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III. Gesetzgebungskompetenzen


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Seit dem von Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich akzeptierten Baurechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts[14] wird die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers im Hinblick auf das Bauplanungs- bzw. Städtebaurecht als grundsätzlich geklärt angesehen. Einschlägig ist Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG als Titel der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes.


Unter Bodenrecht sind sämtliche nicht privatrechtlichen Regelungen zu verstehen, nach denen sich die rechtlichen Beziehungen des Menschen zu Grund und Boden bestimmen.[15]

Der Bund ist zuständig für die städtebauliche Planung, die Um- bzw. Zusammenlegung von Grundstücken, die Bodenbewertung, die Erschließung von Grundstücken sowie für den Bodenverkehr.[16]

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Die Landesgesetzgeber sind daher nach dem Grundsatz der Länderzuständigkeit gemäß Art. 30, 70 Abs. 1 GG, wobei Art. 70 Abs. 1 GG im Verhältnis zu Art. 30 GG lex specialis ist,[17] zunächst für das Bauordnungsrecht, d.h. das Bodenrecht, das auf die Sicherheit und Gestaltung der Einzelanlage bezogen ist, sowie für das überörtliche und nicht bodennutzungsorientierte Raumordnungs- und Landesplanungsrecht zuständig.

Anmerkungen

[1]

S. vertiefend Ennuschat/Ibler/Remmert-Remmert Öffentliches Recht in Baden-Württemberg § 3 Rn. 14 ff.

[2]

BVerfGE 24, 267 ff.; BVerfGE 31, 229 ff.

[3]

Vgl. Ehlers VVDStRL 51 (1992), 211, 217 ff; BVerfGE 35, 263; BVerwGE 45, 309.

[4]

Maunz/Dürig-Papier GG Art. 14 Rn. 57.

[5]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 46.

[6]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 46.

[7]

BVerfGE 31, 241.

[8]

Maunz/Dürig-Papier GG Art. 14 Rn. 57.

[9]

Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 46.

[10]

S. Müller Kommunalrecht Baden-Württemberg Rn. 20.

[11]

BVerfGE 79, 127.

[12]

Müller Kommunalrecht Baden-Württemberg Rn. 26. Vgl. zu den Rechtsschutzmöglichkeiten im Falle einer Beeinträchtigung der Planungshoheit Brenner Öffentliches Baurecht Rn. 170.

[13]

Müller Kommunalrecht Baden-Württemberg Rn. 26.

[14]

BVerfGE 3, 407.

[15]

Ob es darüber hinaus eines vom BVerfG geforderten Unmittelbarkeitskriteriums bedarf ist str. Hiergegen Tettinger/Erbguth/Mann-Erbguth Besonderes Verwaltungsrecht § 24 Rn. 807.

[16]

Tettinger/Erbguth/Mann-Erbguth Besonderes Verwaltungsrecht § 24 Rn. 807.

[17]

S. zum Grundsatz der Länderzuständigkeit vgl. Peucker Staatsorganisationsrecht Rn. 193.

2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › D. Der vom Baurecht geschützte Personenkreis

D. Der vom Baurecht geschützte Personenkreis

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Der Frage, wer sich auf den durch baurechtliche Normen vermittelten Schutz berufen kann, kommt große Bedeutung zu. Relevant wird sie bei der Beurteilung, ob bei Dritten, also nicht dem Bauherrn, die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 VwGO (s.u. Rn. 578 ff.) bzw. gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog (s.u. Rn. 681) oder die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO (s. Rn. 630) gegeben ist. Bezeichnet wird hierdurch der Begriff des Nachbarn in persönlicher Hinsicht.

2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › D. Der vom Baurecht geschützte Personenkreis › I. Eigentümer und ihnen gleichgestellte dinglich Berechtigte

I. Eigentümer und ihnen gleichgestellte dinglich Berechtigte

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Geschützt in diesem Sinn sind Eigentümer,[1] auch solche i.S.d. § 1 Abs. 2 WEG.[2] Baurechtlicher Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken der Grundstücksbezogenheit. Aufgabe des Baurechts ist es, die einzelnen Grundstücke einer auch im Verhältnis untereinander verträglichen Nutzung zuzuführen. Es besteht ein wechselseitiges Austauschverhältnisses der Grundstückseigentümer. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zu Grundstücksnachbarn durchsetzen. Es besteht eine bodenrechtliche Schicksalsgemeinschaft.

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Dem Eigentümer gleichgestellt ist, wer in eigentumsähnlicher Weise an einem Grundstück dinglich berechtigt ist.[3] Hier zählt der Inhaber eines Erbbaurechts, der Nießbraucher und der Käufer eines Grundstücks, auf den der Besitz sowie Nutzungen und Lasten übergegangen sind und zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen ist.[4]

2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › D. Der vom Baurecht geschützte Personenkreis › II. Obligatorisch Berechtigte

II. Obligatorisch Berechtigte

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Die Frage, ob lediglich obligatorisch Berechtigte, wie z.B. Mieter oder Pächter, in personeller Hinsicht vom Baurecht geschützt sind, wird uneinheitlich beantwortet.

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Teilweise wird dies bejaht und davon ausgegangen, dass auch obligatorisch Berechtigte durch das Baurecht geschützt werden.[5]

Hierfür spreche, dass das Bundesverfassungsgericht[6] das Besitzrecht eines Mieters an der gemieteten Wohnung als Eigentum i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG angesehen habe. Daher besitze ein obligatorisch Berechtigter nicht nur abgeleitete, sondern eigene Rechte und sei daher einem Eigentümer gleichzustellen.[7] Der Wortlaut der Vorschriften des BauGB stünde dem nicht entgegen. Insbesondere werde in § 1 Abs. 6 Nr. 1 und Nr. 2 deutlich, dass gesunde Wohnverhältnisse und Bedürfnisse zu den Grundsätzen des Bauplanungsrechts zählten.[8]

Dies ergebe sich auch aus einfachgesetzlichen Vorschriften, etwa nach dem BImSchG und dem GastG.[9] Dort sei der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen drittschützend. Da schädliche Umwelteinwirkungen häufig erst die Konsequenzen einer Baugenehmigung seien, müsse der obligatorisch Berechtigte im Rahmen des baurechtlichen Nachbarschutzes schon in diesem Stadium Klagerechte aufgrund einfachgesetzlicher Normen besitzen.[10] Obligatorisch Berechtigte treffe eine bauliche Veränderung auf dem Nachbargrundstück weiterhin häufig intensiver als den Eigentümer.

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Herrschend wird dies verneint.[11] Lediglich obligatorisch Berechtigte seien nicht geschützt.

Hierfür wird angeführt, dass das Baurecht grundstücks- und nicht personenbezogen sei. Es werden die oben dargestellten Argumente (Rn. 27) vorgebracht.

Ein lediglich obligatorisch Berechtigter müsse hingegen seine Rechtsposition gegenüber dem Eigentümer geltend machen.[12] Könnte ein Mieter oder Pächter eine Verletzung bauplanungsrechtlicher Vorschriften gegenüber Dritten selbständig beispielsweise auch dann geltend machen, wenn der Eigentümer dies nicht will, so würde er damit in den Interessenausgleich der unmittelbar berechtigten Grundstückseigentümer einwirken.

In das Miet- bzw. Pachtrecht werde ebenso wenig eingegriffen, wie in das aus dem Miet- oder Pachtverhältnis folgende Besitzrecht.[13]

Es bestehe auch deshalb kein Bedürfnis für den baurechtlichen Schutz von obligatorisch Berechtigten, weil diese Gefährdungen von Leben und Gesundheit gestützt auf ihr Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 GG mit einer Nachbarklage abwehren können.[14]

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehe dem nicht entgegen, da in der von der a.A. herangezogenen Entscheidung nur auf die enteignungsrechtlichen Vorwirkung, die der Planfeststellungsbeschluss auch hinsichtlich dieses obligatorischen Rechts am Grundstück entfaltet, abgestellt werde.[15]

JURIQ-Klausurtipp

Sollte in dem von Ihnen zu bearbeitenden Fall ein Mieter oder Pächter involviert sein, so müssen sie dieses Problem darstellen.

Anmerkungen

[1]

BVerwG NJW 1989, 2766, 2767 m.w.N.

[2]

Bayerischer VGH BayVBl 2004, 664.

[3]

BVerwG NJW 1989, 2766, 2767 m.w.N.

[4]

BVerwG NJW 1989, 2766, 2767 m.w.N.

[5]

Determann UPR 1995, 215; Thews NVwZ 1995, 224.

[6]

BVerfGE 89, 1.

[7]

Determann UPR 1995, 215.

[8]

V. Mutius GS Sonnenschein, 69, 95

[9]

Determann UPR 1995, 215.

[10]

Determann UPR 1995, 215.

[11]

BVerwG NVwZ 1998, 956; Muckel JuS 2000, 132, 137; Ortloff NVwZ 1999, 955,.

[12]

BVerwG NJW 1989, 2766 m.w.N.

[13]

BVerwG NVwZ 1998, 956.

[14]

BVerwG NJW 1989, 2766 m.w.N.

[15]

BVerwG NVwZ 1998, 956.

2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › E. Bestandsschutz

E. Bestandsschutz

Hinweis

Fragen des Bestandsschutzes haben insbesondere bei der Beurteilung der baurechtlichen Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich Bedeutung (Rn. 381 ff.). Bestandsschutz wird jedoch auch im Bereich der präventiven (s. Rn. 419 ff.) und der repressiven Bauüberwachung (s. Rn. 437 ff.) relevant.

2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › E. Bestandsschutz › I. Der Begriff des (baurechtlichen) Bestandsschutzes

I. Der Begriff des (baurechtlichen) Bestandsschutzes

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Wegen der Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG kommt dem Bauherren nicht nur die Baufreiheit (s. Rn. 20), sondern als deren weiterer Bestandteil auch der Bestandsschutz zu.

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In allgemeiner Hinsicht wird unter Bestandsschutz die Frage angesprochen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine bestimmte vorteilhafte Rechtsposition auch in Zukunft aufrechterhalten bleiben kann, obwohl sich die äußeren Umstände verändert haben.[1] Das Institut des Bestandsschutzes zielt also darauf ab, etwas tatsächlich Vorhandenes gegen Eingriffe zu schützen.[2] Dieser Schutz kommt bestehenden Rechten bzw. sonstigen Positionen zu. Eingriffe können auch in den Anforderungen veränderter öffentlich-rechtlicher Normen liegen.[3] Wegen des Schutzes durch den Bestandsschutz soll der vorhandene Bestand nicht nur erhalten, sondern auch weiterhin genutzt werden dürfen.[4]

Hinweis

Die Reichweite des Bestandschutzes kann in den einzelnen Rechtsgebieten vom Gesetzgeber unterschiedlich ausgestaltet sein. So gelten z.B. im Immissionsrecht u.a. wegen der dynamischen Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 1 BImSchG[5] andere Bestandsschutzregeln als im Baurecht. Maßgeblich für die gesetzliche Ausgestaltung des Bestandsschutzes ist zum einen die Schutzwürdigkeit des Bestandes und zum anderen die Schutzwürdigkeit des vom Bestandsschutz Betroffenen.[6]

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Der baurechtliche Bestandsschutz umfasst grundsätzlich das Recht, dass eine bauliche Anlage, die seinerzeit formell und bzw. oder materiell rechtmäßig errichtet worden ist, erhalten und weiter genutzt werden darf. Dies gilt auch dann, wenn die Anlage wegen einer Änderung der Rechtslage nicht mehr neu errichtet werden dürfte.[7] Die Anlage ist aufgrund des Bestandsschutzes hierdurch vor bauaufsichtlichen Maßnahmen (s.u. Rn. 510 ff.) geschützt, die wegen einer Änderung der Rechtslage ergehen dürften. Baurechtlicher Bestandsschutz ist gegeben, wenn und weil eine schutzwürdige und materiell legale Eigentumsausübung vorliegt.[8]

2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › E. Bestandsschutz › II. Die zwei Arten des baurechtlichen Bestandsschutzes

II. Die zwei Arten des baurechtlichen Bestandsschutzes

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Es existieren zwei Arten des baurechtlichen Bestandsschutzes, der aktive und der passive Bestandsschutz.[9]

1. Passiver Bestandsschutz

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Die passive, d.h. abwehrende, Funktion besteht darin, dass das Recht gewährt wird, den vorhandenen baulichen Bestand in seiner geschützten Form ungestört nutzten zu können.[10] Passiver Bestandsschutz ist primär ein Bestandsnutzungsschutz.[11] Dies bedeutet, dass das bereits Vorhandene geschützt wird. Bauaufsichtliche Maßnahmen dürfen daher nicht ergehen. Ein Anspruch auf Genehmigung einer vormals materiell legalen Anlage besteht ebenso wenig, wie ein Anspruch auf Änderung einer ausgeübten Nutzung bzw. auf eine Erweiterung oder einen Ersatzbau.

2. Aktiver Bestandsschutz

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Durch den aktiven Bestandsschutz kann dem Eigentümer das Recht zukommen, eine vormals baurechtlich legale bauliche Anlage auch nach Eintritt der Änderung der Rechtslage in ihrer Nutzung zu ändern, sie zu erweitern bzw. einen Ersatzbau zu errichten.[12]

2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › E. Bestandsschutz › III. Grundlagen des Bestandsschutzes

III. Grundlagen des Bestandsschutzes

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Das Institut des Bestandsschutzes wurde ursprünglich vom Bundesverfassungsgericht aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG entwickelt.[13] Der Grund für die Entwicklung wurde darin gesehen, dass vom Eigentumsschutz maßgeblich der Bestandsschutz umfasst ist. Eine bauliche Anlage, die in der Vergangenheit dem materiellen Recht entsprach, genießt daher den Schutz durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG, da sie nicht im Widerspruch zu der gesetzlichen Ausgestaltung von Inhalt und Schranken des Eigentums steht. Im Falle eines Entzugs dieser Rechtsposition sei dann eine Enteignung oder zumindest ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Eigentumsfreiheit gegeben.

Die Ableitung des Bestandsschutzes aus Art. 14 Abs. 1 GG wurde dann jedoch vom Bundesverwaltungsgericht aufgegeben, da sich der Schutzbereich der Eigentumsgarantie aus der Bestimmung des Inhalts und der Schranken ergibt, deren Ausgestaltung gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dem Gesetzgeber obliegt.[14] Dies hat zur Folge, dass außerhalb bestehender gesetzlicher Regelungen kein Bestandsschutz existiert.[15]

Hinweis

In den Konstellationen des aktiven Bestandsschutzes, in denen eine bauliche Anlange zum Zwecke einer Nutzungsänderung, Erweiterung oder eines Ersatzbaus einer Genehmigung bedürfen, ist ein Bestandsschutz unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG abzulehnen.

2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › E. Bestandsschutz › IV. Voraussetzungen und Grenzen des passiven Bestandsschutzes

IV. Voraussetzungen und Grenzen des passiven Bestandsschutzes

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Erste Voraussetzung für den passiven baurechtlichen Bestandsschutz ist, dass eine schutzwürdige und legale Eigentumsausübung gegeben ist.[16]

Einigkeit herrscht bezüglich der Beurteilung, dass eine formell legale, d.h. genehmigte, Anlage Bestandsschutz ungeachtet ihrer materiellen Rechtmäßigkeit, d.h. ihrer materiellen Legalität, genießt, da die legalisierende Wirkung der Baugenehmigung fortwirkt, solange diese nicht aufgehoben wurde.[17]


Uneinigkeit herrscht hingegen hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob einer formell illegalen Anlage wegen einer zwischenzeitlich gegebenen materiellen Legalität, d.h. der Übereinstimmung mit den materiell-baurechtlichen Vorschriften, Bestandsschutz zukommt. Da diese Frage im Rahmen der Prüfung von bauordnungsrechtlichen Eingriffsverfügung Bedeutung zukommt, wird sie dort dargestellt (s. Rn. 520 ff.).

Zum Zweiten gilt, dass der Bestandsschutz beginnt, wenn die Anlange im Wesentlichen fertig gestellt ist und endet, wenn die Anlage nicht mehr oder nur noch aus nicht mehr nutzbaren Teilen besteht.[18]

Die erste Grenze des passiven Bestandsschutzes besteht darin, dass noch eine schutzwürdige Substanz bzw. deren Nutzung gegeben sein muss. Sollten Anlangen verfallen sein, ist kein passiver Bestandsschutz mehr gegeben.

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Eine zweite Grenze ist erreicht, wenn eine endgültige Nutzungsaufgabe vorliegt.


Die Frage, wann eine endgültige Nutzungsaufgabe gegeben ist, wird uneinheitlich beantwortet.

Da § 62 LBO nur die Errichtung eines Bauvorhabens betrifft kann diese Vorschrift keine Anwendung finden. Daher ist für die Geltungsdauer einer Baugenehmigung § 43 Abs. 2 LVwVfG maßgeblich, wonach ein Verwaltungsakt u.a. so lange wirksam bleibt, bis er sich auf sonstige Weise erledigt. Eine derartige Erledigung ist gegeben, wenn die bisherige Nutzung völlig aufgegeben wurde und eine neue Nutzung aufgenommen wird.[19] Wird hingegen lediglich eine bisherige Nutzung, ohne dass eine neue andersartige Nutzung aufgenommen wird, beendet, so muss dem Eigentümer eine gewisse Überlegungszeit eingeräumt werden,[20] weil es in derartigen Konstellationen noch offen ist, ob die bisherige Nutzung wieder aufgenommen wird oder aber eine andere Nutzung erfolgen soll.[21]

Das Bundesverwaltungsgericht stellte früher[22] auf das im Rahmen des § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB entwickelte Zeitmodell (s. hierzu Rn. 387) ab und vertrat, dass der durch die Baugenehmigung vermittelte Bestandsschutz entfalle, wenn ein Gebäude mehr als zwei Jahren nicht genutzt wird.[23] Anwendung fand das Zeitmodell (s. Rn. 387).

Überwiegend wird eine Anwendung des Zeitmodells abgelehnt.[24] Hierfür wird angeführt, dass das im Baurecht keine Rechtspflicht zur entsprechenden Nutzung eines genehmigten Baubestandes bestehe.[25] Daher könne allein aufgrund einer – auch länger andauernden – Nutzungsunterbrechung nicht davon ausgegangen werden, dass das Gebäude mit der ihm zugedachten (Nutzungs-)Funktion nicht mehr bestehe und das Regelungsobjekt der Baugenehmigung weggefallen sei.[26] Ferner beziehe sich das Zeitmodell auf den materiell-rechtlichen Bestandsschutz, der von der verfahrensrechtlichen Frage, wie lange eine Baugenehmigung nach Aufgabe der genehmigten Nutzung wirksam bleibt zu unterscheiden sei.[27]

Daher wird teilweise auf die landesrechtlichen Regelungen abgestellt.[28] Hiergegen spricht jedoch, dass die Geltungsdauer einer Baugenehmigung bei einer Unterbrechung der Bauarbeiten nach § 62 Abs. 1 LBO auf ein Jahr reduziert wurde.[29] Der VGH Baden-Württemberg stellt auf die Umstände des Einzelfalls ab und fordert die unzweifelhafte und unmissverständliche Erklärung des Verzichtswillens.[30] Hiergegen wird jedoch eingewandt, dass dies zu einer Rechtsunsicherheit führe.[31]

2. Teil Grundlagen des öffentlichen Baurechts › E. Bestandsschutz › V. Voraussetzungen und rechtliche Zulässigkeit des aktiven Bestandsschutzes

V. Voraussetzungen und rechtliche Zulässigkeit des aktiven Bestandsschutzes

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Der aktive Bestandsschutz eröffnet, im Gegensatz zum passiven Bestandsschutz, der darauf abzielt Eingriffe in einen vorhandenen Bestand abzuwehren, die Möglichkeit der Veränderung und Erweiterung des vorhandenen Bestandes.[32] Der aktive Bestandsschutz kann daher als Anspruchsgrundlage für die Genehmigung baulicher Anlagen dienen.

Es ist zwischen dem einfach-aktiven und dem qualifiziert-aktiven Bestandsschutz zu unterscheiden.

1. Einfach-aktiver Bestandsschutz

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Der einfach-aktive Bestandsschutz umfasst Erhaltungsmaßnahmen in Form von Instandsetzungs-, Instandhaltungs-, Reparatur- und Unterhaltungsmaßnahmen.[33] Der Eigentümer wird in die Lage versetzt, an einer rechtmäßig errichteten Anlage die zur Erhaltung und zeitgemäßen Nutzung notwendigen Maßnahmen durchzuführen.[34] Erfasst sind daher auch Modernisierungsarbeiten, die aufgrund des modernen Wohnungsbaus und der gewandelten Lebensgewohnheiten notwendig erscheinen.[35]

Beispiel

Eine zulässige Modernisierungsmaßnahme stellt der Bau von Stellplätzen und Garagen für Kraftfahrzeuge dar.

Ein einfach-aktiver Bestandsschutz ist jedoch nur dann gegeben, wenn die Maßnahmen bestandserhaltender Art sind.[36]

Beispiele

Folgende Maßnahmen sind nicht mehr bestandserhaltender Art:



Weiterhin muss die Identität des wiederhergestellten mit dem ursprünglichen Bauwerk gegeben sein.[39] Dies bedeutet, dass Standort, Bauvolumen und Zweckrichtung nicht geändert werden dürfen.

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ISBN:
9783811492578
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