Читать книгу: «Seewölfe Paket 10», страница 24

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„Ich verstehe“, sagte Hasard.

„Damit Sie es noch besser und in aller Deutlichkeit verstehen, behalte ich Sie solange hier!“

Er hatte die Worte noch nicht richtig ausgesprochen, als Hasard und Dan plötzlich umringt waren. Musketenläufe bohrten sich ihnen aus allen Richtungen ins Kreuz. Es wäre glatter Selbstmord gewesen, jetzt zur Waffe zu greifen.

Sinona lächelte selbstgefällig und überlegen.

„Sie sind mir zu unsicher, mein Lieber“, sagte er. „Und außerdem zu selbstbewußt. Es ist besser, wenn wir die Fronten jetzt gleich abstecken, ich bin immer für klare Verhältnisse.“

Mit dieser Aktion hatten weder Hasard noch Dan gerechnet. Hinter und neben ihnen erhoben sich zustimmendes Gemurmel und schadenfrohes Gelächter.

Sollten sie lachen, dachte Hasard. Noch war nicht viel verloren, selbst wenn die Dons als nächsten Schritt die „Isabella“ besetzen würden. Denn das hatten sie zweifellos vor.

„Bis die ‚Patria‘ hier eintrifft, mein lieber Morena“, sagte Sinona lachend, „werden wir uns an Bord Ihres Schiffes einquartieren. Und wir werden auch gemeinsam die Brotfrüchte an Bord bringen und verstauen. Ich bin sicher, daß Ihre Leute das billigen und damit auch ein Teil Ihrer Aufsässigkeit verschwindet. Wenn Sie mit dieser Lösung nicht einverstanden sind, brauchen Sie es nur zu sagen.“

„Ich beuge mich natürlich der Gewalt“, sagte Hasard. „Und selbstverständlich einem Vorgesetzten.“

Da Sinona dieser Sinneswandel merkwürdig erschien, drohte er: „Versuchen Sie keinen faulen Trick, Senor. Wir sind fünfzig Leute, ihr seid höchstens halb so viele.“

Das habe ich bemerkt. Wie geht es nun weiter?“

Sinona sagte es ihm.

9.

„Wir fahren mit zwei Booten zum Schiff, und Sie werden Ihre Leute davon in Kenntnis setzen, daß es höchst ungesund wäre, etwas zu unternehmen. Ein Befehl von Ihnen dürfte genügen, falls Sie Ihre lausigen Kerle im Griff haben. Ganz einfach, nicht wahr?“

„Ich werde sie schon beruhigen“, versprach Hasard. „Sie haben alle Respekt vor der Obrigkeit.“

Innerlich schüttelte es den Seewolf immer noch vor Lachen. Gut, Sinona hielt sie für Landsleute, und das ganze Unternehmen für relativ harmlos. Aber er kannte die Seewölfe ja auch nicht.

Die würden den Himmelhunden schon einen heißen Empfang bereiten, darauf konnte er sich fest verlassen.

Sinona nickte überlegen. Gleich darauf ließ er das eine noch intakte Boot mit zwanzig Mann besetzen. In das andere stieg er selbst, sein angeschlagener Profos und noch sechs andere Männer.

Er fühlte sich total überlegen, denn erstens hatte er seine zwei Geiseln, und zum anderen gehörte er der spanischen Flotte an. Das beeindruckte immer, ganz besonders gewöhnliche Handelsfahrer.

Auf sein Kommando legten die Boote ab und pullten der „Isabella“ entgegen. Immer noch hielten drei Seesoldaten ihre Waffen auf Hasard und Dan gerichtet.

„Keine Tricks“, wiederholte Sinona seine Warnung noch einmal. „Sobald wir dicht genug heran sind, reden Sie mit den Leuten, damit keinem die Nerven durchgehen.“

Der Kerl hat die Hosen voll vor Angst, dachte Hasard und warf dem überheblichen Spanier einen Blick zu.

Sinona fühlte sich tatsächlich äußerst unbehaglich in seiner Rolle. Er wurde aus diesem hochgewachsenen, schwarzhaarigen Mann nicht so recht schlau und wußte nicht, wie er ihn einordnen sollte.

Er blickte über die Schulter zurück. Etliche seiner Leute standen immer noch am Strand, weil nicht alle in den Booten Platz hatten. Dann drehte er sich um und blickte auf die „Isabella“.

Am Schanzkleid erkannte er Leute, die ihnen entgegensahen.

Sie trugen keine Waffen, wie er registrierte, er sah jedenfalls keine. Trotzdem wurde er mit jedem Riemenschlag, dem sie sich dem Schiff näherten, nervöser.

Hatte er etwas falsch getan, überlegte er krampfhaft. Liefen sie hier in offene Messer?

Er unterdrückte diesen bänglichen Gedanken und hob wieder stolz den Kopf.

Nein, was sollte schon passieren, dachte er. Die Kerle hatten doch alle Angst vor möglichen Konsequenzen, wenn sie sich weigerten oder einen Angriff vorhatten.

Einen großen Teil der ablaufenden Aktion hatten auf dem Achterkastell der „Isabella“ Ben Brighton, Big Old Shane und der Profos beobachtet. Einiges entzog sich allerdings ihren Blicken.

Noch blieben sie ruhig, doch als sie sahen, daß Hasard und Dan plötzlich von einer ganzen Horde Gestalten umringt wurden, begann es Ben Brighton in den Händen zu kribbeln.

„Verdammt, was hat denn das zu bedeuten?“ fragte er.

„Nur ruhig Blut“, sagte Big Old Shane. „Noch ist gar nichts passiert, warten wir den Lauf der Dinge ab.“

„Deine Ruhe möchte ich haben“, murrte Ben Brighton. „Die Lausekerle haben doch eine Teufelei vor.“

Etwas später sahen sie, wie das Beiboot des Wracks bemannt wurde. Hasard und Dan wurden immer hoch mit Musketen bedroht, und es war ganz offensichtlich, daß ihr Unternehmen mißglückt war.

„Die Kerle wollen zu uns“, sagte Ben. „Ja, was steht ihr denn noch herum! Bereitet alles für einen heißen Empfang vor! Wir können nicht zulassen …“

Big Old Shane, der graubärtige, ehemalige Schmied und Waffenmeister der Feste Arwenack, blieb immer noch die Ruhe selbst.

„Nichts überstürzen“, warnte er. „Im Boot sind etwa zwanzig Kerle.“

„Das Boot können wir mit einem Schuß versenken“, sagte Ben. „Dann sind es nur noch acht oder neun. Die putzen wir weg, ehe sie auch nur geblinzelt haben.“

Shane ließ sich immer noch nicht aus der Ruhe bringen.

„Achtundzwanzig Mann insgesamt“, sprach er ruhig weiter. „Wenn die hier an Deck erscheinen, ist ein großer Teil von ihnen für ein paar Augenblicke hilflos. Die Kerle am Strand können wir vorerst vergessen, die sind zu weit weg. Na, und was tun wir, wenn sie hier antanzen? Wir werden sie ein bißchen durchklopfen, nach feiner, englischer Art. Was meinst du, Ed?“

Der Profos grinste über sein ganzes narbiges Gesicht. In seinen Augen stand ein Wetterleuchten, das Blitz und Donner verkündete.

„Ganz deine Meinung, Shane. Diese spanischen Affenärsche werden bald zum Trocknen in den Wanten hängen. Ich bin auch dafür, daß wir uns vorerst zurückhalten. Hasard weiß, daß er sich auf uns verlassen kann. Wir sind schon im richtigen Augenblick zur Stelle.“

Auch Ferris Tucker war der gleichen Meinung. Sein Grinsen stand dem des Profos in nichts nach.

„Ruhe“, sagte er. „Hasard ruft etwas!“

Sie schwiegen wieder und blickten auf das heranpullende Boot.

„Nicht schießen!“ rief der Seewolf. „Unser Schiff ist vorübergehend requiriert worden. Diese Männer werden jetzt an Bord gehen. Laßt Tampen und Trossen an der Bordwand hinunter. Keinem von uns wird ein Haar gekrümmt. Anschließend Arwenack!“

Sinona sah den Seewolf bei seinem letzten Wort an. Er hatte es nicht verstanden, dafür aber kapierten die Seewölfe um so schneller.

„Jawohl Arwenack“, sagte der Profos grinsend. „Das ist ein Wort, das gilt etwas bei uns.“

Arwenack, das war der Schlachtruf der Seewölfe, und wenn der ertönte, dann gab es Kleinholz, dann drehten die Seewölfe auf wie tausend wilde Teufel.

„Na also“, sagte Shane gelassen. „Das eine Boot wird gleich anlegen, und wenn die Kerle dann weiterhin mit ihren Musketen herumfummeln, lassen wir sie in die Mündung blikken, während die anderen aufentern. Sie werden sich bei uns so richtig heimisch fühlen.“

„Ist auch alles in Ordnung?“ fragte Brighton und gab seiner Stimme einen leicht ängstlichen Klang. „Wird man uns wirklich nichts tun?“

Sinona fiel bei diesen Worten ein Stein von der Seele. Die Komplikationen, die er insgeheim befürchtet hatte, waren schneller als erwartet ausgeräumt.

„Ganz bestimmt nicht“, versicherte Hasard. „Und jetzt laßt die Tampen an der Bordwand runter.“

Sinona sah sich immer noch die Kerle hinter dem Schanzkleid an. Nein, keiner war bewaffnet, und er sah auch nicht mehr als höchstens ein Dutzend Leute. Wenn er also Capitan Morena und seinen zweiten Mann weiterhin mit der Waffe bedrohte, konnten zwanzig seiner Leute gleichzeitig aufentern und an Deck springen. Damit war jede weitere Gefahr gebannt.

„Laßt noch mehr Tampen hinunter!“ rief er Ben Brighton zu. „Die Leute aus dem einen Boot entern gleichzeitig auf.“

„Wie Sie wünschen!“ rief Ben zurück.

Die Tampen wurden ausgelegt, gleich darauf hatte das eine Boot die Bordwand der „Isabella“ erreicht.

„Jeder Mann an einen Tampen!“ befahl Sinona. „Und ich warne noch einmal ausdrücklich vor jeder Unbesonnenheit.“

In Hasards Augen blitzte es auf, als die ersten acht Männer die Tampen ergriffen, das Boot ein Stückchen weiter pullte, und die nächsten folgten. Jetzt hingen sie wie eine dunkle Traube an der Bordwand, bereit zum Aufentern.

„Man könnte die Tampen jetzt durchschneiden“, überlegte der Profos, „aber dafür sind sie zu schade, und die Kastanienfresser würden nur ins Wasser fallen. Nein, nein, anders ist es besser, dann können wir jedem einzeln die Haut in Streifen von seinem karierten Affenarsch ziehen.“

„Zurücktreten!“ brüllte Sinona den Seewölfen zu und registrierte zufrieden, daß sie alle höflich zurücktraten.

„Aufentern!“ befahl er und fühlte sich hervorragend in seiner Rolle als Oberbefehlshaber.

Während die Meute wieselflink aufenterte, blickten sich Dan und Hasard unauffällig an. Sie wußten, was sie zu tun hatten, sobald die ersten Kerle an Deck waren. Sie waren so gut aufeinander eingespielt, daß sie sich auch ohne Worte verstanden.

An Deck der „Isabella“ hatte man es längst verstanden. Zwanzig Seesoldaten erreichten gleichzeitig den Handlauf des Schanzkleides, zogen sich hinauf und sprangen flink an Deck.

Was dann folgte, war ein Geschrei aus zwanzig Kehlen, so laut und gellend, wie man es in dieser Bucht noch nie gehört hatte.

Auf den Planken der Kuhl lagen Ferris Tuckers Piratenschuhe, die Nagelbretter, deren Sinn der alte O’Flynn nicht begriffen hatte. Ferris hatte sie schon lange anfertigen wollen, aber es immer wieder hinausgeschoben.

Jetzt lagen sie säuberlich ausgerichtet auf den Planken, und zwanzig brüllende Spanier sprangen genau in die Nagelbretter hinein.

Bei denen, die noch Stiefel trugen, war das Geschrei nicht so groß. Aber einige waren barfuß, und nachdem sie in den Nägeln gelandet waren, brüllten sie wie am Spieß und hüpften schreiend und kreischend herum.

Die anderen konnten sich nicht bewegen, denn ihre Stiefel steckten in den Nagelbrettern. Sie empfanden den Schmerz genauso übel, doch sobald sie einen Schritt taten, um sich aus den höllischen Dingern zu befreien, fielen sie der Länge nach hin.

Der Profos sah es mit sichtlichem Wohlbehagen.

Er hatte einen Belegnagel in der Hand und gab den Seewölfen ein Zeichen.

„Ar-we-nack!“ schrie er zornig.

Dann ging es los. Zur Sache, wie Smoky sagte.

Carberry knöpfte sich den ersten vor. Es war ein bärtiger Spanier, der wie besessen auf einem Bein herumhüpfte und seinen Schmerz in die Bucht überlaut hinausbrüllte.

„Ein lausiger Tag für dich, mein schmieriges Söhnchen“, sagte der Profos, aber gleich sind deine Schmerzen weg!“

Er hatte Spanisch gesprochen, so gut er konnte, und der Don verstand ihn auch. Er heulte noch lauter.

Als Ed ihm jedoch den hölzernen Belegnagel an den Schädel drosch, empfand der Don gar keinen Schmerz mehr. Er verdrehte die Augen und streckte sich der Länge nach auf die Planken.

Carberry war schon bei dem nächsten. Er packte den schreienden und total überraschten Mann am Hosenboden und mit der anderen Hand am Genick, drehte ihn in die Waagerechte und rammte ihn ans Schanzkleid, daß die ganze „Isabella“ erzitterte.

Old O’Flynn ließ sich den Spaß auch nicht entgehen. Der Alte griff zu einem Fall, stieß sich mit dem Holzbein von den Planken ab und segelte in einem eleganten Bogen dicht am Schanzkleid in einem Yard Höhe entlang.

Vor vielen Jahren hatte er das Holzbein immer auf dem Rücken seines Sohnes tanzen lassen. Diesmal sah er die Sache internationaler und mähte die immer noch in den Nagelbrettern steckenden Spanier reihenweise um.

Ein unbeschreibliches Geschrei herrschte auf der Kuhl. Die hilflosen Spanier brüllten ihre Wut und ihren Schmerz hinaus und waren kaum in der Lage, sich zu wehren.

Matt Davies hielt einem unrasierten Seesoldaten seine scharfgeschliffene Hakenprothese unter die Nase.

„Jetzt gibt’s gespickten Braten“, versprach er dem schreienden Mann. „Spanischen Satansbraten, verstehst du!“

Der Unrasierte kreischte voller Angst. Unten stand er in den verdammten Nagelbrettern, und vor seinem Gesicht stand noch mal ein so scharfgeschliffenes Ding.

„Ob du verstehst, habe ich gefragt?“ brüllte Matt Davies.

„Si Senor, si caballero!“ schrie der Spanier.

„Was bin ich, ein Caballero?“ schrie Matt. „Nimm das für deine Beleidigung!“

Dem Spanier krachte das umgedrehte runde Ende des Eisenhakens genau unter das unrasierte Kinn, und er steckte sich mit einem tiefen Seufzer auf den Planken aus.

Matt Davies war schon beim nächsten und sah voller Anerkennung, wie die Spanier einer nach dem anderen dezimiert wurden.

Smoky haute rein, der Schmied von Arwenack drosch seine gewaltigen Fäuste auf die Köpfe der Spanier. Sam Roskill, Luke Morgan, Pete Ballie und der alte Segelmacher Will Thorne hieben drauflos, daß dem Profos das Herz im Leibe lachte.

Der Moses Bill mischte kräftig mit, und ihm fiel die Aufgabe zu, die in der Kuhl liegenden Spanier aufzusammeln und auf dem Vordeck zu stapeln, wo Gary Andrews und Blakky darauf lauerten, daß sie wieder aufstanden.

„Sobald sich einer rührt, gibt’s was auf die Hörner“, sagte Gary.

„Und nicht vergessen, immer dabei Olé zu schreien“, setzte Blacky hinzu.

Einer der Spanier hatte sich aus den Piratenschuhen befreien können. Er humpelte an Deck herum, hielt sich sein blutendes Ohr fest und schrie laut.

„Mein Ohr!“ brüllte er und humpelte auf den Profos zu. „Ich hab mein Ohr verloren!“

Carberry stemmte die mächtigen Arme in die Seite und sah den Kerl gelassen an.

„Na, und?“ sagte er. „Hier gibt’s sowieso nicht viel zu hören, außer deinem Geschrei. Scheiß auf dein Ohr!“

„Da war ein goldener Ring drin“, winselte der Mann.

„Ein Rübenschwein wie du braucht keine goldenen Ringe“, sagte der Profos. „Die sind doch bloß geklaut. Aber du kannst es natürlich suchen. Wahrscheinlich liegt es da draußen im Wasser.“

Er packte den Spanier mit seinen großen Fäusten, hob ihn hoch, knallte ihn wieder auf die Planken zurück, damit der Schwung besser stimmte und warf ihn dann mit einem gewaltigen Satz über Bord. Dann wischte er sich die Hände an der Hose ab und sah sich um.

Das Ergebnis war bestürzend, fand er. Da freute man sich auf eine handfeste Keilerei mit diesen lausigen Kanalratten, und jetzt war keiner mehr da.

Dafür stapelte sich auf dem Vordeck ein netter Berg aus geschlagenen, verprügelten Spaniern, die wehleidig jammerten und nicht mehr auf eigenen Beinen stehen konnten.

„Das ging viel zu schnell“, sagte der Profos mißmutig zu dem Decksältesten Smoky. „So was muß man genießen und nicht immer gleich wild drauflosdreschen, ihr Egoisten.“

„Du hast immerhin drei Mann zusammengedroschen“, maulte Smoky. „Da bleibt ja für unsereinen nichts mehr übrig.“

„Wir haben noch die Landreserve“, sagte der Profos, „die Kerle in dem anderen Boot sind ja leider auch ausgefallen.“

10.

Das war tatsächlich der Fall, denn die Dinge hatten sich zur selben Zeit abgespielt, und es ging alles erstaunlich schnell.

Als das Geschrei schlagartig aus zwanzig Kehlen erfolgte, war der spanische Kapitän wie gelähmt.

Er verstand nicht, daß seine Leute plötzlich brüllten, als würden sie am Spieß gebraten, zumal ihnen keiner etwas tat.

Das begriff er einfach nicht, und als er endlich merkte, daß sie in die Falle gegangen waren, da war es für ihn und die restlichen Männer in dem Boot längst zu spät.

Hasard hatte ja etwas erwartet und wußte, daß die Seewölfe sich keinen Augenblick kampflos geschlagen geben würden, aber das urplötzlich einsetzende Geschrei verwunderte auch ihn.

Daher nutzten sie den Augenblick.

Vor Schreck hatten ihre Bewacher die Musketen gesenkt und starrten sprachlos aus offenen Mündern auf die Szene, die da vor ihren entsetzten Augen ablief.

Hasard schlug hart aus dem Schultergelenk zu und erwischte einen der Spanier, dem die schwere Muskete entglitt. Der Mann riß durch den harten Schlag einen anderen mit um.

Während der eine über Bord fiel, geriet das kleine Boot ins Schaukeln, und damit hatten die anderen nicht gerechnet, weil alles so schnell ging.

Dan drehte sich blitzschnell um, hieb dem spanischen Kapitän erst die linke, dann die rechte Faust in den Magen und schlug ihm die Fäuste ins Genick, als er zusammensackte.

Dan war ein guter, harter und schneller Kämpfer, und er verschenkte nichts. Schon flogen seine Fäuste dem zweiten Spanier an den Schädel, der mit einem Stöhnen zusammenbrach.

„Hinter dir!“ schrie der Seewolf, der gerade einen weiteren Spanier bediente, der in panischer Angst zurückschlug.

Eine Sekunde lang war Dan abgelenkt.

Das genügte dem bulligen Profos, der mit einem Satz über die Ducht flankte und eine der fallengelassenen Musketen von der Gräting ergriff. Er drehte sie um und holte zu einem mörderischen Schlag aus, der Dans Schädel in zwei Teile gespalten hätte.

Der Warnruf des Seewolfs erfolgte gerade noch rechtzeitig.

Dan O’Flynn ließ sich blitzschnell zur Seite fallen, und so entging er dem tödlichen Schlag um Haaresbreite.

Die schwere Muskete sauste nieder und fetzte Holzsplitter aus dem Boot. Der Schlag war mit solcher Wucht geführt, daß der bullige Profos das Gleichgewicht verlor.

Aber er war wendig und schnell und stand schon wieder auf den Beinen.

In solchen Situationen hatte Dan O’Flynn, damals noch das Bürschchen genannt, schon immer rot gesehen. Diesmal war die Farbe noch viel greller.

Er fintete, nahm die Faust zurück und ließ den Profos in die andere rennen, mit der er nicht gerechnet hatte. Dem Profos knallte die Faust auf die breite Nase, und der harte Schlag trieb ihm die Tränen ins Gesicht.

Er brüllte auf und schlug zurück.

Dan war eine Idee schneller, und so zischte die Faust wieder dicht an seinem Schädel vorbei, und er spürte noch den Luftzug.

Dann landete er seinen zweiten Schlag auf der Nase, genau an derselben Stelle. Er war so hart geführt, daß Dan das Gefühl hatte, sein Schultergelenk würde ausgerenkt. Jeden Nerv spürte er im Arm.

Den Profos warf dieser harte Schlag über Bord. Mit nach hinten geneigtem Schädel flog er ins Wasser, tauchte wieder auf und begann zu paddeln.

Er hielt auf Land zu und stieß laute Flüche aus.

Jetzt war nur noch ein einzelner Mann übrig, und als der sah, wie die beiden vermeintlichen Landsleute hier gewütet hatten, erfaßte ihn nackte Angst.

Nein, hier kämpften Teufel, dachte er. An Bord waren Teufel und hier auf dem Boot befanden sich die Höllenfürsten persönlich, die alles kurz und klein schlugen.

Noch bevor Hasard sich ihm zuwandte, duckte er sich und sprang freiwillig ins Wasser. Dann schwamm er seinem Profos nach, der immer noch lästerliche Flüche ausstieß.

„Alles in Ordnung?“ fragte Hasard.

„Alles in bester Ordnung“, sagte Dan schnaufend. „Und bei dir, Sir?“

Der Seewolf lächelte, daß seine weißen Zähne blitzten. Er strich sich die schwarzen Haare aus der Stirn und deutete auf die „Isabella“, auf der jetzt das Geschrei verstummt war.

„Alles klar, Dan. Ich habe nur einen leichten Treffer abgekriegt. Aber den Kerl nehmen wir jetzt mit. Wir werden ihm seine Hinterhältigkeit nachdrücklich austreiben, damit sein Größenwahn in erträglichen Grenzen bleibt.“

„Und die anderen?“ fragte Dan.

„Nehmen wir auch mit. Los, pullen wir.“

Sinona war immer noch bewußtlos. Seine Mundwinkel zuckten und seine Hände bewegten sich, aber er befand sich noch in einer anderen Welt und würde noch eine Weile zur Rückkehr brauchen.

Als sie an der Bordwand anlegten, nahm Carberry ihnen die bewußtlosen Männer ab und hievte sie hoch. Als auch Sinona oben war, folgten Hasard und Dan.

„Eine feine Sache, Sir“, sagte der Profos strahlend. „Die Kerle habt ihr schnell erledigt.“

„Ihr habt euch auch ziemlich beeilt“, erwiderte Hasard. „Weshalb schrien denn die Burschen so entsetzlich? Sind die in brennende Holzkohle getreten?“

Carberry hob grinsend eine Planke hoch, die mit Nägeln über und über gespickt war.

„Stammt von Ferris“, sagte er trokken. „Und die Dons liefen wie blinde Hühner hinein.“

Dan lachte laut los, während Hasard belustigt den Kopf schüttelte.

„Das ist allerdings mehr als unangenehm“, sagte er. Dann deutete er auf Sinona.

„Das ist der Kapitän. Bindet ihn an den Fockmast. Die anderen Kerle verschwinden in der Vorpiek.“

„Alle?“ fragte Ed.

„Alle, bis auf den Kapitän. Dem werden wir noch eine kleine Predigt halten.“

„Soll er ausgepeitscht werden, Sir?“

Der Seewolf schüttelte den Kopf. „Nein, das nicht. Wir werden die Burschen noch einfangen, die an Land herumstehen und nicht wissen, was sie tun sollen. Danach werden wir die gesamte Clique auf der benachbarten Insel aussetzen, damit sie hier kein Unheil mehr anrichten. Allerdings nehmen wir ihr Boot mit, damit sie keine Möglichkeit haben, zu verschwinden. Und nun packt die Burschen und bringt sie nach vorn. Zwei Mann werden sie bewachen, Smoky und Stenmark. Wie viele sind es?“

„Neunzehn, Sir. Einer ist noch unterwegs und sucht sein Ohr, das er verloren hat.“

„Sein Ohr?“ fragte Hasard.

„Naja, da war angeblich ein goldener Ring drin, nur deshalb. Er ist schon fast am Strand, also wird er es auch finden.“

Viele der Spanier waren wieder auf den Beinen, aber sie sahen aus, als wären sie in Windmühlenflügel geraten. Einigen schwollen die Gesichter an, andere blinzelten ängstlich aus zugeschlagenen Augen, und wieder andere hielten sich die Hände über den Schädel.

Der Profos musterte sie gallig.

„Wie kann man bei solch herrlichem Wetter nur an Kopfschmerzen leiden, ihr Hosenscheißer“, sagte er. „Oder waren euch eure Helme zu eng, was, wie?“

Sie zuckten vor ihm zurück, denn schließlich hatten viele am eigenen Leib erfahren, wie dieser Narbenmann mit dem gewaltigen Amboßkinn mit ihnen umsprang. Und wenn er die Augen zusammenkniff und die Hände in die Hüften stemmte, dann sah er so aus, als fresse er täglich einen Spanier nach dem anderen.

Immer noch nahmen sie an, daß es Landsleute waren, aber einer war dabei, der dem Braten nicht mehr so richtig traute, denn er hatte in dem Kampfgetümmel ein paar englische Worte vernommen, und jetzt wußte er überhaupt nicht mehr, was hier gespielt wurde.

Die Spanier wurden in die Vorpiek getrieben. Sie hatten ängstliche Gesichter und gehorchten jedem Wort, das Smoky oder Stenmark sagte.

Als sie alle verschwunden waren, band Ferris Tucker den Kapitän an den Mast. Dann goß er ihm einen Eimer Wasser über den Schädel, bis Sinona endlich die Augen aufschlug und verwirrt um sich blickte.

Er brauchte noch ein paar Minuten, ehe er wieder klar denken konnte. Er blickte auf die Kuhl, sah keinen einzigen von seinen Leuten und war sicher, daß er jetzt zumindest ausgepeitscht oder aber gar gefoltert werden würde.

Mit einem Schrei auf den Lippen versuchte er, sich loszureißen, doch die Stricke saßen fest.

„Nun, mein lieber Sinona“, sagte Hasard freundlich. „Jetzt hat sich der Wind wieder gedreht, und Sie werden merken, daß ich auch weiterhin das Kommando habe. Halten Sie den Mund“, sagte er, als Sinona etwas erwidern wollte. „Sie antworten nur, wenn ich Sie frage, und dann antworten Sie ehrlich!“

„Sinona heißt der Kerl“, sagte der Profos zu Ben Brighton. „Das wird sicher ein Halbbruder von Medina Sidonia sein, was den Namen betrifft, oder ein abgebrochener Enkel.“

„Sie sprachen von einer Insel, die Sie irrtümlich anliefen“, fuhr Hasard fort, ohne die Worte des Profos zu beachten. „Wie groß ist diese Insel, und wie weit ist sie entfernt?“

„Nur ein paar Stunden“, sagte der Spanier. Immer noch stand nackte Angst in seinem Gesicht. „Sie ist nicht sehr groß, es lebten nur ein Dutzend Eingeborene dort.“

„Lebten?“ fragte Hasard gefährlich leise. „Heißt das, sie leben jetzt nicht mehr?“

„Sie flüchteten, als wir die Insel anliefen.“

„Das werde ich überprüfen“, versprach Hasard. „Sie haben natürlich alles plündern lassen, nicht wahr?“

Sinona wand sich unbehaglich in seinen Stricken.

„Meine Leute haben ein paar Nüsse mitgenommen – und eine Handvoll Hühner, die da herumflatterten.“

Hasard sah den Kerl voller Verachtung an.

„So wie ich Sie einschätze, haben Sie alles zerstört. Wahrscheinlich selbst die armseligen Hütten der Insulaner. Ist das richtig?“

„Meine Leute“, sagte Sinona lahm, „ich habe es nicht gesehen.“

Er versuchte, dem Seewolf in die Augen zu blicken, aber er schaffte es nicht, er hielt dem Blick nicht stand.

„Wir sind doch Landsleute“, sagte er sehr leise. „Wir können uns doch nicht gegenseitig behindern, nur weil ein paar Insulaner …“

Verwirrt sah er sich um, blickte von einem zum anderen und sah in harte, abweisende Gesichter.

Da versetzte Hasard ihm den nächsten Schlag.

„Landsleute?“ höhnte er. „Mein lieber Sinona, Sie befinden sich an Bord einer englischen Galeone. Hier gibt es nur die Spanier an Bord, die eben Prügel bezogen haben.“

Er ließ die Worte wirken und sah den Spanier unverwandt an.

Sinonas Lippen bewegten sich, seine Augen irrten hin und her, er wollte es nicht glauben, andererseits war an den Worten des schwarzhaarigen Mannes nicht zu zweifeln, der hatte nicht den geringsten Grund, ihm etwas vorzulügen.

Sein Gesicht nahm eine ungesunde graue Farbe an. Dann schoß ihm eine Blutwelle über das Gesicht, und er begann zu würgen.

„Das ist nicht wahr, Senor.“

Er zitterte so stark, daß er nicht weitersprechen konnte. Der Gedanke, der ihn überfiel, war so ungeheuerlich, daß er ihn nicht zu Ende denken mochte.

„Engländer“, wiederholte er tonlos nach einer Ewigkeit. „Das Schiff heißt ‚Isabella‘ und Sie – Sie sind …“

„El Lobo del Mar“, sagte der Profos grinsend. „Der Seewolf, du Rübenschwein, jener Seewolf, der eurer Allerkatholischsten Majestät immer wieder zu Magenschmerzen verhilft und euch Affenärschen die Haut abzieht. Und jetzt reiß nicht gleich den Mast aus dem Kielschwein, du verlauste Wanderratte.“

Selten hatten die Seewölfe eine derartige Betroffenheit im Gesicht eines Mannes gesehen, wie es hier der Fall war.

Sinona bäumte sich auf, und es sah wirklich so aus, als wollte er vor lauter Angst den Mast aus dem Kielschwein reißen.

„Dann werden wir alle hängen“, murmelte er mit zuckenden Lippen. „Wir sind verloren.“

„Sie sind verloren“, wiederholte Hasard. „Verlorene der Meere, Verdammte der Inseln. Haben Sie schon Brotfruchtpflanzen ausgraben lassen?“

„Bevor wir Ihr Schiff sahen“, hauchte der Kapitän entnervt. „Aber nur ein paar, wir wollten noch warten.“

„Dann werden Sie sämtliche Pflanzen wieder an Ort und Stelle eingraben, und zwar Sie persönlich, und mein Profos wird dabeistehen und die Arbeit überwachen. Sie sind mir für jede einzelne Pflanze persönlich verantwortlich. Haben Sie das begriffen?“

„Ja“, kam es kläglich über Sinonas Lippen. „Ich werde alles tun, bevor Sie mich hängen.“

„Das würde ich Ihnen auch empfehlen. Mit einem guten Gewissen hängt es sich viel ruhiger“, sagte Hasard.

Sinona rang sich zu einem Entschluß durch. Er zitterte immer noch sehr stark, und sein Blick irrte hin und her.

„Würden Sie mir Pardon gewähren, Senor?“ fragte er bebend.

„Das Wort kenne ich nicht. Es fehlt in meinem Sprachschatz.“

„Ich weiß“, murmelte der Spanier. „Ich weiß es, aber ich habe Angst um mein Leben.“

„Das hat jeder. Sogar die Insulaner haben Angst um ihr Leben und um ihre Existenz, wenn man ihnen die Grundlage dazu entzieht.“

„Ich flehe Sie an, Senor, bitte. Ich will nicht hängen, nein, ich will nicht hängen!“ schrie er laut.

Niemand dachte auch nur entfernt daran, ihn zu hängen, Hasard hätte ihn nicht einmal auspeitschen lassen. Aber das wußte dieser Don natürlich nicht, und so wurde seine Angst immer größer, und er versuchte erneut, sich von seinen Stricken loszureißen, um wenigstens über Bord springen zu können.

Da müssen ja schöne Schauergeschichten über El Lobo del Mar in Umlauf sein, dachte Hasard. Ganz besonders bei den Spaniern, die ihn schon lange zu ihrem Todfeind erklärt hatten.

Er sah Sinona noch vor sich, arrogant und überheblich, wie er die „Isabella“ requirieren wollte, und bei diesem Gedanken lachte er leise.

Sinona nahm es jedoch als Beweis dafür, daß er bald hängen würde, und diese unbeschreibliche Angst ließ ihn fast wahnsinnig werden.

„Ich habe noch einen Beutel Perlen an Bord der ‚Kap Hoorn‘ versteckt“, sagte er. „Er befindet sich in meiner Kammer. Niemand weiß es. Den gebe ich Ihnen für mein Leben.“

Hasard sah seine Männer der Reihe nach an, wie sie verächtlich auf den zitternden Kerl blickten.

„Ach, Sie möchten sich freikaufen?“

„So ist es, Senor“, keuchte Sinona.

„Mag einer von euch Perlen?“ fragte Hasard die Seewölfe.

Alle schüttelten die Köpfe.

Da sah Sinona ein, daß seine letzte Stunde geschlagen hatte. Nein, dachte er, dieser schwarzhaarige Teufel kannte keine Gnade. Er hatte ihn beleidigt, und jetzt erhielt er die Rechnung von ihm. Namenlose Angst würgte ihn, er lief grünlich an, und danach wich wieder alle Farbe aus seinem Gesicht.

Nie im Traum hätte er daran gedacht, sich einmal an Bord jenes Schiffes zu befinden, das dem Seewolf gehörte, über den soviel Gerüchte und Legenden kursierten.

„Bindet ihn los und bringt ihn ins Boot“, sagte Hasard. „Und damit Sie nicht mit vollen Hosen von Bord gehen, Sinona, verspreche ich Ihnen, daß Sie nicht hängen werden. Auch Ihre Leute nicht. Wir werden Sie auf der Nachbarinsel aussetzen oder auf einer anderen, die nicht bewohnt ist, damit Sie keinen Schaden mehr anrichten können und die Insulaner um ihre Existenz bringen. Aber zuvor regeln Sie das mit den Brotfruchtpflanzen und sorgen dafür, daß Ihre Leute am Strand die Waffen niederlegen, sonst erleben Sie die Hölle.“

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ISBN:
9783954394999
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