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Blinker, Scheibenwischer und Polizei


Noch ist die zukünftige Pistenkuh ein „stinknormaler“ Land Cruiser

Blinker, Scheibenwischer und Polizei

Der Jetlag war nach vier Tagen vergessen. Die Fahrzeugübergabe ging schnell über die Bühne. Frank und Christine brachten uns den Land Cruiser gegen elf Uhr zum Camp und alles war wie zugesichert.


Ein erstes Foto von der zukünftigen kleinen Pistenkuh

Wir haben den beiden zwar angeboten, sie zum Hotel zu fahren, aber sie wollten lieber ein Taxi nehmen. Dann machen wir die Probefahrt eben allein.

Etwas ungewohnt mit der linken Hand zu schalten, aber kein Problem. Größere Probleme bereitet mir das Blinken. Statt dem Blinker setze ich immer wieder den Scheibenwischer in Betrieb.

Das blau weiße „ALDI“ Schild zieht mich magisch an. Hat auf mich die gleiche Wirkung wie Müllsäcke auf spanische Straßenköter. Blinker rechts, in die Seitenstraße abgebogen und gleich die rote Kelle der Polizei.

„Fahren Sie bitte links ran und machen Motor und Wischer aus.“

„Oh shit, ich habe nicht geblinkt, bin gespannt, was das hier kostet“, geht es mir durch den Kopf.

„Haben Sie das Schild ‚Rechts abbiegen verboten’ nicht gesehen?“

„Nein, wo?“

„Gleich da vorn, wo Sie ohne zu blinken abgebogen sind.“

„Nein, Entschuldigung.“

„Bitte Ihren Führerschein.“

„Sorry, den habe ich auf dem Campingplatz liegen gelassen.“

„Ist das Ihr Fahrzeug?“

„Ja, aber ich bin noch nicht als Eigentümer registriert, ich habe es erst seit zehn Minuten.“

„Auf wen ist denn das Fahrzeug zugelassen?“

„Frank aus Bonn, seinen Nachnamen und Adresse habe ich mir nicht behalten. Alle Papiere liegen auf dem Campingplatz. Ich weiß nur, er heißt Frank.“

„Da kommt ja ganz schön was zusammen. Wie lange sind Sie in Australien?“

„Der Tageskilometerzähler zeigt 1,4 Kilometer, wir sind vor vier Tagen gelandet.“

„No worries, willkommen in Australien, dann ist das hier das Begrüßungsgeschenk der Polizei, achten Sie demnächst auf die Verkehrszeichen, too easy.“

„Too easy?“ wiederhole ich ungläubig, „Yeap, tschüss.“

Einige Dinge von unserem Vorgänger gehen sofort über Bord, die Angelausrüstung, ein riesiger Tisch, eine Matratze und Kleinkram. Wir wollen Platz im Auto haben und vor allem soll der Cruiser leichter werden. Hinzugekommen ist vor allem stabiles Werkzeug wie Ratschenkasten, Zangen, Ring- und Maulschlüssel, Sandbleche, stabile Schaufel, Spannbänder, 220-Volt-Wandler zum Laden der Akkus für die Kamera, um möglichst von Campingplätzen unabhängig zu sein.


Im ersten Schritt wird die Pistenkuh „geliftet“

Wir schlafen am besten im Bett unterm Dach, den Tisch im Fahrzeug brauchen wir nicht, also weg damit. Der Land Cruiser ist mit der Serienbereifung ausgerüstet, wie er auch bei Britz vermietet wurde. Um eine bessere Geländetauglichkeit zu erreichen, lassen wir neue Räder montieren, größere und etwas breitere. Damit diese in die Radkästen passen, muss die Karosserie etwas angehoben werden. In einer kleinen Werkstatt sind die Arbeiten an einem halben Tag gemacht. Mittags ist ein neues Fahrwerk (Federn und Dämpfer) von „Ironman“ eingebaut, der Body kam 50 mm höher und wir konnten so Reifen der Größe 285/​75R16 mit einem MUD-Profil auf neue Felgen aufziehen.

Alles meins, alles


Es ist vollbracht. Die kleine Pistenkuh ist lila

Alles meins, alles

Damit aus dem HZJ eine kleine Pistenkuh wird, fehlt jetzt nur noch die lila Farbe. Wir wollen den Land Cruiser mit Farbrolle und Pinsel streichen, so wie man zuhause die Raufaser tüncht. Pinsel, Rolle und Schleifpad sind schnell im Baumarkt gekauft. Einen Autolackhandel zu finden, der uns den Acryllack im entsprechenden Farbton mischt, war schon schwieriger, aber auch das hat geklappt. Es fehlt jetzt nur noch der Ort, an dem wir die Malerarbeiten durchführen können. Die erste Idee ist naheliegend: auf dem Campingplatz. Der Manager des Platzes findet tausend Gründe dagegen, ich kann alle entkräften. Aber er findet den tausendundersten und tausendundzweiten Grund dagegen. Sagte man uns nicht, die Australier seien so direkt, sagen einfach, was ihnen passt und was nicht? Im Moment beginnt jeder Satz mit: „Ich helfe euch gerne aber …“. Ich gebe auf, er will einfach nicht. Dabei hätten wir uns für's Streichen auf den Müllplatz, einige hundert Meter entfernt von den Stellplätzen, gestellt und natürlich den Boden abgedeckt, damit auch kein einziges Farbtröpfchen ein Sandkorn violett färbt.

„Lass uns mal zu Peter fahren, der war ja ganz okay“, ist Sabines Idee.

Peter hat uns in seiner Werkstatt die neuen Federn eingebaut und die neuen Reifen besorgt. Zudem ist er vor 19 Jahren mit einem VW-Passat durch Afrika gefahren, bevor er in Australien hängen blieb. Wir finden ihn in seiner Werkstatt.

„Hi Peter, alles klar?“

„Yeap, und bei euch?“

„Auch. Kurze Frage: Kann ich bei dir meinen Toyo rollen? Nicht lackieren, kein Schleifstaub, kein Farbnebel, nur anstreichen, und bitte keine Diskussion, ich habe zwei Stunden Diskussion hinter mir, sag einfach ja oder nein.“

„Ja, am besten fahrt ihr hinter die Werkstatt, da stört ihr keinen und euch stört keiner.“

So muss das laufen, kein langes Gerede, einfach umsetzen.

Mit Schleifpad und Schweiß ist der alte Lack schnell aufgeraut. Gerade will ich den Härter in den Lack mischen, als hinter mir eine ältere Männerstimme schreit: „Was machen Sie da? Hören Sie sofort auf! Wer hat Ihnen das erlaubt?“ Ich drehe mich um, komme gar nicht zum Antworten, der Mann im Tennisdress und Tennisschläger unter dem Arm redet sich in Rage. Dabei provoziere ich noch nicht mal.


Aus weiß wird lila

„Wer hat Ihnen das erlaubt? Ich weiß davon nichts. Das gehört alles mir. Die Tankstelle, die Werkstatt, die drei Häuser gegenüber, alles gehört mir. Alles meins, alles.“ Ui, ein Alphamännchen verteidigt sein Revier, denke ich. Dabei will ich ihm gar nichts wegnehmen, von seiner Tochter will ich auch nichts und von seiner Frau schon mal gar nicht. In der Natur wäre es einfach, Affen untereinander würden dem Aggressivling etwas Futter reichen als Zeichen der Anerkennung der Rangordnung. Aber ob es jetzt das Richtige wäre, ihm eine Dose Baked Beans in die Hand zu drücken? Oder soll ich warten bis er kollabiert, weggetragen wird und dann einfach weiterarbeiten? Ich denke wieder darüber nach, ob ich nicht doch 'ne Dose Bohnen aus dem Vorrat hole, nur um mal zu sehen, wie das Alphamännchen reagiert. Habe ich noch nie gemacht. Doch dann bekomme ich die Chance zu antworten, er braucht Zeit zum Luft nachpumpen.

„Guten Tag, ich bin Burkhard und das ist meine Frau Sabine. Wir sind vor ein paar Tagen aus Deutschland gekommen, haben den Toyota gekauft und Peter hat uns erlaubt, ihn hier zu streichen. Wir achten peinlichst darauf, niemanden zu stören und heute Abend wird alles so aussehen wie vorher, das ist alles mit Peter abgesprochen.“

„Peter hat nicht das Recht, euch das zu erlauben. Er hat die Fläche als Abstellfläche gemietet und nicht als Arbeitsfläche. Für Arbeitsfläche müsste er mir viel mehr bezahlen. Das ist alles vertraglich geregelt. Stellen Sie Ihre Arbeiten sofort ein. Sofort!“

„Doofes Arschloch“, denke ich mir und in Worten umschrieben hört sich das so an: „Natürlich hören wir sofort auf. Wenn uns die Sachlage bekannt gewesen wäre, hätten wir selbstverständlich Sie gefragt und seien Sie gewiss, wir sind Menschen die sich immer sehr genau an Gesetze und Verträge halten. Ohne das strikte Einhalten von Verträgen wäre ein vernünftiges Zusammenleben ja gar nicht möglich. Verträge sind doch Zeichen der Zivilisation. Schade, dass Peter das nicht so sieht.“

„Ja, sehr schade. Er kann doch nicht Abstellfläche mieten und euch erlauben hier zu arbeiten, das steht so nicht im Vertrag.“ „Vielleicht können wir ja mit Ihnen einen mündlichen Vertrag für die Flächennutzung von vier Stunden schließen?“ Trotz meiner Diplomatie kommen wir nicht auf eine Welle. Er steigert sich schon wieder rein, kriegt einen roten Kopf, wird laut. „Wie stellen Sie sich das vor, ich werde doch ohne meinen Anwalt keine Zusagen machen.“ Wenn wir nicht sofort einpacken, liegt er gleich mit einem Herzinfarkt im Hof.

Wir wollen nicht in der ersten Woche schon einen auf dem Gewissen haben, also packen wir ein und lassen noch schöne Grüße an den Juristen ausrichten.


Uniting Church im Zentrum von Brisbane

In Schleichfahrt geht es mit unserem aufgerauten Toyo durch die Vororte von Brisbane auf der Suche nach irgendeinem Parkplatz, wo man ein Auto streichen kann. „Die Gegend ist hier einfach zu nobel, die rufen sofort die Polizei, wenn ich den Farbeimer raus hole.“

„Vielleicht können wir bei der Polizei unters Schattendach“, spaßt Sabine.

„Zeig mal den Stadtplan, da gibt es doch bestimmt irgendwo ein Industriegebiet, wo am Wochenende nichts los ist.“

Vier Kilometer später stehen wir im Gewerbegebiet, in einer Seitenstraße hämmert noch ein Autoschlosser auf Autos herum. „Der wird uns nicht stören, hier wird jetzt gestrichen.“ Rückwärtsgang rein, eingeparkt und Pinsel raus. Auf einem kleinen Parkplatz direkt am Straßenrand bekommt der Land Cruiser seine schöne violette Farbe.

Ich sehe schon Ärger auf mich zukommen, es ist der Autoschlosser der nahen Werkstatt. „Hi, ich bin Jack, was zur Hölle macht ihr hier?“ Jack sieht cool aus. Seine langen grauen Haare hat er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und seinen langen, ebenso grauen Kinnbart geflochten. „Das Auto muss violett werden, weiß ist langweilig, ich hoffe, es stört dich nicht, wenn wir das mal kurz hier auf dem Parkplatz machen.“ „No worries, aber das auf dem Parkplatz zu machen, ist doch Scheiße. Morgen ist Sonntag, da könnt ihr den ganzen Tag in meine Halle. Macht abends das Tor zu und werft den Schlüssel in den Briefkasten. Too easy.“ „Und wenn wir was klauen?“ „Ich vertraue euch.“ „Wir können dir 'ne Kopie vom Pass geben.“ „Ich habe doch gesagt, dass ich euch vertraue, das reicht mir.“ Und mit etwas Verzögerung und einem Lachen: “Ich habe noch nie einen violetten Land Cruiser in Australien gesehen, ich finde euch.“

Sonntag Abend war der Land Cruiser violett und es ist uns gelungen, eine schöne Orangenhaut mit der Rolle zu produzieren, war zwar nicht so geplant, ist aber so gekommen.


Von: Burkhard

An: Thorsten

Lieber Thorsten,

die ersten Tage in Australien sind gut rum gegangen. Es macht Spaß, hier zu sein.

Bisher sind wir von Fairness, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft überrascht, ich kann mich an kein Land erinnern (vielleicht Syrien und Iran) indem es so auffallend war.

Dass im Stadtbus Jüngere für Ältere den Platz räumen, ist fast überall auf der Welt normal, hier bietet man auch Frauen und Übergewichtigen seinen Sitzplatz an.

Unbekannte grüßen sich beim Spazierengehen im Stadtpark.

Am Zebrastreifen wird angehalten.

Okay, das sind eigentlich alles Selbstverständlichkeiten, aber die Art wie man miteinander umgeht, nicht reserviert höflich, eher kameradschaftlich locker, führt dazu, dass wir uns recht schnell in der Gesellschaft der Aussies wohl fühlen.

Hier kann man bleiben. Australien hat das Potenzial unser Lieblingsland zu werden und damit Namibia, unser bisheriges Traumland Nr. 1, abzulösen. Das Wetter könnte besser nicht sein, Sonne den ganzen Tag.

Seltsamerweise habe ich noch kein Motorrad und kein Cabrio gesehen, obwohl das Klima im Sunshine State Queensland dafür optimal wäre.

Wir sind jetzt auf dem Weg nach Fraser Island.

Bis in ein paar Wochen.

Liebe Grüße auch von Sabine

Burkhard

Zahlenspiele


Easy Rider in Brisbane

Zahlenspiele

Mit dem violetten Cruiser geht es auf dem Highway M1 endlich raus aus Brisbane, Richtung Norden, Richtung Traumstrände und Regenwald auf Fraser Island. Eigentlich ist alles erledigt und die Reise kann beginnen. Eigentlich heißt, es fehlt eine unbedeutende Kleinigkeit, der Land Cruiser muss noch auf meinen Namen zugelassen werden. Ein routinemäßiger Verwaltungsakt. Von der Zulassungsstelle in Brisbane wurde uns abgeraten, sie sei zu betriebsam, die Beamten von begriffsstutzigen Touristen genervt und Wartezeiten von zwei Stunden seien dort normal. Kein Problem, man kann zu irgend einer der mehr als 100 Zulassungsstellen im Bundesland gehen. Wir wählen einen Ort mittlerer Größe, direkt am Highway gelegen und parken die Mini-Pistenkuh kurz nach zwölf Uhr vor der Eingangstür zum „Department of Transport“. Ein modern eingerichtetes Verwaltungsgebäude empfängt uns. Es könnte eher die Schalterhalle einer modernen Bank sein als eine Amtsstube. Die 20 Sitzplätze für Wartende sind frei, von den fünf durchnummerierten Schaltern ist nur die Nr. 1 besetzt und damit unser Ziel. Die Dame, Mitte 50, Lippenstift vielleicht etwas zu dick aufgetragen, empfängt uns freundlich mit einem Lächeln. Das Gefühl, das sich bei mir in deutschen Behörden oft einstellt, man störe den Beamten gerade – egal zu welcher Uhrzeit – bei seiner wohlverdienten Pause oder im Fachgespräch mit dem Kollegen, stellt sich hier nicht ein. Doch bevor wir unser Anliegen vortragen können, werden wir genauso freundlich gebeten, doch am Servicecomputer eine Wartenummer zu ziehen.

Ich verstehe den Sinn nicht ganz, wir sind die einzigen Kunden, Besucher, Antragsteller, Bittsteller oder was auch immer, das wird sich noch zeigen, sie ist die einzige Mitarbeiterin am einzig besetzten Schalter. Egal. Einfach nicht drüber nachdenken und eine Wartenummer ziehen.

Sabine drückt den grünen Button am Touchscreen, der Automat spuckt ein kleines Zettelchen mit der Nummer 689 aus und im gleichen Moment ertönt eine Computerstimme: „Number 689 to service one“.

„Ah – jetzt verstehe ich, uns soll nur unsere Stellung in der Hierarchie verdeutlicht werden.“ Fünf Sekunden später stehen wir der netten Dame wieder gegenüber.

„Wir haben ein Auto gekauft und möchten dieses auf unseren Namen übertragen“, erklärt Sabine und ich füge hinzu: „Wir sind Deutsche, vor einer Woche angekommen und haben von nichts irgend eine Ahnung.“

„No worries. Das ist ganz einfach, haben Sie einen aktuellen TÜV-Bericht, Ihren Ausweis, eine Postanschrift, eine Kreditkarte und den Verkaufsbericht dabei?“ „Ja, alles dabei.“

„Dann füllen Sie diese beiden Formulare aus und dann war’s das schon. Too easy.“

Während sie das sagt, holt sie bereits die Formulare aus ihrer Schublade. An einem Schreibpult, etwa drei Meter entfernt, füllen wir die Formulare aus.

Ein weiterer Kunde nutzt die Ruhe der Mittagszeit für sein Anliegen. Die Sache ist schnell geklärt: Er ist besoffen zu schnell gefahren und will seinen Führerschein zurück. Doch den gibt es nicht ohne Idiotentest, weil er nicht das erste mal besoffen unterwegs war. Er begreift es nicht. Wie will der dann den Test schaffen? Der Besuch dauert keine zwei Minuten.

„So, alle Formulare ausgefüllt, hier bitte.“

„Ziehen Sie bitte eine neue Wartenummer.“

Ich habe einen Anflug von Verwunderung, was soll das? Kennt sie uns nicht mehr? Ich verstehe es nicht. Vielleicht müsste ich auch mal zum Idiotentest? Das gleiche Spiel: Sabine drückt die grüne Schaltfläche und die Computerstimme schickt die Nr. 691 zur Nr. eins.

„Ah, dem Computer soll Betriebsamkeit vorgegaukelt werden“, kombiniere ich. „Gegenüber der Maschine muss die menschliche Existenz gerechtfertigt werden.“ Zum weiteren Sinnieren fehlt die Zeit, egal.

Wir sind zwar in der Hierarchie etwas abgestiegen, werden aber genau so freundlich behandelt als zuvor.

„Den TÜV-Bericht bitte.“ „Kein Problem.“

„Den Ausweis bitte.“ „Kein Problem.“

„Die Kreditkarte bitte.“ „Kein Problem.“ Das Limit ist zwar überschritten, aber zur Identifikation tut sie ihren Dienst.

„Ihre Postanschrift bitte.“ „Kein Problem.“ Ich lege die Visitenkarte des Caravanparks in Brisbane auf ihren Schreibtisch.

Auf der Rückseite notierte der Manager seine Handy-Nr. für evtl. Rückfragen. Hotels und Campingplätze stellen Reisenden oft ihre Adresse für solche Behördengänge zur Verfügung und dies wird von den Behörden in der Regel auch akzeptiert.

„Die Visitenkarte reicht nicht, ich brauche eine Rechnung vom Caravanpark, dass Sie dort eine Unterkunft gemietet haben oder hatten.“

„Die habe ich weggeworfen“, sagt Sabine etwas leise. „Ach du Scheiße, vielleicht ist sie noch im Müllbeutel?“ „Ich gehe mal gucken.“

Während Sabine unseren Müll durchforstet, bewege ich mich schon mal zum Computer um die Wartenummer 692 zu holen.

„Das brauchen Sie nicht, Ihr Vorgang ist ja noch nicht abgeschlossen“, ruft die gelippenstiftete Dame zu mir rüber. Irgendwie habe ich das System noch nicht richtig verstanden.

Sabine hat die Rechnung gefunden, doch die kann man keiner Behörde auf der Welt vorlegen, sie lag zwei Tage mit Kaffeesatz und Möhrenschalen in unserer Biotonne.

„Wir haben die Rechnung, aber die kann man nirgends vorzeigen, das geht einfach nicht.“

„Geben Sie mal her.“ Aber die Dame weigert sich dann doch, die Rechnung anzufassen oder sie gar auf ihren Schreibtisch zu legen.

„No worries, wir nehmen die Adresse von der Visitenkarte und Sie lesen mir einfach die Rechnungsnummer vor. Too easy.“

„Okay, das ist ein guter Kompromiss. Hauptsache das Papier wird nirgends abgeheftet.“

„So, das war’s. Sind die 14.500 Dollar, die Sie hier eingetragen, das, was Sie für den Wagen gezahlt haben?“

„Ja.“ Es waren zwar Euro, aber ich will wegen der Kleinigkeit von 25 Prozent keine Diskussion über Umrechnungskurse beginnen.

„Dann bekomme ich von Ihnen 618 Dollar.“

Sabine neben mir ist geschockt, völlig sprachlos und ihr Sonnenbrand wirkt blass. Gleich kippt sie rückwärts um, befürchte ich, aber sie kommt wieder zu sich.

„Ich dachte, die Verwaltungsgebühr liegt zwischen 50 und 70 Dollar.“ „Ja, aber in Queensland fällt zusätzlich eine Steuer bei Eigentümerwechsel an, die sich nach dem Fahrzeugwert richtet.“

Ich habe den Kuli vom Ausfüllen des Formulars noch in der Hand, mit einem knappen „No worries“ ziehe ich das Formular zu mir rüber, streiche die Null am Ende und schwupps, sind nur noch 1450 zu versteuern. „Too easy“. Die Verwaltungsangestellte starrt mit halb geöffnetem Mund auf die geänderte Zahl.

„Das kannst du hier nicht machen, wir sind nicht in Afrika“, flüstert mir Sabine mit strengem Ton zu. „Da habe ich vielleicht etwas übertrieben“, geht es mir durch den Kopf. Die Angestellte reagiert immer noch nicht, das hat sie so wohl noch nicht erlebt. Ich ziehe noch mal das Formular zu mir, schreibe die Null wieder hin und streiche die vordere eins. Aus 1450 werden 4500 Dollar. Die nette Dame ist zurück im Leben: „Was haben Sie denn jetzt für den Wagen gezahlt?“, fragt sie in einem Ton, als sei sie nicht sonderlich amüsiert von meinen Korrekturen.

„14.500“, antworte ich ehrlich, sieht man mal von dem Umstand ab, dass ich nichts von Euro erwähne. „Aber der Verkäufer hat uns beschissen. Der Karren ist nur 4500 wert und in dem Preis waren ja auch noch Kaffeetassen, Angel und Bratpfanne dabei. Darauf muss ich ja keine Steuern zahlen.“

Sie zögert, schüttelt den Kopf, tippt was in den Computer und sagt: „Das macht dann 179 Dollar.“ Sabine legt schnell vier fünfziger auf den Tisch, steckt das Wechselgeld und die Papiere ein und dann nichts wie raus.

„Na, wie habe ich das gemacht? Mal gerade in einer halben Stunde 400 Dollar verdient, da ist heute Abend wohl ein Schuss Whisky in meiner Coke und nicht nur Eis.“

„Vielleicht hast du das nicht bemerkt, wir haben gerade keine 400 Dollar verdient, sondern 180 Dollar ausgegeben. So ist in den nächsten Wochen sicher kein Whisky in deiner Cola.“

Jetzt gehört der Toyota ganz offiziell uns. Fühlt sich gut an.

Zurück auf den Highway. Die Scheiben runtergekurbelt, im Radio läuft Kid Rock mit „All Summer long“, die Tachonadel steht bei 70 und die Sonnenbrille sättigt die Farben. Das ist es, was ich mag, einfach dahin cruisen, vollgetankt, Schlafsack auf dem Rücksitz, der Sonne entgegen. „Yeah“.

Wir haben unsere Reise nur grob geplant, haben keinen genauen Zeitplan. Es ist auch egal, ob die Reise zwei, drei oder fünf Jahre dauert oder ob wir nach drei Monaten keine Lust mehr haben und die Kutsche verkaufen. Wir müssen etwas auf unser Budget achten, die finanziellen Mittel sind begrenzt, daher wollen wir versuchen, langsam zu reisen und Campingplätze zu meiden.

Die Routenplanung richtet sich hauptsächlich nach den Klimatabellen. In der Regenzeit sind weite Landstriche im Norden unpassierbar und die Ortschaften werden aus der Luft versorgt. Zu dieser Zeit sind wir im trockenen Süden. Vorläufig sieht unsere Route erst mal so aus:

Von Brisbane nach Fraser Island. Durch die Glasshouse Mountains zurück nach Brisbane und Surfers Paradise. Entlang der Great Dividing Range nach Sydney und durch die Wälder der High Country im Bundesstaat Victoria zur Great Ocean Road mit ihren berühmten zwölf Aposteln. Den Stuart Highway hoch nach Alice Springs im Zentrum des Outback. Auf der sogenannten French Line quer durch die Simpson Desert nach Birdsville. Sind die Pisten des Old Telegraph Track auf Cape York befahrbar, soll es hoch zum nördlichsten Punkt Australiens gehen. Von dort „irgendwie“ möglichst offroad diagonal durch Australien zum südwestlichsten Punkt beim Cape Leeuwin, der Uluru und die Great Central Road sollen dabei auf der Route liegen. Perth und das selbst ernannte Königreich Hutt River Province wollen wir uns auf jeden Fall ansehen und die „längste und einsamste Offroad-Strecke der Welt“, die Canning Stock Route, ist ein Muss. Eventuell noch einen Umweg über die Gibb River Road und der Savannah Way bringt uns dann nach Cairns, wo der Cruiser verkauft werden soll. Findet sich kein Käufer, verschiffen wir ihn über Japan nach Wladiwostok und fahren zurück nach Köln.


956,89 ₽
Возрастное ограничение:
0+
Дата выхода на Литрес:
22 декабря 2023
Объем:
452 стр. 287 иллюстраций
ISBN:
9783944921341
Издатель:
Правообладатель:
Автор
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