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LIEBE UND KARTOFFELN

Der Wonnemonat Mai kommt und ich habe Lust, über die Liebe zu schreiben. Wer sehnt sich nicht nach der ultimativen, nährenden, idealen Verbindung? Leider ist sie nur so wenigen vergönnt.

Haben Sie sich auch schon gefragt, ob Mann und Frau überhaupt zusammenpassen? Ich wurde zuweilen von bösen Zweifeln geplagt. Meine Erfolge in Sachen langfristige Partnerschaften waren nicht gerade berauschend. In der Grundschule lag die Trefferquote bei null. Die Mädchen standen betrüblicherweise auf andere Typen. Ich schien in der Gunst des anderen Geschlechts nicht attraktiver zu sein als eine Kellerschnecke, die auch in Sachen Ausdruck und Sprache eher wenig zu bieten hatte.

Später, als Musiker, drehte sich der Wind – plötzlich gab es ein Überangebot an Bienen, die sich um den Findelchris kümmern wollten, was nicht einfach war für das flatterige Blumenkind. Ich versuchte es immer wieder und hatte einige Beziehungen, die länger als fünf Jahre andauerten. Doch wenn die rosa Anfangsphase vorbei war, verloren wir jeweils das dringende Interesse aneinander. Wir zogen zwar am selben Strick, aber nicht in dieselbe Richtung. Ich begann mich zu fragen, ob ich überhaupt beziehungsfähig sei.

Der Vorteil dieser Wander- und Suchjahre war, dass ich die Muster der Männlein und Weiblein kennenlernte und studierte. Meine und die der anderen. Ich war nicht nur Langzeitstudent der Fleischwissenschaften, sondern Hochschüler der gesamten geistigen und seelischen Liebespalette und hatte ein gewaltiges Forschungsfeld. Da gab es richtige Berg- und Talwanderungen mit den unterschiedlichsten Lebewesen, ihren Bedürfnissen, Sehnsüchten und Macken. Vom Frauenverdreher zum Frauenversteher, vom Eintonmusikanten zum Polysymphoniker – wahrlich eine wunderbare, aber auch phasenweise nervenraubende Reise durch die Irrgärten des menschlichen Zusammenseins.

So komme ich zur Mutter vieler Fragen: Was ist Liebe? Ich würde gern Strasseninterviews machen, möchte von den Passanten wissen, ob sie der Meinung sind, sie jemals kennengelernt zu haben – so richtig Vollgas, ohne Wenn und Aber – und worin sie sich gezeigt hat. Liebe ist wohl mehr, als jemanden gut zu finden und mit ihm eine gute Zeit zu haben. Mehr, als jemanden als attraktiv, spannend, sexy, charmant oder liebenswürdig zu erachten. Liebe steht über diesen Attributen und es gibt viele Arten von Liebe. Wer Kinder hat, weiss das. Unserer Kinder wegen wachsen wir über uns hinaus. Ihretwegen kübeln wir Lebenspläne und unsere Messlatten von Gut und Böse. Sie loten unsere Geduld, unser Mitgefühl, unsere Tragfähigkeit, unser Verständnis und vieles mehr aus. Und obwohl sie sich selten nach unseren Vorstellungen richten, lieben wir sie mehr als uns selbst. Sind sie wohlauf und frei von Leiden, geht es uns schon ziemlich gut. Nur selten passiert es, dass Eltern mit ihren Kindern »Schluss machen«.

Manche Erwachsenen erreichen in der Beziehung auch etwas in dieser Art. An ihrer Seite ist ein Mensch, der nicht mehr aus dem Leben wegzudenken ist, und obwohl er möglicherweise vieles tut, was sie nicht gewollt hätten, ist ihr Dasein mit Liebe unterkellert. Wie ein unsichtbares Band, das über den irdischen Dingen steht, flutet sie den Raum. Ihretwegen verschieben sich Wertmassstäbe. Liebe, Freiraum und Vertrauen werden nicht mehr gross diskutiert und umkämpft, sondern einfach gelebt. Man braucht nicht mehr die guten Seiten des anderen zusammenschaufeln, um motiviert zu sein, die Beziehung weiterzuführen. Wir wollen sie trotz der Unperfektion. Auch dann noch, wenn der andere versagt, einen bitter enttäuscht und verletzt. Weil er wie ein zweiter Flügel ist.

Gerade in der Krise lernt man den Mitmenschen und die Qualität aller Beziehungen kennen. Manche Freundschaften gehen während grenzwertigen Lebensphasen, bei Todesfällen, Scheidungen, Fehltritten oder depressiven Erkrankungen in die Brüche, andere erhalten dadurch erst den richtigen Kitt. So gesehen müsste man sich fast eine Art Elchtest für die Beziehung herbeiwünschen, um zu erfahren, was einem der Partner bedeutet und wie es sich anfühlt, wenn er schutzlos, nackt, bedürftig, schuldig und mit Scherben in beiden Händen vor einem steht. Will ich ihn dann umarmen oder wende ich mich angewidert ab?

Lohnt es sich, nach solch intensiver Liebe zu streben, oder sollen wir vielmehr froh sein, einfach einen guten Partner gefunden zu haben? »Gut ist gut genug«, meinte kürzlich eine weise Person. Ich sage: mehr als schön ist nichts, besser als gut kann schnell ins Gegenteil kippen. Wiederum eine andere sagte, der Mensch bekomme stets genau so viel, wie er tragen könne. Wahre Liebe ist kein leichtes Gepäck … vielleicht eher eine Berufung. Meister Dante Alighieris Bonmot dazu: »Wenn du Liebe hast, spielt es keine Rolle, ob du Kathedralen baust oder in der Küche Kartoffeln schälst.«

Wer es also nicht ertragen kann, in der Küche Kartoffeln zu schälen, wird eben Kathedralen bauen wollen. Solche, die gut und damit zumindest gut genug sind.

DER IMAGETERROR

Der Mensch ist ein Herdentier. Wir sind soziale Wesen und passen uns an. Trotzdem ist für mich gerade die Einmaligkeit des Mitmenschen das wahre Wunder unserer Existenz. Jeden Erdenbürger gibt es lediglich einmal in seiner speziellen Ausführung. Diese Einmaligkeit authentisch zu leben, scheint aber in der Welt der Marken und Trends nicht einfach. Auf Schritt und Tritt wird unsereins mit Anregungen überfallen, wie wir und unsere Entourage zeitgemäss in Erscheinung zu treten haben, egal ob es uns wohl dabei ist. Manche Menschen haben die Substanz, dagegen Resistenzen zu entwickeln, andere geraten in Zugzwang und tappen im schlimmsten Fall in die Armutsfalle.

Gerade jüngere Menschen leiden unter der Furcht, im Offside zu landen, wenn sie nicht den angesagtesten Labels und Trends huldigen und unterwürfig die schrägsten Pflichteskapaden mitmachen. Wer seinen Haushalt mit Kindern teilt, ächzt unter den diesbezüglichen Diskussionen am Mittagstisch. Man gewinnt den Eindruck, die Schule werde spätestens mit der Pubertät für Trendflüchtige zum Folterplatz. Meine Tochter besucht eine Waldorfschule. Da hält sich das noch in gesunden Grenzen. Ein eigenes Handy, Smartphone oder iPad besass sie mit elf Jahren noch nicht. Zwischendurch lasse ich sie meine Geräte benutzen. Dann und wann spüre ich aber auch bei ihr einen gewissen Drang nach mehr oder eine Sehnsucht, sich der Klasse anzupassen. Öfters fragt sie nach Gameboys oder sonst was – offensichtlich bloss deswegen, weil andere diese Dinge haben. Ich verstehe das. Wer dazugehört, lebt mit dem guten Gefühl, okay, akzeptiert und normal zu sein. Wer anders ist, gerät gern in Erklärungsnotstand. Dennoch habe ich als Vater eigene Ansichten darüber, was die Kids nötig haben, was nährt und längerfristig zufrieden macht. Mitläufertum ist wirklich alles andere als stärkend, persönlichkeitsbildend und sicher nicht die optimale Überlebensstrategie.

Was es heisst, nicht dabei zu sein, habe ich am eigenen Leib in den Sechzigern erfahren. Mit meinen langen Haaren galt ich als »verweichlichter, unnützer, schwuler Dreckskerl« und wurde auf der Strasse sogar angespuckt, je nachdem, wo ich aufgetaucht bin. Das hatte auf unseresgleichen zwar eine verbindende Wirkung – wir waren ein eingeschworener Haufen Zottelfreaks gegen die langweiligen, grauen Igelbrüder – aber es hat auch ausgegrenzt. Kein gutes Gefühl. Das ging so weit, dass einem gewisse Jobs oder Dienstleistungen wegen der damals verpönten Haartracht verweigert wurden.

Der Unterschied zu heute? Wir waren damals Rebellen gegen den leeren Mainstream. Was alle hatten oder wollten, fanden wir spiessig. Unsere Betrachtungsweise war: Wer Luxusobjekte und Statussymbole nötig hat, muss ein geistiger Pfosten sein. Philosophieren war sexy. Sprüche wie »wir sind die Kinder, vor denen unsere Eltern uns gewarnt haben« räumten ab. Die heutigen Jugendlichen ticken andersherum. Viele wollen einer Mehrheit angehören, alles gratis bekommen und möglichst noch vom Staat subventioniert werden. Was neu und massentauglich auf den Markt kommt, wird rasch für unverzichtbar gehalten. Damals undenkbar.

Warum dieser Wandel? Vielleicht hängt es damit zusammen, dass jedes Pendel zurückschlägt. Irgendwann war alles möglich. Man hatte selbst mit einem Irokesenschnitt und Büroklammern im Gesicht die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen, in der öffentlichen Badi durfte zumindest obenrum geblüttlet werden, und wo früher ein einziges, staatlich patriarchalisches Unisexradio trällerte, entstanden verschiedene Kanäle für unterschiedliche Bedürfnisse. Wie müssig ist es da, noch auffallen zu wollen … Also schaue ich, dass ich dabei bin und dafür dann gleich ganz vorne. Das Mittelfeld ist für die Schlaffen.

Als höchstes Gut durch alle Gesinnungs- und Modeströmungen hindurch zieht sich der Wert der Toleranz und der Freiheit. Ich stelle mir spontan eine Szene vor, wo Yuppies und Hippies, Jodler und Rapper, Schwermetaller, Hebammen, Herrgottsschnitzer und Veganer, Harleyhengste und Flyertouris friedlich miteinander bei Sparerips, Linsensalat, Guinness oder Holundersirup den Feierabend verbringen … Und gemeinsam ob dem schlechten Geschmack der anderen erfreut staunen … Imagine!

Wer einen Mangel an Privatjachten und Kreditkarten betrauert, soll getröstet sein: Viel Grossartiges und Einmaliges gibt es gratis und man muss sich nicht fürchten, dass es einem geneidet oder gestohlen wird. Wir brauchen bloss Augen, Ohren und Riechkanäle zu öffnen. Lindenblütenduft, Vogelgesang, die Glut der untergehenden Sonne, das frisch gemähte Gras und die umwerfenden Blüten in ihren vielfältigen Farben und Formen … Diese immer wiederkehrenden Wunder sind wohltuende Erscheinungen jenseits aller Modehipes. Gehen Sie hinaus – um die Öffnungszeiten brauchen Sie sich nicht zu scheren.

Auch wenn’s nicht immer einfach ist, langfristig lohnt es sich, sich selbst treu zu bleiben, seinen eigenen Weg und sein eigenes Genre zu finden. Du zu sein, das, was dich atmet. Probleme kommen dann, wenn du vorgibst, jemand anderer zu sein.

DIE ZWANGSERNEUERER

Die Welt singt wieder: Vögel trällern vor sich hin und zwitschern miteinander um die besten Nistplätze. Hobbyflieger surren am Himmel und bunte Blümchen schiessen aus dem Boden. Zeit, nach draussen zu gehen – Weissensteinzeit!

Aber Mist … unsere schweizweit einmalige Sesselbahn ist nicht mehr. Als Kinder sind wir staunend damit auf den Berg gefahren. Natürlich gab es trotz den Wolldecken, die man mitbekam, hie und da kalte Füsse, aber es war ein Erlebnis, so freiluft zwischen den Tannen, nahe an den Felsen vorbeizuschweben. Man spürte, ja roch die Umgebung und fühlte sich wie ein freier Vogel. Geräusche, die zu vernehmen waren, stammten aus der Natur oder vom über den Mast rattern. Es waren wunderbare, lieb gewonnene Geräusche.

Inzwischen haben die Zwangserneuerer zugeschlagen. Es bedeutet ihnen offenbar nichts, solch ein geschichtsträchtiges, einmalig herziges Nostalgiegefährt zu erhalten. Sie wollen es lieber wegreissen und museal ausstellen. Denn so könnten auch die Gehandicapten bequem auf den Weissenstein wird argumentiert. Käme dieser Vorschlag von Herzen und wäre nicht reines Propagandagefasel, hätte man schon früher geeignete Busse für die Benachteiligten auf den Hügel chartern können. Auch im Winter. Man müsse zeitgemäss effizient sein, meinen sie. So eine gewöhnliche Löligondel soll her. Und damit alles finanziert werden kann und all das Volk, das nach oben katapultiert wird, auch beschäftigt ist, will man gleich noch den Berg ein bisschen verspassbauen. Erreicht worden ist bisher vor allem viel Frust mit dieser Zwängerei. Das Sesseli wurde für Jahre stillgelegt, mit dem Effekt, dass das wunderschöne Kurhaus nur noch halbjährlich betrieben werden kann. Eine klassische Verschlimmbesserung. Und natürlich etwas mehr Luxus. Doch hilft uns das, der Natur näherzukommen?

Heute läuft die neue Gondel. Sie wurde natürlich doppelt so teuer wie am Anfang geplant und kostet auch einiges mehr, will man sie nutzen. Die Strasse auf den Berg wird demonstrativ an Wochenenden gesperrt. Gefragt wurden die Bürger nicht. Es herrscht nicht nur Freude über den teuren Bau für so eine kurze Strecke, schliesslich sind wir hier nicht in Zermatt oder Wengen. Wem das ganze gedient hat, wird man erst noch sehen. Sicher nicht dem Naturfreund, der eher die Einfachheit sucht und mag. Ich mag die Freude am Neuen, das auch schon bald alt ist, jedem gönnen, bevorzuge aber klar das Einfache, Schöne und Naturnahe. Meiner Meinung nach wurde hier eine schweizweit einmalige Sache kaputt gemacht. Nennt mich einen hoffnungslosen Nostalgiker.

So läuft es landauf und -ab. Irgendein kleines Unternehmen, ein Kellertheater oder eine Schenke werfen gutes Geld ab und man wird grössenwahnsinnig. Dann wird projektiert, modernisiert, aufgepimpt und expandiert nach dem Motto: »Wenn schon, denn schon.« Die Kosten halten sich natürlich niemals im budgetierten Rahmen und so sieht man sich gezwungen, die Finanzen beim Staat oder Konsumenten wieder einzuholen. Der ist jedoch nicht willig, sich ständig rupfen zu lassen und hält sich fern. So kommt es, dass fast in jeder Gemeinde ein nagelneues architektonisches Denkmal zum Verkauf steht.

Auch im Schulwesen lassen sich Erneuerungsneurosen beobachten. Am einen Ort stehen Schulstuben leer und am anderen unterrichten die Lehrkräfte in jeder Besenkammer. Vor Inkrafttreten der Bildungsreformen wird die Tatsache, dass die erforderlichen baulichen Massnahmen vom Steuerzahler kaum tragbar sind, jeweils geflissentlich totgeschwiegen. Die Bevölkerung merkt’s erst, wenn es zu ausserordentlichen Gemeindeversammlungen und einem Aufstand der Lehrerschaft kommt. Ähnlich verhält es sich mit den Lehrmitteln: Kriegt man ein Sprachbuch von 1971 in die Finger, bekommt man Augen wie Spiegeleier: Da wurde die Sprache noch richtig geübt! In nüchternem Schwarz-Weiss zwar, aber detailliert. Ein Buch von heute ist um ein Vielfaches teurer, vierfarbig und grosszügig illustriert, inhaltlich aber in einer wesentlich tieferen Gewichtsklasse. Derzeit gilt das Spiralprinzip: Vieles wird bloss jedes Jahr »angedacht«, in der frohen Erwartung, dass sich die Kids dabei sanft in die Höhe schrauben. Dabei wird stets gejammert, wie viel mehr die Kids heute zu büffeln hätten …

Ich bezweifle, dass unsere Kinder heute glücklicher und kompetenter von der Schule abgehen, als wir es taten.

Wenn ich alte römische Schriften lese, wage ich zu behaupten, dass sich der Mensch in 2000 Jahren im Wesen kaum verändert hat. Die Bedürfnisse, Ängste, Neid, Gier, Freuden, Aggressionen und Sorgen sind grosso modo dieselben geblieben. Dem technischen Fortschritt hinken wir mächtig hinterher. Es gibt Dichter und Philosophen, die behaupten sogar, jeder technische Fortschritt bedeute einen menschlichen Rückschritt. Ein Dilemma! Denn Erfinder, Visionäre und Tüftler sind unverzichtbar und mir herzlich willkommen. Im Forschungs- und Medizinbereich brauchen wir sie dringend, im Energiebereich ebenfalls. Aber die Guys erfinden oft als Nebeneffekt einen Haufen Plunder, auf den die Menschen unkritisch abfahren und von dem sie sich versklaven und physisch und psychisch verkrüppeln lassen. Dabei gibt es einiges, das perfekt ist und von dem man die Finger lassen sollte. So wie Süssmost, Rösti, das Niesenbähnli, die direkte Demokratie, Streichhölzer, das Rad, die Gitarre, Mick Jagger, das Krokusli, die Baslerläckerli und natürlich Dublers Mohrenköpfe, die nach wie vor Mohrenköpfe heissen, auch wenn ein paar notorische Negativdenker das Wort gerne aus den Köpfen der Menschheit ausradieren würden.

Neues ist nicht zwingend besser, schöner, bereichernder und wohltuender. Wir brauchen die Verschlimmbesserungen de luxe nicht. Den Frühling habe ich auch vierundsechzig Mal erlebt. Er ist immer noch eine freudige und herzerwärmende Erscheinung. Es soll mir also ja keiner auf die Idee kommen, ihn reformieren zu wollen.

HYMNE AN HESSE

Letzthin war ich an einem schönen Geburtstagsfest eines lieben Freundes. Ich unterhielt mich angeregt mit seiner Frau zum Thema Schule und Lehrer. Plötzlich waren wir beim Thema Hermann Hesse. Wir stellten beide fest, wie wichtig in einer gewissen Phase dieser Autor für uns gewesen war. Wieder zu Hause, blätterte ich im Glasperlenspiel und im Demian. Zu meinem Erstaunen packte es mich erneut und ich fand in jedem dieser Klassiker Passagen, die heute wieder hochaktuell sind. Gerade dieser absurde Tanz um das Goldene Kalb, dieses alles nur auf Leistung und Gewinnmaximierung ausgerichtete Denken und Handeln macht immer mehr Menschen krank. Klar, auch ich bin ein Perfektionist, einer, der immer alles gibt im Job, aber ich habe das Glück, einen Beruf zu haben, der mich gerufen hat und den ich liebe: die Musik und das Schreiben. Als junger Sinnsucher war mir schon im frühen Alter klar: Was soll uns denn ein Dasein bringen, in dem wir entnervt, als milliardstel Rädchen einer zerstörerischen Maschinerie, mit der Lock-Karotte vor der Nase, zugedröhnt und abgemeldet durch den Kakao einer eiskalten Konsumgesellschaft gezogen werden, bis wir schliesslich in die Grube einchecken, in die wir nie mehr auschecken? Diese brisante Schlüsselfrage stellen sich auch heute wieder viele Jugendliche und Ältere zu Recht.

Es war schon immer schwierig, seinen Eltern oder Vorgesetzten klarzumachen, dass es vielleicht doch noch um etwas anderes als nur ums Gewinnoptimieren, Chrampfen und Funktionieren in dieser Gesellschaft – während der paar Mal 10 000 Tage, die wir haben – geht. Man arbeitet, um jemand zu werden, doch hat man dann keine Zeit, jemand zu sein. Allzu schnell und oft auch notgedrungen sind wir mitten in diesem Konsum- und Karrierewahnsinn gefangen. Ich nenne es das busy-going-nowhere-Syndrom. Wer erkennt schon frühzeitig den Preis, den wir für die fatalen Folgen der eindimensionalen materiellen Übertreibung bezahlen, oder etwa die gefährliche Wirkung dieses alles-ist-möglich-auf-Pump-Leasing-Systems? Buy nowpay neva!! Ein Teufelskreis, der manche Familie ins Elend stürzt! Längst nicht jeder ist stark und clever genug, den verführerisch dargebotenen Magerquark-Leerlauf, der uns seit frühster Jugend verfolgt, zu durchschauen. Die wahren, tiefen Sehnsüchte in uns sind längst zugeschüttet, kaputt stimuliert oder scheinen auf einmal illusorisch oder realitätsfern. Das Traurige daran: Im Inneren entsteht eine Leere, eine dumpfe Resignation oder Wut, die aus dem »Aufsteiger« einen geistigen und seelischen Absteiger macht. Und Hass auf die angeblichen Winner, die Manager mit den Millionenboni zu entwickeln, bringt rein gar nix – das überlassen wir gerne den Linken, die immer wieder verkennen, dass Kapitalismus immer noch um einiges besser ist als Kommunismus. Der wahre Luxus ist heute Zeit, Friede und Freiheit. Got it!?

Eine grosse Hilfe ist Hermann Hesse. Er gibt uns Mut, Trost und Hoffnung, indem er uns zurück zum Einfachen, zu den kleinen Dingen des Lebens führt. Er nimmt das ganze schön gebürstete Scheintheater um den grossen »Fortschritt« auseinander. Und wie! Da führt jeder Satz organisch und natürlich wie von Engeln geleitet zum anderen. Er beherrschte das Handwerk des Schreibens und die deutsche Sprache wie kaum ein anderer, und das Schöne daran: Es dient nicht nur sich selbst, ist keine hirnvermessene, sarkastische Kopfakrobatik mit erfundenen Figuren, die zwar berauschen können, aber uns danach meist leer und ratlos zurücklassen, weil’s nicht lebbar, nicht zukunftsempfindlich ist. Nein, bei ihm geht’s um den Duft eines neugierigen Lebens, der menschlichen Möglichkeiten und dem Auf-der-Kippe-Stehen. Kurz um die gottgegebenen Anlagen in uns und um den Mut, sie zu erkennen und dann zu verwirklichen.

Das Leben ist voller Fallen. Jeder will dir seine Marschroute, seinen Plan reindrücken und man muss schon höllisch aufpassen, seinen eigenen Weg, seinen eigenen Traum und sein Herzfeuer nicht zu verlieren oder zu verkaufen. Auch ich bin vielen Irrlichtern und Blendern gefolgt und vom Wege abgekommen. Zum Glück! So fand ich einiges über mich selbst heraus. Heute sehe ich diese Umwege, diese Bruchstellen und die Selbsthinterfragung nicht als Bedrohung, sondern als Chance, als Teil meiner Entwicklung.

Die Figuren in Hesses Bücher haben mir viel dabei geholfen. Charaktere wie der naturverbundene, fröhliche Vagabund Knulp, der den Sesshaften, Beschäftigten und Bedrückten ein Hauch von Magie und Freiheit bringt, den sie längst vergessen haben.

Dann die tragische, kopflastige Figur des Hans Giebenrath in Unterm Rad. »Keiner sah hinter dem hilflosen Lächeln des schmalen Knabengesichts eine untergehende Seele leiden …« Ausgeleuchtet wird in diesem Buch auch ein fragwürdiges Schulwesen. »Wie ein Urwald gelichtet und gereinigt und gewaltsam eingeschränkt werden muß, so muß die Schule den natürlichen Menschen zerbrechen, besiegen und gewaltsam einschränken; ihre Aufgabe ist es, ihn nach obrigkeitlicherseits gebilligten Grundsätzen zu einem nützlichen Gliede der Gesellschaft zu machen.« Auch heute noch hochaktuell.

Oder die berauschende Sinnsuche des jungen Studenten Emil Sinclair in Demian, der beseelt von seinem inneren Drang nach Wahrheit und Selbsterkenntnis uns an das Licht eines Leuchtturms im grossen Sturm des Lebens erinnert. Schon das Vorwort zu diesem Werk haut einen um: »Mancher wird niemals Mensch, bleibt Frosch, bleibt Eidechse, bleibt Ameise. Mancher ist oben Mensch und unten Fisch. Aber jeder ist ein Wurf der Natur nach dem Menschen hin. Und allen sind die Herkünfte gemeinsam, die Mütter, wir alle kommen aus demselben Schlunde; aber jeder strebt, ein Versuch und Wurf aus den Tiefen, seinem eigenen Ziele zu. Wir können einander verstehen; aber deuten kann jeder nur sich selbst.«

In Demian beschreibt der Autor das Werden der Persönlichkeit, was der einzige, oft schwierige Weg zu einem höheren, wertvolleren Leben ist. Der grosse Feind dieses Prozesses ist die Konvention, die Trägheit und das Flüchten in die Gesellschaft. Hesse betont mit diesem Werk, wie viel sinnvoller es sei, sich mit allen Teufeln und Dämonen zu schlagen, als den Gott der Konventionen anzunehmen. Ich kenne kein stärkeres und wahreres Buch für einen heranwachsenden Menschen.

Dann das wunderbare Siddhartha das einem den Taoismus näherbringt. Der Suchende, über sich Hinauswachsende, wird dem Stehengebliebenen gegenübergestellt, das vergeistigte dem weltlichen und sinnlichen Leben. Ähnlich wie Paulo Coelho mit dem Alchemisten gelingt Hesse hier ein spirituelles Meisterwerk.

Narziss und Goldmund beschreibt die tiefe Freundschaft zwischen einem Geistes- und einem Sinnesmenschen im Mittelalter. Wunderbar!

Der Steppenwolf hatte einen wesentlichen Anteil am weltweiten Ruf des Autors – ein Donnerschlag. Nach der Herausgabe wurde das Werk jedoch sehr widersprüchlich beurteilt: Einerseits erfuhr es scharfe Ablehnung, andererseits begeisterte Zustimmung – diese vor allem in literarischen Kreisen und später in der Hippie-Bewegung. In Amerika verbannten »selbst ernannte Sittenwächter« diesen Steppenwolfaus Bibliotheken. In Colorado wurde dem Roman vorgeworfen, er propagiere »Drogenmissbrauch und sexuelle Perversionen«. Harry Haller erlebt sich als Steppenwolf, als ein Doppelwesen: Als Mensch ist er Bildungsbürger, an schönen Gedanken, Musik und Philosophie interessiert, hat Geld auf der Bank, ist Anhänger von bürgerlicher Kultur und von Kompromissen, Träger bürgerlicher Kleidung und mit normalen Sehnsüchten – als Wolf ist er ein vereinsamter Zweifler an der bürgerlichen Gesellschaft und Kultur, der sich für »ein den Bürgern überlegenes Genie«, einen Aussenseiter und politischen Revolutionär hält. Dieser ewige Gegensatz von Mensch und Wolf, von Geist und Trieb. »Ich war einmal ein Weiser und wusste viel. Ich war schon ganz nah am Ziel. Nun bin ich wieder ein Narr geworden, fange wieder von vorne an. Vielleicht werde ich noch brennen und morden …« Da wird scharf geschossen. Ein Buch für die Ewigkeit.

Und zuletzt Hesses letztes grosses Werk Das Glasperlenspiel, wofür er auch den Nobelpreis bekam. Der Roman entwirft einen zukünftigen Kulturzustand, in dem nichts Neues, Aufregendes, Abenteuerliches mehr entdeckt und geschaffen, sondern nur noch mit dem Vorhandenen »gespielt« werden kann. Das Heraufziehen eines solchen Kulturzustands war die Sorge vieler Intellektueller in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Umgangssprachlich wurde »Glasperlenspiel« daher zum Ausdruck für ein selbstzweckhaftes, eitles und unkreatives Hantieren mit kulturellen Klischees. Die Hauptfigur Josef Knecht ist jedoch derjenige, der sich am Ende von dieser sterilen Gelehrtenwelt abwendet, um sich dem Dienst an einem jungen Manne zu widmen, dem Wanderer, Ringer, Tänzer und Naturburschen Tito. In ihm verkörpert Hesse sein ersehntes Menschenbild der Zukunft. In der Schlussszene des Romans bringt Tito »der Sonne und den Göttern im Tanz seine fromme Seele zum Opfer dar«. Für diesen neuen, naturfrommen Menschen geht sein Erzieher Knecht in den Tod. Fazit: Die Gottheit ist in dir, nicht in den Begriffen und Büchern. Die Wahrheit wird gelebt, nicht doziert. Wirklich grosses Kino dieses Buch. Durch die ersten fünfzig, etwas trockenen Seiten muss man sich erst durchkämpfen oder sie weglassen, aber dann wird man mit einer einmaligen, unvergleichlichen Geschichte belohnt.

Hesses Schaffen, ähnlich wie Chopins Werk, wird oft von den verkopften Kritikern und der arroganten Intellektuellensauna als selbstverliebt und zu romantisch verklärt abgeurteilt. Als wäre sie minderwertig oder Schund, den man sich höchstens bis Mitte zwanzig zu Gemüte führen sollte. Jene Oberlehrer und Gralshüter der reinen Literatur und Musik vergessen dabei aber kalt lächelnd, wie viele Seelen und Herzen Hesse und auch Chopin inspiriert, erfreut und geöffnet haben. Und das ist tausend Mal nährender als alle Hirngespinste und Kopfgeburten einer kranken, zynischen Welt mit all ihren hippen Konstrukten. Jede neue Generation, die sich finden und definieren muss, entdeckt Hesse und Chopin wieder – ihre Stücke werden noch gespielt – noch lange!

Ohne Hesse wäre ich nicht der, der ich bin, hätte meinen Weg vielleicht nie gefunden. Ich kann ihm für die unendlichen Stunden harter Arbeit um das Ringen von Wort und Ausdruck gar nie genug danken. Er war, ist und bleibt mein Stern, meine unversiegbare Quelle in einer konfusen, kranken, oft herzlosen Welt. Oder mit den Worten von Thomas Mann: »›Der Steppenwolf‹ hat mich seit langem zum erstenmal wieder gelehrt, was Lesen heißt.«

FALSCHE SICHERHEIT

Wir leben in einem Land, in dem Meinungsfreiheit immer noch toleriert wird. Doch ich spüre immer mehr ein Klima der Angst, wo der freie Diskurs, wo Stimme und Gegenstimme, der Kontrapunkt, zu wenig kultiviert werden. Halbwahrheiten, Profitgier und Verfilzung nehmen zu.

Gleichgeschaltete, staatsgläubige Medienkampagnen überfluten immer mehr die Schweiz. Egal, ob es sich um politische oder wirtschaftliche Themen handelt.

Nicht mal ein vorübergehendes Berufsverbot konnte Dr. Johann Loibner mundtot machen. Er äussert sich unerschrocken zum Thema: Impfungen waren immer schon umstritten. Die ständig verbreitete Behauptung, die Seuchen seien durch die Impfungen zurückgedrängt worden, ist nicht haltbar. Die sogenannte Antigen-Antikörperreaktion als Grundlage einer sicheren Immunität gegen Infektionskrankheiten ist längst widerlegt. Der Rückgang der Seuchen beruht vielmehr auf veränderten Lebensbedingungen: ausreichende und ausgewogene Ernährung, genug zum Anziehen, menschenwürdiges Wohnen und sauberes Trinkwasser. Kriege und Armut lassen Seuchen jederzeit wieder hervorbrechen. Die Ärzte sollten auf das hören, was die Mütter an ihren Kindern beobachten. Sie sind in Wahrheit die Impfexperten. Eine Impfpflicht ist weder aus drohender aktueller Seuchengefahr zu begründen, noch wäre die Impfung in der Lage, Seuchen zu verhindern. Das sah übrigens auch Mahatma Gandhi so.

Vermutet habe ich das schon immer. Wer bekommt schon gern eine Nadel mit fragwürdigen Substanzen in seinen Körper gesteckt? Trotzdem wurde ich, wie viele andere auch, in meiner Kindheit x-mal geimpft, ohne zu wissen, was mir eigentlich geschah. Gebracht hat es nichts, ausser schlechten Folgewirkungen. Später erfuhr ich, dass der Mensch mit den Mandeln, den Schleimhäuten, dem Atemtrakt und der Magensäure über ein natürliches Abwehrsystem verfügt. Dies kann stärker oder schwächer sein, je nach Lebensstil, Typ und Medikamentenkonsum.

Erreger zur Stärkung des Immunsystems zu spritzen, vor allem bei Kleinkindern, wird zu Recht immer kritischer gesehen. Und es lohnt sich auch mal genau hinzuschauen, wer denn hier an was wie viel verdient und was genau denn Sinn macht bei dieser Impferei.

Wir haben unsere Tochter, ausser gegen Starrkrampf, bewusst nie impfen lassen und sie hat Kinderkrankheiten bestens überstanden. Viele kamen erst gar nicht und sie ist sehr selten krank, was ich auf gesunde Ernährung, genug Bewegung, das Stillen, harmonische Lebensumstände und das Nichtimpfen zurückführe.

Viele Eltern lassen impfen, weil man es ihnen ständig einredet. Aus Erfahrung und von meinen Bekannten weiss ich: Die meisten Ärzte wissen wenig bis nichts übers Impfen. In ihrer Ausbildung wird impfen per se als positiv angepriesen und als Heilsbringer alternativlos durchgewunken. Was mich auch stört, ist der zunehmende Druck von Behörden, Ärzten, Schulen, Kindergärten und dem sozialen Umfeld. Somit ist die Impf-Freiwilligkeit schon heute weitgehend eine Illusion.

Wer genau hinschaut merkt: Es gibt immer mehr Gesetze. Einige sind nötig, viele aber Unfug. Dem neuen Epidemiegesetz stehe ich kritisch gegenüber. Warum? Weil es zu ungenau formuliert ist und dem BAG, das auch unter dem Einfluss der WHO steht, mehr Befehlsgewalt gibt, als gesund ist. So können Behörden unter dem Gummibegriff »Notrecht« ein Impfobligatorium aussprechen, das dann die Kantone umzusetzen haben. Ich vertraue hier dem gesunden Menschenverstand an der Front einiges mehr zu als der Bundesverwaltung.

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