlen 1985–1995


LehrlingeWohnbevölkerung, 15–18 JahreSchüler/-innen in allgemeinbildenden Schulen
1985189 675381 11776 754
1995148 680319 53388 499
Differenz−40 995−61 58411 745
in %−22 %−16 %15 %

Quellen: BfS, BIGA, eigene Berechnungen

Aber nicht dieser Rückgang löst Mitte der 1990er-Jahre die grosse Unruhe aus, sondern der Mangel an Lehrstellen, der sich in dieser Zeit aufbaut. Obwohl die Zahl der Lernenden zurückgegangen ist, fehlt es bereits 1996 an Lehrstellen. Das hat einerseits demographische Ursachen: Innert drei Jahren (1995 bis 1998) steigt die Zahl der Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren um 9500 Jugendliche an. Nun haben die Betriebe ihre Ausbildungstätigkeit jedoch in den Vorjahren zurückgefahren, siehe Tabelle 2. Zudem ist der Sektor Produktion geschrumpft, der mehr Lehrstellen anbietet als Dienstleistungsbetriebe.

Tabelle 2 Indikatoren zur Ausbildungsaktivität der Betriebe, 1985 und 1995


Quellen: BfS, Betriebszahlung (Dumont 1998) zit. in Galley Meyer 1998

Im Frühjahr 1996 weist die Zürcher Berufsberatung darauf hin, dass nach ihren Schätzungen die Zahl der Zürcher Lehrstellen die Nachfrage seitens der Jugendlichen nicht deckt. Diese Meldung löst in den Medien ein grosses Echo aus, obwohl die Behörden zu beschwichtigen versuchen. [1996a] Dies gelingt ihnen nicht, denn ihnen fehlen konkrete Zahlen zum Lehrstellenmarkt. Über Monate hinweg wird die Situation am Lehrstellenmarkt zu einem zentralen Thema in den Medien.

Der Lehrstellenmarkt ist auch Thema von Kapitel 11

Die Politik reagiert. «In den Jahren 1996/97 wurden schätzungsweise drei Dutzend Vorstösse aus allen politischen Lagern und aus den Kommissionen eingereicht, die alle auf irgendeine Weise den Handlungsbedarf des EVD respektive des BIGA akzentuierten.» (Strahm 2008, 317)

Kantonalisierueng der Berufsbildung?

Unter dem Titel «Neuer Finanzausgleich» läuft zur gleichen Zeit ein grosses Programm mit dem Ziel, die vielfältigen finanziellen Verknüpfungen zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden zu reduzieren. Als eines von vielen Themen steht die «Kantonalisierung der Berufsbildung» zur Diskussion. Berufsschulen sollten − genau wie Mittelschulen − den Kantonen unterstellt werden, koordiniert durch die EDK. Den Verantwortlichen ist offenbar nicht bewusst, dass die Berufsschulen Teil eines Systems sind mit Betrieben und regionalen Ausbildungszentren als weiteren Lernorten. Der Vorschlag stösst bei den Berufsverbänden und bei den Parlamentariern auf einhellige Ablehnung und wird sofort gestrichen. (Ebd. 317 f.)

Behördenschelte − der Bundesrat wird aktiv

Bereits 1987 fordert das Parlament den Bundesrat auf, eine Bilanzierung der Situation der Berufsbildung und eine problemorientierte Zukunftsschau vorzulegen. Ende 1995 sind 19 parlamentarische Vorstösse zum Thema hängig, u. a. zu einem Gutachten der OECD, die die Schweizer Berufsbildung stark kritisiert. [1990a]

Im Sommer 1996 wird der 1987 angeforderte «Bericht des Bundesrates über die Berufsbildung» endlich dem Parlament vorgelegt − und stösst inner- und ausserhalb des Parlaments auf vehemente Kritik. [1996c] Es sei bestenfalls eine Auslegeordnung. Der Handlungsbedarf werde kleingeredet, es fehle an einer Strategie und am Willen, die notwendigen Reformen an die Hand zu nehmen.


Abbildung 14 Fremdsprachenunterricht wird auch an Berufsschulen immer wichtiger. Im Laufe der Jahre werden verschiedene Wege gesucht, die äusserst beschränkten Zeit, die im Rahmen einer Betriebslehre zur Verfügung steht, möglichst effektiv zu nutzen. Hier das «Sprachlabor»» des Centro Italo-Svizzero Formazione Professionale, um 1990 (SSA Zürich)

Lehrstellenmangel, Kantonalisierung, ein verschleppter Bericht – der Bundesrat muss reagieren. Um in Zukunft über aktuelle Zahlen zu verfügen, wird 1997 der «Lehrstellenbarometer» lanciert, der in der Folge zweimal jährlich den Lehrstellenmarkt analysiert. [1997c] Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit wird 1998 aufgelöst und das «Bundesamt für Berufsbildung und Technologie» geschaffen, unter neuer Leitung. [1998e] Die vom Parlament verlangte Revision des Berufsbildungsgesetzes wird in Angriff genommen, siehe hier.

Lehrstellenbeschlüsse

Entgegen den Willen des Bundesrates verabschiedet das Parlament im April 1997 den Lehrstellenbeschluss I. Vom geplanten Impulsprogramm zur Ankurbelung der Wirtschaft werden 60 Millionen Franken für die Förderung des Lehrstellenangebots reserviert. [1997a]

Die Beschäftigung des Parlaments mit Fragen der Berufsbildung zeigen auf, dass auch strukturelle Schwächen bestehen. 1999 wird der Lehrstellenbeschluss II verabschiedet (Kreditsumme: 100 Mio Fr.), um diese Probleme anzugehen und den Übergang bis zur Inkraftsetzung des revidierten Berufsbildungsgesetzes sicherzustellen. [1999c]

All das Geleistete wird vergessen

Bei der oft geäusserten Kritik an der Tätigkeit der Bundesbehörde in den 1990er-Jahren geht oft vergessen, was alles lanciert und vorwärtsgebracht wurde:

• 1996 wird der Lehrplan für den allgemeinbildenden Unterricht mit grundlegenden Veränderungen verabschiedet. [1996f]

• 1997 nehmen die Fachhochschulen ihren Betrieb auf, nachdem 1993 die Berufsmaturität lanciert wurde. [1993i; 1997f]

• Aufbauend auf dem 1976 gestarteten Nationalen Forschungsprogramm «Education et vie active» [1976b], der Schweizerischen Gesellschaft für angewandte Berufsbildungsforschung (SGAB) [1987b] und dem Ausbau des SIBP [1991b] wird die angewandte Berufsbildungsforschung aufgebaut.

• Gespräche im Rahmen der europäischen Gemeinschaften helfen mit, der Schweizerischen Berufsbildung ihren Platz in Europa zu sichern. (Natsch 2000)

• Und vor allem wird − wenn auch eher gegen den Willen des Bundesrats − im Rahmen der «Nachführung» der Bundesverfassung 1999 der Berufsbildung eine zukunftsoffene Grundlage als Teil des Bildungswesens geschaffen, siehe unten.

Mehr zu Fachhochschulen in Kapitel 30, zu BM in Kapitel 25, zu der Ausbildung von Erwachsenen in Kapitel 19

Bundesverfassung: Bildungsraum Schweiz statt Gewerbeförderung

Die 1990er-Jahre enden für die Berufsbildung mit einem grossen Schritt nach vorn: Die Kompetenz des Bundes, Regelungen über die Berufsbildung zu erlassen, basierten während des ganzen 20. Jahrhunderts auf Art. 34ter der 1908 verabschiedeten Version der Bundesverfassung, siehe hier. Dieser lautet: Der Bund ist befugt, über das Gewerbewesen einheitliche Vorschriften aufzustellen. [1908a]

Der Gültigkeitsbereich des 1930 erlassenen Bundesgesetzes beschränkt sich somit auf das Gewerbe, wobei der Begriff sehr breit ausgelegt wird. 1947 wird er anlässlich einer Verfassungsrevision präzisiert und nochmals etwas erweitert: Der Bund ist befugt, Vorschriften aufzustellen: […] über die berufliche Ausbildung in Industrie, Gewerbe, Handel, Landwirtschaft und Hausdienst. [1947a]

Auf dieser Basis beruhen die Versionen 1963 und 1978 des Berufsbildungsgesetzes und auch die einschlägigen Vorschriften im 1951 erlassenen Landwirtschaftsgesetz. [1951a]

1995 wird eine «Nachführung» der 125-jährigen Bundesverfassung in Angriff genommen. Breite Kreise wünschen eine Ausweitung des Geltungsbereichs, was gegen den Widerstand des Bundesrates durch das Parlament erfolgt: Neu heisst es in Art. 63: «Der Bund erlässt Vorschriften über die Berufsbildung.» [1999a] Neu ist auch auch die Platzierung der Regelung der Berufsbildung in Abschnitt 3 der Verfassung, die sich mit Bildung, Forschung und Kultur befasst.

2006 wird dieser Abschnitt der Verfassung bereits wieder überarbeitet. Dabei erhält der Bund bezüglich der Berufsbildung zwei wichtige zusätzliche Aufträge: Die Förderung eines breiten und durchlässigen Angebots im Bereich der Berufsbildung (Art. 63 BV) und den Einsatz für eine gleichwertige gesellschaftliche Anerkennung von allgemeinbildenden und berufsbezogenen Bildungswegen (Art. 61a Abs. 3 BV). [2006a]

Reformen der Bundesverfassung siehe Kap. 08

Dritte Revision des Berufsbildungsgesetzes

Allein die Revision der Verfassung hätte eine Revision des BBG nötig gemacht, sind doch nun auch Ausbildungen in den Bereichen Gesundheit, Soziales, Kunst, Land- und Forstwirtschaft einzubeziehen, die − wie aufgezeigt − andere Strukturen für ihre Aus- und Weiterbildung entwickelt hatten.

Aber auch in andere Bereichen des Bildungswesen hat sich seit den 1970er-Jahren manches verändert: Mittelschulen und berufliche Grundbildung werden immer mehr als zwei Teile der Sekundarstufe II betrachtet, vgl. Grafik 4, hier. Die höheren Fachschulen und die Vorbereitung auf Berufs- und Höhere Fachprüfungen sind nicht mehr Teil des Bereichs Weiterbildung (heute als nonformale Bildung definiert), sondern – wie die Hochschulen – Teil des Tertiärbereichs. Vor allem aber haben sich auch die Ansprüche der Gesellschaft und speziell der Arbeitswelt an die Berufsbildung verändert. Begriffe wie Nachhaltigkeit oder überfachliche Qualifikationen kamen in der Version 1978 noch nicht vor. Die Forderung nach Durchlässigkeit ist nun sogar Teil der Verfassung (Art. 61a Abs. 1 BV).

Das Vorgehen bei der Revision unterscheidet sich von demjenigen bei früheren Revisionen: Der Bundesrat setzt 1998 eine Expertenkommission ein, geleitet vom Chef des zuständigen Bundesamtes, die einen Entwurf auszuarbeiten hat. Dieser wird 2000 in Vernehmlassung gegeben und anschliessend überarbeitet. Die Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) der beiden Räte befassen sich ausführlich mit dem Entwurf. Das Parlament selbst wendet auch dieses Mal relativ wenig Zeit für das Geschäft auf und verabschiedet das Gesetz 2002. Das Referendum wird dieses Mal nicht ergriffen, sodass das neue Gesetz 2004 in Kraft treten kann.

Mehr zum BBG 2002 in Kapitel 09

Umsetzung der neuen Bestimmungen

Da die dritte Revision wesentlich mehr Neuerungen beinhaltet als die beiden vorherigen, nimmt die Umsetzung der neuen Regelungen auch wesentlich mehr Zeit in Anspruch. Dies umso mehr, als die Qualitätsansprüche an die Verordnungen (und damit leider auch deren Umfang) massiv zugenommen haben.

Integration neuer Berufsbildungsbereiche

Der vordringlichste Teil der Umsetzung ist die Integration derjenigen Ausbildungen, die bisher nicht der Bundesgesetzgebung zur Berufsbildung unterstanden, also Landwirtschaft, Gesundheit, Soziales und Kunst.

In den Bereichen Soziales und Kunst lag der Schwerpunkt bei kantonal geregelten Ausbildungen auf Tertiärstufe: höhere Fachschulen, Konservatorien und Hochschulen. Die Ausbildung in der Landwirtschaft (einschl. Milchwirtschaft), bundesweit geregelt im Landwirtschaftsgesetz, umfasste feste Strukturen auf Sekundarstufe II und Tertiärstufe, die im Landwirtschaftsgesetz geregelt waren, siehe hier. Auch die Pflegeausbildung verfügte über eigene Strukturen, parastaatlich geregelt vom SRK, siehe hier. Beide Bereiche müssen sich im Rahmen der Integration weitgehend den in Gewerbe und Industrie üblichen Strukturen anpassen, die bestehenden Bildungseinrichtungen werden «abgewickelt». Das Ziel wird erreicht: In allen vier Bereichen entstehen Berufslehren mit den vom BBG vorgeschriebenen drei Lernorten, daneben teilweise auch schulisch organisierte Vorbereitungen auf das eidgenössische Fähigkeitszeugnis.


Abbildung 15 Die Pflegeausbildung erlebt im 20. Jahrhundert grosse Umbrüche. Im 19. Jahrhundert engagierten sie religiös orientierte Mutterhäuser in diesem Bereich. Ende des 20. wurde sie Teil des vom Bund geregelten Berufsbildungssystem (Rob Gnant/Fotostiftung Schweiz; Staatsarchiv Obwalden)

Auch die Tertiärstufe kennt heute die gleichen Gefässe wie die gewerblich-industrielle und die kaufmännische Berufsbildung: höhere Fachschulen sowie Berufs- und Höhere Fachprüfungen, Lehrgänge an Fachhochschulen und teilweise auch an universitären Hochschulen. Weil es in einigen Bereichen keine Berufsverbände gibt, werden «Organisationen der Arbeitswelt» gegründet, so beispielsweise im Bereich Gesundheit. Das SRK, das sich im Auftrag der Kantone bisher um die Regelung der Ausbildung im nichtärztlichen Gesundheitsbereich gekümmert hat, zieht sich zurück. Die Bundesbehörden für die Landwirtschaft beteiligen sich mit einem Delegierten am Vollzug, der nun auch dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) untersteht. Die Teile der Landwirtschaftsgesetzgebung, die die Ausbildung betreffen, werden gelöscht.

Steuerung und Finanzierung des Systems

Der Führungswille der Bundesbehörde hat zugenommen, wie vom Parlament anlässlich der Probleme in den 1990er-Jahren gewünscht. Er äussert sich unter anderem in der Produktion von Handbüchern und Leitlinien für verschiedenste Prozesse. Die Umsetzung von weiter gehenden Neuerungen, zum Beispiel die Aufteilung der beruflichen Grundbildung in eine stark strukturierte Grundlehrzeit von zwei bis drei Jahren, gefolgt von einer modularisierten Aufbaulehrzeit von einem Jahr als Vorbereitung auf das lebenslange Lernen wird nicht umgesetzt, obwohl dieses Modell vom BBT «favorisiert» worden war. (Dubs 1999b, 368)

Weil andererseits in den 1990er-Jahren die Eidgenössische Konferenz der Bildungsdirektoren EDK bzw. deren Generalsekretariat erkannt hat, dass die Berufsbildung ein wichtiger Bereich des Bildungswesens darstellt und bedeutende kantonale Mittel beansprucht, ergaben sich anspruchsvolle Diskurse mit dem Bund und Vereinbarungen (sog. Masterpläne) der drei «Verbundpartner», also des Bunds, der Kantone und der Organisationen der Arbeitswelt.

Grosse Veränderungen hat das neue Gesetz auch bei der Finanzierung gebracht. Der Beitrag des Bundes an die Aufwendungen der Kantone wird von etwa 16 Prozent auf 25 Prozent angehoben und zum grossen Teil als Pauschalen in Abhängigkeit von der Zahl der Lernenden ausgerichet, statt durch Beiträge an «anrechenbare Kosten», was umfangreiche Umstellungen im Rechnungswesen verlangt. Betriebe, die sich nicht an der Ausbildung von Jugendlichen beteiligen, sollen durch Beiträge an Berufsbildungsfonds zur Finanzierung der Aufwendungen der ausbildenden Betriebe der jeweiligen Branche herangezogen werden. Dies verlangt von den OdA anspruchsvolle Absprachen, damit die jeweilige Branchenregelung vom Bund als obligatorisch erklärt werden kann.

Vor allem aber wird für jeden Lehrberuf eine Bildungsverordnung und ein Bildungsplan erarbeitet als Ersatz für die bisher gültigen Reglemente, was für die Behörden, aber vor allem für die OdA viel Arbeit bedeutet. Gleiches gilt für die mehreren hundert Regelungen in der Höheren Berufsbildung.

Siehe dazu auch Vollzug, Kapitel 10

Vertiefung
01 Ausbildungsverhältnisse in den Zünften − Vorläufer der Berufslehren

Die Zünfte (Vereinigungen von Meistern) sind aus Bruderschaften (Meister und Gesellen) hervorgegangen. Oft handelt es sich dabei um Gründungen kirchlicher Autoritäten im 11. Jahrhundert. Es sind berufliche Fachverbände, die die wirtschaftlichen Belange ihres Handwerks regeln; gleichzeitig sind es Gemeinschaften, die sich der sozialen Probleme ihrer Mitglieder annehmen und ausserdem Geselligkeit und Brauchtum pflegen. (Weber 1988, 24 ff.)

Insbesondere regelten sie auch die Ausbildung des Nachwuchses. Es gab sie in vielen Städten und teilweise auch in Marktflecken, unter anderem in Aarau, Bulle, Basel, Freiburg, Konolfingen, Genf, Murten, Luzern, Zürich. (Landolt 1977, 53) Bruderschaften, die auch die Ausbildung von Lehrlingen regelten, gab es u. a. in Bern.

Neben den Zünften existierten auch Gemeinschaften von Gesellen und berufsständische Organisationen von Händlern, Advokaten etc. [1350a 1711a]

Blütezeit

Aufbau und Merkmale der Zünfte unterscheiden sich von Stadt zu Stadt. Die Berufsausbildung weist im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit oft folgende Eigenschaften auf (nach Landolt 1977):

• Die Ausbildung findet im Betrieb eines Meisters statt, der der Zunft angehören muss, und wird von den Zünften geregelt und überwacht, die teilweise auch Lehrgeld, Lohn und Mindestdauer der Lehre festlegen.

• Der Jugendliche wird mit 14 bis 16 Jahren in die Lehre aufgenommen und hat ein Lehrgeld zu entrichten. Ist er zu arm dazu, so kann er dieses in einer verlängerten Lehre abverdienen. In manchen Städten bestehen auch Fürsorgeeinrichtungen, die das Lehrgeld ausrichten.

• Die Lehre beginnt mit einer in der Regel 14 Tage dauernden Probezeit und mit dem «Aufdingen», der offiziellen Vorstellung des Lehrlings in der Zunftstube.

• Ein schriftlicher Lehrvertrag ist nur in der Westschweiz (Freiburg, Genf) üblich. Aus der Deutschschweiz sind nur wenig schriftliche Lehrverträge bekannt.

• Die Lehrzeit beträgt in der Regel zwei bis vier Jahre, in Ausnahmefällen zwischen drei Monaten und dreizehn Jahren. (Ebd. 122 ff.)

• Der Lehrling lebt in der Hausgemeinschaft des Lehrmeisters, der die väterliche Erziehungsgewalt ausübt und für die Ausbildung verantwortlich ist. Er erhält das Lehrgeld, hat aber für Kost, Logis und Bekleidung zu sorgen und richtet dem Lehrling in der Regel einen bescheidenen Lohn aus.

• Der Lehrling hat für den Meister zu arbeiten. Die Übernahme «berufsfremder» Arbeiten ist teilweise üblich, teilweise durch Zunftbeschlüsse stark eingeschränkt.

• Ab dem 16. Jahrhundert werden durch die Zünfte Lehrabschlussprüfungen abgenommen, die im 18. Jahrhundert allgemein üblich werden und zu dieser Zeit in der Ausführung eines Probestückes in der Werkstatt eines fremden Meisters bestehen.

• Seit dem 14. Jahrhundert wird die Ausbildung in einer Wanderschaft fortgesetzt, ein Brauch, der im 15. und 16. Jahrhundert zur Regel wird. Sie dauert zwischen einem und sechs Jahren und ist die einzige Fortbildungsmöglichkeit, die dieses System kennt.

• Nach der Wanderschaft kann sich der Geselle um eine Aufnahme in die Zunft bewerben. Dazu gehört als Beweis der beruflichen Tüchtigkeit die Herstellung eines Meisterstücks (ab 16. Jahrhundert). [1104a; 1350a; 1680a]

Ziel der Ausbildung ist neben der fachlichen Qualifizierung die Sozialisation in den Berufsstand (Müllges 1979, 15). In der Werkstatt und im Meisterhaushalt, bei der Arbeit und bei der Feier, überall hat sich der Lehrling an die Regeln der Zunftgemeinschaft zu halten. Das handwerkliche Können und die sozialen Einstellungen werden vorzugsweise imitativ (durch Nachahmung) erlernt, das berufliche Wissen aus beiläufigen Erläuterungen gesammelt.

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