Читать книгу: «Der Sinn des Unsinns», страница 2

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“Ein Privater,” stellte die Schwester sachkundig fest. “Da wird sich der Doktor aber freuen.”

Sie schob die Massen im Flur auseinander und zog Bernd am Arm in ein helles Zimmer in dem es ruhig war. Sie öffnete ohne anzuklopfen die angrenzende Tür und säuselte melodisch : “Ein Privatpatient.”

“Sie können jetzt gehen,” ertönte eine männliche Stimme laut und bestimmt im Nebenraum.

“Aber sie haben mich doch noch gar nicht richtig untersucht,” klagte eine weibliche Stimme.

“Ich weiß was sie haben; sie kommen ja oft.”

“Der Doktor kommt gleich zu ihnen,” sagte die Schwester freundlich und suchte ihren Arbeitsplatz im Getümmel des Flures auf, um die Stellung zuhalten.

“Kommen sie nur her ein, ”Der Doktor stand in der Tür und strahlte Zuversicht, Verständnis und Frohsinn aus. “Wie kann ich dienen?”

“Krank fühle ich mich. Schwindelig und so. Schlapp auch.” Bernd der in diesen Sachen keine Erfahrung aufwies suchte nach überzeugenderen Worten.

Der Doktor wischte mit der Hand durch die Luft. “Verstehe,” er dämpfte die Stimme um von der Wand nicht überhört werden zu können. “Sie leiden unter Oberbauchbeschwerden.”

“Sie kippen immer um wenn sie die Senkel schnüren. Sie sollten Slipper tragen.” Er kicherte breit über den gelungenen Witz.

Bernd war sich da nicht sicher. Oberbauchbeschwerden schien irgendwie nicht weit weg von den Genitalien. Und Tripper würde er wohl nicht haben.

“Sind sie sicher?”

“Absolut. Ich bin Arzt,” sagte der Doktor bestimmt. “Nun,” sprach er weiter, ”da sie nun sicher der Heilung beruhigt entgegensehen können, was ist mit mir?”

“Mit ihnen,”

“Oh ja, mit mir,”

„In welchem Zusammenhang? Wollen sie eine Diagnose von mir? Ich bin Seemann.”

Der Doktor lachte. ”Ich muß leben,” sagte er freudig,” das alles hier muß ich aufrechterhalten. Sehen sie sich um. All das hier.”

“Ziehen sie sich aus. Alles. Bis auf die Unterhose.” sagte die andere Krankenschwester im Stockwerk darunter.

“Lassen sie mal sehen.” Eine weitere Schwester ergriff Bernds Finger noch bevor er das Ausziehen zur Befriedigung der anderen Schwester beendet hatte und stach mit einer Nadel hinein. “Wir wollen ihr Blut,” scherzte sie munter.

“Hier,” sagte beiläufig die erste Schwester und reichte Bernd zum Abschied einen Zettel .

“Das Rezept vom Doktor. Gehen sie das Präparat kaufen und spülen sie es dann die Toilette herunter. Wegen den Kindern.”

“Den Kindern?” “Ja, die schlucken alles, was in den Schlund passt.”

“Die Vibrationen,” sagte Bernd zu Köwenick als der Jumbo mit ihnen und Köwenicks koreanischer Freundin Hasi die Marschhöhe über dem Gebirge erreicht hatte.

“Vibrationen?”

“Die Vibrationen.”

“Welche Vibrationen.”

“Die Vibrationen, achte auf die Vibrationen, wenn du sie bemerkst.” “Wo?” erwiderte Köwenick mit irritiertem Gesichtsausdruck.

“Unter deinen Füßen.”

“Meine Füße?”

“Wenn du Vibrationen unter deinen Füßen bemerkst, ist es Zeit, den Notausgang zu besuchen.” Erklärte Bernd, der schon ein dutzendmal um die Welt geflogen war und über umfassende Erfahrung verfügte.

“Zähl die Lehnen der Sitzreihen und präge sie dir ein. Wenn es finster wird, kannst du sie dann abzählen. Wenn du dich auf der Flucht entlanghangelst.”

“Finster?”

“Sicher. Erst wird es finster weil das Licht ausgeht. Dann wird es rasch hell und gleich wieder richtig finster. Wegen dem Qualm. Die Dinger hier knicken auseinander, wenn die Decksplanken vibrieren. Und fallen runter, wenn sie knicken. Wenn du die Schuhe ausziehst, merkst du es eher. Die Vibrationen.”

“Qualm? Was redest du da Mann.”

Sie landeten in Haneda nach 10 oder 12 Stunden und wurden vom Pauschalagenten in einem Hotel in Tokio untergebracht, in dem sie das Gepäck abstellten und mit der Bahn nach Yokohama weiterreisten, um auf der Isesaki Cho die Diskothek Peanuts im Obergeschoß zu besuchen, in der nichts los war.

Der Weiterflug nach Seoul war auf den folgenden Nachmittag terminiert.

Am nächsten Tag hatte sich Bernd entschlossen, noch etwas in Japan zu verbleiben. Köwenick schloß sich an und so flog Hasi allein mit den anderen nach Seoul und nahm den Bus nach Masan, wo sie wohnte.

Bernd und Köwenick wechselten nach Yokohama und zogen in den Seemanns Club am Yamashita Park ein. Der alte Seemannsklub, den Bernd von früheren Reisen her gut kannte, hatte sich zu einem feudalen Offiziersclub gemausert, in dem nichts von der alten Lebendigkeit angetrunkener Matrosen und kichernder Nutten verblieben war.

Alles hatte sich verändert in Yokohama.

Chinatown, einst ein brodelndes Nachtviertel mit 300 Bars und Rotlichtclubs, quirlend mit zechenden Seeleuten aus aller Herren Länder und Einheimischen , bestückt mit den geilsten Nutten des Erdballs war abgeräumt und zu einem Nukleus von 3 Kneipen geschrumpft in denen ebensoviele eher lustlose Nutten kauerten.

“Was ist bloß aus Yokohama geworden.” Sagte Bernd.

Ganze drei Kneipen, durch die zu Saufen keinerlei Herausforderung darstellte, mit zwei Nutten in der letzten Bar, die obschon willig, das Vakuum der fehlenden Stimmung nicht annähernd zu decken vermochten.

Nachdem Bernd vergeblich den Eierhandkarren, der nach Mitternacht vor der dritten Kneipe aufgefahren war und hart gekochte Hühnereier zu teuren Preisen feilbot, umzukippen sich bemüht hatte, wurden sie von der Polizei abgeholt und im Revier zwei Stunden auf eine Bank gesetzt, auszunüchtern.

“Wir wollen sie nicht in Yokohama haben,” sagte der Chefbeamte mit finsterer Mine und drohend ergänzend : “wir wollen sie um zwölf Uhr Mittag die Stadt verlassen sehen.”

Im Offizier zur See Club öffnete der Verwalter erst nach langem Klingeln die Eingangstür und schloß sich dem Ultimatum der Ordnungsbehörde,

die sie an der Tür ablieferte, an.

“You will have to leave at noon. Both of you will have to leave at noon.”

“Wir fahren nach Sasebo auf Kyushu,” sagte Bernd, “das kenn ich, da gibt es ein paar Hafenkneipen und viele malerische Buchten mit Felsen zum Baden.”

Über Osaka fuhren sie mit der Bahn nach Kyushu. Ab Osaka in einem völlig überfüllten Zug, zehn Stunden auf der Bodenplatte neben der Waggontür sitzend. Auch Sasebo war eine Enttäuschung. Es gab noch drei Hafenkneipen, die nicht ausreichten für mehr als eine ausschweifende Nacht. Die malerische Bucht, in der Bernd früher oft gebadet hatte, konnte er nicht mehr auffinden.

Als nächstes Ziel konnte Nagasaki, wo Bernd früher, ausschweifend, sehr ausschweifend, gezecht und seinerzeit mit der Western Hunter achterausgesegelt war , die mit seiner ganzen Habe am Horizont Richtung Indik für immer entschwand, in Betracht gezogen werden, aber man entschied sich, das Land zu verlassen und fuhr nach Shimonoseki, die Fähre nach Pusan zu nehmen.

Auch Pusan hatte sich verändert und war zu einem Neonspektakel westlichen Vorbilds mutiert.

Es war der Container. Der Container, diese Blechbüchse hatte allen Scharm und alle Hafenkneipen zerstört. Das Düsenflugzeug hatte alle Städte und Kulturen nach westlichem Standard uniformiert.

Fernsehen und Telefon, all über all präsent, verunmöglichten auch das letzte Abenteuer.

Was war nur aus der Welt im Osten geworden.

Köwenick blieb bei Hasi in Masan in einem Hotel hängen, während

Bernd davonzog. Nach Chin Hae, wo die Amis eine Basis betrieben, dann nach Seoul, dann nach Inchon, wo er eine Woche bei einer niedlichen Hafenhure rastete; dann wieder nach Seoul, wo er feststellte, daß er nunmehr völlig mittellos war und nichts mehr zu rauchen hatte.

Die Erkundung nach dem Rückflugstermin brachte weitere Ernüchterung. Es gab keinen Rückflug. Der Pauschal Agent war pleite gegangen.

“Es gibt keinen Rückflug,” sagte Bernd zu dem deutschen Beamten hinter dem Tresen in der deutschen Botschaft in Seoul, die er im Fußmarsch durch penetrant beständigen Regen schließlich gefunden hatte.

“Es wird keinen Rückflug geben.” Und. “Ich bin gekommen, ihnen mitzuteilen, daß ich völlig mittellos bin. Gerade jetzt, jedoch werde ich in Berlin sicherlich als guter Steuerzahler aufgefallen sein.”

“Natürlich,” sagte der deutsche Beamte freundlich. “Wir regeln das. Dafür sind wir da. Landsleuten in der Not Hilfe zu gewähren.”

“Setzen sie sich, irgendwo. Ruhen sie sich aus. Trocknen sie ab.”

“Es gibt keinen Rückflug,” sagte der Beamte nach einer Stunde, “die Agentur ist in Konkurs gegangen.”

“Ich weiß.” Sagte Bernd.

“Ich kann ihnen seine Adresse auf einen Zettel schreiben,” fuhr der Beamte fort. “Er wohnt außerhalb der Stadt in einem Dorf.”

“Was werden wir machen?”

“Kaufen sie sich eine neue Flugkarte.”

“Mit was?”

“Mit Geld,” der Beamte sah Bernd verständnislos an,” Wechseln sie einen Scheck. Wenn sie kein Geld haben.”

“Welchen Scheck? Geben sie mir einen?”

“Oh nein, wir dürfen keine Schecks ausstellen.” Sagte der Beamte, besorgt blickend.

“Dann geben sie mir ein Flugticket nach Berlin.”

“Das Auswärtige Amt vergibt keine Flugtickets nach Berlin. Wir könnten ihnen Bargeld anbieten. Aber nur wenn sie sich in einer Notlage befinden sollten. Wir müßten freilich in Bonn nachfragen und uns ihre Identität bestätigen lassen.”

“Wie lange mag das dauern?”

“Zwei Stunden. Wir schicken ein Kabel.”

“Die Antwort ist da,” er strahlte Zuversicht aus. “Wir wissen jetzt, daß sie Herr Meyer sind. Und in Berlin wohnen.”

Nach einer weiteren Stunde stand ein anderer Beamter hinter dem Tresen.

“Herr Meyer, kommen sie bitte. Sie müssen diesen Vertrag unterschreiben. Sofort nach ihrer Ankunft in Berlin müssen sie den Kredit zurückzahlen. Ihr Reisepass wird bis zur erfolgten Rückzahlung gesperrt. Sie dürfen Deutschland während der Zeit nicht verlassen.”

“Donnerwetter, das ist aber strikt.”

“Wir haben das Geld der Steuerzahler vor Mißbrauch zu schützen. Wenn sie hier bitte die Barauszahlung abzeichnen wollen. Sie verstehen, daß wir die Kosten für das Kabel abziehen müssen. Es kostet 36 Mark.”

Die Summe wurde in US Dollar ausgezahlt. Es waren 180 Mark netto.

“Nun gehen sie erst einmal gut essen, kleiden sie sich neu ein, unten in der Strasse gibt es einige Konfektionsläden, und fliegen sie dann nach hause. Gute Reise.”

Bernd wurde freundlich verabschiedet und suchte den Agenten in einem Dorf bei Seoul auf.

Dort pochte er nachhaltig und beharrlich gegen ein hohes Brettertor während die Taxe, die ein Drittel der neuen Barschaft als Pauschalpreis verlangte, wartete. Nach einer Weile öffnete eine alte Frau, die des englischen nicht mächtig war, das Tor und radebrechte, daß alles wieder gut wäre und das Flugzeug warten würde. In zwei Tagen Seoul Airport. Sie fuchtelte mit den Händen. “Sie sagt, sie sagt die Wahrheit.” Übersetzte der ebenfalls radebrechende Taxifahrer. Viele koreanische Frauen wären schon dagewesen. “Agent nix da. Agent gut Mann.”

In Berlin war es zwischenzeitlich nicht gut gelaufen. Herr Sommer hatte zwar den Kiosk sauber und aufgeräumt geführt, aber die Umsätze, Gewinne, reichten bei weitem nicht aus, die Berge an Rechnungen zu begleichen.

Der Schaumstoffladen hatte unter der Regie der Exfrau Köwenicks, die faul und liederlich war, ganze vierhundert Mark in dem Monat umgesetzt und es fertig gebracht, für vierhundertdreissig Mark Strom zu verbrauchen.

“Die hat ja kaum geöffnet, “ sagte der Nachbarhändler.

Sie wurde ohne Zahlung verjagt. Der Schaumstoffladen mußte aufgegeben werden um das Imperium zu halten.

Die Automaten, die schön anzusehen waren, nahm sich Frau Lärmbecher zur Verrechnung mit den Zigarettenlieferungen.

Die Autoflotte wurde dezimiert. Backe kam mit einem Ami Straßenkreuzer zu Besuch.

“Bringt richtig Geld,” meinte er und zeigte auf den Schlitten, ”wenn man eine Beule reintut.”

“Tausend,” sagte Karl Hannes, “das ist der übliche Preis. Fünfhundert, dann mach ichs mit dem LKW.” Karl Hannes war angestellter LKW Fahrer und fuhr für eine Spedition.

Morgends um zehn stand der LKW auf der Verkehrs- und menschenleeren Tiergartenstrasse am Straßenrand. Karl Hannes wuchtete eine leere, aber schwere Kabeltrommel aus Holz vom Hänger und Bernd gab Gas, auf diese zu prallen, die durch die Wucht gegen den Hänger zurückgeschleudert wurde. Zufrieden stieg Bernd aus dem roten Mustang aus und betrachtete den Schaden. “Nichts.” “Garnichts.” “Nicht mal eine Schramme.” “Hat doch aber ganz schön

gebumst.”

“Soll ich helfen, die Trommel wieder auf den Hänger zu laden? Dann könnt ihr es erneut versuchen.” Ein Mann mit einem Fahrrad schälte sich zwischen den Bäumen der anderen Straßenseite heraus.

“Wir müssen das anders machen,” sinnierte Karl Hannes bei dem Halt ein paar Straßenzüge weiter, wo sie sich unbeobachtet wähnten. “Ich beschneide dir die Vorfahrt. Beim Linksabbiegen. Und schramme die Kiste an der Seite auf. Von hinten bis vorn. Ich gib dir ein Zeichen wenn wir die richtige Kreuzung gefunden haben. Ich strecke den Arm raus. Dann fährst du dicht neben mich. An einer Ampel. Wenn wir beide links abbiegen.”

Das hörte sich gut an. Und das schabte auch schön. Die Passanten schauten interessiert.

“Es sind Kratzer da, Scheiße,” meinte Karl Hannes, “aber am LKW. Was hast du da, ein Panzerauto? Fahr du jetzt voraus. Richtung Neukölln, dann immer den Britzer Damm runter. Da muß ich die Ladung abliefern. An einer Ampel fahr ich dir hinten rein. Dann wird es scheppern.”

Bernd behielt den LKW im Rückspiegel im Auge. Karl Hannes hielt auf Abstand als Bernd an der roten Ampel Kreuzung Silbersteinstr. hielt. Er sah und hörte wie der LKW Motor aufheulte und der Zug stark beschleunigte. ´Oh ha, dachte Bernd das werden 50 Sachen sein. Bei dem Gewicht. Der manscht mich in den Straßenbelag. Das gibt ein Unglück. Er gab Gas und flüchtete bei Rot über die Kreuzung, der LKW kam hinterher gebraust. Alles hupte, gaffte, staunte und flüchtete.

Einen Kilometer weiter gab es keine Fluchtmöglichkeit mehr und der Mustang wurde von dem LKW voll erwischt.

“Allerhand,” staunte Karl Hannes, “das hat gesessen.” Der Mustang hatte am hinteren rechten Kotflügel eine tiefe Einbuchtung, eine Kerbe, die jedoch nicht gerissen war. Die Stoßstange des LKW war vorne links abgerissen und hing auf das Pflaster herunter. Die Blinkleute war her- ausgefallen.

“Draht, Wir brauchen Draht. Wir hätten an Draht denken sollen,”meinte Karl Hannes,” daran wird der Spediteur nicht recht Gefallen finden werden.”

“Ostendorf,” sagte Backe den anderen Tag, ”Ostendorf.”

Der Mustangschaden brachte zwei Tausender von denen Karl Hannes fünfhundert und der Doktor Tacka den Rest erhielt. Die Krankenversicherung hatte weder die Arztkosten, noch das Tagegeld zahlen wollen. Bernd hatte versäumt, die fällige Rate anzuweisen. Das fiel ihm schon im Flugzeug nach Japan auf, aber da war es ohnehin zu spät.

“Dein Wichser Tacka hat mir EKG aufgeschwatzt,” sagte er zu Köwenick,”und er will dafür tausendsiebenhundertundfünfzig Mark haben.” “Zahl ihn halt,” sagte Backe.

“Scheck? Ein Scheck?” Tacka war entsetzt,” ein Postscheck?” “Nur fünfhundert Mark, den Rest hab ich hier bar,” versuchte Bernd ihn zu beruhigen. “Ein Postscheck?”

“Dein Doktor Tacka ist ein ausgemachtes Arschloch,” sagte Bernd zu

Köwenick.

Ostendorf betrieb auf einem Hinterhof in Wedding solange alle zurückdenken konnten, eine Mischung aus Reparaturbetrieb und Schrottkippe. Repariert wurde mit Draht und Hammer am Kantstein der Strasse. Bei jeder Wetterlage.

“Schönes Auto hab ich,” pflegte der alte Ostpreusse zu sagen,”für euch. Gutes Auto. Läuft. Könnt ihr billig haben.” “Fährt, hat noch drei Monate TÜV, fehlt Auspuff und rechte Tür. Repariere ich noch.”

“Wann?” “Könnt ihr morgen abholen.” “Papiere?” “Könnt ihr morgen abholen.”

Bei Ostendorf bekam man für zwei, dreihundert Mark stets das richtige Gefährt. “Und wenn nicht läuft,” pflegte er zu sagen,” fährt man mit teurem Auto rückwärts rein. Ergebnis ist gleich.” “Bei Ostendorf mußt du aufpassen,” erläuterte Backe,” gleich heißt bei dem übermorgen und mit morgen meint er übernächste Woche. Außerdem gehören ihm nicht alle Autos die er verkauft. Aber solange er die Papiere beibringt, bleibt das sein Ärger.”

Nur noch das, was unbedingt erforderlich schien, wurde an dem Haus weitergebaut. Und auch das nur, wenn die Materialkosten gegen gratis tendierten. Karl Hannes unterstützte maßgeblich mit seinem LKW und brachte erhebliche Mengen an Baumaterialien, woher er die auch immer hatte, vorbei. Eines Tages erschien er mit einem ganzen Zug bester Steinwolle, die er auf einem Industriegelände aufgelesen vorgab, und ermöglichte so die durchgehende Isolierung des Dachgeschosses.

“Leih mir dreißigtausend Mark zu fünf Prozent den Monat für ein paar Monate,” sagte Bernd nachdenklich, während des Schachspiels eines abends zu Köwenick.

“Dreißig?” “Die kann ich anderthalb Mal mit Tabakwaren umsetzen. Dann rechnet sich das.”

Zwei Tage später holte Bernd mit Jacky, die solche Summen auf einem Stapel nicht für möglich gehalten hatte, die dreißigtausend, die aussahen, als ob Köwenick sie in seiner Matratze gehortet hatte, ab.

Es war nun wieder ausreichend Ware im Angebot. Es ging nun wieder.

Ein Zimmerchen im neuen, angebauten Nordflügel hatten sie mittlerweile fertiggestellt und mit hübschen Paneelen, die Bernd ausgesucht hatte, ausstaffiert. Ein Bett stand drin. Und ein Ofen. Es wurde von dem Rest des sich noch gesamt im Bauzustand befindlichen Hauses mit einer selbstgezimmerten Schiebetür aus Holz abgetrennt und sauber gehalten.

Jacky und Bernd zogen aus Karl Hannes schwarzem Loch in Moabit aus und hinterließen die Möbel anderen, sie auf den Sperrmüll zu tragen, nachdem Bernd die andere Nacht aus dem Küchenfenster gefallen war und sich den Zehknochen gesplittert hatte.

Das Telefon war wieder angeschlossen. Die Estriche unten waren eingebaut. Die Böden oben verlegt. Alles mögliche war verändert und umgemauert worden. Das zukünftige Bad war abgetrennt und die

Sickergrube war gemauert. Strom war da. Leitungen waren überall verlegt. Jackys Stiefvater war aufgetaucht.

“Er wollte mir mit einer Drahtbürste das Gesicht abbürsten,” sagte Anja atemlos mit empört klingender Stimme eines abends am Telefon. “Er sagte, daß er mir das Gesicht mit der Drahtbürste abbürsten wolle. Er hat die Scheibe zum Kassenraum mit der Drahtbürste zerkratzt. Ich konnte sie gerade noch zuschieben. Sonst hätte er mir das Gesicht mit der Drahtbürste zerkratzt.”Sie war aufgelöst und alarmiert.

“Ich soll dir ausrichten, daß er dir den Schädel spalten und anschließend in das Gehirn pissen wird. So hat er das gesagt.”

“Wird oder will?”

“Das weiß ich nicht mehr, er wollte mein Gesicht zerkratzen.”

“Das ist aber wichtig. Reiß dich zusammen. Will oder wird?. Wer hat dein Gesicht zerkratzt?”

“Wird. Aber das Gesicht konnte er mir nicht zerkratzen, weil ich die Scheibe schnell zuziehen konnte. Er hat die Scheibe zerkratzt.”

“Wer hat dir die Scheibe zerkratzt und will mir ins Hirn pissen?”

“Der Stiefvater. Er sagt er sei der Stiefvater von Jacqueline. Und das du seine Familie zerstört hast.”

“Gib mir deinen Revolver Hark.” Bernd war zu Hark in die Nachbarkolonie gefahren.

“Gib mir deinen Revolver, ich werde bedroht. Mit dem Leben. Man plant mir ins Hirn zu pissen. Ich muß zur Zeitungsbude. Da werde ich bedroht. Mit dem Leben.”

„Gib mir achtzig Mark,” sagte Hark ungerührt, ”dann geb ich dir den Revolver.”

“Ich hab kein Geld hier, ich bring es dir später.”

“Hol Geld aus der Zeitungsbude, dann geb ich dir den Revolver.”

“Ich brauche das Geschütz um zur Bude zu fahren, nicht nachdem ich in der Bude war.”

“Hol das Geld aus der Bude. Dann geb ich dir den Revolver. Dann kannst du öfter zur Bude fahren.”

Bernd fuhr unbewaffnet zum Kiosk.

“Er wollte mir das Gesicht zerkratzen,” jammerte Anja aufgelöst. “Er sagt, du hast seine Familie zerstört. Und das er dir ins Hirn pissen will.“ “Will oder würde?”

“Ich weiß nicht.”

Sie fügte hinzu :” Ich kann hier nicht bleiben. Ich darf nicht für dich leiden. Wo du Familien zerstörst.”

“Gib mir die Kanone,” sagte Bernd, wieder bei Hark. “Und Munition. Gib mir Gas.”

“Munition?, du kannst Gas oder Knallpatronen laden.”

“Gib mir Gas. Jacqueline sagt der Wichser hat einen großen Schäferhund der bissig ist, und den er immer auf die Leute hetzt bevor er ihnen ins Hirn pissen tut.”

“Ich hab kein Gas. Ich hab auch keine Knallpatronen. Nun hab ich auch keinen Revolver mehr. Hau ihm das Ding quer über die Rübe. Schwer

genug ist es ja. Um in die Zeitung zu kommen.”

“Der Wichser hat einen großen Schäferhund der schwarz ist und beißt,” sagte Jacqueline, “er hetzt ihn gern auf die Leute und schlägt sie dann zusammen, wenn sie sich in die Hose gepißt haben. Mich beißt der Hund nicht. Er heißt Hasso.”

“Fein,” sagte Bernd, ”was schleppst du mir für familiäres Pack ins Haus.”

Hark war der hilfreiche Geist, der im Wedding eine Hinterhofgarage mit Schwarzarbeit betrieb und Bernds Mietwagen am Laufen hielt. Er beulte auch Beulen aus und pustete mit seiner Spritzpistole über alles auf das man mit spitzem Finger hinwies. Wenn er schweißte, Unterboden schweißte, war es ratsam, nach dem Feuerlöscher Ausschau zu halten.

“Wenn der schweißt”, bemerkte Backe des Öfteren treffend,” brauchst du neue Sitze. Der wird noch das Viertel abfackeln. Der Pfuscher.”

Anja, die Freundin von Köwenick war für Frau Schacke eingesprungen, die sich zur Ruhe gesetzt hatte. Der Einarmige war gefeuert und durch den Rentner Weber ersetzt worden, der sich Mühe gab und Ordnung hielt und später sich das rechte Bein amputieren ließ, weil er Raucher war.

“Ich finde jetzt überall teure Magazine zuhause”, sagte Köwenick. “Playboy, Twen und so. Zahlt sie die auch?” Bernd wußte nicht, ob Anja die teuren Magazine bezahlte.

Der Umsatz der Spätschicht ging rasch zurück, um unaufhaltsam zu verkümmern.

“Was ist mit dem Nachtumsatz,” fragte Bernd Anja,” das ist nur noch die Hälfte von normal.” Schon bei der vorigen Inventur zum Jahreswechsel hatte sich ergeben, daß nur die Hälfte des ernsthaft zu vermutenden Warenbestandes tatsächlich vorhanden war. Die Zeitungsbude war ein Sack mit Flöhen ohne Schnur für die Kontrolle.

“Er war wieder da,” sagte Anja eine Woche später, ”ich soll dir ausrichten, daß du seine Familie zerstört hast und das er dir in das Hirn pissen wird.”

Ich muß mir eine Gaspatrone für den Revolver kaufen gehen. Schrieb Bernd auf seinen Memozettel.

“Was für eine Familie,” fragte Bernd abends Jacky als sie von ihrem verzehrenden Job als Krankenschwester in einem Krankenhaus in Charlottenburg, das keins war und in dem hinfällige Leute zum Sterben ausgelegt wurden, in das Zimmer kam, in dem sie jetzt lebten.

“Was für eine Familie. Bist du seine Familie? Gewesen?”

“Nicht im Traum, er hat mir immer Geschenke gemacht. Kleine Geschenke.”

“Und warum will er mir ins Hirn pissen?”

“Weil er mir immer Geschenke gemacht hat.”

“Er hat Jacqueline immer Geschenke gemacht,” sagte Uta, ihre leibliche Mutter zu Bernd, als dieser sie das nächste Mal sexuell befriedigte. “Kleine Geschenke. Er war mein Ehegatte. Er hat

Hausverbot.” “Warum?” “Weil er Jacqueline immer Geschenke gemacht hat.”

“Das ist gründliche Arbeit.” Köwenick war auf den Anruf Bernds gekommen, den Schaden zu betrachten. “Da muß jemand Groll gegen dich hegen.”

Die große, dicke, neue Wohnzimmerscheibe hatte ein Loch durch das jemand von draußen den schweren Alabaster - Krieger, der im Garten wohnte, geworfen hatte. Paneelteile waren von einer Wand gerissen, die Haustür zertrümmert. Auf den Stufen zum Podest lag ein farbiges Häuflein aus Plastik und Kupfer das an die ehemalige Bohrmaschine, auf der jemand drei Stunden mit einem Vorschlaghammer gedroschen haben mußte, erinnerte. Alle Baustoffsäcke waren aufgerissen, der Inhalt sorgfältig verteilt. Fugenmittel war mit Kleidungsstücken vermengt angerührt worden. Leitungen aus der Wand gerissen. Das Klosett hatte man verschont. Eine Türzarge war herausgerissen. Der halbfertige Kamin demoliert. Sogar im Garten war gewütet worden. Wegeinfassungen aus Beton waren zertrümmert.

“Du mußt ja richtige Feinde haben, das ist ja toll,” meinte Köwenick. “Da würde ich nachts aber abschließen.”

“Das muß gegen Nachmittag passiert sein. Bei strahlendem Sonnenschein. Die Nachbarn haben nichts gemerkt oder gehört.”

“Das muß doch irren Krach verursacht haben.”

“Erstaunlich,” sagte Bernd sinnend,” ist, daß in der Stube in der Jacky und ich wohnen, nichts angerührt wurde. Gar nichts. Außer zwei Aschenbechern, die sorgsam umgedreht wurden. Mit der Asche. Die Schiebetür war zu, als ich kam. Aber die Aschenbecher beweisen, daß sie drinnen waren.”

“Vielleicht waren sie erschöpft,” half Köwenick geistreich aus.

“Na ja,” sagte Köwenick beim nächsten Schachspiel,” wenn du Frau Schacke ficken mußt, damit sie dir weiterhin gelegentlich zweihundert Mark borgt, die du an den Zeitungslieferanten weiterreichst, könntest du mir auch ´ne Beule in eine Taxe machen und tausend Mark kassieren.”

“Ich hab ihr nur an die Titten gefasst. Sie hat richtig gute Titten.”

“In dem Alter? Wie alt ist sie, siebzig?”

“Keine Ahnung, aber sie hat richtig gute Titten. Sie sagte, sie muß sich darauf vorbereiten.”

“Vorbereiten auf was?”

“Aufs ficken. Dann würde aber mein Auto auch kaputt sein.”

“In dem Alter? Vorbereiten? Was vorbereiten?”

“Ich könnte von Ostendorf eine Schüssel für zweihundert Mark kriegen. Aber man weiß nie, wie lange eine Ostendorf Wanne läuft.”

“Die Taxe läuft. Es geht auch rückwärts. Aber wir brauchen Zeugen. Öffentlichkeit. Vorbereiten? Einen Tag lang?”

“Was für Öffentlichkeit? “

“Es muß nachvollziehbar und logisch sein. Die Versicherung hat mich auf dem Kieker. Alle Versicherungen haben mich auf dem Kieker. Es

würde den Leuten auf der Strasse komisch vorkommen, sollte ich rückwärts auf deine lahme Kiste fahren und Auffahrunfall brüllen. Sie würden das nicht verstehen wollen.”

“Wird das nicht alles etwas heiß?”

“Wenn du nur acht Taxen hast, kannst du nur so überleben.”

“Kauf dir noch vier dazu, dann hast du zwölf und kannst ruhig leben.”

“Für zwölf Taxen brauchst du achtundvierzig Fahrer die immer Lust haben und kommen. Ich hab nur sechzehn für acht Taxen. Mit zwölf Taxen wirst du zum Bankrotteur.”

“Ich hör schon das Brunftgeschrei und kann den Balztanz sehen,” sagte Dexling als Bernd ihn in eine Kneipe am Tegeler Weg führte, um ihm Bier auszugeben. Dexling hatte sich seit dem Tag, an dem er sich und sein Auto in der Müllerstrasse um einen Laternenpfahl wickelte und abrupt seine Taxiunternehmer Karriere aufgab, fortentwickelt. Äußerlich trug er jetzt zu seinem wildwuchernden schwarzen Bart eine gestrickte, dicke Pudelmütze auf dem Kopf, die schwarz war und einen sehr großen Klunker hatte. Er sah jetzt wie Rasputin im Winter aus. Die Leute begannen sich umzudrehen. Dexling wurde zunehmend zu einer peinlichen Erscheinung. Die Mütze nahm er niemals wieder ab. Beim Essen nicht. Im Sommer nicht. Beim Schlafen nicht. Beim Baden nicht. So er denn überhaupt mal badete.

“Das wird dich aufmuntern,” tröstete Bernd. ”So ein paar Bier braucht der Mensch gelegentlich. Das wird Glanz in deine Augen bringen.”

“Ich werde beobachtet.”

“Macht nichts, wir alle werden beobachtet. Da bist du in guter Gesellschaft. Wann besorgst du dir eine neue Taxe?” Bernd wußte, daß Dexling völlig mittellos war.

“Als du eingeparkt hast,” murmelte Dexling vor sich hin,” hast du das vorbeifahrende Auto gesehen?” “Ich hab nicht drauf geachtet.” “Da war eine Antenne dran.” “Wird ein Radiohörer gewesen sein. Prost.” “Man beobachtet mich.”

Dexling hatte begonnen, unter Verfolgungswahn zu leiden. Keine Frage.

“Bernd? Gibst du mir eine Zigarette?”fragte Dexling schüchtern und besah mißtrauisch sein Bier. “Natürlich.” Bernd gab ihm Feuer, aber angesichts der Feuerzeugflamme schreckte Dexling zurück und richtete sich in seinem Stuhl kerzengerade auf. “Was ist?” Fragte Bernd. “Rauch du zuerst.” “Ich rauche bereits.” “Dann warte ich bis du wieder zuerst rauchst.” “Soll ich auch dein Bier zuerst trinken?”

Dexling hatte begonnen, unter Verfolgungswahn zu leiden. Dexling argwöhnte auch, finstere Mächte konspirierten, sein Leben vorzeitig zu beenden. In Zigaretten war Sprengstoff verborgen, der ihm die Lippen und die Zunge rauben sollte, damit er sich fürderhin nicht mehr erklären konnte. Im Bier war das Gift, das ihn lähmen würde, damit man ihn forttragen konnte, in der Scheune auf dem Land an die Wand zu nageln. Die Antennen waren Geräte ihn nicht aus den Augen zu verlieren.

“Ich hab schon drei Wochen lang nicht geschlafen,” flüsterte er,”ich bin müde.”

Dexling war anstrengend geworden.

“Dexling ist bekloppt geworden.” bestätigte Köwenick, “er war letztens hier und die Nachbarn fragten ob ich Beziehung zum russischen Reich pflege.”

“Als ich ihm eine Tasse Kaffee anbot, ist er zurückgeprallt als ob ich ihn an seine Mutter erinnert hätte,” ergänzte Anja, “als ob ich ihm einen unsittlichen Antrag gemacht hätte.”

An einem strahlend blauen Sommersonnabend fuhr ein Funkwagen vor und holte Bernd, in eine Zelle im Revier zu sperren, von der Fassade, an der er soeben Putz auftrug, fort.

“Wir müssen sie mitnehmen, sie haben eine Ordnungswidrigkeit in Höhe von sechzig Mark nicht beglichen und müssen fünf Tage in Moabit absitzen.”

“Sie dürfen telefonieren.” Sagte der freundliche Beamte auf dem Revier und schloß die Zelle auf. “Sag Anja, sie soll die Quittung herbringen. Für die sechzig Mark Überweisung die sie vor zwei Wochen für mich getätigt hat. Rasch. Um achtzehn Uhr kommt der Aufsammel- Transporter und schleppt mich nach Moabit in den Knast.”

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9783844240832
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