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β) Räumliche Marktabgrenzung aufgrund von Preisdifferenzen

Europäische Praxis. Als eines unter mehreren Abgrenzungskriterien zieht die Kommission Unterschiede der absoluten Preise auch zur räumlichen Abgrenzung von Märkten heran. In der Entscheidung Procter & Gamble/Wella387 wurden die absoluten Endverkaufspreise für Haarpflegeprodukte über einen Zeitraum von fast drei Jahren analysiert; im Ergebnis kommt die Kommission zu dem Schluss, dass beständige Preisdifferenzen, die nicht durch Transportkosten oder ähnliches erklärt werden können, ein sehr überzeugender Indikator für räumlich getrennte Märkte seien.388 Umgekehrt wurden Preisdifferenzen von weniger als 10 % als Indiz eines einheitlichen räumlich relevanten Marktes gewertet.389 Ähnlich berücksichtigte die Kommission bestehende Preisunterschiede auch in Outokumpu/INOXUM als eines von mehreren Abgrenzungskriterien. Im Bereich des kaltgewalzten Stahls stellte die Kommission erhebliche Preisunterschiede in verschiedenen Regionen der Welt fest, die nicht allein durch Transportkosten gerechtfertigt werden könnten.390

Auch in der Entscheidung JCI/Fiamm führte die Kommission die bestehenden Preisunterschiede in den Mitgliedstaaten als starken Hinweis auf national segmentierte Märkte an.391 Die Zusammenschlussparteien machten allerdings geltend, dass die Preisunterschiede in den Mitgliedstaaten auf Unterschiede in der Größe der Kunden, in der Zusammenstellung des Sortiments und in den Vertriebs- und Transportkosten zurückzuführen seien.392 Die Kommission führte daraufhin eine Regressionsanalyse durch, für die sie einen Satz von mehr als 190.000 Daten mit transaktions- und kundenbezogenen Informationen heranzog.393 Die Regressionsanalyse zeigte, dass die bestehenden Preisunterschiede nicht hinreichend durch die von den Zusammenschlussparteien vorgetragenen Faktoren erklärbar waren. So lagen im Vergleich zu den durchschnittlichen Preisen in Österreich die durchschnittlichen Preise in den übrigen Mitgliedstaaten – einschließlich der angrenzenden Nachbarländer – auch unter Berücksichtigung der vorgetragenen Faktoren um mindestens 10 % und bis zu 50 % höher.394

Auch in Ineos/Solvay/JV analysierte die Kommission im Rahmen der räumlichen Marktabgrenzung ausführlich regionale Preisunterschiede. Ein einheitlicher räumlicher Markt umfasse das Gebiet, in dem im Unterschied zu Nachbargebieten hinreichend homogene Wettbewerbsbedingungen herrschen. Unterschiedliche Preise innerhalb eines Gebietes seien ein starker Indikator für heterogene Marktbedingungen und damit für unterschiedliche räumlich relevante Märkte. Innerhalb eines räumlich relevanten Marktes würden Preisunterschiede durch Arbitrage-Geschäfte eliminiert.395 Die Kommission unternahm eine umfassende Untersuchung bestehender Arbitrage-Möglichkeiten – in methodischer Hinsicht „ähnlich einer Korrelationsanalyse“396 – sowohl EWR-weit als auch bezogen auf verschiedene regionale Gebiete anhand übermittelter Transaktionsdaten. Sie kam zu dem Ergebnis, dass sich die Preise der Parteien im Prüfungszeitraum (2007–2012) in unterschiedlichen Regionen des EWR unterschiedlich entwickelt hatten. Dabei stellte die Kommission insbesondere Preisunterschiede zwischen Nordwesteuropa (NWE) und dem Rest von Europa (RoE) fest. Diese sprächen dafür, dass zwischen den Regionen keine effektiven Arbitrage-Geschäfte möglich sind, sodass die Kommission zur Annahme separater räumlich relevanter Märkte gelangte.397

Deutsche Praxis. Aufgrund festgestellter dramatischer Preisunterschiede von bis zu 30 % hat das Bundeskartellamt im Fall Mainova/Aschaffenburger Versorgungs GmbH398 einen in räumlicher Hinsicht auf das Gasnetzgebiet der beteiligten Unternehmen beschränkten Gasmarkt angenommen. Aufgrund der bestehenden Preisunterschiede könne „zur Zeit nicht festgestellt werden, dass sich auf den inländischen Gasmärkten ein Durchleitungswettbewerb in einem Umfang entwickelt ha[be], der eine über die Reichweite eines Leitungsnetzes hinausgehende Marktabgrenzung zulassen würde“.399 In gleicher Weise gelangt das Bundeskartellamt im Fall Ontex/Rostam400 zur Annahme lediglich nationaler Märkte, da zwischen den einzelnen Staaten erhebliche Preisunterschiede beim Absatz von Digitaltampons bestünden.401

In Tönnies Holding/Schlachthof Tummel fanden die festgestellten Preisunterschiede nicht nur im Rahmen der sachlichen, sondern auch in der räumlichen Marktabgrenzung Berücksichtigung. Das Bundeskartellamt stellte erhebliche Preisunterschiede für Schlachtschweine in Deutschland und den Niederlanden fest. Der niederländische Markt habe keine Signalwirkung für Deutschland. Das Bundeskartellamt nahm daher separate räumliche Märkte für Deutschland und die Niederlande an.402 Das OLG Düsseldorf widersprach dieser Sichtweise. Der räumlich relevante Markt umfasse sowohl Deutschland als auch die Niederlande. Das OLG Düsseldorf stützt diese Sichtweise maßgeblich auf den Umstand, dass ein erheblicher Anteil an Lebendsauen aus den Niederlanden nach Deutschland importiert werden („Einlieferungsquote“ von 50 %). Dies dürfe bei der räumlichen Marktabgrenzung nicht außer Acht gelassen werden. Zudem ordnet das OLG Düsseldorf die Marktbedingungen in Deutschland und den Niederlanden – abweichend von den Feststellungen des Bundeskartellamts – als hinreichend homogen ein.403

c) Preiskorrelation
α) Anwendung von Preiskorrelationsanalysen zur Abgrenzung von Produktmärkten

In ihrer Bekanntmachung zur Definition des relevanten Marktes404 erwähnt die Kommission neben anderen ökonomischen Methoden zur Marktabgrenzung auch die Untersuchung der Gleichartigkeit der Preisentwicklung im Laufe der Zeit, ohne jedoch auf die Art der Anwendung näher einzugehen.405 In zahlreichen Entscheidungen zieht die EU-Kommission Analysen über die Preiskorrelation zwischen verschiedenen Produkten zur Abgrenzung von Märkten heran. Untersucht wird, inwieweit sich Preise verschiedener Produkte parallel entwickeln. Gehörten zwei Produkte zum selben Markt und entwickelten sich ihre (relativen) Preise gegenläufig zueinander, könnten die Abnehmer leicht zum relativ billigeren zweiten Produkt ausweichen, wodurch höchstwahrscheinlich unterschiedliche Preisentwicklungen ausgeschlossen würden.406 Das Fehlen einer positiven Korrelation der Preise zweier Produkte sei Hinweis auf zwei unterschiedliche Produktmärkte.407 Auf der anderen Seite sieht die Kommission eine gegebene parallele Preisentwicklung in der Regel noch nicht als hinreichenden Nachweis eines relevanten Marktes an. Notwendig sei vielmehr eine Abwägung des Faktors der Preiskorrelationen mit anderen Nachweisen einer möglichen Nachfragesubstituierbarkeit.408 In methodischer Hinsicht ermittelt die Kommission im Rahmen der Korrelationsanalyse einen Korrelationskoeffizienten, der sich auf einer Skala von –1 bis 1 bewegt. Ein Wert von 0 würde nahelegen, dass keine Beziehung zwischen den betroffenen Produkten besteht, wohingegen ein Wert nahe 1 für eine große Ähnlichkeit und Austauschbarkeit beider Produkte spricht.409

Bei der Abgrenzung der Märkte für Mineralwasser und andere Soft-Drinks analysierte die Kommission die Korrelation der Preise im Fall Nestlé/Perrier410 und stellte fest, dass sich der Preiskorrelationskoeffizient für verschiedene Mineralwasser, ähnlich wie bei unterschiedlichen Soft-Drinks, zwischen 0,85 und 1 bewegte. Die Messung der Preiskorrelation zwischen Mineralwasser und Softdrinks dagegen ergab meist einen negativen, zuweilen auch einen sehr gering positiven Koeffizienten. Die Märkte für Mineralwasser und Soft-Drinks unterlägen, so folgerte die Kommission, verschiedenen Wettbewerbszwängen.411 Ebenso definierte die Kommission in der Entscheidung Inco/Falconbridge separate Produktmärkte aufgrund eines Korrelationskoeffizienten von –0,02.412 Angesichts der industriespezifischen Preisregelungen und der Volatilität der Rohstoffpreise untersuchte die Kommission die Korrelation zwischen den Aufschlägen auf die Rohstoffpreise anstelle der Endpreise.413

Wann der Korrelationskoeffizient als hoch genug anzusehen ist,414 um von einem gemeinsamen Markt ausgehen zu können, ist nicht festgelegt. In der Entscheidung Rexam (PLM)/American National Can415 wurde jedoch ein Korrelationskoeffizient von mehr als +0,8 als für die Annahme eines Marktes ausreichend angesehen.416 Allein aufgrund eines Korrelationskoeffizienten von weniger als +0,55 – wie im Fall UPM-Kymmene/Haindl417 bei der Frage des Produktmarktes verschiedener Sorten von Magazinpapier – könne dagegen nicht auf einen gemeinsamen Produktmarkt geschlossen werden.418

Ebenso berief sich die Kommission in der Entscheidung Airtours/First Choice419 u.a. auf die Beziehung der Preise von Langstreckenreisen zu denen von Kurzstreckenreisen und stellte fest, dass keine beständige Beziehung zwischen beiden Preisen bestehe. Daher seien beide Produkte nicht als Substitute anzusehen.420 Die Heranziehung der Preiskorrelationsanalyse zur Marktabgrenzung wurde vom EuG in diesem Fall mittlerweile bestätigt.421

Auch in Huntsman/Rockwood führte die Kommission zur Ermittlung der angebots- und nachfrageseitigen funktionalen Austauschbarkeit im Rahmen der sachlichen Marktabgrenzung eine Korrelationsanalyse durch. Inhaltlich betrifft die Entscheidung den Markt für Titandioxid zur Verwendung in Druckertinte. Die Kommission beanstandete die Vorgehensweise der anmeldenden Unternehmen in deren vorgebrachter Korrelationsanalyse und befasste sich in der Entscheidung daher zunächst ganz allgemein mit den Anforderungen an eine solche Analyse. Zum einen sei die Korrelationsanalyse aufgrund der Gefahr von „false positives“ (dazu näher sogleich) am besten als „separation“-Test, nicht als „inclusion“-Test durchzuführen, das heißt anhand einer Korrelationsanalyse lasse sich eher (negativ formuliert) ermitteln, ob zwei Produkte nicht demselben Markt angehören als ob sie (positiv formuliert) demselben Markt angehören.422 Zum anderen stellt die Kommission drei Kriterien auf, die eine Korrelationsanalyse erfüllen muss, um als „statistisch und ökonomisch bedeutsam“ angesehen zu werden: (1.) gemeinsame Elemente der Preisreihen müssen kontrolliert werden, (2.) es muss sich um stationäre Preisreihen handeln und (3.) die Preisreihen müssen auf einer Mindestanzahl von Beobachtungen und wiederum auf einer Mindestanzahl aufeinander folgender Beobachtungen beruhen. Dabei macht die Kommission keine exakten Angaben dazu, wie viele Beobachtungen erforderlich sind. Vielmehr gibt sie lediglich allgemein an, dass große, zeitlich lückenlose Datensätze zu begrüßen sind. Die Mindestanzahl sei abhängig vom maximalen Zeitrahmen des Datensatzes und von der Dichte der Beobachtungen.423 Das erste Kriterium bedeutete im konkreten Fall etwa, dass die Kommission, um das Kostenelement angemessen zu kontrollieren, drei Korrelationsanalysen durchführte: eine „inter-company price correlation“, eine „intra-company price correlation“ und eine „intra-plant price correlation“. Im Ergebnis qualifizierte die Kommission die durchgeführten Analysen jedoch als „uninformativ“, da weder Nachfrageschocks noch Kostenschocks angemessen hätten berücksichtigt werden können.424

Wie bereits auf Seite 128–132 dargelegt, ist die Gefahr einer sog. Scheinkorrelation eine der Schwächen von Preiskorrelationsanalysen. In diesem Fall korrelieren die Preise zweier Produkte trotz einer fehlenden Substitutionsbeziehung, weil beide Produkte von der Preissteigerung desselben Einsatzmittels oder von allgemeinen Kosten- und Währungsentwicklungen gleichermaßen betroffen sind.425 In der Entscheidung Arjowiggins/M-real Zanders Reflex hat die Kommission daher ihre Preiskorrelationsanalyse um ein verwandtes Verfahren, die sog. Stationaritätsanalyse, ergänzt, in deren Rahmen der Einfluss der genannten übergeordneten Faktoren nur minimal ist.426 Diese legt die Annahme eines einheitlichen relevanten Marktes nahe, wenn der relative Preis zweier Produkte zu einem konstanten Wert tendiert.427 Aufgrund der Ergebnisse beider Analysen schlussfolgerte die Kommission in ihrer Entscheidung, dass Selbstdurchschreibepapier in Form von Rollen einerseits und Bögen anderseits nicht demselben Markt angehört.428

Auf die Gefahr von Scheinkorrelationen („spurious correlation“) ging die Kommission auch in Olympic/Aegean Airlines ein. Ursprünglich hatten die anmeldenden Unternehmen der Kommission eine Stationaritätsanalyse zur Entwicklung von Preisen für zeitsensible und nicht zeitsensible Passagiere vorgelegt. Die Studie ergab eine Stationarität von Preisen für zeitsensible und nicht zeitsensible Passagiere. Auf Basis dieser Studie argumentierten die Parteien für eine Zusammenfassung beider Kundengruppen in einem einheitlichen Produktmarkt (siehe dazu auch im nachfolgenden Abschnitt zur Preisdiskriminierung). Nach Auffassung der Kommission stellte die präsentierte Stationaritätsanalyse jedoch keinen belastbaren Nachweis für die von den Parteien geäußerte Auffassung dar. Stationarität von Preisen könne auch bezogen auf Produkte verschiedener Märkte vorliegen. Sind die Preise in der Tat stationär, so sei die Korrelationsanalyse – trotz bestehender Anwendungsschwierigkeiten – das vorzugswürdige Instrument.429 Sodann führte die Kommission in Olympic/Aegean Airlines eine eigene Korrelationsanalyse durch, die für einige betroffene Flugrouten eine Zusammenfassung zeitsensibler und nicht zeitsensibler Passagiere nahelegte. Jedoch hielt die Kommission auch diese Ergebnisse aufgrund der geringen Datengrundlage (nur 32 Beobachtungen) nicht für belastbar. Letztlich kam die Kommission zu dem Schluss, dass die Annahme eines einheitlichen Marktes für zeitsensible und nicht zeitsensible Passagiere weitere quantitative oder qualitative Nachweise erfordern würde.430

Auch in Nynas/Shell/Harburg Refinery lehnte die Kommission die von Nynas vorgelegte Korrelationsanalyse ab, da es sich aufgrund der methodischen Vorgehensweise von Nynas um eine bloße Scheinkorrelation und damit nicht um eine belastbare Studie handle. Sodann stellte die Kommission eigene Korrelationskalkulationen an und kam aufgrund dessen zu dem – von der Auffassung der Parteien abweichenden – Ergebnis, dass kein einheitlicher Produktmarkt anzunehmen ist. Die exakten Korrelationskoeffizienten wurden in der veröffentlichten Entscheidung geschwärzt, jedoch gab die Kommission an, dass die Korrelation eher gering sei und sich die relevanten Werte überwiegend zwischen 0,1 und 0,5 bewegten. Im Ergebnis nahm die Kommission separate Produktmärkte an.431 Ebenso berücksichtigte die Kommission die Ergebnisse der Korrelationsanalyse als einen unter mehreren Faktoren (z.B. neben festgestellten regionalen Preisunterschieden) im Rahmen der geographischen Marktabgrenzung.432

In Glaxosmithkline/Novartis äußerte die Kommission schließlich Zweifel an der Eignung der Korrelationsanalyse im konkreten Fall. Inhaltlich befasste sich die Kommission im Rahmen der sachlichen Marktabgrenzung unter anderem mit der Frage, ob im Bereich der nichtverschreibungspflichtigen Erkältungs- und Grippemedikamente Multisymptom- und Einzelsymptommedikamente demselben Markt zuzuordnen sind. Die Kommission lehnte die von den Parteien diesbezüglich vorgebrachte Korrelationsanalyse ab. Zum einen seien die Preise bei diesen over-thecounter (OTC) Pharmazeutika nicht das ausschlaggebende Kriterium bei der Kaufentscheidung. Dies stelle die Eignung der Preiskorrelationsanalyse zur Anwendung auf den betroffenen Markt grundsätzlich in Frage. Zudem habe die Analyse der Parteien ergeben, dass einige Multisymptompräparate stärker mit einzelnen Einzelsymptompräparaten korreliert hätten als mit anderen Multisymptompräparaten. Das würde wiederum darauf hindeuten, dass die betreffenden Einzelsymptompräparate engere Substitute des Multisymptompräparats wären als andere Multisymptompräparate, was unplausibel sei.433

Das Bundeskartellamt führte Preiskorrelationsanalysen im Rahmen der Produktmarktabgrenzung beispielsweise in Iluka/Sierra Rutile durch. Die festgestellte positive Preiskorrelation verschiedener Chlorid-Rohstoffe wurde als Indiz für deren funktionale Austauschbarkeit gewertet. Die Aussagekraft von Preiskorrelationsanalysen beschreibt das Bundeskartellamt wie folgt: „Mit der Preiskorrelation werden dabei die Richtung und Stärke des Zusammenhangs zwischen den Preisen der betrachteten Produkte erfasst. Eine hohe positive Korrelation bedeutet dabei ein hohes Maß an Gleichlauf der Entwicklungen der Preise über die Zeit. Sie impliziert jedoch nicht unmittelbar eine Kausalbeziehung dieser Preise. Eine diesbezügliche Aussage kann vielmehr nur in der Zusammenschau mit anderen Ermittlungsergebnissen getroffen werden.“434

β) Anwendung von Preiskorrelationsanalysen zur Abgrenzung von geographischen Märkten

Zur Abgrenzung von geographischen Märkten wird mitunter eine Analyse der Korrelation von Preisen verschiedener Regionen vorgenommen. Im Rahmen der räumlichen Marktabgrenzung beruht die Korrelationsanalyse auf dem Gedanken, dass die Preisentwicklungen in verschiedenen Regionen Aufschluss über deren funktionale Austauschbarkeit geben werden. Bilden zwei Regionen einen einheitlichen Markt, so werden sich die Preise bei Wettbewerb angleichen. In der Korrelationsanalyse wird dies durch einen Korrelationskoeffizienten nahe 1 indiziert. Besteht hingegen zwischen zwei Regionen keine Beziehung, sind diese – etwa aus Nachfragersicht – nicht funktional austauschbar und entwickeln sich die Preise unabhängig voneinander, so ergibt sich ein Korrelationskoeffizient nahe 0.435

Im Fall Mannesmann/Vallourec/Ilva436 war zu untersuchen, ob ein weltweiter Markt für nahtlose Edelstahlröhren besteht. Hierzu führt die Kommission aus, dass zwar das Fehlen von Preiskorrelationen zwischen zwei geographischen Gebieten ein starker Indikator für die Existenz zweier räumlich getrennter Märkte sei, im umgekehrten Fall jedoch das Vorhandensein einer Preiskorrelation nicht notwendigerweise ohne Ansehung weiterer Aspekte den Schluss auf einen einheitlichen Markt zulasse.437 So definierte die Kommission im Fall Danish Crown/Vestjyske Slagterier438 bei der Beurteilung des geographischen Marktes für lebende Schweine und frisches Schweinefleisch in Supermärkten trotz hoher Korrelationskoeffizienten von über 0,9 lediglich einen engeren, nationalen Markt, da neben dem Korrelationskoeffizienten auch andere Faktoren wie z.B. die Entwicklung der Futtermittelpreise oder die grundsätzliche Möglichkeit, auf Preisdifferenzen als Produzent überhaupt zu reagieren, berücksichtigt werden müssten.439

Demgegenüber bezeichnete die Kommission in der Entscheidung Ineos/Kerling einen hohen Grad an Korrelation als einen Faktor, der auf einen einheitlichen Markt hindeutet und eine Marktabgrenzung in Verbindung mit anderen qualitativen Nachweisen gestattet.440 Auch in der Entscheidung Sovion/HMG stützte die Kommission ihre Annahme eines grenzüberschreitenden, wenngleich regional beschränkten Marktes für lebende Schweine auf die hohe Korrelation der Preise in Deutschland und den Niederlanden.441 Sie wies zudem darauf hin, dass auch zwischen dem Export von Schweinen aus den Niederlanden nach Deutschland und der Höhe der Preisdifferenz zwischen den genannten Staaten eine positive Korrelation feststellbar sei.442 Den korrespondierenden Fall geringer Preiskorrelationen mit Regionen außerhalb der nationalen Grenzen ordnete die Kommission in der Entscheidung ABF/GBI dementsprechend als Indiz für einen rein nationalen Markt ein, dessen Annahme sich unter Berücksichtigung weiterer – qualitativer – Aspekte bestätigte.443

In Übereinstimmung mit der bisherigen Praxis definierte die Kommission in der Entscheidung Ryanair/Aer Lingus den räumlich relevanten Markt für Dienstleistungen im Passagierlinienflugverkehr nach dem „Herkunft-und-Ziel-Ansatz“ (sog. „O&D-approach“, „origin“ und „destination“), wonach jede Strecke zwischen einem Abflug- und einem Bestimmungsort einen separaten Markt bildet.444 Anschließend führte sie eine umfangreiche Preiskorrelationsanalyse durch, um die Substituierbarkeit zwischen zwei oder mehr Flughäfen in der Umgebung einer Stadt zu ermitteln. Auf Grundlage der durchschnittlichen Korrelation der von Ryanair und Aer Lingus erhobenen Preise auf denjenigen Strecken, auf denen beide Unternehmen denselben Flughafen anfliegen, wurde ein Korrelationskoeffizient von 0,69 als der einen einheitlichen Markt indizierende Richtwert festgelegt.445 Allerdings hat die Kommission letztlich einen einheitlichen Markt auch auf mehreren Strecken mit einem Korrelationskoeffizienten unterhalb dieses Richtwertes angenommen und verwies dabei auf die nur unterstützende Rolle der Preiskorrelationsanalysen sowie auf qualitative Nachweise, die unter anderem auf einer Kundenumfrage und einer Untersuchung der Reisekosten und -zeiten zu den verschiedenen Flughäfen beruhten.446 Im nachfolgenden Gerichtsverfahren hat auch das EuG anerkannt, dass die Preiskorrelation in Verbindung mit weiteren Umständen „einen relevanten Faktor“ im Rahmen der Marktabgrenzung darstellt.447

In ähnlicher Weise hat das Bundeskartellamt im Fall Van Drie Holding/Alpuro Holding anerkannt, dass eine hohe Korrelation zwischen den Preisen in verschiedenen Ländern ein Indiz für einen gemeinsamen Markt sein kann, sofern die Korrelation nicht auf gemeinsame Einflussfaktoren oder eine Scheinkorrelation zurückzuführen ist.448 Die von den Zusammenschlussparteien vorgelegte Korrelationsanalyse hat das Amt aber zurückgewiesen, da angesichts der Selektivität der verwendeten Daten die Datenbasis unzureichend gewesen sei.449 Da zudem keine statistische Bereinigung um gemeinsame preisbestimmende Faktoren in verschiedenen Ländern erfolgte, blieb nach Ansicht des Amtes offen, ob die ermittelte Korrelation einer engen wettbewerblichen Verbundenheit der untersuchten Gebiete oder lediglich einer allen Gebieten gemeinsamen Preisentwicklung wichtiger Inputfaktoren beziehungsweise saisonalen Einflüssen geschuldet war.450

In diesem Zusammenhang soll auch auf die Bekanntmachung des Bundeskartellamtes zu den Standards für ökonomische Gutachten vom 20. Oktober 2010 hingewiesen werden, mit der das Amt auf die kontinuierlich gestiegene Zahl der bei ihm eingereichten ökonomischen Gutachten reagierte.451 Das Amt stellt in dieser Bekanntmachung Mindestanforderungen an die Qualität ökonomischer Gutachten auf und weist darauf hin, dass Argumente, Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus Gutachten, die diese Standards nicht einhalten, im Rahmen der Beweiswürdigung nur nachrangig oder gar nicht berücksichtigt werden können.452 Als generelle Anforderungen sind ein Bezug zur kartellrechtlichen Fragestellung, Nachvollziehbarkeit und Vollständigkeit, Transparenz und ferner Kongruenz niederlegt.453 Das Amt bevorzugt zudem etablierte Methoden und stellt bei Verwendung neuartiger Methoden erhöhte Anforderungen an die Nachweistiefe und Darstellung.454 Auch die Europäische Kommission hat eine entsprechende Mitteilung über „Best Practices for the submission of economic evidence and data collection“ im Januar 2010 veröffentlicht.455 Neben Anforderungen an den Inhalt und die Darstellung ökonomischer und ökonometrischer Parteigutachten beinhaltet diese Mitteilung auch Leitlinien für die Antwort auf eine Anfrage der Kommission nach quantitativen Daten.456

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