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Literaturverzeichnis

I. Lehr- und Lernbücher (Auswahl)


Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, 19. Aufl., Heidelberg 2016


Haase, Internationales und Europäisches Steuerrecht, 4. Aufl., Heidelberg 2014


Jakob, Umsatzsteuer, 4. Aufl., München 2009


Reiß, Umsatzsteuerrecht, 13. Aufl., Münster 2015

II. Kommentare und Handbücher (Auswahl)


Bunjes, UStG, 15. Aufl., München 2016


Klein, AO, 13. Aufl., München 2016


Koenig, AO, 3. Aufl., München 2014


Münchener Kommentar zum BGB Band 1 & 2, 7. Aufl., München seit 2015


Münchener Kommentar zum HGB Band 5, 3. Aufl., München 2013


Rau/Dürrwächter, UStG (Loseblattwerk), 168. EL, Köln 2016


Sölch/Ringleb, UStG (Loseblattwerk), 77. EL, München 2016


Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., München 2015


Stadie, UStG, 3. Aufl., Köln 2015


Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl., Köln 2015

§ 1 Einleitung

Inhaltsverzeichnis

A. Bedeutung der Umsatzsteuer

B. Technik der Umsatzsteuer

C. Charakteristika der Umsatzsteuer

D. Einfluss des Gemeinschaftsrechts

E. Zuständigkeiten und Rechtsquellen

F. Jüngere Entwicklung des Umsatzsteuerrechts

G. Grenzüberschreitender Wirtschaftsverkehr: Bestimmungslandprinzip

§ 1 Einleitung › A. Bedeutung der Umsatzsteuer

A. Bedeutung der Umsatzsteuer

1

Die Umsatzsteuer (USt) ist eine der aufkommensstärksten Steuern in Deutschland. In der geltenden Form hat sie ihren Ursprung in der Finanznot des ersten Weltkrieges: Das 1916 erlassene „Gesetz über einen Warenumsatzstempel“ führte eine Abgabe von 0,1% ein, die zunächst (nur) alle Lieferungen von gewerblichen Betrieben erfasste.[1] Von diesen bescheidenen Anfängen hat sich die Umsatzsteuer heute weit entfernt. Von den gesamten Steuereinnahmen des Jahres 2015 von € 673,3 Mrd. entfiel mit einem Betrag von € 209,9 Mrd. fast ein Drittel auf die Umsatzsteuer.[2]

2

Die Umsatzsteuer ist damit für die Finanzierung der öffentlichen Hand von großer Bedeutung. Dem steht ihre Relevanz in der Praxis der Unternehmer (s. heißt das Steuersubjekt der Umsatzsteuer, § 2 UStG) und ihrer Berater nicht nach. Die Umsatzsteuer ist für viele Unternehmer eine laufend zu erledigende Verwaltungsaufgabe. Zugleich fordert sie dem Unternehmer immer wieder schwierige Entscheidungen im Einzelfall ab.

3

Was zunächst die Umsatzsteuer als Dauer-Verwaltungsaufgabe betrifft, ist insbesondere die Verpflichtung angesprochen, (zumeist monatlich) USt-Voranmeldungen abzugeben und USt-Vorauszahlungen an das Finanzamt zu leisten (§ 18 Abs. 1 UStG). Eine USt-Jahreserklärung kommt hinzu (§ 18 Abs. 3 UStG).

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Die anspruchsvollen Einzelfragen, die den Unternehmer im Bereich der Umsatzsteuer beschäftigen können, sind vielfältig. Dabei kann es etwa um die grundlegenden Fragen gehen, ob überhaupt ein Steuertatbestand erfüllt ist (s. dazu im Überblick § 1 UStG und in diesem Buch Rn 70 ff), oder ob eine Steuerbefreiung (§§ 4 ff UStG) zu beachten ist. Weiter kann etwa die richtige Berechnung der Bemessungsgrundlage (§ 10 UStG) oder die Wahl des zutreffenden Steuersatzes (§ 12 UStG) Schwierigkeiten bereiten. Im Einzelfall kann auch zweifelhaft sein, ob der Leistende oder der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet (§ 13b UStG).

5

Die genannten und weitere Fragen muss der Unternehmer u. a. beantworten, wenn er Angebote verschickt, Rechnungen stellt, und wenn er USt-Voranmeldungen und -Jahreserklärungen beim Finanzamt einreicht. Bereits im Vorfeld ist in vielen Fällen Unternehmenssoftware (etwa ein ERP-System[3]) so zu konfigurieren, dass alle Umsätze steuerlich richtig erfasst werden. Liegt der Unternehmer mit seinen Entscheidungen falsch, drohen Rechtsrisiken. Die möglichen Konsequenzen reichen von Auseinandersetzungen mit dem Vertragspartner (zum Anspruch auf eine – richtige – Rechnung s. § 14 Abs. 2 S. 1 UStG) über eine Inanspruchnahme durch das Finanzamt wegen unrichtig ausgewiesener Umsatzsteuer (§ 14c UStG) bis hin zu den Schreckensszenarien einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung (§§ 370, 378 AO) oder auch nur des Verdachts einer solchen Tat.

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Vor besondere Herausforderungen stellt die Umsatzsteuer die wachsende Zahl derjenigen Unternehmer, die Lieferungen und Dienstleistungen grenzüberschreitend anbieten. In diesem Bereich besteht ein eng geknüpftes Netz von Vorschriften, die eine Mehrfachbesteuerung verhindern sollen. Eine solche wäre ein Hemmnis für den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr. Die Vermeidung einer Mehrfachbesteuerung ist damit volkswirtschaftlich sinnvoll und für die Unternehmer von Vorteil (s. dazu noch Rn 59 ff). Die Wohltat kommt allerdings nicht kostenlos: Gerade im Geschäftsverkehr mit dem Ausland ist die umsatzsteuerrechtliche „Compliance“ eine Herausforderung. Grenzüberschreitende Lieferungen und sonstige Leistungen sind für Zwecke der Umsatzsteuer häufig nicht zweifelsfrei einzuordnen. Sie lösen außerdem spezielle Verfahrensobliegenheiten und -pflichten aus. Pars pro toto seien die Regelungen zum Beleg- und Buchnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen und Ausfuhrlieferungen genannt (§§ 8-17c UStDV). Außerdem sei auf die Pflicht hingewiesen, innergemeinschaftliche Lieferungen und sonstige Leistungen in Zusammenfassenden Meldungen an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu berichten (§ 18a UStG).

7

Selbst wer als Kleinunternehmer (§ 19 UStG) wegen geringer Umsätze von der Umsatzsteuer befreit ist, kann das Thema übrigens nicht ganz vernachlässigen. Nicht nur muss auch der Kleinunternehmer USt-Jahreserklärungen abgeben.[4] Er sollte auch im Auge behalten, dass die Kleinunternehmer-Regelung auch mit Nachteilen verbunden ist. Wer auf sie verzichtet, also „freiwillig Umsatzsteuer zahlt“ (das ist nach § 19 Abs. 2 UStG möglich), eröffnet sich dadurch insbesondere den sonst verschlossenen Weg zum Vorsteuerabzug (§ 15 sowie § 19 Abs. 1 S. 4 UStG).

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Eine besondere Herausforderung bei der Beschäftigung mit der Umsatzsteuer liegt darin, dass das Rechtsgebiet – wie das Steuerrecht insgesamt – nicht stillsteht. In jüngerer Zeit hat vor allem die Rechtsprechung des EuGH wichtige Impulse für die Rechtsentwicklung in Deutschland gegeben. Die Zuständigkeit des EuGH ergibt sich daraus, dass das Umsatzsteuerrecht in der EU durch (sehr detaillierte) Richtlinien harmonisiert ist. Das deutsche UStG setzt dieses Richtlinienrecht um, ist daran zu messen und in dessen Lichte zu interpretieren (zu den Einzelheiten s. Rn 37 ff).

9

Das Umsatzsteuerrecht ist also ein Rechtsgebiet in Bewegung, dessen Bedeutung für die Unternehmer zudem ständig wächst. Das macht die Beschäftigung mit der Umsatzsteuer in gleichem Maße spannend wie lohnenswert.

§ 1 Einleitung › B. Technik der Umsatzsteuer

B. Technik der Umsatzsteuer

10

Einführungsbeispiel „Fahrradkette“:

Hersteller H liefert ein von ihm gebautes Fahrrad für € 119 (inkl. USt) an Großhändler G. Der verkauft es für € 238 (inkl. USt) an Einzelhändler E. E verkauft das Fahrrad für € 476 (inkl. USt) an Verbraucher V. Der Lieferort ist jeweils Berlin. Zeigen Sie exakt auf, wer hier welche Zahlungen an wen leisten muss. Berücksichtigen Sie dabei auch die Umsatzsteuer (und damit das Finanzamt).

11

Die Lieferung von H an G erfüllt als Lieferung, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr 1 UStG. Eine Steuerbefreiung (s. dazu den Katalog des § 4 UStG) greift nicht. Der Steuersatz beträgt 19 % (§ 12 Abs. 1 UStG). Bemessungsgrundlage ist nach § 10 Abs. 1 S. 1, 2 UStG das zwischen H und G vereinbarte Entgelt abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer. Das vereinbarte Entgelt beträgt € 119, das Entgelt ohne Umsatzsteuer also € 100 (Berechnung: € 119 * 100/119). Die Umsatzsteuer beläuft sich also auf (19 % von € 100 =) € 19. Sie wird nach § 13a Abs. 1 Nr 1 UStG vom leistenden H geschuldet, nicht von G als Empfänger der Leistung. H muss damit € 19 Umsatzsteuer an das Finanzamt zahlen. Er wird dadurch wirtschaftlich nicht belastet, weil er die Umsatzsteuer als Teil des Kaufpreises auf G abwälzt.

12

G muss aus dem Kaufvertrag mit H € 119 an diesen zahlen (§ 433 Abs. 2 BGB). Die als Teil des Kaufpreises an H gezahlte Umsatzsteuer (€ 19, s. o.) erhält G aber im Wege des Vorsteuerabzugs vom Finanzamt zurück, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr 1 UStG. Nach dieser Vorschrift kann ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbetrag abziehen. Für den Ankauf des Fahrrades bezahlt G damit (unter Berücksichtigung des Vorsteuerabzuges) nur € 100. Letztlich ist der Verkauf von H an G nicht mit Umsatzsteuer belastet.

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Für die Lieferung von G an E schuldet G Umsatzsteuer i. H. v. € 38. Er wälzt diese aber über den Kaufpreis (€ 238) auf E ab. E ist seinerseits im Ergebnis nicht mit Umsatzsteuer belastet, weil er zum Vorsteuerabzug i. H. v. € 38 berechtigt ist. Bis zu diesem Zeitpunkt hat das Finanzamt im Ergebnis (nach Vorsteuerabzügen) keine Umsatzsteuer eingenommen. Es wird deutlich: In der Unternehmerkette fällt Umsatzsteuer (im Ergebnis) nicht an.

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Die Lieferung von E an V führt bei E zu einer USt-Schuld von € 76, die er über den Kaufpreis auf V abwälzt. V hat keinen Vorsteuerabzug nach § 15 UStG, weil er nicht Unternehmer ist. Erst jetzt – in dem Moment, in dem die Ware die Unternehmerkette verlässt – kommt es zu einer definitiven Belastung mit USt.


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§ 1 Einleitung › C. Charakteristika der Umsatzsteuer

C. Charakteristika der Umsatzsteuer

15

Die folgende Darstellung behandelt Charakteristika der Umsatzsteuer. Dabei wird auf den Einführungsfall (Fall „Fahrradkette“, Rn 10 ff) Bezug genommen.

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Die Umsatzsteuer nach deutschem (und auch europäischem) Recht ist


Allphasen-Nettosteuer mit Vorsteuerabzug (Rn 17 f),
Mehrwertsteuer (Rn 21 f),
allgemeine Verbrauchsteuer (Rn 26 ff),
Sachsteuer (Rn 32),
indirekte Steuer (Rn 33) sowie
Gemeinschaftssteuer (Rn 36, 51 f).

§ 1 Einleitung › C. Charakteristika der Umsatzsteuer › I. Allphasen-Nettosteuer mit Vorsteuerabzug

I. Allphasen-Nettosteuer mit Vorsteuerabzug

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Die Umsatzsteuer wird häufig nach ihren wesentlichen Charakteristika beschrieben als Allphasen-Nettosteuer mit Vorsteuerabzug. Damit ist gemeint:


Die Umsatzsteuer ist eine Nettosteuer, weil Bemessungsgrundlage das Entgelt ist, aus dem die Umsatzsteuer herausgerechnet wird (§ 10 Abs. 1 S. 1, 2 UStG). In einem Bruttosystem wird die Umsatzsteuer dagegen auf den Bruttoerlös erhoben.
Schließlich ist von einem Umsatzsteuer-System mit Vorsteuerabzug die Rede, weil ein Unternehmer (insbesondere) die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr 1 UStG als Vorsteuerbetrag abziehen kann. Der Vorsteuerabzug bewirkt, dass die Umsatzsteuer letztlich ausschließlich den nichtunternehmerischen (privaten) Verbrauch belastet, während sie im unternehmerischen Bereich ein „durchlaufender Posten“ ist.

18

Bis einschließlich 31.12.1967 lag dem deutschen USt-Recht ein anderes System zu Grunde: Es galt eine Allphasen-Bruttosteuer ohne Vorsteuerabzug. Es wurde also auf jeder Wirtschaftsstufe Umsatzsteuer erhoben, und zwar nach dem vollen Entgelt (ohne Herausrechnung der USt). Der Empfänger hatte keinen Vorsteuerabzug, auch in der Unternehmerkette gab es also eine (definitive) USt-Belastung.[6] In einer Kette, die die Urproduktion, die Weiterverarbeitung und den Handel umfasste, und die schließlich beim privaten Verbraucher endete, kumulierte die Umsatzsteuer und es wurde Umsatzsteuer auf Umsatzsteuer erhoben. Die Belastung war dadurch gelindert, dass der Steuersatz (zuletzt) nur 4 % betrug. Dennoch erklärte das BVerfG die frühere Regelung für verfassungswidrig.[7] Begründet wurde dies mit einer Verletzung der Wettbewerbsneutralität. Die Belastung mehrstufiger (produktionstiefer) Unternehmen sei geringer als die Belastung einstufiger (weniger produktionstiefer) Unternehmen. Darin liege eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG). Der Gesetzgeber reagierte, indem er zum 1. Januar 1968 die Allphasen-Netto-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug einführte.

19

Zugleich diente die Reform der Umsetzung von Unionsrecht (s. dazu noch Rn 37 ff). Titel X. der MwStSystRL (Art. 167 ff MwStSystRL) regelt das Recht der Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug. Dabei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des EuGH um ein Grundprinzip des durch das Unionsrecht geschaffenen gemeinsamen Mehrwertsteuersystems. Der Unternehmer solle dadurch vollständig von der im Rahmen aller seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleiste auf diese Weise die Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck oder ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten selbst grundsätzlich der Mehrwertsteuer unterliegen (Neutralitätsprinzip). Als „integraler Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer“ könne das Recht auf Vorsteuerabzug durch die Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht eingeschränkt werden.[8]

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Die Charakterisierung als Allphasen-Nettosteuer mit Vorsteuerabzug betrifft nur den Regelfall der Erhebung der Umsatzsteuer. Es gelten zahlreiche Ausnahmen, z. B.:


Nichtbesteuerung von Kleinunternehmern (§ 19 UStG, Rn 974);
Differenzbesteuerung bei Reiseleistungen (§ 25 UStG, Rn 1024 ff) und Wiederverkäufern (§ 25a UStG, Rn 994 ff);
Pauschalierung des Vorsteuerabzuges bei Land- und Forstwirten nach § 24 UStG (im Ergebnis führt die Regelung in den praktisch wichtigsten Fällen zu einer Ausnahme von der Umsatzbesteuerung, s. noch Rn 987 ff).

§ 1 Einleitung › C. Charakteristika der Umsatzsteuer › II. Mehrwertsteuer

II. Mehrwertsteuer

21

Die Umsatzsteuer wird im täglichen Sprachgebrauch oft „Mehrwertsteuer“ genannt. Das EU-Recht benutzt auch offiziell diesen Begriff (Mehrwertsteuersystemrichtlinie, MwStSystRL[9]). Die Bezeichnung als Mehrwertsteuer hat den Hintergrund, dass sich die USt-Zahllast regelmäßig nach dem Mehrwert richtet, den ein Steuerpflichtiger auf seiner Wirtschaftsstufe geschaffen hat (abgebildet im erzielten Mehrerlös). Dies beruht auf dem Vorsteuerabzug für die Umsatzsteuer auf Eingangsleistungen (§ 15 UStG, s. dazu Rn 695 ff).

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Dass als Ergebnis eines Vorsteuerabzugs nur ein Mehrwert effektiv besteuert wird, zeigt sich an unserem Einführungsfall (Rn 10 ff). Die Steuerzahllast[10] der Steuerschuldner H, G und E richtet sich dort jeweils nicht nach dem vollen erzielten Entgelt, sondern nach der vom jeweiligen Steuerschuldner erzielten Wertschöpfung (dem Mehrwert):


H zahlt € 19 USt, weil er als Hersteller einen Wert von € 100 schafft (hier wird zur Vereinfachung unterstellt, dass H keinerlei steuerpflichtige Eingangsleistungen bezogen hat).
Die Wertschöpfung auf der zweiten Stufe beläuft sich ebenfalls auf € 100, weil G für € 100 netto kauft und für € 200 netto verkauft. Seine USt-Zahllast beträgt zutreffend ebenfalls € 19 (€ 38 USt-Schuld aus dem Verkauf an E abzüglich des Vorsteuerabzugs von € 19 aus dem Ankauf von H).
Auf der Stufe des E ist die Wertschöpfung doppelt so groß, nämlich (€ 400 – € 200 =) € 200. Folgerichtig beträgt die USt-Zahllast des E € 38 (€ 76 USt-Schuld aus dem Verkauf an V abzüglich des Vorsteuerabzugs von € 38 für den Ankauf von G).

23

Der Begriff der Mehrwertsteuer darf nicht zu Missverständnissen verleiten. Jeder Unternehmer hat den vollen Nettowert der von ihm erbrachten Leistung zu versteuern. Erst der Vorsteuerabzug führt zu einer Zahllast nur in Höhe des geschaffenen Mehrwertes. Ein Vorsteuerabzug ist regelmäßig möglich, aber nicht immer (vorausgesetzt ist etwa eine ordnungsgemäße Rechnung, s. dazu Rn 739 ff). Der Begriff „Mehrwertsteuer“ bezeichnet damit, wenn man den Vorsteuerabzug berücksichtigt, die typische Wirkung der Umsatzsteuer.[11]

24

Indem bei jedem Steuerpflichtigen im Ergebnis nur der von diesem geschaffene Mehrwert besteuert wird, wird die Umsatzsteuer fraktioniert erhoben: Jeder Unternehmer zahlt an das Finanzamt nur den USt-Betrag, der der Wertschöpfung auf seiner Stufe in der Leistungskette entspricht. Die Addition der Teilbeträge (im Einführungsfall: € 19 + € 19 + € 38) ergibt die Gesamtbelastung (im Einführungsfall: € 76), die der Konsument – indirekt als Teil des Kaufpreises – trägt.

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Die Erhebung der Umsatzsteuer als Allphasen-Steuer und die damit verbundene Fraktionierung der Umsatzsteuer bedeutet eine Erschwernis für die Unternehmer. Eine Einphasen-Steuer, der nur Umsätze an private Verbraucher unterliegen („Einzelhandelssteuer“), würde Umsätze in der Unternehmerkette von der Umsatzsteuer befreien und damit einen erheblichen Verwaltungsaufwand beseitigen. Andererseits würde sie die Unternehmer dazu zwingen, sich über die Frage zu informieren, in welcher Eigenschaft ein Leistungsempfänger auftritt und entsprechend Umsatzsteuer auf den Verkaufspreis aufzuschlagen oder davon abzusehen. Außerdem kann die fraktionierte Erhebung der USt Steuerhinterziehungen vermeiden oder die Schäden daraus reduzieren.[12] Will etwa im Ausgangsfall der Einzelhändler E die USt auf seinen Ausgangsumsatz hinterziehen, wird er kaum den Vorsteuerabzug auf den Eingangsumsatz geltend machen, um Nachfragen des Finanzamtes nach dem Verbleib des Fahrrades zu vermeiden. Beim Fiskus kommt damit immerhin ein Teil der geschuldeten USt an (die nicht zum Abzug gebrachte Vorsteuer des E).

§ 1 Einleitung › C. Charakteristika der Umsatzsteuer › III. Allgemeine Verbrauchsteuer

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9783811466012
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