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Читать книгу: «Sicherer Wegweiser zu einer guten und gesunden Wohnung», страница 4

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Seite 33 II

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Die Dämmerung ist hereingebrochen; Liese und das 19jährige Liseli erwarten jeden Augenblick den Vater, denn das einfache Nachtessen ist parat. Unterdessen sitzen Mutter und Tochter am Fenster; nicht der Aussicht wegen, denn gegenüber gibt's nichts als graue, halb vom Kalk entblößte Mauern und halbverfaulte Läden, so nah noch, daß man meint, man könnte das Alles zum Fenster hinaus mit der Hand ergreifen. Also Aussicht gewährt das Fenster keine, wenn man nicht den Flügel öffnet und den Kopf in's enge Gäßchen hinunterbeugt, wo freilich zu jeder Tages- und fast zu jeder Nachtzeit etwas zu sehen wäre, was wunderfitzige und klatschsüchtige Augen und Zungen ergötzt. Aber zu dieser Klasse gehören unsere beiden Frauenzimmer nicht. Liese ist Wunderfitz und Klatschen vergangen, ohnedieß hat das nie ihre starke Seite ausgemacht; jetzt sitzt sie meist still und scheinbar nachdenklich in ihrem ererbten hochlehnigen Großvaterstuhl mit dem zierlich geschweiften und in der Mitte gegipfelten Zierrath, der die Füße des Stuhls in's Kreuz verbindet. Obgleich ihre 45 Jahre sie noch nicht beugen können, sitzt sie doch welk da, düster und trüben Angesichts. Zu klagen weiß sie nichts Besonderes, krank fühlt sie sich gerade nicht; aber sie ist matt, ohne gearbeitet zu haben, appetitlos, ohne gegessen zu haben, wehmüthig, ohne beleidigt zu sein, hat Schmerzen, ohne sagen zu können: „Ich bin krank, mir fehlt das oder jenes.“ Sie möchte klagen, aber weil sie eigentlich nichts Besonderes zu klagen hat, so verschließt sie, um Niemand Unrecht zu thun noch zu betrüben, ihre Klagen in sich, – und denkt fast ohne Aufhören, wie beklagenswerth sie sei.

Liseli sucht die stille, verschlossene Mutter aufzuheitern. Sie spricht von allem Möglichen, vom Markt und von der Eisenbahn, vom Unglück mit dem Steinweidling und vom Krieg; aber die Mutter gibt wenig Antwort. Liseli ist eine zartfühlende Tochter; was sie nach ihres Herzens Drang am liebsten erführe, das verschweigt sie am sorgfältigsten; die Mutter würde ihr den Kummer ja doch nicht offenbaren, der sie zu drücken scheint. Liseli thut, was in ihren Kräften steht, die Mutter zu stützen und zu erheitern, führt die ganze kleine Haushaltung und putzt dazwischen Bändel. Aber mit dem musterhaften Fleiß und dem schonenden Zartgefühl der Tochter ist der Einziggeborenen auch kein geringes Theil von Empfindsamkeit zu Theil geworden. Nicht daß sie solche je blicken ließe; aber in der dunkeln Küche, wo sie nicht beobachtet werden kann, rinnt Thräne um Thräne über die Wangen und sie fragt sich tausendmal in Gedanken, hab' ich etwa das gesagt, hab' ich etwa jenes gethan, daß der Vater, daß die Mutter unzufrieden ist? Und außer ihrem eignen Leid, das diese krankhafte Zärtlichkeit gegen ihre Eigenliebe ihr bringt, hat sie auch noch ein anderes, gerade bei solcher Gemüthsart tief einschneidendes Leid zu tragen. Sie sieht ja täglich, wie zwischen Vater und Mutter keine Liebe ist, wie sie, ohne zu zanken, doch allerlei kleine Ursachen zur Unzufriedenheit an einander suchen und finden, und wie so Eines dem Andern Unrecht thut, Eins das Andere täglich verwundend behandelt. Sie ist ja eine treue, liebende Tochter, wie sollte ihr das nicht durch's Herz gehen, daß Vater und Mutter so gegen einander sind. – Jetzt kommt der Vater heim. Statt dem guten Abend heißt's nur: „Habt ihr kein Licht in der Küche, ich könnte mir Hals und Bein brechen, bis ich zur Stubenthür komme.“ Schnell holt Liseli ein Licht und ohne Umstände setzt man sich und ißt die Suppe, die trotz Salz und Pfeffer nicht gewürzt ist. Gleich darauf geht der Vater noch „zu einem Kameraden, um sich zu erholen;“ es ist ihm zu trübe zu Hause. Mancher Andere geht noch in's Bierhaus; er nicht. Und darum hält er sich für einen musterhaften Hausvater, und weil er Frau und Kind nicht schilt und zankt.

Liese geht erschöpft zu Bette, um in ängstlichen Träumen und unruhigem Schlummer das freudlose Leben des Tages fortzuleben; Liseli aber muß auf die späte Zurückkunft des Vaters warten, ehe es seine Ruh' im Kämmerlein suchen kann.

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Es ist merkwürdig, es ist bejammernswerth, wie viele Familien eines wackeren Arbeiterstandes vergeblich ringen und streben, glücklich zu werden und es nicht werden können. Wohl suchen sie das Glück im Frieden und zanken und streiten nicht, aber es ist ein fauler Friede; wohl sind sie arbeitsam und sparen, aber während das Sparkassenbüchlein wächst, wird ihr Herz ärmer und ärmer. Das Herz des Menschen bleibt zwar immer die Hauptquelle alles Uebels, das ihn trifft; aber es gibt doch auch äußere Ursachen, die wie ein Mistbeet jene Disteln und Dornen hervortreiben, durch welche die Arbeit in Fluch verkehrt wird; und eine der wesentlichsten ist eine unzweckmäßige Wohnung. Das zeigte sich z. B. bei unsrer Familie.

Vom Lande, wo die kleine Landwirthschaft und daneben das Posamenten eine kleine Haushaltung ordentlich durch's Leben bringt, wo aber gerade der letztere Erwerb etwas unregelmäßiger Frucht trägt, als das Arbeiten in der Fabrik selbst, zogen Heiri und Liese mit ihrem Liseli in die Stadt, um es „besser zu machen.“ Bei der allgemeinen Noth, um ein passendes Geld ein passendes Logis zu bekommen, war es ihnen sehr erwünscht, daß der Vetter Hans, welcher in einer hintern Gasse ein eigenes Haus hatte, und wo er durch Vermiethen seiner kleinen Logis „frei“ saß, ihnen aus Freundschaft ein solches, eine Stiege hoch, um den gewöhnlichen Zins anbot. – Zwar wollte ihnen die Wohnung nicht recht behagen, aber so viel sie sich vorher erkundigt hatten, sie sahen eben ein, daß fast Niemand ihres Standes und Berufes besser versorgt sei. Giebt es doch Häuser mit 6 Kreuzstöcken in der Fronte, wo 11, sage elf Familien wohnen, weil fünf gegen den engen Hof hinaus die einzige Aussicht haben. – Und der Vetter war recht ordentlich, kujonirte nicht wie mancher, der sich als Hausherrn fühlt, seine Abmiether mit allerlei unnöthigen Scherereien, daß man sich kaum zu regen wagt. Er war nicht stolz, sondern recht freundlich, und besonders gegen Heiri's. Daher schickten sie sich in das nothwendige Uebel und zogen damals ein und waren eben jetzt in's vierte Jahr da. Wie schätzten sie sich im Anfang glücklich, in die Stadt gezogen zu sein; denn der Verdienst gieng recht ordentlich und das Geld floß wie ein bescheidenes Brünnlein regelmäßig in's Haus. Auch das Logis lernten sie trotz vieler Unbequemlichkeiten schätzen; denn sie hatten im Hause Frieden. Freilich auf dem Lande hört man nicht oft von Hausstreit zwischen Nachbarn, außer wenn sich an ihnen das Sprüchwort erwahrt: „Halbes Haus, halbe Hölle.“ Aber in der Stadt, wo so viele Hausleute zusammengepfercht wohnen, sind Zwist und Unfrieden leider nicht selten. Neid, Eifersucht, Klatschsucht, Ungefälligkeit, Empfindlichkeit, Kinder, Gassenkehren und unzählige andere Ursachen verbittern manches Leben, zerstören manchen Hausfrieden. Jahrelang können Nachbarn sich in ein Leben von Haß und Bosheit einnisten, einander durch alle erdenklichen Mittel, Verklagen beim Hausherrn, das Leben verleiden, Hohn und bissige Worte aus dem Logis zu vertreiben suchen, und vergessen darüber den hohen Adel und die himmlische Berufung der menschlichen Seele.

All' dieß Leid erfuhren Heiri's nicht an sich selber; denn der Vetter wachte streng über die Hausordnung, und deßhalb waren seine Logis gesucht und nie eines leer. Aber es gab aus der nächsten Nachbarschaft manchen bedauerlichen Auftritt zu hören, oft am Morgen, ein anderes Mal am Abend, heute links, morgen rechts, daß Liese oft sagte: „Gott Lob und Dank, daß wir beim Vetter sind!“ Sie vergaß darüber beinahe die Unbequemlichkeiten und das Unfreundliche und Unbehagliche ihres Hauses. Denn so heimelig wie auf dem Dorfe war's just nicht. Die enge, düstere Gasse war selten trocken, weil die Sonne nie auf den Boden scheinen konnte, und weil vom Morgen bis zum Abend, wenn nur nicht gerade der Landjäger da war, manches Spül- und Bartwasser von oben herunter oder von der Hausthüre aus auf's Pflaster gegossen wurde. Trat man in den Hausgang, so roch's just auch nicht nach Rosenöl, sondern fast wie bei der Gasfabrik; denn zunächst an der Hausthüre war der gemeinschaftliche Abtritt und dahinter ein Verschlag für alle Arten von Abgängen, die von Morgens bis Abends von allen sechs Hauspartheien hier zusammengeworfen und dann in Kehrordnung dem melancholischen Schellenwagen anvertraut wurden. Die Passage war im engen Hausgang oft durch den offenen Kellerhals unterbrochen, was besonders Abends immer einige Vorsicht nothwendig machte, für Fremde aber wirklich gefährlich war. Weit hinter dem langen Gang war die Stiege, die man aber, wenn man so vom Tageslicht hereinkam, nicht mit den Augen, sondern mit den Füßen aufsuchen mußte; auch über diese Schwierigkeit half Uebung und Gewohnheit. Oben kam man von der Stiege aus wieder an die Küchenthüre, welche ein paar Glasscheiben hatte, die fast eben so gut hätten wegbleiben können; trat man durch die Küche weiter, so gelangte man abermals zu einer Thüre mit Glasscheiben, die Stubenthüre; und neben der Thüre gieng auch noch ein Fenster aus der Küche in die Stube; denn außer dieser Beleuchtung gab's kein anderes Tageslicht in der Küche. Die Stube war gegen die sonst im Hause herrschende ägyptische Finsterniß hell; denn sie hatte einen breiten Kreuzstock, wobei es nicht viel ausmachte, daß das zweischläfrige Bett etwas vor dem Fenster stand. Neben der Stube war noch ein Kämmerlein; denn, merkwürdigerweise kommt das nicht selten vor, das Haus ging hier vor einem Theil des Nachbarhauses durch, so daß man sich denken kann, welche Fülle von Licht der Nachbar in seinem versteckten Winkel haben mag. Diese sonderbaren Verzackungen werden wohl jener Zeit ihren Ursprung verdanken, wo ein Bürger dem andern bei einem Glase Wein die wichtigsten Hausgerechtigkeiten „für einen Abendimbiß“ verhandelte. Aber gerade für Vetter Heiri's Haus war das ein Vorzug, weil es gegen die Gasse zwei Fenster, hatte. Gar viele Logis haben statt eines Kämmerleins nichts als einen dumpfen, dunkeln Alkoven hinter der Stube, eine Einrichtung, welche meist durch erwähnte einspringende Winkel oder durch große Tiefe der Häuser bei geringer Breite veranlaßt wird. Das sind aber wahre Mördergruben; denn in solchen Winkeln setzt sich die Feuchtigkeit so fest, daß keine Tapete hält, daß feines grünes Moos sich ansetzt, ja im Winter das Wasser wie an feuchten Felsen heruntertropft. Und wer da schlafen muß, wo der Leim der Bettstellen in Furnieren und Fugen sich auflöst, wo ein eckelhafter Modergeruch Betten und Kleider durchdringt, wie kann der bei stärkster Gesundheit gesund bleiben? Es giebt leider solche Häuser, besonders, wo stark bevölkerte Quartiere in hügeligen Gegenden der Stadt vorkommen, in welchen die Hinterräume und Hinterhäuser in den Berg eingebaut sind. Da sollte von Polizei wegen die Anordnung von Luftkanälen zur Ventilation vorgeschrieben und im Nothfall zwangsmäßig ausgeführt werden, da sollten sämmtliche feuchten Mauerwände mit Asphaltmörtel, mit Theer- oder mit Asphaltfilz bekleidet und vertäfelt oder doppelt (zuerst mit starkem Packpapier) tapeziert werden. Denn nur Schutz gegen äußere und Auftrocknung der innern Feuchtigkeit, gleichzeitig angewendet, vermögen diesen schreiendsten Uebelstand zu heben.

Wie gesagt, Vetter Heiri's Haus hatte manchen Vorzug vor andern Häusern gleicher Klasse, und darum ließ sich's zur Noth darin wohnen; darum trachteten auch Heiri und Liese nicht nach einem andern „Losament.“ Heiri war den Tag über auf der Arbeiterstube; der spürte am wenigsten von der Unbequemlichkeit des Hauses. Aber Liese weinte im Anfang zuweilen in der Stille, weil es das Heimweh nach seinem freundlichen Stüblein auf dem Dorf nicht ganz verwinden konnte. Zwar, ob's das Dorf sei, mit seinen Baumgärten und grünen Matten und niedern Häusern oder die trauliche Bekanntschaft der Leute im Dorf, die Alle einander duzen, das wußte es nicht; aber etwas fehlte ihm. Jahr aus, Jahr ein war's auch das ewige Einerlei in der Arbeit, nur daß man im Winter noch zu heizen hatte. Am Morgen brannte in der finstern Küche das Aempele, im Winter selbst Mittags, und Abends jedenfalls wieder. Ob das Geschirr sauber und blank sei, war beim besten Willen nicht gut zu unterscheiden und Alles mußte mehr im Griff als nach dem Augenschein geputzt oder gekocht werden. Kein Wunder, daß Liese zunächst die gewohnte Freude an der Reinlichkeit in der Küche verlor. Liseli bekam manchen „Schnauz“, wenn es die Pfanne, welche die Mutter schon ausgerieben hatte, noch einmal visitirte; denn Liseli war sehr exakt und nahm eher Kellen und Löffel und Gabeln und Messer an's Stubenfenster, als daß es auf's Gerathewohl das Geschirr auf dem Küchenschaft versorgt hätte.

Im Winter gings nicht sehr früh her. Der Milchmann kam spät und vorher nützte das Aufsein nicht viel. Wäre Liseli gern, wie gewohnt, um 5 oder halb 6 Uhr aufgestanden, so war der Vater unzufrieden, man müsse das Licht ja schon am Tag genug in der Küche brennen und zu thun sei ja nichts Nothwendiges. Liese kam so in jenen verderblichen Schlendrian der Hausordnung, wo man den ganzen Vormittag in ungekämmtem Haarschmuck und im schlampigen Staat des Unterrocks und Nachtkittels herumhanthiert und sich lobt, daß man das Bett gemacht und die Stube gewischt hat. Das war aber dem Liseli gar schwer; doch durfte es aus Ehrfurcht und Scheu der Mutter nichts sagen und strengte sich in seinem Theil um so mehr an, der Ordnung heil'ge Zucht zu wahren. Es nahm den Staub fleißig auf und überschwemmte regelmäßig am Samstag Nachmittag den Stubenboden mit einer Fluth warmen Wassers und fegte und wirthschaftete im Zimmer, bis alles rein und hell schien; so auch im Kämmerlein, wo es schlief. Dabei wurden die Fenster und Thüren aufgemacht, daß es lustig durch die Stube blies, damit Alles schneller trocknete. Dieß Lüften wäre, besonders im Winter, eine rechte Wohlthat gewesen, wenn man dem schädlichen Zuge und dabei der Feuchtigkeit hätte ausweichen können. Aber daß dieser Luftzug schädlich sei, wußten weder Liese noch Liseli; auf dem Lande ist man ja bei der Landarbeit immer der freien Luft und allem Wind ausgesetzt, ohne Nachtheil. Zahnweh und Kopfweh schrieben sie vielmehr der veränderten Kost, der andern Luft und dem vielen Sitzen zu. Zudem that ihnen der erfrischende Hauch einer zum Fenster hereinströmenden Luft für den Augenblick wohl, denn der Küchenqualm und der Stubendunst waren oft recht drückend. Aber im letzten Winter wurde die Mutter anhaltend unpäßlich, ohne daß sie wußte warum, noch eigentlich sagen konnte, was ihr wehe that. Bald Stechen in der Seite, bald Kopfweh, wenig Appetit und wenig Muth, das war ihr Uebel. Dabei wurde sie blässer und abgezehrter. Den Doktor wollte sie nicht, denn von Zeit zu Zeit gings wieder besser. Endlich aber wurde dem guten Liseli bang und es ließ nicht nach, bis der Vater zum Doktor ging.

Возрастное ограничение:
12+
Дата выхода на Литрес:
05 июля 2017
Объем:
80 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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