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1.3 Extended Abstract: eine Langfassung der Kurzfassung

Die Zwecke, für die Extended Abstracts verwendet werden, sind vielfältig. Sie können als Entscheidungsgrundlage für die Veröffentlichung von Manuskripten oder die Förderung von weiterer Forschung dienen; sie können im Anschluss an eine Konferenz einen Einblick in die präsentierten Forschungsarbeiten bieten oder auch schon bei der Einreichung eines Konferenzbeitrages gefordert werden.

Auch wenn der Name zunächst etwas widersprüchlich anmutet – einen Extended Abstract kann man sich durchaus wie einen 20-seitigen Artikel vorstellen, der erfolgreich auf zwei bis vier Seiten gekürzt wurde. In der Praxis ist es allerdings wesentlich einfacher und angenehmer, einen Extended ­Abstract neu zu schreiben, also auf einem leeren Blatt Papier neu zu beginnen, als einen eventuell bereits geschriebenen Artikel zu kürzen. Als Grundlage ist ein solcher Artikel natürlich trotzdem ausgesprochen hilfreich, da er alle wesentlichen Aussagen enthält, die für den Extended Abstract wichtig sind. Darin unterscheidet sich der Extended Abstract letztlich vom einfachen Abstract: Er sollte alle wesentlichen Aussagen einer Forschungsarbeit vollinhaltlich enthalten, wenn auch nicht alle Details, Hintergründe etc.

Diese Anforderung wird an den Extended Abstract gestellt, weil er als Text für sich steht und alleine funktionieren muss, also keinen weiteren Text begleitet, auf den er sich bezieht bzw. auf den er neugierig machen soll. Stattdessen gibt es für den Extended Abstract die „Eine-Stunde-Regel“ (Pugh 2004): Länger sollte es nicht dauern, den gesamten ­Abstract zu lesen und zu verstehen. Im Rahmen dieser Stunde sollten die ersten 5 Minuten das Interesse der Leserinnen und Leser wecken, die nächsten 10 Minuten fesseln und die letzten 45 Minuten das geweckte Interesse befriedigen. Erfüllt der Abstract eine dieser Anforderungen nicht, so könnte, warnt der Autor dieser Regel, Ihr Abstract unabhängig von der Qualität der zugrunde liegenden Forschung abgelehnt werden.

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Worauf sollte ich bei einem Extended Abstract achten?

In seinem Aufbau ähnelt der Extended Abstract den anderen Formen des Abstracts insofern, als auch er der gleichen inneren Logik folgt. Allerdings sind jene Aspekte, die etwa im Article Abstract bzw. Conference Abstract nur angerissen bzw. als vorläufig dargestellt werden – also Methoden, Daten und Ergebnisse – wesentlich konkreter bzw. ausführlicher dargestellt. Auch die theoretisch-konzeptuelle Verankerung kann im Extended Abstract, wenn angebracht, entsprechend substanzieller ausfallen. So kann er tatsächlich als eine Art Langfassung bzw. als eine vollständigere Fassung des einfachen Abstracts angesehen werden. Er unterscheidet sich in seiner Eigenständigkeit allerdings auch vom Executive Summary, der etwa einem umfangreichen Projektbericht vorangestellt werden kann.

Ein Extended Abstract umfasst in der Regel zwischen zwei und vier Seiten und enthält anders als ein Article Abstract (wo angebracht) Zitate, Literaturverweise, Quellenangaben (und dementsprechend auch eine Literaturliste) sowie Tabellen und Grafiken. Sein Aufbau umfasst die folgenden wesentlichen Schritte:


Funktionen / SchritteUmsetzung
• Eckdaten der methodischen Vorgehensweise vorstellen• Argumentieren des Methodendesigns bzw. der Methodenwahl
• Beschreiben der Ergebnisse (fehlen die Ergebnisse noch, sollte ein Ausblick gegeben werden)
Diskussion• Kurzer Rückblick mit den wichtigsten Befunden• Vorwegnehmen / Abwehren von absehbaren Einwänden• Benennen möglicher Anknüpfungspunkte
Literatur und Anhang• Auswahl der wichtigsten Literatur des Projekts• Bei Bedarf Grafiken, Diagramme und / oder Tabellen

Dinge, die auch in einem Extended Abstract ausgelassen werden können, sind technische Details zu Erhebungsmethoden, Hinweise auf zukünftige Forschungsarbeit, institutionelle Rahmenbedingungen (nicht aber

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Förderer und Geldgeber) sowie Implikationen und inhaltliche Verknüpfungen, die für die Kernaussagen Ihrer Arbeit nicht relevant sind.

Wie beim Conference Abstract müssen Sie davon ausgehen, dass Extended Abstracts in vielen Fällen auch von Personen gelesen werden oder, genauer gesagt, dass sie Personen als Grundlage für eine Entscheidung dienen werden, die nicht Spezialistinnen oder Spezialisten auf Ihrem Gebiet sind.

1.4 Thesis Abstract oder Abstract für eine Abschlussarbeit

Als Thesis Abstract bezeichnet man den Abstract einer an einer Universität verfassten Qualifizierungsarbeit, also einer Bachelor-, Master- oder Doktor- bzw. PhD-Arbeit. Der Begriff wird im deutschsprachigen Raum erst seit Kurzem verwendet und bezeichnet nun an vielen Universitäten, was früher schlicht „Kurzfassung“ oder „Zusammenfassung“ hieß. Damit tragen Universitäten zum einen der wachsenden Internationalisierung der Wissenschaften Rechnung, zum anderen aber auch der nach wie vor zunehmenden Dominanz des Englischen.

In seinem Umfang bewegt sich der Thesis Abstract in der Regel zwischen einer halben und einer ganzen Seite, meist werden zudem ein deutsch- und ein englischsprachiger Abstract verlangt. Der Thesis Abstract folgt allerdings keinem einheitlichem Schema oder Aufbau, da er weder ähnlich stark verbreitet noch vergleichbar stark konventionalisiert ist wie andere Formen des Abstracts. Vielmehr gibt es eine überschaubare Anzahl von Alternativen, wie der Thesis Abstract in der Praxis gehandhabt wird. Wir besprechen diese im Folgenden anhand von Beispielen und zeigen einige Vorteile und Schwächen dieser Zugänge auf.

Abstract mit Schwerpunkt auf Ergebnissen

Ungeachtet der mangelnden Konventionalisierung und nicht zuletzt wegen der begrifflichen Gemeinsamkeit folgen etliche Thesis Abstracts dem Aufbau von Article Abstracts. Da sie aber deutlich mehr Raum zur Darstellung der zusammengefassten Arbeit haben, konzentriert sich diese Art Thesis Abstract auf die Ergebnisse der Forschung. Dies geschieht, wie

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im folgenden Beispiel des Abstracts einer Dissertation aus dem Fachbereich Ethnologie, Kultur- und Sozialanthropologie zu sehen10, unabhängig davon, ob es sich dabei um Resultate empirischer Forschung, Rechercheergebnisse oder theoretische Überlegungen handelt.

Beispiel 19: Ethnologischer Thesis Abstract (>>Beispielübersicht)

[Einleitung – Forschungsbereich etablieren] Wetter und Klima sind fixer Bestandteil des täglichen Lebens und beeinflussen soziale Systeme in vielerlei Hinsicht. So ist Wissen zu Wetter und Klima im sozialen Gedächtnis einer Gesellschaft gespeichert, etwa in Form von sozialen Netzwerken, landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsmethoden, Methoden der Wettervorhersage (z. B. Bauernregeln), wetterbezogenen Ritualen und wetterbezogenen Schutzmechanismen. Zudem liefern Medien zunehmend mehr Informationen über Wetter und Klima. [Methodische Vorgehensweise] All diese Wissensbereiche, welche Umweltwahrnehmung und somit wiederum die Wahrnehmung von Wetter und Klima bedingen, habe ich anhand einer Fallstudie im von der Landwirtschaft geprägten Großen Walsertal (Österreich) thematisiert und die soziale Bedeutung von Wetter und Klima diskutiert.

[Ergebnisse – Diskussion] LandwirtInnen im Großen Walsertal nehmen Wetter und Klima in erster Linie aus dem praktischen Kontext, aus ihrem Handlungsumfeld heraus, wahr. Kommunikation über Wetter findet zu einem großen Teil anhand lokaler zeitlicher und ört­licher Bezüge statt. Wetter wird in all seiner Dynamik thematisiert. Klimadiskurse stützen sich zu einem großen Teil auf mediale Reportagen, wobei Klima selbst als eine Abfolge von Wetterzuständen über Jahre hinweg und nicht als mittlerer Zustand der Atmosphäre im 30jährigen Mittel (meteorologische Definition) verstanden wird. Erfahrungen mit extremen Wetterzuständen

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wie der Lawinenkatastrophe im Jahre 1954 in der Walsertaler Gemeinde Blons führen zur Konstruktion lokaler Identitäten. Das gemeinsame Erleben und Überleben von Wetterextremen ist ein sozial verbindendes Element und schärft zugleich die Risikowahrnehmung in Hinblick auf Extremereignisse.

Auch heute liefert die Beobachtung der Natur wichtige Informationen zum Wetterverlauf und zu Wetteränderungen, wenn auch das Wissen über solche Beobachtungen zurückgeht. LandwirtInnen im Großen Walsertal wissen nicht nur um Wetterzeichen Bescheid, sondern beobachten auch unterschiedliche Arten und Ausformungen von Schnee, Regen, Wolken und Winden. Alltägliche Wetterbeobachtungen werden oft zu ritualisierten Handlungen und treten wenig ins Bewußtsein der LandwirtInnen.

Lokale Gegebenheiten und eigene Erfahrungen werden von LandwirtInnen im Großen Walsertal als Ausgangspunkt für das Verständnis wissenschaftlicher Inhalte herangezogen. So werden theoretische Informationen zu Wetter bzw. Klima, die in den Medien gebracht werden (z. B. Wettervorhersage, Berichte über Klimawandel), von den LandwirtInnen dann beachtet und in den lokalen Diskurs eingebracht, wenn diese Informationen in der lokalen Praxis beobachtet, angewandt oder umgesetzt werden können, bzw. wenn mediale Aussagen sich mit bereits Beobachtetem, Erfahrenem oder mehrfach Gehörtem in Einklang bringen lassen. Die mediale Wettervorhersage etwa wird gemäß den eigenen Erfahrungen an die lokalen Verhältnisse adaptiert, mediale Berichte zu Klimawandel werden auf Basis eigener Beobachtungen gewertet.

Diese Struktur hat den Vorteil, dass sie einerseits einen logisch motivierten Ablauf bieten kann, andererseits aber auch dem für Leserinnen und Leser wohl interessantesten Aspekt, nämlich den neu gewonnenen Erkenntnissen, viel Raum zu geben vermag.

Strukturorientierter Abstract

Häufig orientieren sich die Autorinnen und Autoren von Thesis Abstracts auch an der Struktur des begleiteten Textes, d. h. der Bachelor oder Master Thesis bzw. der Dissertation. Konkret bedeutet dies meist, dass der Thesis Abstract Schritt für Schritt den Inhalt der einzelnen Kapitel vorstellt. Im Idealfall tut er dies, indem er einen sinnvollen

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Zusammenhang – im Sinne einer logisch motivierten Kette – zwischen den Kapiteln herstellt.

Diese Form der Strukturierung des Thesis Abstract bietet sich besonders bei kumulativen Dissertationen an, also Arbeiten, die aus einer Reihe von publizierten Artikeln mit gemeinsamem rotem Faden bestehen (siehe das folgende Beispiel). Das strukturorientierte Ordnungsprinzip sollte allerdings auch in diesen Fällen nicht zu einer rein mechanischen, unzusammenhängenden Abfolge von Sätzen mit Einleitungen wie „Kapitel 2 behandelt …“ führen. Das folgende Beispiel ist der Abstract einer kumulativen Dissertation aus dem Fachbereich der Wirtschaftswissenschaften und folgt dem strukturorientierten Prinzip des Thesis Abstract.11

Beispiel 20: Wirtschaftswissenschaftlicher Thesis Abstract (>>Beispielübersicht)

[Einleitung] This dissertation collects a series of essays on labour market adjustment in the CEE and old member states. [Kapitel 1 – Ziele, Vorgehensweise] Chapter 1 summarises the literature on regional labour market development in transition. [Kapitel 1 – Ergebnisse] We find that large and persistent regional labour market disparities developed in virtually all transition countries. Differences in starting conditions and market access seem to be the major reasons for regional divergence. [Kapitel 2 – Ziele, Vorgehensweise] Chapter 2 analyzes the evolution of regional unemployment rates, wages, participation rates, migration and employment in seven new EU member states in the 1990s. [Kapitel 2 – Ergebnisse] Persistence of unemployment rates is lower in the first-round candidate countries than in the member states. Furthermore, in both first-round and second-round candidate countries, persistence in participation rates is lower. Migration seems to be an ineffective labour market adjustment mechanism. Wages react more strongly to regional unemployment developments but they are slightly less responsive to national unemployment. [Kapitel 3 – Ziele, Vorgehensweise] Chapter

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3 uses data covering 9 EU15 member states and 7 candidate countries to compare inter-regional migration patterns in the 1990s. [Kapitel 3 – Ergebnisse] Migration is lower in candidate countries and new member states than in EU15 member states. Also in contrast to the EU15 member states migration has fallen in candidate countries and new member states. [Kapitel 4 – Ergebnisse] Chapter 4 finds that 89 % of the variance in gross internal migration rates in current member states can be explained by variations in four robustly significant variables (employment protection, international migration, the share of ownership occupied housing and the average region size of a country).

Worauf sollte ich bei einem Thesis Abstract achten?

Auch wenn das Verfassen einer Abschlussarbeit oder Dissertation mitunter eine sehr intensive und persönliche Angelegenheit sein kann, sollte ein Thesis Abstract dennoch frei von persönlichen Kommentaren und Danksagungen sein. Auch sollte er in dem für Ihr Fach üblichen Wissenschaftsstil verfasst sein, d. h., Sie sollten etwaige Tabus auf die Verwendung von „Ich“ und „Meine Arbeit“ ebenso einhalten wie den Umgang mit persönlichen Wertungen.

Für die Darstellung der Arbeit im Sinne des Textes werden entweder Präsens- oder Imperfekt- und Perfektformen verwendet. Der Text erscheint damit entweder als gegenwärtig, kopräsent oder als in der Vergangenheit abgeschlossenes Produkt der Forschung. Die „Arbeit“ im Sinne der Forschungsarbeit selbst wird hingegen immer als etwas Vergangenes beschrieben. Futurformen werden nur in einem allfälligen Ausblick auf künftige Entwicklungen, offene Fragen oder mögliche Forschungsperspektiven verwendet.

1.5 Allgemeine stilistische Aspekte von Abstracts

An den bisher besprochenen Beispielen lässt sich bereits erkennen, dass Abstracts jeder Art meist in einer sehr klaren, deutlichen Sprache verfasst sind. Besonders vorliegende Forschungsdesiderate werden ohne Umschweife benannt, dabei wird aber selten eine Autorin / ein Autor aus der Sekundärliteratur direkt angesprochen, kritisiert oder hinterfragt.

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Ebenso direkt werden die eigenen Ziele und die eigene Leistung benannt. Hierbei gelten die üblichen sprach- und fachspezifischen Konventionen bezüglich der Verwendung von Personalpronomen wie „Ich“ und „Wir“ sowie die Möglichkeiten, diese zu vermeiden, etwa durch Passivkon­struktionen und Metonyme wie „Dieser Beitrag“, „Dieser Artikel“ usw.

Während dieser allgemeine Hinweis ebenfalls im Englischen gilt, gibt es auch sprachspezifische Tendenzen. Im Englischen wird das Personalpronomen „I“ tendenziell häufiger verwendet, wohingegen Passivkonstruktionen eher vermieden und Metonyme öfter verwendet werden. Englische Abstracts sind zudem häufig nicht nur deutlich, sondern pointiert bzw. zugespitzt formuliert. Eine solche Tendenz zur Betonung des eigenen Standpunktes ohne inhaltliche Übertreibung bezieht sich oft auf die Zentralität bzw. Relevanz des Feldes und die Notwendigkeit für neue Forschung. Der folgende Abstract mit dem Titel „The role of ecological theory in microbial ecology“ aus einem naturwissenschaftlichen Journal12 bezieht sich auf eine theoretische Grundlagenfrage (und ähnelt daher geistes- und sozialwissenschaftlichen Abstracts mehr als Abstracts in den angewandten Wissenschaften).

Beispiel 21: Naturwissenschaftlicher Abstract (>>Beispielübersicht)

Microbial ecology is currently undergoing a revolution, with repercussions spreading throughout microbiology, ecology and ecosystem science. The rapid accumulation of molecular data is uncovering vast diversity, abundant uncultivated microbial groups and novel microbial functions. This accumulation of data requires the application of theory to provide organization, structure, mechanistic insight and, ultimately, predictive power that is of practical value, but the application of theory in microbial ecology is currently very limited. Here we argue that the full potential of the ongoing revolution will not be realized if research is not directed and driven by theory, and that the generality of established ecological theory must be tested using microbial ­systems.

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In Beispiel 21 sticht vor allem die Wortwahl heraus: Die Sprachebene ist gehoben, aber nicht elitär. In der konkreten Wortwahl ist der Abstract emphatisch: Allein im ersten Satz finden sich die Wörter currently, revolution, repercussions, throughout, gefolgt von rapid, vast diversity, abundant, novel im zweiten Satz und so fort. Es handelt sich dabei um „starke“ Wörter, die zur Betonung des eigenen Standpunktes dienen und Aufmerksamkeit bei den Leserinnen und Lesern wecken sollen. Aber auch die Grammatik bzw. der Satzbau trägt hierzu bei: Einem alten rhetorischen Prinzip folgend, enthalten die ersten beiden Sätze je eine dreiteilige Aufzählung (z. B. microbiology, ecology and ecosystem science). Damit nutzt der Autor dieses Abstracts ein etabliertes rhetorisches Mittel, das seit der Antike Anwendung findet, u. a. in jener berühmten Ansprache des Marcus Antonius, die Shakespeare schrieb: „Römer, Mitbürger, Freunde!“13 Heute folgen Hollywood-Drehbücher diesem Prinzip (und anderen rhetorischen Prinzipien) ebenso wie Ansprachen, politische Reden, Werbung und eben auch wissenschaftliche Abstracts.

Es ist für jede Art Abstract ratsam, ungebräuchliche Metaphern sowie eher alltagssprachliche Formulierungen und Redewendungen zu vermeiden. Gleiches gilt für unklare oder mehrdeutige Begriffe, die oft in Anführungszeichen stehen, um sich davon zu distanzieren. Dies gilt in fremdsprachigen Abstracts umso mehr, da Sie hier mehr als in Ihrer Muttersprache Gefahr laufen, mit einer saloppen Formulierung „danebenzugreifen“. Im folgenden Abstract zum Text „Unraveling the Obesity-Cancer Connection“ aus der Life-Sciences-Forschung14 sehen Sie eine solche Formulierung in Form von „its reputation may be changing“. Gemeint ist damit – das ist zumindest auf den zweiten Blick ersichtlich (nicht zuletzt aufgrund unserer Erwartungshaltung hinsichtlich der Struktur eines Abstracts) –, dass jüngste Forschungsergebnisse die bisherige „reputation“ von Insulin infrage stellen und in eine neue Richtung

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deuten. Ähnlich salopp formuliert in diesem Abstract sind auch „leading candidates“ und „skyrocketing“.

Beispiel 22: Medizinischer Abstract (>>Beispielübersicht)

Insulin, a hormone produced in the pancreas, is more commonly known for its role in diabetes. But its reputation may be changing. Insulin and a related hormone known as insulin-like growth factor (IGF) are now at the center of a growing wave of research around the world aimed at elucidating what many scientists consider to be their critical role in fueling a wide range of cancers. Elevated levels of insulin and IGF are also the leading candidates to explain a significant correlation in epidemiology that has gained attention over the past 30 years: Obese and diabetic individuals have a far higher risk than lean healthy people of getting cancer, and when they do get it, their risk of dying from it is greater. And now that obesity and diabetes rates are skyrocketing, the need to understand this link has become far more urgent.

Zudem sollten im Rahmen eines Article Abstracts ausführliche oder zahlreiche Zitate und Verweise vermieden werden. Etwas eingeschränkt gilt dies auch für die (generell umfangreicheren) Conference und Extended Abstracts. Das folgende Beispiel ist ein für Demonstrationszwecke erstellter Abstract mit dem Titel „Multimodality and Semiotics in Film Studies“. Es zeigt deutlich, dass ein Abstract, der ja schnell und prägnant Inhalte kommunizieren soll, leicht mit Literaturhinweisen überladen werden kann. Unabhängig davon sollte Ihr Abstract auch nicht den Eindruck vermitteln, Stückwerk aus Zitaten anderer Publikationen zu sein.

Beispiel 23: Filmwissenschaftlicher Abstract (>>Beispielübersicht)

The academic field of Film studies boasts a significant number of differing approaches and methodologies. Within the terms of a general semiotics, however, most of these are incompatible (see van Leeuwen 2001; Iedema 2001; Altman 1984). This paper provides a brief exploration of why recent formulations of an approach to “multimodality” promise to solve this impasse for film analysis within semiotics. As such, it highlights “the

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ways in which various modes contribute to the construction of specific meanings in the film’s diegetic world” (Rheindorf 2005: 17). The paper takes an “instrumental view” (Smith 2009: 58) of multimodal discourse analysis, regarding it as a “means rather than as an end in itself” (ibidem), and puts it to service for film analysis.

My approach is furthermore “transdisciplinary in the sense that it draws on various theoretical positions, concepts, and methods associated with the disciplines of linguistics, film studies, and cultural studies” (Miller 2008: 22). While social semiotics as formulated by Halliday (1978) provides a theoretical framework for my engagement with “film as a cultural practice” (Hallo 2007), multimodal concepts are relied on for most of the actual analytical work (O’Halloran 2004).

Widerstehen Sie außerdem der Versuchung, bei englischsprachigen ­Abstracts möglichst viele wohlklingende oder beeindruckende Vokabeln zu verwenden. Besonders beliebt ist der Einsatz von Konjunktionen, die kausale und logische Zusammenhänge markieren, wie etwa therefore, thus, due to, hence usw. Achten Sie darauf, dass diese sinnvoll und nur an den richtigen Stellen stehen. Keinesfalls sollten Konjunktionen wie diese eingefügt werden, um eine logische Verkettung herzustellen, wo inhaltlich gar keine besteht.

Das folgende für didaktische Zwecke angepasste Beispiel mit dem Titel „Light Scattering Spectroscopic Characterization of Healthy and Cancerous White Blood Cells“ stammt aus der medizinischen Forschung und verwendet an einigen Stellen Konjunktionen zur Verknüpfung, die auf inhaltlicher Ebene nicht gerechtfertigt sind. Dies betrifft den Übergang zum Schritt „Nische besetzen“, an dem thus eine kausale Verkettung wie damit oder dadurch suggeriert, die inhaltlich nicht gegeben ist. Möglich wäre hier grundsätzlich eine Konjunktion wie therefore, das Besetzen der Nische muss allerdings nicht so markiert werden. Schließlich gibt der Abstract auch noch so etwas wie einen „Ausblick“ und verwendet hier therefore, um die möglichen Applikationen mit der vorherigen Diskussion der Ergebnisse zu verknüpfen. Hier wäre wiederum thus passend, weil hier eine logisch-kausale Relation zwischen zwei Sichtweisen auf das Ergebnis besteht und nicht zwischen zwei kausal verknüpften Ereignissen.

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Beispiel 24: Medizinischer Abstract (>>Beispielübersicht)

Austin Hsiao, Mechanical Engineering

[Forschungsbereich etablieren] Leukemia is uncontrolled proliferation of immature white blood cells. [Nische etablieren] The conventional method of diagnosis requires invasive and medically extensive biopsies and blood samplings of great discomfort to the patients. Since leukemia is the most prevalent type of cancer in children, where blood drawing is particularly painful and difficult, a non-invasive screening modality could improve significantly the detection and monitoring of these patients. [Nische besetzen] Thus, we performed an initial set of studies to assess the potential of light scattering spectroscopy to determine whether unique light scattering signatures can differentiate leukemic from healthy white blood cells. We acquired angle-dependent and wavelength-dependent light scattering maps of the samples in the backscattering geometry. Specifically, we acquired polarized light scattering maps from isolated cell populations along the parallel and perpendicular polarizations and computed the differential light scattering maps, representing mostly singly backscattered light. From these LSS maps, the wavelength-dependence of the biological samples, characterized by a power law exponent value, was used to quantitatively differentiate between the healthy lymphocytes, granulocytes and the leukemia cells. [Ausblick] Therefore, these initial findings can be seen to provide the basis for detection of leukemia in in vivo flow cytometry and to demonstrate the potential of a non-invasive leukemia screening test.

Im folgenden Beispiel 25 sehen Sie ein anderes Problem, das in jeder Art Abstract zu vermeiden ist: eine unfokussierte, d. h. nicht auf die wesent­lichen Aspekte konzentrierte Darstellung. Unter dem Titel „Creative ­decision making within the contemporary Hollywood studios“15 gibt

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dieser Abstract nur vage Hinweise auf seine Ziele – seeks to contribute –, ohne zu benennen, was oder wie er dazu beitragen möchte. Die Feststellung There are compelling questions ist weder auf eine konkrete Forschungsfrage noch auf deren Beantwortung ausgerichtet. Auch der Hinweis, dass der Artikel neben der Fachliteratur auch die Erfahrungen des Autors berücksichtigt, ist nicht entscheidend für den wissenschaftlichen Beitrag und hilft den Leserinnen und Lesern damit nicht, die Relevanz des Artikels besser einschätzen zu können.

Beispiel 25: Filmwissenschaftlicher Abstract (>>Beispielübersicht)

This article seeks to contribute to the current debate about the decision-making process within the Hollywood studios and the marketing-driven quest to micromanage the creative process in order to manufacture more consistently profitable films. The author outlines the process to which scripts are subjected in order to determine their suitability for production and how this impacts the quality of the scripts. There are compelling questions about whether the current business model hinders relevant, definitive cultural narratives and how this affects both the quality and profitability of contemporary films. In addition to considering the existing literature dealing with the topic, this article also draws on the author’s fifteen years’ experience in Hollywood as a screenwriter, agent and producer.

Unser letzter Hinweis zur stilistischen Gestaltung von Abstracts betrifft die sogenannte allgemeine Wissenschaftssprache. Diese ist ein Repertoire an Ausdrücken und Phrasen, das über alle Fachgrenzen hinweg verwendet wird, um über Wissenschaft selbst zu sprechen: Wörter wie Theorie, Methode, Analyse, aber auch Phrasen wie hinlänglich bekannt, neuere Studien zeigen oder bisher vernachlässigt gehören damit auch zu den häufigsten verwendeten Formulierungen in Abstracts. Diese Ihnen sicherlich vertrauten Formulierungsvarianten sind alltagssprachlichen Formulierungen vorzuziehen, was auch für englischsprachige Abstracts gilt.

Das folgende Beispiel 26, ein für didaktische Zwecke formulierter Abstract aus dem Bereich der Literaturwissenschaft, entspricht allen gängigen Konventionen bis auf einige Ausdrucksweisen. Die Formulierung nur

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wenig geschrieben wurde ist etwas unbeholfen, üblicher wäre veröffentlicht oder publiziert bzw. eine grundsätzlich andere Darstellungsvariante wie nicht eingehend damit beschäftigt oder weitgehend vernachlässigt. Gleiches gilt für die Formulierung interessiert mich, die ungewöhnlich ausdrückt, was üblicherweise unter Zuhilfenahme einer Nominalisierung wie Das Interesse gilt zum Ausdruck gebracht wird. Auch die Formulierung ist gut ersichtlich wäre zu ersetzen durch eine der üblichen Ausdrucksweisen wie zeigt sich.

Beispiel 26: Literaturwissenschaftlicher Abstract (>>Beispielübersicht)

Auch wenn Paul Austers literarische Arbeiten stark von europäischen Literaturen beeinflusst sind, ist er auf fundamentale Weise ein amerikanischer Schriftsteller. Die Schauplätze, Figuren, literarischen Bezüge und Themen seiner Arbeit sind entschieden amerikanisch. Obwohl bisher nur wenig zu der gegenseitigen Durchdringung von amerikanischer und europäischer literarischer Tradition in Austers Arbeiten geschrieben wurde, sind sie dennoch ein zentrales Charakteristikum dieser. In der vorliegenden Arbeit interessiert mich vorwiegend sein Romanwerk, das jedoch nur vor dem Hintergrund seiner werk- und genre-umspannenden Poetik verstanden werden kann. Aus der entsprechenden Perspektive ist gut ersichtlich, dass Austers Repertoire an Figuren, Themen und Schauplätzen aus einem Pool amerikanischer Topoi schöpft, seine Gestaltungsprinzipien auf narrativer Ebene jedoch in ihrem Wesen der europäischen Literatur verpflichtet sind.

Auch die englische Wissenschaftssprache hat ihre eigenen Usancen, was die Ausdrucksweise angeht. Besonders für die wesentlichen Schritte in Abstracts – Etablieren des Forschungsbereiches, Etablieren der Nische und Besetzen der Nische – gibt es eine überschaubare Anzahl an Wörtern und Phrasen, die häufig verwendet werden. Da wir diese hier nicht ausführlich behandeln können, möchten wir Sie auf entsprechende weiterführende Literatur und Ressourcen wie die „Phrasebank“ der University of Manchester (abrufbar unter www.phrasebank.manchester.ac.uk) verweisen.

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1 Auf den zunehmend Verbreitung findenden Gebrauch des Begriffs „Abstract“ für Exzerpte und Zusammenfassungen von gelesenen Texten, wie er etwa in Online-Ratgebern und Blogs zum Thema wissenschaftliches Arbeiten zu finden ist, möchten wir hier nicht näher eingehen. Es sei aber festgehalten, dass aus terminologischer Sicht wenig dafür und einiges dagegen spricht, weitere Textsorten, für die bereits Termini etabliert sind (im Englischen übrigens ebenso wie im Deutschen), unter dem Begriff „Abstract“ zu subsummieren.

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