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KAPITEL SECHS

Wie sich herausstellte, war Quinn Tuck ziemlich hilfreich. Es schien, als wollte er genauso wie jeder andere den Grund herausfinden, was passiert war. Deswegen hatte er Mackenzie und Ellington, als sie bei der Polizeistation ankamen, einen Link zur Verfügung gestellt, um auf alle seine digitalen Akten vom Sicherheitssystem im Lagerkomplex zuzugreifen.

Sie entschieden sich dazu mit dem Sicherheitsmaterial zu beginnen, anstatt mit der Leiche von Claire Locke. Es gab ihnen eine Gelegenheit sich hinzusetzen und sich irgendwie zu orientieren. Es war jetzt schon fast dunkel und der Regen fiel immer noch. Als Sheriff Rising ihnen einen Monitor brachte, blickte Mackenzie auf den Tag zurück und fand es schwer zu glauben, dass sie noch vor neun Stunden in einem malerischen Garten gestanden und über ihre Hochzeit nachgedacht hatte.

“Hier sind die relevanten Zeitstempel”, sagte Rising und schob Mackenzie ein Stück Papier von seinem Notizblock zu. „Es gibt nicht viele.“ Er tippte mit seinen Fingern auf einen bestimmten Eintrag, der in einer schiefen Handschrift geschrieben war. „Das ist das einzige Mal, an dem wir Claire Locke in das Gebäude haben kommen sehen. Wir haben ihre DMV Info besorgt und haben ihr Autokennzeichen bekommen, wir wissen also, dass sie es ist. Und das“, sagte er und tippte auf einen weiteren Eintrag, „ist, wann sie gegangen ist. Und das sind die einzigen Zeiten, in denen sie auf dem Material zu sehen ist.“

„Danke, Sheriff“, sagte Ellington. „Das hilft uns enorm.“

Rising nickte ihnen zu, ehe er aus dem kleinen Büro ging, das sie bekommen hatten. Die eintönige Arbeit dauerte eine Weile, aber wie Rising gesagt hatte, hatte die einheimische Polizei bereits ein wenig Arbeit für sie erledigt. Sie konnten das Material vorspulen, wenn es keine Aktivität auf dem Bildschirm gab. Sie begannen, in dem sie die Zeitstempel auf dem Papier überprüften. Als das Auto was Claire gehören sollte, auf dem Bildschirm zu sehen war, zoomte Mackenzie das Bild heran, konnte aber den Fahrer nicht erkennen. Sie wartete und schaute den ereignislosen Eingang des Gebäudes für 22 vorgespulte Minuten an, ehe Lockes Auto zu sehen war, das wieder wegfuhr. In der Zeit, in der sie da gewesen war, war niemand anderes angekommen oder gegangen.

“Weißt du”, begann Mackenzie, “Es ist auch möglich, dass sie nicht am Lagergebäude angegriffen wurde.”

„Glaubst du, jemand hat sie woanders getötet und sie hier hergebracht?“

„Vielleicht hat er sie nicht woanders getötet, aber vielleicht entführt. Ich glaube, wenn wir ihre Leiche sehen, können wir das festlegen. Wenn sie Hinweise auf Verhungern oder Vertrocknen zeigt, dann sagt uns das praktisch, dass sie hier abgeladen worden ist.“

„Aber laut dem Bericht war das Schloss von außen verriegelt.“

„Vielleicht hat noch jemand anderes einen Schlüssel“, schlug Mackenzie vor.

„Wahrscheinlich jemand aus einem der anderen Autos an diesen und in den anderen Tagen des Materials.“

„Wahrscheinlich.“

“Willst du hier bleiben und das hier durchsehen, während ich mir die Leiche ansehe?”, fragte Ellington. „Oder umgekehrt?“

Mackenzie stellte sich die arme Frau vor, alleine im Dunkeln und nicht in der Lage, um Hilfe zu schreien. Sie stellte sich ihr stolpern im Dunkeln vor, um einen Weg zu finden, um zumindest zu versuchen, die Tür zu öffnen.

„Ich glaube, ich würde mir gerne die Leiche ansehen. Ist das Okay für dich?“

„Oh ja. Das ist Streaming vom Feinsten. Keine Werbung oder so.”

“Gut”, sagte sie. “Dann sehen wir uns gleich.”

Sie lehnte sich hinüber und küsste ihn auf die Seite seines Mundwinkels, ehe sie ging. Sie tat das auf natürliche Weise und ohne viel nachzudenken, wenn das auch nicht das Professionellste war. Es war eine gute Erinnerung daran, warum sie nicht mehr in dieser Funktion zusammenarbeiten würden, nachdem sie verheiratet waren.

Mackenzie verließ das kleine Büro, um sich auf die Suche nach der Leichenhalle zu machen, während Ellington weiterhin im Vorspulmodus auf dem Bildschirm schaute.

***

Die Frage, ob Claire Locke an Hunger oder Durst im Lagerraum gestorben war, wurde in dem Moment beantwortet, als Mackenzie sie sah. Obwohl Mackenzie kein Experte bei dem Thema war, gab es einen einfallenden Blick auf den Wangen der jungen Frau. Es hätte vielleicht einen ähnlichen Blick auf ihren Magen gegeben, aber das war nicht klar aufgrund des Einschnitts, den der Gerichtsmediziner gemacht hatte.

Die Frau, die sie in der Leichenhalle antraf, war eine rundliche und unheimlich angenehme Frau namens Amanda Dumas. Sie grüßte Mackenzie herzlich und lehnte sich gegen einen kleinen Stahltisch, der mit den Werkzeugen ihrer Arbeit geschmückt war.

“Laut Ihrer Untersuchung”, begann Mackenzie, “würden Sie sagen, dass das Opfer Hunger oder Dehydration erlebt hat, ehe es gestorben ist?”

„Ja, aber ich weiß nicht in welchem Ausmaß genau“, antwortete Amanda. „Es gibt nur sehr wenig Fettsäure in ihrem Magen – fast gar nichts. Das, sowie einige Anzeichen ihres Muskelabbaus, zeigen, dass sie zumindest die ersten Schmerzen des Hungers erlebt hat. Es gab verräterische Anzeichen der Dehydration, obwohl ich nicht sicher sein kann, dass eines von beiden sie getötet hat.“

„Glauben Sie, sie ist zuerst verblutet?“

„Ich denke schon. Und um ehrlich zu sein, das wäre auch das Beste gewesen.“

“Basierend auf dem was Sie an der Leiche gesehen haben, glauben Sie, Sie war noch am Leben, als sie in der Lagereinheit abgesetzt wurde?“

“Oh, zweifellos. Und ich würde sagen, es war auch gegen ihren Willen.” Amanda trat nach vorne und zeigte auf die Schürfwunden an Lockes rechter Hand. „Sieht aus, als wenn sie gekämpft hat und dann irgendwann versucht hat zu fliehen.“

Mackenzie sah die Schnitte und bemerkte, dass einer von ihnen eher zerfetzt aussah. Es hätte leicht von dem gerillten Läufer kommen können, auf dem die Tür saß. Sie sah auch den Fingernagel, der zerrissen worden war.

„Es gibt auch ein paar blaue Flecken am Hinterkopf“, sagte Amanda. Sie nutzte ein bürstenähnliches Werkzeug, um Claires Haar beiseitezuschieben. Sie tat das mit einer vorsichtigen Sorte an Respekt und Sorgfalt. Als sie das Haar beiseite kämmte, konnte Mackenzie einen großen lila Fleck an der Unterseite ihres Nackens sehen, wo der Schädel anfing.

„Irgendwelche Anzeichen dafür, dass Sie Drogen genommen hatte?“ fragte Mackenzie.

“Nein. Ich habe immer noch eine chemische Analyse ausstehen, aber basierend auf allem anderen, das ich gesehen habe, verspreche ich mir nichts davon.”

Mackenzie nahm an, dass die Schwellung am Hinterkopf zusammen mit dem Mundknebel in ihrem Mund mehr als Grund genug für Claire Locke gewesen war, kein Theater oder Alarm zu machen, als sie in den Lagerraum getragen worden war. Sie dachte wieder an das Videomaterial, sicher, dass der Fahrer einer der Autos verantwortlich für ihren Tod war – und dem Tod von einer anderen Person, die laut Berichten letzte Woche gefunden worden war.

Mackenzie schaute stirnrunzelnd auf die Leiche. Es war eine natürliche Reaktion, für jeden, der ermordet worden war, immer ein wenig Gewissensbisse zu empfinden. Aber Mackenzie spürte einen stärkeren Sinn an Traurigkeit für Claire Locke. Vielleicht kam das, weil sie sich sie ganz alleine in dem dunklen Lager vorstellen konnte und wie sie sich nicht richtig bewegen oder um Hilfe rufen konnte.

„Danke für die Information“, sagte Mackenzie. „Mein Partner und ich werden ein paar Tage in der Stadt sein. Lassen Sie mich wissen, ob irgendetwas beim letzten Chemiebericht herauskommt.“

Sie verließ die Leichenhalle und ging wieder zurück auf den Hauptflur. Auf ihrem Weg zurück zu dem kleinen Büro, in dem sie und Ellington arbeiteten, hielt sie am Abfertigungsschalter an und forderte eine Kopie der aktuellen Akte von Claire Locke. Sie hielt sie zwei Minuten später in der Hand und nahm sie zurück mit ins Büro.

Sie fand Ellington, wie er auf den Monitor starrte und sich in seinem Stuhl zurückgelehnt hatte.

„Irgendwas Neues soweit?“, fragte sie.

„Nichts Konkretes. Ich habe sieben weitere Autos kommen und fahren sehen. Einer blieb sechs Stunden, ehe er gegangen ist. Ich wollte das mit der Polizei noch einmal überprüfen, um zu sehen, mit welchen Personen sie bereits gesprochen haben. Damit Claire Locke in den Lagerraum kommt, muss jemand in diesem Ausschnitt sie dorthin gefahren haben.“

Mackenzie nickte zustimmend, während sie die Akte durchsah. Locke hatte gar kein Strafregister und die persönlichen Details gaben nicht viel preis. Sie war fünfundzwanzig Jahre alt, hatte vor zwei Jahren einen Abschluss an der UCLA gemacht und hatte als Digitale Künstlerin in einer einheimischen Marketing Firma vor Ort gearbeitet. Die Eltern waren geschieden, der Vater lebte auf Hawaii und die Mutter irgendwo in Kanada. Kein Ehemann, keine Kinder, aber es gab einen Hinweis am Ende des persönlichen Datenblatts, dass ihr Freund über ihren Tod informiert worden war. Er war gestern um drei Uhr nachmittags angerufen worden.

„Wie viel Zeit hast du noch übrig?“, fragt sie.

Ellington zuckte die Achseln. „Noch drei Tage, so wie es aussieht.“

“Ist das Okay, wenn ich gehe und mit Claire Lockes Freund spreche?”

“Ich denke schon”, sagte er mit einem komischen Seufzen. „Das Eheleben kommt bald. Du gewöhnst dich besser daran, dass ich die ganze Zeit vor dem Fernseher sitze. Besonders während der Fußballsaison.“

„Das ist in Ordnung“, erwiderte sie. „Solange du damit einverstanden bist, dass ich gehe und mein eigenes Ding mache, während du das machst.“

Und um ihm zu zeigen, was sie meinte, ging sie hinaus. Sie rief über ihre Schulter: „Gib mir ein paar Stunden.“

„Na klar. Aber erwarte nicht, dass das Essen fertig ist, wenn du zurückkommst.“

Das Geplänkel zwischen ihnen machte sie unglaublich glücklich, dass McGrath es ihnen erlaubt hatte, zusammen an dem Fall zu arbeiten. Zwischen der Dunkelheit und dem Regen draußen und ihrer merkwürdigen Traurigkeit wegen Claire Locke, wusste sie nicht, ob sie in der Lage wäre, diesen Fall alleine richtig zu handhaben. Aber mit Ellington hier fühlte sie, dass sie ein Stück Heimat bei sich hatte – etwas wohin sie gehen konnte, wenn der Fall zu überwältigend wurde.

Sie ging wieder hinaus. Es war Abend geworden und obwohl der Regen sich wieder auf Niesel eingestellt hatte, konnte Mackenzie nicht anders, als das als eine Art Omen zu sehen.

KAPITEL SIEBEN

Mackenzie wusste nichts über den Freund, da nichts über ihn in den Notizen stand. Alles, was sie wusste war, dass sein Name Barry Channing war und das er in der Rose Street 376 lebte, im Apartment 7. Als sie an die Tür des Apartments 7 klopfte, wurde ihr von einer Frau, die wie in den späten Fünfzigern aussah, geöffnet. Sie sah müde und traurig aus – und offensichtlich nicht glücklich darüber, einen Besucher nach neun Uhr abends an einem regnerischen Sonntagabend zu bekommen.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte die Frau.

Mackenzie überprüfte fast noch einmal die Nummer an der Tür, aber sagte dann, „Ich suche Barry Channing.“

„Ich bin seine Mutter. Wer sind Sie?“

Mackenzie zeigte ihr ihren Ausweis. „Mackenzie White vom FBI. Ich hatte gehofft, Ihrem Sohn ein paar Fragen über Claire stellen zu können.“

“Er ist wirklich nicht in der Lage mit irgendjemandem zu sprechen”, antwortete die Mutter. „Tatsächlich ist er –“

„Mein Gott, Mama“, sagte eine männliche Stimme hinter ihr. „Mir geht es gut.“

Die Mutter machte einen Schritt zur Seite und machte Platz für ihren Sohn, der in der Tür stand. Barry Channing war eher groß und hatte kurz geschnittenes, blondes Haar. Wie seine Mutter sah er aus, als wenn er nicht viel geschlafen hatte und man sah, dass er geweint hatte.

„Sie sagen, Sie kommen vom FBI?“, fragte Barry.

„Ja. Haben Sie ein paar Minuten Zeit für mich?“

Barry sah seine Mutter zögernd an und seufzte dann. „Ja, ich habe Zeit. Kommen Sie doch rein.“

Barry führte Mackenzie in sein Apartment, er ging einen schmalen Flur hinunter und in eine allgemein aussehende Küche. Seine Mutter ging währenddessen schmollend den Flur hinunter und verschwand aus dem Blickfeld. Als Barry sich auf einen Stuhl am Küchentisch setzte, hörte Mackenzie, wo irgendwo in der Wohnung eine Tür zuknallte.

„Tut mir leid“, entschuldigte sich Barry. „Ich glaube, meine Mutter stand Claire näher als ich. Und das sagt viel, wenn man bedenkt, dass ich vor zwei Wochen einen Verlobungsring gekauft habe.“

„Ihr Verlust tut mir sehr leid“, sagte Mackenzie.

„Das höre ich sehr oft im Moment“, erwiderte Barry und blickte auf den Tisch. „Es kam unerwartet, und obwohl ich gestern, als die Polizei mir das gesagt hat, wie ein Kind geweint habe, habe ich es geschafft, mich zusammenzureißen. Meine Mutter ist gekommen, um mir ein wenig mit der Beerdigung zu helfen und ich bin dankbar für ihre Hilfe, aber sie ist ein wenig überbeschützend. Sobald sie einmal weg ist, lasse ich wahrscheinlich alle Trauer raus, wissen Sie?“

„Ich werde Ihnen eine Frage stellen, die vielleicht dumm scheint“, sagte Mackenzie. „Aber kennen Sie vielleicht jemanden, der einen Grund hat Claire so etwas anzutun?“

“Nein. Die Polizei hat mich dasselbe gefragt. Sie hatte überhaupt keine Feinde, wissen Sie? Sie und ihre Mutter haben sich nicht gut verstanden, aber es ging nicht so weit, dass sie ihr das antun würde. Claire war eine ziemlich zurückhaltende Person, wissen Sie? Sie stand ihren Freunden nicht nahe oder irgendjemand anderem … sie hatte nur Bekanntschaften. So was eben.“

„Wann haben Sie sie das letzte Mal gesehen?“, fragte Mackenzie.

„Vor acht Tagen. Sie ist hier hergekommen, um zu sehen, ob ich irgendwas habe, was sie noch in ihren Lagerraum bringen konnte. Wir haben darüber gelacht. Sie wusste nicht, dass ich den Ring hatte. Aber wir wussten beide, dass wir heiraten würden. Wir haben Pläne dafür gemacht. Als sie gefragt hat, ob ich noch etwas habe, was ich bei ihr lagern kann, war das nur noch eine weitere Art der Bestätigung, wissen Sie?“

“Nach dem sie da war, wie lange hat es gedauert, ehe Sie sich Sorgen gemacht haben? Mir ist nicht bekannt, dass Sie sie als vermisst gemeldet haben oder Ähnliches.“

„Naja, ich bin am Community College und mache meinen GPA, um wieder ins College zu gehen und mein Studium zu beenden. Ich habe viel Arbeit damit und dazu habe ich noch eine Arbeit, wo ich vierzig bis fünfundvierzig Stunden die Woche arbeite. Es gibt also immer wieder vier oder fünf Tage, wenn Claire und ich uns nicht sehen. Aber nach drei Tagen und keinen Nachrichten oder Anruf von ihr, habe ich angefangen, mir Sorgen zu machen. Ich bin zu ihrer Wohnung gefahren, um mit ihr zu sprechen und sie hat nicht aufgemacht. Ich habe daran gedacht, die Polizei zu rufen, aber das schien mir dumm. Und wirklich ganz tief in mir drin habe ich mich gefragt, ob sie mich einfach verlassen hat. Vielleicht hat ihr der Gedanke an eine Hochzeit Angst gemacht oder so.“

„Als Sie sie das letzte Mal gesehen haben, schien sie da in Ordnung zu sein? Hat sie sich unnormal verhalten?“

„Nein, es ging ihr gut. Sie war in guter Stimmung.“

“Wissen Sie vielleicht, was sie in ihrem Lagerraum aufbewahren wollte?”

„Wahrscheinlich ein paar Bücher aus dem College. Sie hatte sie schon eine Weile in ihrem Kofferraum herumgefahren.“

„Wissen Sie, wie lange sie den Raum schon gemietet hat?“

„Ungefähr sechs Monate. Sie hatte Dinge aus Kalifornien geholt und dort gelagert. „Noch einmal … wir haben irgendwie gespürt, dass wir heiraten, also hat sie, anstatt die Dinge direkt in ihre Wohnung zu schaffen, ein paar Sachen in dem Lagerraum gelassen. Deswegen hat sie es überhaupt gemietet, denke ich. Ich habe ihr gesagt, dass es nicht nötig ist, aber sie sagte immer nur, es wäre so viel einfacher, wenn wir zusammenziehen.“

“Ich habe gefragt, ob Claire irgendwelche Feinde hatte … aber was ist mit Ihnen? Gibt es irgendjemanden, der Ihnen das antun würde, um Sie zu verletzen?“

Barry sah erstaunt aus, als wenn er daran noch nie gedacht hätte. Er schüttelte langsam seinen Kopf und sie dachte, er würde anfangen zu weinen. „Nein. Aber ich wünschte, es gäbe jemanden. Das würde mir helfen, einen Sinn darin zu sehen. Ich kenne eigentlich niemanden, der Claire tot sehen möchte. Sie war … sie war einfach nett. Die süßeste Person, die Sie je getroffen haben.“

Mackenzie sah, dass er ehrlich war. Sie wusste auch, dass sie von Barry Channing nichts weiter erfahren würde. Sie legte eine ihrer Visitenkarten auf den Tisch und schob sie zu ihm hinüber.

“Wenn Ihnen noch etwas einfällt, dann rufen Sie mich bitte an”, sagte sie.

Er nahm eine Karte und nickte nur.

Mackenzie spürte, dass sie noch etwas sagen sollte, aber das war einer dieser Momente, wo es klar war, dass es nichts weiter zu sagen gab. Sie ging zur Tür, und als sie diese hinter sich schloss, fühlte es sich wie ein Schmerz der Reue an, als sie hörte, wie Barry Channing zu weinen begann.

Der Regen draußen war jetzt kaum mehr als Nebel. Als sie zu ihrem Auto ging, rief sie Ellington an und hoffte, dass der Regen ganz aufhören würde. Sie war sich nicht sicher, warum sie das so aufregte. Es tat es aber.

„Ellington hier“, antwortete er, da er nie auf das Display schaute, ehe er ranging.

„Bist du fertig mit Fernsehen?“

“Das bin ich tatsächlich”, antwortete er. „Ich arbeite gerade mit Deputy Sheriff Rising daran die Personen auf der Liste auszuschließen, mit denen bereits gesprochen wurde. Gibt es was Neues bei dir?“

„Nein. Aber ich wollte zum Lagerraum fahren, in dem die erste Leiche gefunden wurde. Kannst du die Information von Rising einholen und mich in zwanzig Minuten vor der Polizeistation treffen? Und vielleicht kannst du den Besitzer telefonisch erreichen.“

„Mach ich. Bis dann.“

Er beendete den Anruf und Mackenzie fuhr weiter und dachte dabei an den trauernden Freund, den sie zurückgelassen hatte … sie dachte an Claire Locke, alleine im Dunkeln, hungernd und ängstlich in ihren letzten Momenten.

KAPITEL ACHT

Mackenzie und Ellington kamen um 10:10 Uhr am U-Store-It an. Das Gebäude war anders als die Seattle Storage Solution, denn es war tatsächlich ein Gebäude. Das Gebäude selbst sah aus, als wenn es einmal ein kleines Lagerhaus gewesen und das Äußere mit einfacher Landschaftsgärtnerei verschönert worden war, was man nur halb in dem schwachen Licht erkennen konnte, das den Bürgersteig umrahmte. Weil sie vorher angerufen hatten, brannte innen Licht, da der Besitzer und Verwalter des Hauses auf sie wartete.

Sie trafen den Besitzer an der Tür, ein kleiner und übergewichtiger Mann mit Brille namens Ralph Underwood. Er schien zufrieden über ihren Besuch und gab sich keine Mühe die Tatsache zu verstecken, dass er recht begeistert von Mackenzie war.

Er führte sie durch das Vordergebäude, das aus einem kleinen Wartebereich und einem noch kleinerem Konferenzraum bestand. Er hatte sich viel Mühe dabei gegeben, das Gebäude warm und gemütlich erscheinen zu lassen, aber dennoch hatte es immer noch den Geruch eines alten Lagerhauses an sich.

“Wie viele Lagerräume haben Sie hier?”, fragte Ellington.

„Einhundertfünfzig“, erwiderte Underwood. „Jeder Raum hat eine Tür hinten, sodass man seine Sachen einfach von draußen ab- und auf Laden kann, damit man nicht durch die Vorderseite des Gebäudes gehen muss.“

„Hört sich recht effektiv an“, sagte Mackenzie, die noch nie einen Lagerkomplex gesehen hatte, der komplett in einem anderen Gebäude untergebracht war. „Sie sagten am Telefon, dass Sie Interesse daran haben, mehr über die Leiche zu erfahren, die ich vor zwei Wochen gefunden habe, korrekt?“

“Das stimmt”, erwiderte Mackenzie. Sie hatte Rising gebeten, ihr den Bericht zu schicken und sie las es jetzt von ihrem Handy ab. „Elizabeth Newcomb, Alter dreißig Jahre. Laut dem Polizeibericht wurde sie in ihrem eigenen Lagerraum gefunden, gestorben an einer Stichwunde in der Brust.“

“Ich weiß von dem allem nichts”, sagte Underwood. „Alles, was ich weiß ist, als ich an dem Morgen gekommen bin und wie immer meine Runde gedreht habe, habe ich etwas Rotes am Rand einer Lagerraumtür gesehen. Ich wusste sofort was es war, aber ich habe versucht mich davon zu überzeugen, dass ich nicht recht habe. Aber als ich den Lagerraum geöffnet habe, war sie da. Lag tot auf dem Boden in einer Blutlache.“

Er erzählte die Geschichte, als wenn sie an einem Lagerfeuer sitzen würden. Das irritierte Mackenzie ein wenig, aber sie wusste auch, dass Menschen mit einem Hang zum Dramatischen oftmals gute Informationsquellen waren.

„Haben Sie schon einmal was Ähnliches erlebt?“, fragte Ellington.

„Nein. Aber ich kann Ihnen sagen … ich habe hier schon ein Dutzend und mehr verlassene Lagerräume gehabt. Es steht in meinen Verträgen, wenn der Lagerraum nicht mindestens einmal innerhalb von drei Monaten geöffnet wird, dann rufe ich den Mieter an, um sicherzugehen, dass er noch an dem Raum interessiert ist. Wenn es nach sechs Monaten keine Kommunikation gegeben hat, dann verkaufe ich alles aus dem Lagerraum auf einer Auktion.“

Mackenzie wusste, dass das ein üblicher Vorgang war, aber soweit sie wusste, schien das schon fast illegal zu sein.

„Einige der Dinge, die Menschen in diesen Lagerräumen lassen sind … naja ein wenig nervig“, redete Underwood weiter. „In drei der verlassenen Lagerräume gab es alle Arten von Sex Spielzeug. Jemand hatte fünfzehn Waffen in seinem Raum gelagert, inklusive zwei AK-47s. Ein Lagerraum gehörte anscheinend einem Tierpräparator, weil es vier ausgestopfte Tiere gab … und ich spreche nicht von Teddybären, wissen Sie?“

Underwood führte sie durch eine Tür im hinteren Teil eines kleinen Eingangflügels. Es gab keinen Übergang nach der Tür, sie gingen durch und standen in einem großen Flur. Der Boden war aus Beton und die Wand war ungefähr sechs Meter hoch. Jetzt war Mackenzie noch überzeugter davon, dass dieser Ort wirklich einmal eine Art Warenhaus gewesen war. Die Lagerräume waren in fünf Gruppen geteilt, jede Gruppe wurde von einem Flur unterbrochen, der auf beiden Seiten des Gebäudes entlangführte. Die Cluster waren auf jeder Seite des Gebäudes so angeordnet, dass sie, als sie den zentralen mittleren Flur hinunterblickten, kein Ende zu haben schienen. Jetzt wo sie im Inneren waren, erkannte Mackenzie die Tiefe und Reichweite des Ortes für das, was es war. Das Gebäude war leicht einhundert Meter lang.

“Der Lagerraum, den Sie sehen wollen, ist hier”, sagte Underwood. Sie gingen ungefähr zwei Minuten und Underwood redete weiter über die merkwürdigen Dinge, die er einmal in seinen verlassenen Lagerräumen gefunden hatte, genauso wie Schätze, wie Spielzeug in neuwertigem Zustand, wertvolle Comics und einem echten Safe, der mehr als fünftausend Dollar darin hatte.

Endlich hielt er vor einem Lagerraum an, der mit C-2 markiert war. Er hatte anscheinend den Schlüssel vor ihrer Ankunft herausgesucht; er fischte einen einzelnen Schlüssel aus seiner Tasche und schloss die Tür auf. Er öffnete die Tür und enthüllte das muffige Innere.

Underwood drückte auf einen Lichtschalter an der Wand und das Licht im Raum, gab einen fast leeren Lagerraum frei.

“Haben keine Familienangehörige Dinge von ihr beansprucht?”, fragte Mackenzie.

„Ich habe vor vier Tagen einen Anruf von ihrer Mutter bekommen“, sagte er. „Sie wird irgendwann kommen, aber sie hat mir kein Datum oder so genannt.“

Mackenzie ging im Lagerraum herum und suchte nach allem, was dem was sie in Claire Lockes Lagerraum gesehen hatte, ähnlich sein könnte. Aber entweder hatte Elizabeth Newcomb nicht den Kampfgeist von Claire Locke gehabt oder die Beweise eines Kampfes waren bereits von der Polizei und den einheimischen Detektiven beseitigt worden.

Mackenzie ging zu den wenigen Dingen, die noch im hinteren Teil gelagert waren. Das meiste davon war in Plastiktüten gelagert, markiert mit Klebeband und schwarzem Marker: Bücher und Magazine, Kindheit, Mamas Sachen, Weihnachtsdekoration, Alte Backsachen.

Sogar die Art, wie sie gestapelt waren, schien sehr organisiert. Es gab ein paar kleinere Kartons voll mit Fotoalben und gerahmten Bildern. Mackenzie sah sich einige der Alben an, aber sah nichts, was helfen würde. Sie sah nur Bilder von lachenden Familienmitgliedern, Strandausblicken und einem Hund, der anscheinend mal ein sehr geliebtes Haustier gewesen war.

Ellington kam zu ihr und schaute sich in den Kisten um. Er hatte seine Hände auf die Hüften gelegt, einer dieser verräterischen Anzeichen, dass er ratlos war. Es überraschte sie immer noch ab und zu, wie gut sie ihn kannte.

„Ich glaube, alles, was hier war zu finden war, hat die Polizei schon gefunden“, sagte er. „Vielleicht können wir etwas in den Akten finden.“

Mackenzie nickte, aber ihre Augen waren auf etwas anderes gerichtet. Sie ging in eine Ecke, wo drei dieser Plastik Mülleimer aufeinandergestapelt waren. Versteckt in der Ecke, so weit hinten, dass sie es bei ihrer vorherigen Inspektion übersehen hatte, befand sich eine Puppe. Es war eine ältere Puppe, das Haar war schon ermattet und sie hatte kleine Schmutzflecken auf ihren Wangen. Es sah aus wie etwas, dass vom Set eines Horrorfilmes gestohlen worden war.

„Beängstigend“, sagte Ellington, der ihrem Blick gefolgt war.

„Und passt hier überhaupt nicht rein“, sagte Mackenzie.

Sie nahm die Puppe hoch und passte dabei auf, dass ihre Hände in einer Position am Rücken blieben, nur falls es irgendein Hinweis war. Auf den ersten Blick schien es wie ein zufälliges Objekt in einem Lagerraum – vielleicht etwas, was man in letzter Minute als nachträglichen Einfall hineingeworfen hatte.

Aber alles andere in diesem Lagerraum war so sorgfältig verpackt und organisiert. Diese Puppe stach heraus. Und nicht nur das, es wirkte schon fast, als wenn sie dazu da war, um herauszustechen.

„Ich glaube, wir müssen das einpacken“, sagte sie. „Warum ist dieses eine Objekt nicht eingepackt und weggelegt worden? Dieser Raum ist schon fast unheimlich ordentlich. Warum sollte die Puppe eine Ausnahme sein?“

“Du glaubst, der Mörder hat sie dort hingelegt?”, fragte Ellington. Aber ehe die Frage ganz aus seinem Mund gekommen war, wusste sie, dass er das ebenfalls als eine reale Möglichkeit in Betracht zog.

„Ich weiß nicht“, sagte sie. „Aber ich glaube, wir müssen uns noch einmal Claire Lockes Lagerraum anschauen. Und ich schaue mal, wie schnell wir die ganzen Akten für die Morde in Oregon bekommen können, an denen du gearbeitet hast… damals.“ Sie sagte letzteres mit einem Lächeln, sie ließ nie eine Möglichkeit aus ihn dafür zu necken, dass er sieben Jahre älter als sie war.

Ellington drehte sich zu Underwood. Er stand an der Tür und tat so, als wenn er nicht lauschen würde. „Ich nehme nicht an, dass Sie mit Frau Newcomb über anderes außer über ihren Lagerraum gesprochen haben, oder?“

“Leider nicht”, sagte Underwood. “Ich versuche zu allen freundlich und gastfreundlich zu sein, aber es gibt so viele von ihnen, wissen Sie?“ Dann sah er die Puppe, die Mackenzie noch in der Hand hatte, und runzelte die Stirn.

„Ich habe Ihnen ja gesagt … viel merkwürdiger Kram in diesen Lagerräumen.“

Mackenzie zweifelte nicht daran. Aber dieser ganz besonders merkwürdige Gegenstand schien völlig deplatziert. Und sie hatte auf jeden Fall vor, herauszufinden, was das bedeutete.

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399
599 ₽
Возрастное ограничение:
16+
Дата выхода на Литрес:
10 октября 2019
Объем:
242 стр. 5 иллюстраций
ISBN:
9781640296916
Правообладатель:
Lukeman Literary Management Ltd
Формат скачивания:
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