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6.

Am nächsten Morgen suchte Hasard wie versprochen den Hafenkapitän auf, zusammen mit Ben Brighton und Nils Larsen, und erstattete seinen mündlichen Bericht über den Fall Witold Woyda. Ein Sekretär protokollierte seine Aussage, die dann von Hasard, Ben und Nils Larsen unterschrieben wurde.

Die Schaluppe von Eike und dem Boston-Mann war inzwischen vom Hafenkapitän freigegeben worden, und die Seewölfe halfen den beiden Männern, ihr Hab und Gut samt Proviant auf die „Isabella“ zu bringen.

Danach meldeten sich Eike und der Boston-Mann grinsend bei dem dicken Hafenkapitän und verkündeten, daß sie ihm die Schaluppe, wenn auch entmastet, aber dennoch herzlich als Gegenleistung für den angenehmen Zellenaufenthalt in der Kommandantur schenkten. Es sei ein feines Schiffchen, sagten sie, schnell und wendig, so daß man damit sogar Wachboote aussegeln könne. Darum ziele ihr Geschenk auch dahin, das feine Schiffchen künftig als Wachboot einzusetzen und somit die Wachbootflottille zu verstärken. Denn das sei gewiß nötig, weil es immer wieder solche Lausekerle gäbe, die sich um den Sundzoll herumdrücken wollten.

Ganz artig sagten sie das, mit Gesichtern, die ausdrücken sollten, daß sie kein Wässerchen trüben könnten. Richtig fromm und bieder sahen sie aus.

Und der sehr ehrenwerte Hafenkapitän, so sagten sie, möge doch verzeihen, daß sie die Stäbchen in der Zelle auseinandergebogen hätten. Sie würden solches bestimmt nicht wieder tun, nein, ganz gewiß nicht.

Und sie klopften dem Dicken auf die Schulter, weil der am Luftschnappen und am Japsen war.

Gegen elf Uhr am Vormittag wurden die Leinen losgeworfen, und die „Isabella“ und die „Wappen von Kolberg“ richteten ihren Bug dem Kattegat entgegen.

Sverre Olsen, der Wachbootkapitän, und Eric Hornborg, der dicke Hafenkapitän, standen auf der Pier und winkten den beiden Schiffen nach.

„Das sind vielleicht Kerle“, sagte der Dicke, und es war deutlich herauszuhören, daß er das „Das“ betonte und offenbar bedauerte, solche Kerle nicht unter seinem Kommando zu haben.

Sverre Olsen wurde etwas rot und sagte trotzig: „Sie kochen auch nur mit Wasser.“

„Das ja.“ Der Dicke nickte. „Nur ist da gehacktes Blei drin, Blei und Eisen. Und damit gurgeln die jeden Morgen vor dem Frühstück. Und es sollte mich nicht wundern, wenn sie auch noch Schießpulver dazuschütten.“

Das war ein feiner Abgesang auf die Seewölfe und die Männer, die mit ihnen segelten. Schade, daß sie es nicht mehr hörten. Sie hätten sich bestimmt gefreut.

Dafür kriegte jetzt aber – und ziemlich verspätet – Old Donegal Daniel O’Flynn seine Ahnungen, und zwar unter dem Hinweis, sein Holzbein sei arg am Kribbeln.

„Da sind die Holzwürmer drin“, sagte Smoky. „Laß mal sehn. Du weißt doch, das kann man genau feststellen. Ferris sieht das mit einem Blick.“ Und schon brüllte er nach dem Schiffszimmermann.

„Was ist los?“ fragte Ferris Tucker stirnrunzelnd.

„Old Donegal sagt, in seinem Holzbein kribbele was“, erklärte Smoky, „und ich sag, da sind die Holzwürmer drin. Kannst du mal nachschauen? Wenn ja, müßtest du Old Donegal ein neues Holzbein schnitzen, sonst gehen ihm die Biester auch noch an die Wäsche.“

Ferris Tucker fixierte den stämmigen Decksältesten. War der am Spinnen? Oder wollte er den Alten mal wieder auf den Arm nehmen? Aber Smoky schien seinen Quatsch völlig ernst zu meinen. Dabei war es ausgeschlossen, daß Old Donegal was im Holzbein spürte, im Beinstumpf schon, aber nicht im Holzbein direkt. Das gab’s gar nicht, obwohl manche Kerle, die einen Arm oder ein Bein verloren hatten, erklärten, daß sie dort was spürten, wo gar nichts mehr war.

Ziemlich ruppig sagte Ferris Tucker: „Da können keine Holzwürmer drin sein. Das ist gutes, abgelagertes Eichenholz. Ich hab’s damals extra ausgesucht, als sich Old Donegal das Holzbein gebrochen hatte. Ich verpaß ihm kein Gammelholz, in dem die Biester bereits Gänge angelegt haben.“

„Trotzdem“, beharrte Smoky. „Man kann nie wissen. Das war vor einem Monat, als du ihm das neue Holzbein geschnitzt hast. Wenn du ein Bohrloch übersehen hast …“

„Ich überseh keine Bohrlöcher!“ fauchte Ferris Tucker. „Ich hab ja keine Kürbisse auf den Augen.“

„Es kribbelt aber in meinem Holzbein“, sagte jetzt Old Donegal.

„Dann kratz dich da!“ fuhr ihn Ferris Tucker an.

„Also Leute, nur keine Aufregung“, sagte Smoky beschwichtigend. „Krempel mal die Hose hoch, Old Donegal, vielleicht entdecken wir doch was.“

Old Donegal bückte sich und rollte das rechte Hosenbein hoch bis über das Knie. Dann streckte er das Holzbein zur Besichtigung vor. Smoky und Ferris Tucker beugten sich darüber und begannen mit der Untersuchung.

Das geschah alles auf der Kuhl auf der Steuerbordseite, während die „Isabella“ Kullen bereits querab hatte und bei gutem Westwind die Kattegat-Insel Anholt anlag.

Den Freiwächtern war keineswegs entgangen, daß Old Donegal mal wieder im Mittelpunkt eines Disputs stand – Anlaß auch für den einäugigen Carberry, sich der Sache anzunehmen. Auf seine Frage, warum sich Smoky und Ferris die Nasen an Old Donegals Holzbein rieben, erklärte Luke Morgan, daß sie dort nach Holzwürmern suchten, weil Old Donegal behauptet hätte, es kribbele in seinem Holzbein.

„Hat er auch wieder Ahnungen?“ fragte Carberry irritiert.

„Die hat er ja immer bei so was“, sagte Luke Morgan.

Carberry stöhnte und murmelte: „Nun geht die Leier wieder los. Sonst sind’s die Wassermänner oder Schwanzweiber, der Schiffsgeist oder die Kielschweinmännchen, und jetzt sind’s die Holzwürmer.“

„Das mit den Holzwürmern war aber Smokys Idee“, sagte Luke.

„Das ist auch so ein Spinner“, sagte Carberry.

Inzwischen war die Untersuchung beendet, und Ferris Tucker richtete sich wütend auf.

„Nicht ein einziges Bohrloch“, sagte er wütend. „Ich kenn doch meine Hölzer, verdammt und quergespleißt! Aber mich anöden, wie? Holzwürmer! Klar, die habt ihr alle beide, nämlich in euren Holzköpfen! Da rieselt euch schon das Holzmehl aus den Ohren, ihr Blödmänner!“

„Aber es kribbelt“, sagte Old O’Flynn und hatte seinen unheilsschwangeren Blick drauf. „Und wenn’s in meinem Holzbein kribbelt, dann stehen dunkle Wolken an der Kimm!“

„Ich seh keine!“ schnappte Ferris Tucker.

„Ich auch nicht“, sagte Carberry grollend.

Smoky reckte sich den Hals aus, konnte aber auch keine entdecken, weder voraus noch achteraus, noch querab.

„Das ist sinnbildlich gesprochen“, sagte Old Donegal mit Würde. „Aber davon versteht ihr ja nichts. Man muß hinter die Dinge schauen können. Das ist eine Gabe, an der es euch groben Klötzen mangelt. Ich sehe schon, meine Warnungen sind wie immer in den Wind gesprochen.“

„Dann freu dich doch, daß dir wenigstens einer zuhört“, höhnte Ferris Tucker. „Aber vermutlich hängt dem Wind dein Quark auch schon zum Halse heraus, und er pustet dir was!“

Old O’Flynn schnaufte verächtlich, und es war nur Smoky, der sich mal wieder für dessen düstere Andeutungen erwärmte.

„Ich sage euch“, verkündete er, „daß die Kribbelei in Old Donegals Holzbein ein Vorbote ist.“

„Vorbote für was?“ fragte Carberry drohend. „Daß die Kakerlaken Kopfstand üben und die Holzwürmer Sackhüpfen veranstalten, was, wie?“

„Ich weiß auch was“, sagte Ferris Tucker grinsend. „Das ist auch so’n Vorbote. Was ist, wenn die Möwen auf dem Wasser laufen, statt zu schwimmen, eh?“

„Dann gibt’s Sturm“, sagte Smoky düster.

„Quatsch, dann wird’s Zeit, den Kurs zu ändern, du Simpel!“

Die Männer, die sich um die Gruppe versammelt hatten, lachten lauthals los. Old Donegal rümpfte nur die Nase, während Smoky den Schiffszimmermann verdattert anstarrte.

„Versteh ich nicht“, murmelte er. „Wieso wird’s da Zeit, den Kurs zu ändern?“

„Mann, bist du bescheuert!“ röhrte Carberry los. „Wenn die Möwen auf dem Wasser nicht mehr schwimmen, sondern laufen, dann spazieren sie bereits auf ’ner Sandbank oder ’nem Riff rum, die du aber beide nicht siehst, weil sie dich unter Wasser liegen.“

„So was Blödes!“ sagte Smoky wütend, erntete jedoch ein noch größeres Gelächter, wobei es auch an spitzen Bemerkungen nicht mangelte, von denen jene noch die harmloseste war, die besagte, daß Smoky heute wohl seinen denkfaulen Tag habe.

Dem guten Wetter entsprechend war die Stimmung an Bord bestens. Old Donegals Prophezeiungen waren tatsächlich in den Wind gesprochen oder verfingen allenfalls bei Smoky und Paddy Rogers. Und was das Kribbeln in Old Donegals Holzbein betraf, äußerte sich der Kutscher dahingehend, daß dies ein von der Wissenschaft noch nicht ganz geklärtes Phänomen bei abgetrennten Gliedmaßen sei – was ja auch Matt Davies und Jeff Bowie bestätigen könnten. Doc Freemont habe die Ansicht vertreten, es handele sich bei Empfindungen solcher Art um sogenannte Phantomschmerzen, die offenbar von den durchtrennten Nervensträngen des betreffenden Gliedstücks ausgingen, aber keinesfalls von der Prothese, die ja eine tote Materie sei. Allerdings, so führte der Kutscher weiter aus, habe Doc Freemont darauf hingewiesen, daß Phantomschmerzen häufig bei Wetteränderungen aufträten. Aber das konnte die Seewölfe auch nicht weiter erschüttern – sie hatten genug Stürme abgewettert.

Dennoch kriegten sie was auf die Mütze. Das war allerdings drei Tage später, und da hatten sie sich bereits durch den ruppigen Skagerrak gekämpft und standen auf der Höhe von Stavanger an der Südwestküste Norwegens.

Die Knüppelei war losgegangen, als sie Skagen gerundet hatten. Da setzte zwar eine starke Strömung westwärts, aber der Wind hatte zugelegt und stand gegenan, so daß sie kreuzen mußten. Auch das konnte in Kauf genommen werden, nur hatte sich im Skagerrak eine mehr als wüste See aufgebaut – Folge der konträren Richtung von Wind und Strom – und erzeugte eine übel durcheinanderlaufende See.

Die „Isabella“ und die „Wappen von Kolberg“ torkelten wie betrunken, und auf beiden Schiffen waren sofort Manntaue gespannt worden. Natürlich mußte auch alles seefest gezurrt werden. Aus Sicherheitsgründen hatten der Kutscher und Mac Pellew das Feuer im Kombüsenherd gelöscht, und die Seewölfe mußten mit Kaltverpflegung vorlieb nehmen. Auf Arne von Manteuffels Schiff war es nicht anders.

Ein Wesen wurde seekrank, nämlich Plymmie, die Bordhündin der „Isabella“, der die Seebeine für eine solche Torkelfahrt noch nicht gewachsen waren.

Carberry kniff sein eines Auge zu und sah nichts, als Plymmie auf der Kuhl ihren Magen entleerte, festgehalten von den Zwillingen. Die See wischte den Kram ja weg, also konnte man das Auge zudrücken. Außerdem sah das Hundevieh derart leidend aus, daß es einem das Herz umdrehen konnte.

Plymmie wurde nach ihrer Opfergabe unter Deck gebracht und in ihre Hundekoje gepackt, die ihr Ferris Tucker gezimmert hatte. Dort war sie leise am Jaulen und Winseln, ließ sich aber dankbar von Hasard und Philip junior kraulen.

Natürlich war der Kutscher zu Rate gezogen worden, denn die Zwillinge hatten die besorgte Frage gestellt, ob immer damit zu rechnen sei, daß es Plymmie schlecht würde, „wenn’s mal ein bißchen pustet“, wie sich Philip junior ausdrückte.

Aber der Kutscher hatte gemeint, daß Plymmie erst mal die richtigen Seebeine wachsen müßten, dann würde sich das geben. Er konnte da aus eigener Erfahrung sprechen, der Kutscher, denn bei ihm hatte es auch eine Weile gedauert, bis er so richtig seefest geworden war – ohne Opfergaben und so.

„Die einen“, so dozierte er, „spüren überhaupt nichts, und das Extrem zu ihnen sind jene, denen bereits das Essen aus dem Gesicht fällt, sobald sie nur Wasser sehen. Dazwischen gibt es die Gruppe, die sich nach jedem längeren Landfall erst einmal wieder an die Schaukelei gewöhnen muß und zunächst auch dem Meeresgott opfert. Zu dieser Gruppe gehörte ich, und wahrscheinlich müssen wir auch Plymmie zu dieser Gruppe rechnen. Aber ihr seht ja, daß ich von diesem Leiden – und es ist ein echtes Leiden – nicht mehr geplagt werde. Warum sollte es bei Plymmie anders sein?“

Da waren beide doch sehr beruhigt. Nur Hasard junior wollte noch wissen, warum die Seekrankheit ein echtes Leiden sei. Sie selbst, er und sein Bruder, waren nämlich völlig frei davon.

„Nun“, erwiderte der Kutscher nachdenklich, „allgemein äußert sich die Seekrankheit durch Schwindelgefühl, Brechreiz und Erbrechen, Übelkeit, Apathie bis hin zu einem Zustand der totalen Gleichgültigkeit, der sehr gefährlich ist, weil er zur Selbstaufgabe führen kann. Das ist eigentlich ganz klar. Ein Mensch, der die zu sich genommenen Speisen ständig erbricht, wird immer schlapper und willenloser. Natürlich schwinden auch seine Kräfte. Fast ist das mit einem Siechtum zu vergleichen, versteht ihr?“

Sie nickten. Das war schon eine lausige Sache, und sie konnten nur hoffen, daß Plymmie ihr „Leiden“ recht schnell überstand.

Als die Arwenacks und Arnes Männer dann aber nach harter und mühsamer Knüppelei den Skagerrak hinter sich gebracht hatten und auf Nordwestkurs längs der norwegischen Küste brausten, da langte Rasmus, der Windgott, noch einmal zu und präsentierte den Männern einen Sturm, der es in sich hatte. Viel zum Orkan fehlte eigentlich nicht.

Hasard und Arne hatten nicht die Absicht, sich mit Rasmus anzulegen und sich zum Tänzchen aufspielen zu lassen, wobei natürlich die Fetzen fliegen würden – nämlich die Segel von den Rahen. So etwas riskierten nur Vollidioten oder Kerle, denen die See noch nicht den nötigen Respekt beigebracht hatte.

Außerdem hatten sie keinen Leeraum, um vor dem Sturm lenzen zu können, denn an Steuerbord war die norwegische Küste, und die bestand aus granithartem Gestein, bestens geeignet, auch das gute englische Eichenholz in handliche Stücke für den Kamin zu verarbeiten.

So taten sie das, was ihnen letztlich übrigblieb: sie tobten mit einem Affenzahn in den riesigen Bukkenfjord hinein, rasten an Inseln und Schären vorbei, was Old O’Flynn die Haare zu Berge stehen ließ, und gelangten auf Südkurs in die schützende Abdeckung jener Halbinsel, an deren östlicher Innenseite Stavanger lag.

Das schafften sie also wieder mal und verheimlichten sich keineswegs, daß es der Master im Himmel recht gut mit ihnen gemeint hatte. In der Vagen-Bucht, die in die Stadt hineinragt, fanden sie einen Platz an der Pier, und da konnte ihnen der Sturm gestohlen bleiben, weil sie hier so sicher wie in Abrahams Schoß lagen.

Sie atmeten alle auf, zumal der Kutscher und Mac Pellew das Kombüsenfeuer wieder in Betrieb nahmen und damit eine warme Mahlzeit signalisierten.

Was es denn gäbe, erkundigte sich Smoky händereibend und mit lüsternem Blick.

Mac Pellew liebte solche dämlichen Fragen und die Topfgucker, die sie stellten, auf seine Weise und beschied Smoky dahin, daß heute eingelegte Holzwürmer mit gedünstetem Möwendreck serviert würden, eine Spezialität, die allerdings nur von Kennern ausreichend gewürdigt werde.

Und der Kutscher fügte dem hinzu, es handele sich um die Holzwürmer, die Mac und er mittels eines besonderen Verfahrens aus Old O’Flynns Holzbein herausgelockt und sofort geschlachtet hätte.

„Alsdann“, so sagte er, „haben wir sie in Essig und Öl eingelegt, weil das erst den aparten Geschmack gibt, der von den Kennern so geschätzt wird.“

Als Smoky seine rechte Pranke zur Faust schloß, donnerte Mac Pellew das Kombüsenschott zu und riegelte von innen ab. Smoky wurde fuchtig, donnerte seinerseits von außen gegen das Schott und verlangte, daß es sofort wieder geöffnet werden sollte. Schließlich sei er der Decksälteste, so brüllte er, und habe ein Recht darauf, zu erfahren, was der Crew wieder für eine Pampe vorgesetzt würde.

Aber auf das Wort „Pampe“ reagierten Mac und der Kutscher nicht, wie Smoky gehofft hatte. Statt dessen sangen sie gemeinsam ein Lied – was sie in letzter Zeit häufiger taten, wenn sie in der Kombüse das Essen zubereiteten. Das Lied, das sie jetzt zum besten gaben, handelte von einer gewissen Rose, die von einem Seemann verführt und allein gelassen ihre verlorene Unschuld beweint und sich schließlich ins Wasser stürzt. Ein tragisches Schicksal, weiß Gott. Und sie sangen es so, daß es einen Hund jammern konnte, vor allem den langgezogenen Refrain, der da lautete:

„Des Seemanns Treue ist nur Schein.

dein Herz, das wird gebrochen sein!

O Rose, Rose, trau ihm nicht,

weil er nicht hält, was er verspricht!“

Smoky, dem das Drama der Rose völlig schnuppe war – für derlei Gesang hatte er ohnehin nichts übrig –, hatte jetzt Mordgelüste. Entsprechend beklopfte er das Kombüsenschott, das heißt, er trommelte Stakkato. Fluchen und brüllen tat er auch.

Und so schnappte ihn Carberry am Genick und schüttelte ihn ordentlich durch, indessen Mac und der Kutscher ihr Duett zu Ende brachten, aber die letzte Strophe, in der Rose ins Wasser geht, noch einmal wiederholten, weil sie die so schön fanden. Es klang auch so, als ob sie dabei heulten, weil sie von Roses Schmerz und Dahinscheiden so ergriffen waren. Mac versuchte es noch dazu mit der zweiten Stimme, um den tragischen Effekt zu erhöhen. Das ging aber daneben.

Es war mal wieder was los auf der „Isabella“, die gerade erst an der Pier vertäut worden war. Die Leute im Hafen reckten die Hälse und hatten große Ohren.

Darum steckte Carberry wieder einen Anpfiff von seinem Kapitän ein, ob er, zwar einäugig, nicht mehr in der Lage sei, an Bord für Ruhe zu sorgen.

Carberry, der nicht einsah – mit Recht –, warum er sich wegen des tobenden Smoky anpfeifen lassen sollte, besorgte es dem Decksältesten und schleppte ihn anschließend in den benachbarten Krankenraum, wo er sich wieder erholen konnte. Schließlich war der Krankenraum ja für so was da.

Prompt hatte Mac auch das Kombüsenschott wieder entriegelt, was nun wieder Carberry verwunderte, als er sich jetzt die beiden Sänger vornehmen wollte.

„War das Schott gar nicht verschlossen?“ fragte er verblüfft.

„Warum das denn?“ fragte Mac zurück.

„Weil Smoky wie ein Irrer dagegengetrommelt hat.“

„So?“ fragte Mac spitz. „Ich hab nichts gehört. Hast du was gehört, Kutscher?“

„Ich? Nein, was soll ich denn gehört haben?“

„Ihr hattet doch Streit mit Smoky!“ fuhr Carberry Mac an. „Der war doch wie wild, war der. Warum war er das, was, wie?“

„Das weiß ich doch nicht“, sagte Mac beleidigt. „Frag doch den Irren, der muß ja wissen, warum er herumtrommelt, nicht? Und überhaupt, was blökst du mich an, verdammt? Wir schuften hier im Schweiße unseres Angesichts, damit ihr euch mal wieder vollfressen könnt, und schon wird auf einem herumgehackt. Hast du sonst noch Fragen, Mister Carberry? Ich meine, mir ist es doch piepe, wann ihr was zu essen kriegt. He, Kutscher, hör auf mit der Kocherei! Mister Carberry möchte eine Fragestunde abhalten. Das scheint wichtiger zu sein, als daß wir uns um den Fraß kümmern!“ Und Mac Pellew band sich demonstrativ die Schürze ab.

„Mac Pellew“, sagte der Profos leise und drohend, „Mac Pellew, ich verwarnige dich …“

„Verwarne dich“, verbesserte Mac Pellew.

„Wie?“

„Es heißt verwarnen, nicht verwarnigen. Oder ist das was Neues?“

„Mir doch egal“, knurrte der Profos mit funkelndem rechten Auge. „Bind sofort die Schürze wieder um, du Schlot! Oder ich erschlag dich mit der Nudelrolle! Hier wird jetzt gekocht, aber nicht herumpalavert, verstanden?“

„Hab ja kein Schmalz in den Ohren“, maulte Mac Pellew.

„Offenbar doch, wenn du den Krach von Smoky nicht gehört hast. Vielleicht sollte ich dir mit dem Wischer für die 25-Pfünder mal die Ohren ausbürsten, was, wie?“

Mac Pellew wußte sehr genau, wie weit er bei Ed Carberry gehen konnte, bis dem restlos der Kragen platzte. Er betrieb dies auch mit Eifer, ähnlich wie der Kutscher, denn es hatte seinen Reiz, den Geduldsfaden Carberrys ein bißchen zu strapazieren.

Daß dieser Geduldsfaden jetzt straff wie eine Bogensehne gespannt war, entging Mac Pellew nicht, und darum band er sich die Schürze wieder um, schnitt ein beleidigtes Gesicht und widmete sich dem Schneiden von Speckwürfeln, denn der Kutscher und er hatten beschlossen, eine handfeste Erbsensuppe zuzubereiten.

Carberry stampfte weiter über Deck, um für Klarschiff zu sorgen, wozu natürlich gehörte, daß die Mannen gehörig angelüftet wurden. Da war auch etwas Selbstzweck mit dabei. Denn je schneller die „Isabella“ tipptopp aufgeklart war, desto geneigter war der Kapitän, seiner Mannschaft Landurlaub zu gewähren. Und dieses Stavanger schien ein hübsches Plätzchen zu sein, keine verlauste und verluderte Hafenstadt mit Spitzbuben, Herumlungerern und ordinären Dirnen.

Hasard und Philip junior meldeten sich beim Profos und fragten artig, ob sich Plymmie mal die Beine an Land vertreten dürfe – nach dem „Leiden“, das sie ja die ganzen Tage und Nächte über an die Hundekoje gefesselt habe.

Carberry beäugte die Hunde-Lady, die zwischen den beiden stand, mit dem Schwanz wedelte und zum Land schnüffelte.

„Genehmigt“, brummte Carberry, „aber bleibt in Sichtweite der ‚Isabella‘. Und ich bitte mir keine Keilerei mit anderen Lümmeln aus. Ist das klar?“

„Aye, aye, Sir, alles klar!“

Sie strahlten und verschwanden wie Wirbelwinde über die Stelling an Land.

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