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B
BETÄUBUNGLÄRM

Gelegentlich erreichen mich deutsche Übersetzungen von Reiseprospekten, die in einem so süßen Deutsch abgefasst sind, dass man sofort aufbrechen möchte (→ Aufstellungsort des Seins). Zum Beispiel die Gemeinde Santa Teresa Gallura auf Sardinien (das schickte Frau H. aus Erlangen), welche ihren Gästen schreibt: »Netter Gast, Willkommen zu Santa Teresa Gallura. Wir hoffen, daß die verhaltenen Auskünfte diese Broschüre ihr nützlich zurückkommen können. Santa ist Teresa Gallura eine kleine Mitte, wenig weniger weniger von fünftausend Einwohner …«

Dort, in Santa Teresa Gallura, befindet sich übrigens an einer Tankstelle ein Autostaubsauger, von dessen Existenz mich eine andere Leserin, Frau von K. aus Icking, unterrichtete. Sie las auf einem Schildchen dessen Gebrauchsanweisung: »Nur Stadtpulver können eingesaugt werden.« Frau von K. saugte Sand und Muscheln, was der Sauger erstaunlicherweise aber alles klaglos aufnahm und dem in seinem Inneren befindlichen Stadtpulver (oder im Falle von Santa Teresa Gallura, 4681 Einwohner, vielleicht eher: Städtchenpulver) hinzufügte.

Oder hier, das sandte eine Leserin, deren Brief ich leider verschlampt habe, ein ins Deutsche übertragenes Gedicht über die Isola Maggiore im Trasimenischen See:

» Es gibt keine Verkehrsampel,

Zebrastreifen und Schutzmann

mit dem Taschenbuch,

keine Auto-Mopeds

Betäubunglärm.

Ist deiner Kopf zu schwer,

oder eilig Klapf dir deines

Herz, oder ist der Strick zu

viel gespannt ? – Komme

hier: es gibt jedes Mittel.«

Unübertroffen aber ist ein Text, in dem Anfang der neunziger Jahre der damalige Fremdenverkehrsdirektor des slowenischen Thermalbades Dolenjske Toplice, ein leider verstorbener Herr namens Pjut, seine Heimat pries. Herr S. aus Eichenau schickte mir die sentimental-poetischen Zeilen, in denen nicht nur die Schönheit Weißkrains (das ist die Gegend, in der die Thermen Dolenjske Toplices sich befinden) vor unserem geistigen Auge erscheint, sondern auch die Größe und Ausdrucksfähigkeit der deutschen Sprache jenseits aller grammatischen Korrektheit und Verständlichkeit. Pjut schrieb: »Hier leben die Leute, denen sind die Woerter: das Has, die Unfreundlichkeit, Hochmut, Aufgeblasenheit, und vielleicht noch die Ungastlichkeit – fremdlich … In Weisskrain die Traurigkeit, ueble Laune und aenliche Sache ausdunsten, weil die sind nicht in Zusammenhang mit Gesang und Jauchzen … Weinsfruehlung kann nur in seine Brust werden wo – wegen guten Tropfen – die Arme Reiche, unglueckliche glueckliche, Feinde Freunde und die Narren Vernunfte entstehen. Behalten sie da um alles – was sie schon vergessen haben dass noch existiert – zu einsaugen.«

Und (dies wirklich abschließend) falls Sie je das Hotel The Tea Factory in Sri Lanka besuchen, das früher wirklich einmal eine Teefabrik war, stellen Sie sich auf Folgendes ein, übersandt von Herrn F. aus München: »Erst das Hotel als ein Tee Fabrik gebaut das war in gute Kondition das Hochgeschwindigkeit blaste Wind zu halten. Das Wind fliest brancht naturalich fur grune Tee Blatter trocken die erste Processe der Orthodox Tees. Manche Gueste denken das Larm kommt aus das Wind und stort Mann ind er Nacht weitermehr whrend der Mittelnacht konnte Mann trommlen un dlante Texte singen hores von Nachbare Bauern dass sie Wild Tiere wie Wild Schweine und Wilde Buffelows. Die Gemuse und Kartofel Anbau zerstoren kommen farn zu haltenversuchen. Wenn Sie finden dies alles zu Schdafen stort konnen Sie an die Rezeption wenden und kostenlos Wattepfropfe kriegen.«

BEUTELTROPFEN

Falls Sie einmal in London-Heathrow landen und zwecks Weiterflug nach Gatwick transportiert werden möchten, vergessen Sie auf keinen Fall diese Information von British Airways, eingesandt von Frau P. aus Langenbach: »Wenn Sie mit britischen Fluglinien reisen und bereits eine verschalende Karte für Ihren vorwärts Flug haben, benutzen Sie unseren schnellen Beuteltropfen-Service, um Ihre Beutel niederzulegen.«

Das Wort »Beuteltropfen« verstand ich nicht, ich gab es also bei Google ein und landete so auf www.articlestreet.com, wo ich eingehend über französische Leuchter informiert wurde und eine Reihe von hochinteressanten neuen Wörtern lernte, ich zitiere auszugsweise:

»Wenn Sie einen Leuchter in Ihrem Haus hängen, das Sie schönes und praktisches etwas erwerben und ein Gegenstand, der ein Fokus für den Raum wird. Alle weiteren Dekorationen rotieren um ihn. Es wird ein sprechenpunkt, das Mittelstück … Die Art des Leuchters, der mit Franzosearbeit ist, ist mehr geöffnet mit seiner strukturellen hauptsächlichunterstützung, die nicht durch Ketten oder einen Stamm aber eher durch einen Rahmen oder einen Rahmen mit den hübsch gebogenen Armen geliefert wird, häufig vergoldet und mit Tropfen oder Kerzen im Mitteraum … Das ironwork auf französischen Leuchtern bis zum den 1900s war superbly verfeinert und attraktiv. Der Stamm konnte die Blätter und Stiele haben, die weg von ihm stützende Kristalltropfen, Blumen und Korne kräuseln. Für alle Girlanden und Beuteltropfen ist Glasarme, volle Panoplie anderer Elemente, der französische Leuchter unterscheidend nie schwer oder gedrängt und immer, anziehend…«

Das finde ich nun wieder großartig von British Airways. Dass sie für die wenigen Besitzer französischer Leuchter, die unter Mitnahme ihres Leuchters nach Heathrow fliegen und von dort aus Richtung Gatwick weiterreisen müssen, einen solchen Service anbieten!

Wenn ich aber sagen sollte, woran mich der Beuteltropfen-Service in Wahrheit noch erinnert: Es ist der Brief von Herrn S. aus Unterschleißheim, der schrieb, er grübele seit Längerem »über die Aufforderung an den Zapfsäulen der Tankstellen, man solle ›Blasenfrei zapfen‹. Die ›Zapfpistole‹ ließ sich ja nicht beeinflussen, Blasen zu bilden oder nicht«. Aber gerade jetzt, schreibt S., da er »überlege, ob es nicht doch eine Anspielung auf die Probleme älterer Männer ist, scheint die Aufforderung zu verschwinden«.

Stattdessen aber gibt es ja nun den Beuteltropfen-Service, vielleicht gerade auch für ältere Herren.

Noch später verstand ich dann, dass der »Beuteltropfen-Service« eigentlich ein Bag Drop Service ist. Man kann dort also seine Tasche abgeben, droppen, aber Bag heißt eben nicht nur »Tasche«, sondern auch »Beutel« und Drop nicht nur abgeben, sondern auch »Tropfen«, und so ist es im Grunde ja auch viel schöner, rätselhafter, weiterführend.

BIERMÖRDER

Wir sitzen beim Frühstück, und Luis fragt: »Wovon gibt es eigentlich mehr: Wörter oder Menschen?«

Das sind Fragen, die mir gefallen. Wenn ich mir zehn Gründe überlegen müsste, warum es schön ist, Kinder zu haben, dann wäre einer der ersten drei Punkte auf dieser Hitliste: dass sie einem solche Fragen stellen.

Paola sagt: »Das ist eine sehr gute Frage, Luis.«

»Ja, aber die Antwort«, sage ich.

Es entsteht eine Pause. Dann sage ich: »Kommt darauf an, ob du nur jeweils das einzelne Wort meinst, oder ob man die Wiederholung eines Wortes mitzählt. Also, wenn ich ›Wolkenkuckucksheim, Wolkenkuckucksheim, Wolkenkuckucksheim‹ sage, sind das drei Wörter, oder ist es eines?«

»Ist egal«, sagt Luis.

»Ist es nicht«, sage ich. »Wenn es drei Wörter sind, ist die Zahl der Wörter größer als die der Menschen, wenn nicht – dann weiß ich es nicht.«

»Natürlich ist es ein Wort«, sagt Paola. Menschen seien unterschiedlich, also müssten es auch die Wörter sein.

»So unterschiedlich sind die Menschen auch wieder nicht«, sage ich. In irgendeinem Erziehungsbuch habe ich mal gelesen, es sei nicht wichtig, ob man einem Kind eine richtige Antwort gebe. Sondern es komme darauf an, dass man sich bei der Fragenbeantwortung Mühe gebe, und dass man auch sage, wenn man eine Antwort nicht wisse, damit das Kind lerne, dass seine Eltern nicht perfekt seien. Es verstehe dann, dass es selbst nicht vollkommen sein müsse.

Aber mich interessiert die Sache jetzt. Ich ziehe den Rechtschreib-Duden aus dem Regal und zähle die Zahl der Einträge, also die fett gedruckten in zehn Spalten, addiere das, teile durch zehn und habe eine Durchschnittszahl von Wörtern pro Spalte. Dann zähle ich die Spalten, multipliziere sie mit der Durchschnittszahl der Wörter und komme auf 124.410 Wörter.

»Es gibt mehr Menschen«, sage ich, »ganz klar.«

»Manche Wörter stehen nicht im Duden«, sagt Paola.

»Ganz klar«, sage ich und hole Band zwei des Grimmschen Wörterbuches, Biermörder bis Dwatsch. »Hört mal, was es hier für Wörter gibt!«, sage ich. »Bittrigkeit, Duzbrüdericht, Davidsschleuderstein, Bohnenkönig, dunstgeboren. Da ist manches Wort für zwei, drei Menschen gut.« Dann zähle ich die Stichwörter wie beim Duden und komme auf 1.130.320 Wörter in den 32 Bänden. Ich errechne die ungefähre Zahl aller Wörter (also auch die der erklärenden nach den Stichwörtern) im gesamten Grimmschen Wörterbuch: 78.724.800.

»Da sind Wörter doppelt drin«, sage ich. »Aber bei 80 Millionen Deutschen, hmm … Sind wir nahe dran mit den Wörtern. Und die meisten modernen Wörter kommen wiederum im Grimmschen nicht vor.«

»Und es gibt die Österreicher«, sagt Paola. »Und die deutschsprachigen Schweizer.«

»Wie es in China ist, weiß ich nicht«, sage ich. »Weiß der Henker, wie viele Wörter die Chinesen haben.«

»Es gibt sicher kleine Südseevölker mit eigener Sprache, die haben mehr Wörter als Menschen«, sagt Paola.

»Wie kamst du auf die Frage, Luis?«, frage ich.

»Weiß nicht«, sagt er und blättert im Micky-Maus-Heft der Woche.

BONUSMEILE

Die Bonusmeile ist in aller Munde, aber haben wir ihre gesamtwirtschaftliche Bedeutung wirklich ganz erkannt? Im Economist war zu lesen, zur Zeit seien etwa hundert Millionen Menschen auf der Welt an irgendwelchen Meilensammelprogrammen beteiligt. Sie hätten 8,5 Billionen nicht eingelöste Meilen auf ihren Konten gelagert, einen Gesamtwert von 550 Milliarden Euro repräsentierend: mehr als zwei komplette deutsche Bundeshaushalte. Der Spiegel prophezeite, eines Tages dürfte die Bonusmeile den Dollar als Weltleitwährung abgelöst haben.

Man stelle sich vor, all diese Menschen würden ihre ersparten Meilen mit einem Schlag einlösen wollen. Riesige Schlangen vor den Flughäfen, Menschentrauben vor den Schaltern, an den Tragflächen hängende Senator-Card-Besitzer, zwei Frequent Traveller auf einem Economy-Class-Sitz. Die Meile müsste abgewertet werden, es gäbe keine Flüge mehr dafür, nicht einmal Pilotensonnenbrillen oder Bordtrolleys aus dem Lufthansa-Skyshop. Nur noch Bahnausflüge nach Cottbus (mit dem Meilzug!) oder eine Familienkarte für die Wuppertaler Schwebebahn.

Weltumwallende Wut! Gestürmte Reisebüros! Revolution! Man mag sich das nicht weiter ausmalen. Lieber stellen wir uns vor, alle Bundestagsabgeordneten müssten zukünftig ihre Privat- und Dienstmeilen auf ein Gesamtkonto spenden, aus dem dann jedem Bundesbürger ein Mallorca-Freiflug zustünde. Das wäre gerecht. Damit wären der widerlichen Egoistik der Politiker und ihrer grenzenlosen Flugsucht Grenzen gesetzt, zu unseren Gunsten, bitteschön.

Andere Möglichkeit: Im Economist war auch zu lesen, dass man ja Meilen nicht bloß per Miles-and-More-Abo sammeln könne, sondern auch mit der Kreditkarte, ja sogar durch den Verzehr bestimmter Cornflakes. Zum weltweit reichsten Meilenbesitzer, einem wahren Meilionär, sei ein Mann geworden, der die gesamte Portokasse seiner Firma über die eigene Kreditkarte abgewickelt habe. Auf diese Weise sei er in den Besitz von 25 Millionen Meilen gelangt, genug, um 250 Mal London –Sydney und zurück zu fliegen.

Wie wäre es, wir würden den gesamten Bundesetat über die American-Express-Karte des Bundesfinanzministers laufen lassen? Das gäbe Meilen! Genug, um alle Bundestagsabgeordneten jahrelang zwischen Frankfurt und Australien pendeln zu lassen, inklusive Rudi Scharping als Ehrengast. Diese schrecklichen Politiker, die einen immer nur ärgern, wären aus dem Weg.

Und wir könnten uns endlich selbst regieren.

D
DADA

Vom Dadaismus hat man lange nichts gehört, schade, ich habe ihn gemocht, Hans Arp, Max Ernst, Hugo Ball, Tristan Tzara. Hier einige Zeilen als Beispiel, Auszug aus Richard Huelsenbecks Gedicht Ebene:

» oder oder birribum birribum saust der Ochs im

Kreis herum

oder Bohraufträge für leichte Wurfminen-Rohlinge

7,6 cm

Chauceur Beteiligung Soda calc. 98/100%

Vorstehund damo birridamo holla di funga qualla

di mango damai da dai umbala damo

brrs pffi commencer Abrr Kpppi commence

Anfang Anfang

sei hei fe da heim gefragt«

Na, vielleicht muss man das einfach hören, wie man Ernst-Jandl-Gedichte hören muss, von ihm selbst gelesen.

Dada – wo bist du?

Kürzlich besuchten wir Freunde, die hatten eine Schreibmaschine, da setzte sich Luis davor, wir spannten ein Blatt ein, er schrieb. Eine Stunde später las ich:

» die kröte wer ist

der traktor ich fare mit dem traktor du

das ist ja gut 123456789 ich kome

der pawian ach du schrek komm schnel

komm endlich mach mach schon

du weist ja überhaupt nichtzz

da sind ja schpuren wein doch nicht

opel astra ist blöt wein doch nicht so

verari ist kuhl wein trinken

wein trinken verboten du bist ja net

der nikolaus das auto die garage

der blitz das kristkind ohoh oh

der atwentz j krans der atwentz kalender

die zwibel die tulpe bums

hiristes ja öde das ist ja zum kotzen

was ist den los auf die pletze vertig los

einlos bitte mano och nö

der schaten ja monopoli

wilkomer wilkomen im auto center münchen

die mäuse heilige ab anna heiliger peter

es regnet die katze der vogel die maus

überraschung äöü du esel

dein haus ist aber schön

dein lebkuchen haus ist aber schön

jetzt ist schlus

na endlich

ich kündige ich mach schlus

ende«

Dada lebt! In meinem eigenen Haus!

DIALOGE

Dieses Angebot hier könnte den Wortstoffhof entlasten, findet Leser M. aus München. Er entdeckte es seltsamerweise in seiner Autowerkstatt, wo über der Halle auf einem großen Schild stand: »Dialogannahme«. So etwas wird seit einer Weile von fast jedem Autohaus angeboten (wovon man sich im Internet leicht überzeugen kann), und man sollte nicht lange grübeln, warum ausgerechnet Kfz-Mechaniker Dialoge annehmen, sondern einfach seine alten, nicht mehr benötigten Dialoge dort vorbeibringen.

Weiß der Himmel, was sie damit tun, vielleicht werden sie in Radios eingebaut oder in Navigationssysteme.

DRAHTHUHN

Jeder kennt das: Man sitzt in einem Restaurant irgendwo im Ausland, möchte etwas essen, nimmt die Speisekarte zur Hand (→ Ausgemachtenudeltucke, Fischtageszeitung, Huhntorte). Links sieht man die Speisen in der Landessprache verzeichnet, rechts in einer Sprache, bei deren Anblick man sich sagt: Kommt mir irgendwie bekannt vor. Sieht aus wie die Sprache, die ich selbst spreche, ist aber unverständlich. Mutet an wie Deutsch, ist aber kein Deutsch. Klingt jedoch, wenn man es leise vor sich hinmurmelt, schöner. Wie viele Leser haben mir schon von ihren Reisen reizendste deutsche Übersetzungen auswärtiger Speisekarten mitgebracht!

Da wäre Frau J. aus Stephanskirchen, die am Gardasee ein Gericht namens »Carpaccio von der Fischklinge« (Carpaccio di pesce spada) entdeckte, ein weiteres unter dem Titel »Geschnittene Kälte des Pferdes« (Tagliata fredda di cavallo). Oder hier, Herr R. aus Berlin, er verzehrte in Harrachov/ Tschechien eine »Rübezahl Nadel«, das war ein Fleischspieß. In Ungarn fand Frau G. aus Starnberg auf verschiedenen Speisekarten »Drahthuhn«, welches sich als »Truthahn« entpuppte; auf Mallorca gab es »Huhnklumpen«, nämlich Chicken McNuggets. Frau W. aus Gronsdorf wurde auf einem Campingplatz bei Grosseto eine Speise mit der Bezeichnung »Du entgehst zum gitterrost« angeboten, auf Italienisch waren das Scampi alla griglia. Dazu muss man wissen: scampare heißt »entgehen«, scampi bedeutet »du entgehst« – wobei das Interessante ist, dass nicht erwähnt wird, wem »du« (wer denn überhaupt?) entgehst, wohl aber wohin: alla griglia, zum Gitterrost, dem Schicksalsort so vieler Scampi. Kann man da wirklich von »entgehen« reden, jedenfalls wenn »du« ein Tiefseekrebs wärest? Man grübelt lange.

Zum Besten im Genre zählt die Nachricht von Herrn U. aus Falkensee, der in der polnischen Stadt Torun (zu deutsch: Thorn) ein Restaurant namens Magyar Etterem Hungaria besuchte, wobei Hungaria keineswegs »großer Appetit« bedeutet, sondern »Ungarn«. Hier fand U. ein Gericht namens »Schweinefleisch Dänemark«, eine Seite weiter sogar »Dänemark ohne Fleisch«. U. hatte polnische Verwandte bei sich, die erklärten, das polnische danie bedeute »Gericht«, sein Plural sei dania, was »Dänemark« heiße. Also seien dania z wieprzowiny einerseits »Schweinefleischgerichte«, andererseits »Schweinefleisch Dänemark«. Und vegetarische Speisen (»ohne Fleisch« also) sind »Dänemark ohne Fleisch«. U. schreibt: »Allein die Möglichkeit, als Deutscher in einem ungarischen Restaurant in Polen »Dänemark« bestellen zu können, begeistert mich. Solche Chancen verdanken wir der europäischen Einigung.«

Und wenn auch die Türkei einmal der EU beiträte? Dann wäre unser Glück perfekt, denn hier kommt nun der absolute Höhepunkt des Themas, die Rezepte auf der einerseits türkischen, andererseits irgendwie deutschsprachigen Internetseite turkiyeninrehberi.com auf die mich Herr K. aus Mittenwald hingewiesen hat. Dort wird (sehen Sie nach, wenn Sie es nicht glauben) unter anderem die Zubereitung so wunderbarer wie selten-seltsamer Speisen erläutert: Kunsti Erwürgt Salat, Schenkel der Frau Kofte, Feiger Fischteich, Hühnchen und Gemüse stopften sich voll, Pilaf mit Leber und Wahnsinnigen, Aufregung Kebabi, Auf und Ab Geback, Enträtselte Schweiß-Geback sowie, ist es denn die Möglichkeit!?: Atem Mit Pilz.

Solche Gerichte sind, das wird jeder Verständige einsehen, nicht mit normalen Mitteln zuzubereiten. Wir finden daher im Rezeptteil Maßnahmen wie folgende:

»Hacken Sie die Rakete, bevor alle Zutaten mischen.«

»Breiten Sie sich über den Salat gleichmäßig.«

»Vermischen Sie sich mit Hackfleisch.«

»Füllen Sie sich mit Mischung, Verständigen Sie sich in einem Kochtopf nebeneinander.«

»Kochen Sie Die Salat-Blätter freundlich.«

»Nehmen Sie den Halblamm-Hieb, biegen Sie es und Krawatte(Band) mit Seil, Platz in einem Brett.«

»Verständigen Sie sich auf einem eingefetteten Backen-Bettuch.«

»Machen Sie die feigen geistigen Leiste-Fähigkeiten hout Knochen, und teilen Sie sich in vier.«

»Waschen Sie sich und Blutgeschwür in zwei Schalen des Wassers, bis sie ziemlich weich sind.«

»Peitschen Sie den Käse.«

»Zerquetschen Sie oder schleifen Sie die pistachio Wahnsinnigen.«

»Falte-Ecken von Geback über Zentrum, leicht drückende Ecken, um auf Robbenjagd zu gehen.«

»Waschen Sie sich und trocknen Sie die Auberginen.«

»5 Minuten vor dem Ende der kochenden Zeit, Fügen Sie die Erbsen und den schwarzen Pfeffer, Decke mit einer Serviette hinzu, und reisen Sie nach 20 Minuten ab

Falls Sie nach Ihrer Abreise noch kochen möchten, hier ein Komplettrezept, jenes für »Senf-Steak-Leiste« nämlich:

»Schmutzflocke der Knoblauch und Senf auf zur Leiste. Gestellt in zum Ofen dann Schmutzflocke brät das feine weiße Mehl auf Leiste es dann. Dienen Sie durch Senf-Wurst. Guter Apetite.«

DUDEUTSCHLAND

Das Ruck- und Racker-Gerede nahm kein Ende mehr, gerade hatte es in Bild noch geheißen »Wir sind Papst«, da begann 2005 die große Kampagne Du bist Deutschland.

Muss man denn alles selbst machen?, dachten nicht wenige von uns.

Du bist Deutschland. Verlage, Fernsehanstalten, alle hatten sich untergehakt, überall in Duzland stellten sie Anzeigenplatz im Wert von dreißig Millionen bereit.

Dreißich Milljonen, is dit mehr wie hundat mal hundat, Vatta?

Ja, mein Sohn, und außerdem gibt es noch heute die offizielle Internet-Seite Du-bist-Deutschland.de, auf der hatte ein anonymer Sprachkünstler das Manifest »Du bist das Wunder von Deutschland« veröffentlicht, vielleicht haben den Text auch Nena, Horst Köhler und Maharishi Yoga gemeinsam geschrieben, man weiß es nicht.

Jedenfalls beginnt das Manifest folgendermaßen: »Ein Schmetterling kann einen Taifun auslösen. Der Windstoß, der durch seinen Flügelschlag verdrängt wird, entwurzelt vielleicht ein paar Kilometer weiter Bäume.«

Wenn das so ist, möchte man angesichts der immer zahlreicher werdenden Naturkatastrophen sagen: Vielleicht könnten die Herren Schmetterlinge mal ein bisschen vorsichtiger sein?

Aber Achtung: Das ist eine Metapher, du verstehn, Deutschland? Metaffa. Will bedeuten: kleine Ursache, große Wirkung. Du, kleiner Mann, der du Deutschland bist, zu dem wir also unsere Dreißig-Millionen-Kampagne hinuntertröten, kannst Erhebliches bewirken, wenn du dich ein bisschen zusammenreißt. In der Sprache des Manifests: »Du bist von allem ein Teil. Und alles ist ein Teil von dir.« So weit wäre noch alles in Buddha, aber nun kommt’s langsam dicke. Denn manifest heißt eigentlich »handgreiflich«, und deswegen schreiben die Manifest-Autoren: »Deutschland hat genug Hände, um sie einander zu reichen und anzupacken. Wir sind 82 Millionen. Machen wir uns die Hände schmutzig. Du bist die Hand. Du bist 82 Millionen.« Das ist die Stelle, an der man, erstens, sich fragt, warum eigentlich nur immer Pete Doherty in den Entzug muss. Zweitens möchte man Jack Nicholson zitieren, wie er in Besser geht’s nicht sagt: »Wer in Metaphern spricht, kann mir mal den Schritt shampoonieren.«

Aber! Wir sind noch nicht am Ende, Deutschland, auch wenn du jetzt deine 164 Millionen schmutzigen Hände über deinen 82 Millionen Köpfen zusammenschlägst.

Wir sind nicht am Ende!

Denn da war ja noch die Sache mit den Flügeln. Und den Bäumen. Darauf muss man zurückkommen, und deshalb heißt es am Manifestschluss: »Bring die beste Leistung, zu der du fähig bist. Und wenn du damit fertig bist, übertriff dich selbst. Schlag mit deinen Flügeln und reiß Bäume aus. Du bist die Flügel, du bist der Baum. Du bist Deutschland.« So liegt das nun hier im Wortstoffhof. Und keiner holt es ab.

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