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2.4Inhaltsstoffe der Zigarette: Nikotin & Co

Den meisten Rauchern vom Packungsaufdruck her bekannte Inhaltsstoffe der Zigarette sind Teer (bzw. der Kondensatgehalt) und Nikotin. Dass aber darüber hinaus über 5000 chemische Verbindungen im Tabakrauch nachgewiesen sind (Schuh 1985, S. 7), von denen rund 400 gesundheitsschädlich sind, wissen die wenigsten – vielleicht wollen sie es auch nur nicht wahrhaben. Mindestens 50 dieser Stoffe wirken karzinogen. Einige der Gifte sind zwar vom Namen her bekannt, zum Beispiel Arsen oder Formaldehyd; weniger bekannt ist es jedoch, dass Zigarettenrauch auch Parfümmischungen, radioaktive Substanzen, verschiedene organische Verbindungen, Lösungsmittel, Schwermetalle und gasförmige Stoffe enthält, allen voran das sauerstoffblockierende Kohlenmonoxid (Haustein 2001). Neben Nikotin und Kohlenmonoxid zählt Teer zu den gefährlichsten Schadstoffen des Tabaks. Er besteht vor allem aus Kohlenwasserstoffen, von denen viele als karzinogen bekannt sind (Buchkremer 1991).

Von den Herstellern in der EU werden dem Tabak außerdem über 600 Zusatzstoffe wie Ammoniumchlorid, Süßstoff, Kakao, Pyridin, Glycyrrhizin und Laevulinsäure zugesetzt. Diese Stoffe, welche teils allein, teils in Kombination mit anderen enthaltenen Substanzen toxisch wirken, werden aus folgenden Gründen verwendet:

Tabakzusatzstoffe und ihre Funktion:

•Ammoniumverbindungen erhöhen den freien Nikotinanteil und steigern so den »Kick« beim Inhalieren.

•Süßstoffe und Schokolade mildern den Geschmack und machen damit das Rauchen für Kinder und »Erstnutzer« angenehmer.

•Kakao bewirkt eine Dilatation der Bronchien, somit kann tiefer inhaliert werden.

•Der für Passivraucher unangenehme Nebenstromrauch wirkt durch Zusatzstoffe geruchlich vorteilhafter – allerdings nicht weniger toxisch (Haustein 2001).

Der wichtigste und gleichzeitig gefährlichste Inhaltsstoff des Tabaks ist jedoch das Hauptalkaloid der Tabakpflanze, das Nikotin. Allerdings liegt die Gefahr hier nicht, wie häufig angenommen, in der karzinogenen Wirkung, zentrale Bedeutung hat das Nikotin deshalb, weil es die Abhängigkeit verursacht. Es wirkt stark toxisch und besitzt eine suchterzeugende Wirkung, die mit der von Kokain und Heroin vergleichbar ist. Durch Nikotinzufuhr kommen äußerst schnell angenehme psychotrope Effekte zustande.

Dabei ist die Wirkung des Nikotins biphasisch, d. h. in Abhängigkeit von der Dosis gegensätzlich. »Eine kleine Menge der Substanz stimuliert, eine große dämpft. Raucher können im Allgemeinen die regulierende Funktion des Nikotins einsetzen, um den Grad ihrer Aufmerksamkeit auf ein Normalmaß einzupendeln. Sie gebrauchen das Nikotin demnach nicht, um ihre psychische Verfassung in die eine oder andere Richtung zu übertreiben, sondern um sich zu normalisieren; um sich aus einem Zustand der Langeweile herauszuführen oder um sich bei einer Überstimulation zu beruhigen« (Krogh 1993, S. 52 und 69).

Wichtig für die Qualität eines Stoffes als psychotrope Substanz ist nicht nur der Effekt an sich, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der dieser eintritt. Je schneller die Wirkung, desto unmittelbarer erfolgt im Sinne einer Konditionierung die Verstärkung des Konsumverhaltens und desto schneller und enger wird das Rauchen mit dem angenehmen Gefühl im unmittelbaren Anschluss daran verknüpft.

Nikotin wird gemäß den verschiedenen Formen des Rauchens unterschiedlich schnell resorbiert. Während beim »Paffen« von Zigarren oder Pfeifen über die Schleimhäute die Resorption eher langsam vonstatten geht, geschieht dies beim inhalierten Zigarettenrauch extrem schnell. Das Nikotin wird dabei über das Epithel der Lungenalveolen aufgenommen und gelangt über das Blut direkt ins Gehirn.

Über die Geschwindigkeit, mit der Nikotin in dieser Form aufgenommen wird, schreibt Benowitz: »Wenn ein Mensch Zigarettenrauch einatmet, erreicht das darin enthaltene Nikotin das Gehirn über die Blutbahn in etwa 8 Sekunden; das ist schneller als bei einer intravenösen Injektion.« (Benowitz 1986, S. 23). Der Effekt ist also innerhalb kürzester Zeit spürbar, und der Raucher kann zudem mit seinen Zügen die Dosis selbst regulieren und damit Intoxikationszeichen (Tachykardie, Schweißausbrüche, Durchfall etc.) vermeiden.

Schnelle Wirkung, gepaart mit dosisabhängig gegensätzlichem Effekt bei erhaltener Reaktions- und Arbeitsfähigkeit: Nikotin in Zigarettenform ist die »optimale« Droge. Dementsprechend hoch ist das Suchtpotenzial des Stoffes, 32 % der »Probierraucher« werden süchtig, im Gegensatz zu nur 23 % beim Heroin. Trotz dieses hohen Suchtpotenzials war es in den 1980er Jahren oberstes Ziel der Tabakindustrie, eine erhöhte Nikotinfreisetzung und die Effektivitätssteigerung der Nikotinwirkungen zu erreichen. Dabei wurde zum Beispiel der Zusatz von Nikotin zum Tabak erwogen (Slawen 1982) und mit gentechnischen Verfahren versucht, den Nikotingehalt der Pflanzen bei unverändertem Teergehalt zu erhöhen (Haustein 2001). Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch pH-Wert-Manipulationen des Tabaks, die zur erhöhten Freisetzung von Nikotin in Form der freien Base führen und so den »Kick« beim Rauchen steigern.

Im folgenden Kasten (siehe S. 29) werden die mit der Abhängigkeit verbundenen physiologischen Nikotinwirkungen kurz zusammengefasst (Haustein 2001).

Gleichzeitig ist Nikotin hochgiftig. Die farblose ölige Substanz wird in der Landwirtschaft als Insektenvernichtungsmittel eingesetzt, früher betäubte man damit Elefanten (Krogh 1993). Während die Nikotintagesdosis eines durchschnittlichen Rauchers bei nichtrauchenden Personen Vergiftungen hervorrufen würde, sind »Raucher weniger nikotinempfindlich als Nichtraucher; sie genießen Nikotindosen, die bei Nichtrauchern Übelkeit und leichte Vergiftungserscheinungen auslösen« (DHS 1994, S. 24). Allerdings wäre dieselbe Dosis, auf einmal konsumiert, selbst bei starken Rauchern tödlich.

Nikotinwirkungen:

•Nikotin bindet an die Nikotinrezeptoren im ZNS und erleichtert damit die Freisetzung bestimmter Transmitter wie Dopamin, Noradrenalin und Acetylcholin.

•Erregung, Erhöhung des Genussempfindens und anxiolytischer Effekt.

•Verbesserung von Aufmerksamkeit und Leistung bei sich wiederholenden Aufgaben.

•Verringerung des Hungergefühls, Beschleunigung des Stoffwechsels und damit Reduktion des Körpergewichts.

•Durch Neuroadaptation der Nikotinrezeptoren kommt es bei wiederholten Gaben zu Toleranzentwicklung und Entzugssymptomen.

Höhere Nikotindosen lösen Krämpfe aus, in toxischen Dosen eingenommen – bei nicht nikotingewöhnten Personen ca. 60 Milligramm – kommt es zu zentralnervöser Erregung, Atemlähmung und Kreislaufkollaps. Der Abbau von Nikotin erfolgt sehr schnell (in 60 bis 90 Minuten) in der Leber, hierbei entsteht das als Marker genutzte Cotinin.

2.5Gesundheitliche Auswirkungen des Tabakkonsums

Das Rauchen ist an der Entstehung von etwa 300 Krankheiten beteiligt und wird damit Prognosen zufolge in wenigen Jahren weltweit die häufigste Krankheits- und Todesursache sein (dpa/AP, 9. 2. 2002).

2.5.1Allgemeine gesundheitliche Beeinträchtigungen

Allgemein lässt die körperliche Leistungsfähigkeit schon bei geringem Zigarettenkonsum nach. »Der Raucher bringt sich künstlich in eine Höhe zwischen 2000 und 3500 m. Seine körperliche Leistungsfähigkeit ist dementsprechend, besonders bei Mittel- und Dauerleistungen, erheblich herabgesetzt. (…) Tabakrauch verursacht innerhalb weniger Sekunden einen zwei- bis dreifach erhöhten Atemwegswiderstand durch Engstellung der Bronchiolen, der etwa 10 bis 30 Minuten anhält« (Lübs 1980).

Dennoch haben viele Raucher subjektiv den Eindruck, mit der Zigarette ihre Leistungsfähigkeit steigern zu können. Wenn überhaupt, so trifft dies nur unter bestimmten Umständen bei Konzentrationsaufgaben zu, auf gar keinen Fall aber bei körperlichen Anforderungen.

2.5.2Durch das Rauchen bedingte Erkrankungen

Zu den bekanntesten Folgeerkrankungen des Rauchens gehören chronisch obstruktive Bronchitiden, Lungenemphysem, koronare Herzkrankheit und das sogenannte »Raucherbein«, eine Durchblutungsstörung der unteren Extremitäten. Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen bei den durch das Rauchen verursachten Gesundheitsschäden an erster Stelle, in Deutschland ist von jährlich 80.000 bis 90.000 Neuerkrankungen auszugehen. Chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen nehmen derzeit weltweit den sechsten Platz der Erkrankungsliste ein und werden bei weiter zunehmender Anzahl von Tabakkonsumenten in 20 Jahren an die dritte Stelle vorrücken (Haustein 2001).

Seit einigen Jahren wird über den ursächlichen Zusammenhang zwischen Krebs und Rauchen auf jeder Zigarettenpackung und jedem Werbeplakat informiert, bekannt ist er aber schon länger. »1937 wurde die Entstehung von Krebs durch Zigarettenrauchen tierexperimentell erwiesen, 1938 die kürzere Lebenserwartung von Rauchern gegenüber Nichtrauchern erstmals statistisch belegt. Anfang der 1950er Jahre wurde der Nachweis erbracht, dass Rauchen Lungenkrebs fördert« (Elbert u. Rockstroh 1990). Die häufigsten Krebsarten aufgrund des Rauchens sind das Plattenepithelkarzinom der Lunge sowie Karzinome des Kehlkopfes. Dabei steigt das individuelle Krebsrisiko proportional mit der Zahl der täglich gerauchten Zigaretten und der zeitlichen Dauer der »Raucherkarriere«.


Konsumart und -hõhe Anzahl pro Tag (in Stück) Erhõhtes Krebsrisiko
Pfeifen- und Zigarrenrauchen keine Angabe 3,7-fach
Zigarettenrauchen 1–10 4,6- bis 11-fach
11–20 18,6-fach
21–35 31,6-fach
mehr als 35 43,6-fach

Tab. 3: Erhöhung des Krebsrisikos in Relation zur Konsumhöhe

Tabakkonsum spielt erwiesenermaßen eine ursächliche Rolle bei

•60 bis 90 % aller Lungen- und Bronchialkrebserkrankungen

•30 bis 70 % aller Blasenkrebserkrankungen

•30 % aller Nieren- und Bauchspeicheldrüsenkrebserkrankungen

Die Kombination von Alkohol und Tabakrauch ist mit hoher Wahrscheinlichkeit verantwortlich für

•85 % aller Kehlkopfkrebserkrankungen

•60 bis 80 % aller Krebserkrankungen der Mundhöhle und des Rachens

•75 % aller Speiseröhrenkrebserkrankungen (Deutsche Krebshilfe 1996)

Schockiert über die beängstigenden Gesundheitsschäden durch das Rauchen wechselt mancher Raucher zu Zigaretten mit Filter; die Schadstoffaufnahme verringert sich dabei jedoch allenfalls um 20 %. Auch der Effekt sogenannter »Lightzigaretten« ist zweifelhaft, in der Regel wird hier tiefer inhaliert, der »Light-Effekt« also direkt ausgeglichen (Deutsche Krebshilfe 1996). In diesem Zusammenhang gilt als gesichert, dass durch die tiefe Inhalation eine Zunahme von Adenokarzinomen der Lunge zu beobachten ist, die in jüngster Zeit vor allem bei Frauen – welche häufiger Lightzigaretten konsumieren – diagnostiziert werden und eine besonders ungünstige Prognose haben. Filterzigaretten oder Lightzigaretten vermindern das Krebsrisiko also nicht, sondern verursachen im Gegenteil unter Umständen noch schwerwiegendere Erkrankungen (Haustein 2001).

Potenzstörungen gehören zu den weniger bekannten Nebenwirkungen des Rauchens, vor allem in Verbindung mit erhöhten Cholesterinwerten oder Diabetes löst Nikotin diese jedoch erwiesenermaßen aus. In einigen Ländern wird aus diesem Grund auf Zigarettenpackungen vor Impotenz gewarnt.

Ebenfalls kaum bekannt sind die Wirkungen des Rauchens auf Zahnfleisch und Kiefer. Raucher haben ein dreifach erhöhtes Parodontose-Risiko. Das Immunsystem der Mundhöhle wird geschädigt, der Kieferknochen abgebaut, Frühwarnzeichen wie Zahnfleischbluten bleiben zudem, anders als bei Nichtrauchern, bei Rauchern aus (dpa, 2. 3. 2002).

Häufige Raucherschäden treten auch an den Nieren auf, wobei besonders im Zusammenhang mit einem Diabetes mellitus die Nierenfunktion zunehmend eingeschränkt wird. Erhöhte Risiken wurden außerdem bei Fertilitätsstörungen, dem gehäuften Auftreten kindlicher Leukämien und Hirntumoren, bei Osteoporose und Erkrankungen der Augen mit nachfolgender Erblindung sowie der Ausbildung lymphatischer Leukämien nachgewiesen (Haustein 2001).

2.5.3Spezifische Risiken für Frauen

Rauchende Frauen, die zudem Kontrazeptiva einnehmen und älter als 35 Jahre sind, haben ein deutlich erhöhtes Schlaganfall-, Herzinfarktund Thromboserisiko (Berma a. Gritz 1991). In Anbetracht dieser Tatsache verschreiben viele Frauenärzte Raucherinnen keine oralen Kontrazeptiva mehr. Zudem setzt die Menopause bei Raucherinnen früher ein (Heuer-Jung 1996).

Raucht eine Schwangere, so hat dies für das Ungeborene gravierende Folgen. Risikostoffe sind das inhalierte Kohlenmonoxid und das Plazentagift Cadmium, das ein erhöhtes Abortrisiko, vorzeitige Plazentaablösung und Fehlbildungen im Lippen-Kiefer-Gaumen-Bereich bewirken kann (Haustein 2001). Aufgrund der verengten Blutgefäße der Plazenta erleidet das Kind eine Mangelversorgung an Sauerstoff und Nährstoffen. Neugeborene von Raucherinnen sind deshalb oft leichter und kleiner (Wenderlein 1980) und haben einen geringeren Kopfumfang als Kinder von Nichtraucherinnen (Behrens et al. 1987). Die verminderte Lungenfunktion der rauchenden Mutter gilt als Ursache für die erhöhte perinatale Säuglingssterblichkeit und für die häufigeren Totgeburten, Spontanaborte und Frühgeburten (Kubista 1994).

Tabakkonsum während der Schwangerschaft und postpartal ist zudem ein wesentlicher Ursachenfaktor für den plötzlichen Kindstod (dpa, 5. 7. 2002). Hier soll ein neu entwickelter pränataler Schnelltest entgegenwirken. Aufschluss über die Belastung der aktiv oder passiv rauchenden Schwangeren und damit des Ungeborenen gibt ein Urintest in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten, gemessen wird dabei die Höhe des Nikotinstoffwechselprodukts Cotinin. Hohe Werte, so die erhoffte Wirkung, führen eher als Appelle dazu, dass die werdende Mutter das Rauchen einstellt. Aber auch beim Neugeborenen kann der Test durchgeführt werden; bei einem hohen Wert kann der Säugling im ersten Lebensjahr vorsorglich mit einem Monitor überwacht werden.

Gründe genug, das Rauchen während der Schwangerschaft einzustellen, und den meisten Frauen sind sie auch bekannt. Forschungsergebnisse zeigen, dass 50 % der rauchenden Frauen während einer Schwangerschaft selbstständig das Rauchen aufgeben (Windson a. Orleans 1986; Cnattingius et al. 1992; Kunze et al. 1992). Diese Abstinenzrate ist im Verhältnis zur allgemeinen Rate derer, die ohne fremde Hilfe von der Zigarette loskommen (3 bis 11 %), einerseits beachtlich, andererseits jedoch in Anbetracht all der Ungeborenen, deren Mütter weiterrauchen, viel zu gering. Und leider wird nicht jede Schwangere, die um der Gesundheit ihres Kindes willen aufhört zu rauchen, so hoch geehrt wie die Schauspielerin Veronica Ferres, die – hochschwanger – zur »Exraucherin des Jahres 2001« ernannt wurde (Aktionskreis Stuttgarter Nichtraucher 2001). Aber sie mag auch für all jene stehen, die es geschafft haben.

2.5.4Todesfälle als Folge des Tabakkonsums

Allein in Deutschland gab es im Jahr 2001 über 100.000 Todesfälle infolge des Zigarettenkonsums (dpa, 26. 07. 2002); das bedeutet, täglich sterben etwa 300 Menschen an Erkrankungen, die durch das Rauchen verursacht wurden. Neuere Untersuchungen (Schwäbische Zeitung, 30. 8. 2002) gehen sogar von jährlich 143.000 Fällen aus. Dies entspricht einem Drittel der Männer und einem Sechstel der Frauen zwischen 35 und 65 Jahren, die gestorben sind. In Europa starben Anfang der 1990er Jahre Schätzungen zufolge jährlich etwa 400.000 Menschen an den Folgeschäden des Rauchens (Batra, AKR 1991), weltweit sind es derzeit jährlich circa 10 Millionen (Haustein 2001). Damit ist »die Nikotinabhängigkeit weltweit der Feind Nummer Eins der Volksgesundheit« (Cahan in: Krogh 1993, S. 9) und rangiert diesbezüglich deutlich vor illegalen Drogen oder Alkohol.

2.5.5Schädlichkeit des Passivrauchens

Deutschlands Raucher exhalieren jährlich 7.500 Tonnen Kohlenwasserstoffe. Wer neben einem Raucher sitzt, atmet zwar nur 1 % der giftigen Stoffe ein, die ein Raucher inhaliert, dafür liegt aber die Konzentration vieler Gifte im Rauch, der ohne Umweg direkt in die Luft strömt, erheblich höher als im Rauch, den der Raucher selbst inhaliert.

Bei Passivrauchern sind innerhalb der ersten beiden Stunden nach der Exposition bereits erste Veränderungen an den Endothelzellen, Blutplättchen und Neutrophilen feststellbar. Beim chronischen Passivrauchen verdoppelt oder verdreifacht sich das Risiko für die Ausbildung einer koronaren Herzkrankheit, von arteriosklerotischen Veränderungen und Apoplexiehäufigkeit (Haustein 2001). Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts in Berlin sterben in Deutschland jährlich 3.000 bis 5.000 Menschen an durch das Passivrauchen verursachten Erkrankungen (dpa, 12. 10. 2000). Ein Großteil dieser Todesfälle geht dabei auf Krebserkrankungen zurück. Untersuchungen zufolge besteht für Passivraucher ein um 40 % erhöhtes Krebsrisiko, Ehefrauen, deren Partner mehr als eine Schachtel täglich konsumieren, sollen sogar ein dreifach gesteigertes Lungenkrebsrisiko aufweisen (Deutsche Krebshilfe 1996).

2.6Nikotinabhängigkeit
2.6.1Rauchen: Gewohnheit oder Sucht?

Noch 1957 bewertete das Experten-Komitee der WHO selbst starkes Rauchen als Gewohnheit und nicht als Sucht. Die damals angeführten Argumente, wie zum Beispiel fehlende Beweise für eine nikotininduzierte körperliche Abhängigkeit im Tierversuch, oder die Annahme, dass die beobachteten Symptome nach Beendigung des Zigarettenkonsums keine Entzugssymptome sind, gelten heute als überholt.

Von der Tabakindustrie wurde firmenintern die suchterzeugende Wirkung von Nikotin bereits 1968 erfasst, jedoch der Öffentlichkeit gegenüber geleugnet (Haustein 2001). Da Nikotin im Gegensatz zu Alkohol und Heroin kaum psychotoxisch wirksam ist, zeigen auch stark abhängige Raucher – zumindest solange sie ausreichend mit Nikotin versorgt sind – nur geringe soziale Auffälligkeiten. Dieser Umstand trug sicherlich dazu bei, dass die Nikotinabhängigkeit erst seit 1978 von der WHO aufgeführt wird, 1980 nahm die American Psychiatric Association (APA) sie im DSM-III auf.

Tatsächlich sind viele der mit dem Rauchen zusammenhängenden Phänomene besser auf der Basis eines Sucht- oder Abhängigkeitskonzepts zu verstehen als auf der einer lieb gewordenen Gewohnheit. Fragt man z. B. einen Raucher nach dem Grund für sein Tun, so wird die Antwort in den wenigsten Fällen lauten: »Ich rauche gern«; in Befragungen geben über 80 % der Raucher an, nicht gern zu rauchen, aber nicht aufhören zu können. Die meisten von ihnen haben denn auch mehrere erfolglose Versuche, abstinent zu werden, hinter sich; im Jahr 2000 haben Schätzungen zufolge fast 8 Millionen Raucher versucht, das Rauchen zu beenden – größtenteils erfolglos.

Einleuchtend ist in diesem Zusammenhang eine Notiz im Schwäbischen Tagblatt vom 27. 06. 1999: »Angesichts von immer mehr Randalierern in Flugzeugen hat die Pilotenvereinigung Cockpit eine Lockerung des Rauchverbots auf Langstreckenflügen gefordert, denn 566 dieser Vorfälle mit sogenannten ‚unruly passengers’ seien auf das strikte Rauchverbot zurückzuführen.« Bloßer Verzicht auf eine Gewohnheit scheint ein solches »unruly« Verhalten nur unzureichend zu erklären, Sucht schon eher!

Inzwischen gibt es wissenschaftliche Argumente, die am Vorhandensein einer physischen Nikotinabhängigkeit keinen Zweifel mehr lassen. Versuchspersonen drückten zum Beispiel einen Hebel häufiger, wenn dadurch eine Nikotininfusion ausgelöst wurde, als eine Vergleichsgruppe, welcher eine Salzlösung verabreicht wurde (Henningfield 1983). Und in Rattenversuchen wurde nachgewiesen, dass zumindest ein Teil der Tiere eine Abhängigkeit entwickelt, die durch die schnelle Anflutung des Alkaloids im Gehirn erzeugt zu werden scheint (Haustein 2001).

Um das Vorhandensein einer Nikotinabhängigkeit diagnostisch zu belegen, wurden unterschiedliche Kriterien entwickelt.

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9783849782832
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