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Читать книгу: «Bekenntnisse», страница 3

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Erstes Buch – Zehntes Kapitel

Und doch sündigte ich, mein Herr und mein Gott, du Ordner und Schöpfer des Alls, aber der Sünde Ordner allein. Ich sündigte, mein Herr und mein Gott, weil ich zuwiderhandelte den Geboten der Eltern und jener Lehrer. Denn späterhin konnte ich von den Wissenschaften, die ich nach dem Willen und der Absicht der Meinigen erlernen sollte, einen guten Gebrauch machen. Nicht in der Absicht, Besseres (als das Dargebotene) zu erwählen, war ich ungehorsam, sondern aus Liebe zu Spielereien und aus Begierde nach stolzen Siegen in Wettspielen, um durch erdichtete Märlein meine Ohren zu reizen, daß sie immer lüsterner wurden und nur dieselbe Neugierde immer mehr und mehr aus den auf die Schauspiele und Spiele der Alten gehefteten Augen leuchtete; die Veranstalter solcher Spiele genießen so hohe Ehre, daß fast alle Eltern für ihre Kleinen ein gleiches Los wünschen, und dennoch lassen sie es gern zu, daß ihre Kinder gezüchtigt werden, wenn sie sich durch solche Schauspiele vom Lernen abhalten lassen, wodurch sie es einmal dahin bringen sollen, selbst solche Spiele zu geben. Siehe, o Herr, solches mit Erbarmen und befreie uns, die wir dich schon anrufen; befreie auch die, welche dich noch nicht anrufen, auf daß sie dich anrufen und du sie befreiest.

Erstes Buch – Elftes Kapitel

Schon als Knabe hatte ich Kunde von dem ewigen Leben, uns verheißen durch die Erniedrigung unseres Herrn und Heilandes, der herabstieg zu unserem Hochmute, und ich ward mit dem Zeichen seines Kreuzes bezeichnet und mit seinem Salze geweiht, schon von dem Leibe meiner Mutter an, deren ganze Hoffnung du warst. Du sahst, o Herr, wie ich, noch ein Knabe, eines Tages plötzlich von heftig brennendem Magenkrampfe ergriffen wurde und fast dem Tode nahekam. Du sahst, mein Gott, denn du warst schon damals mein Hort [36] und Hüter, mit welcher Bewegung des Herzens, mit welchem Glauben ich die Taufe deines Gesalbten, meines Herrn und Gottes, von der Frömmigkeit meiner Mutter und der Mutter unser aller, deiner Kirche, verlangte. Und meine leibliche Mutter, mächtig erschüttert, weil sie auch mein ewiges Seelenheil als ein teures Pfand unter dem Herzen trug, das im Glauben an dich zu heiliger Reinheit gelangt war, würde eilend dafür gesorgt haben, daß ich in die heiligen Sakramente eingeweiht und durch sie gereinigt würde in deinem Bekenntnis, Herr Jesu, zur Vergebung der Sünden, wenn ich nicht sogleich genesen wäre. Es wurde daher meine Entsühnung durch die Taufe verschoben, gleich als müsse ich mich noch beflecken, solange ich am Leben bliebe, wie nach der Taufe die Schuld sündiger Befleckung noch größer und gefahrvoller würde. So war damals schon ich, die Mutter und das ganze Haus gläubig, ausgenommen den Vater, der, obwohl er ein Heide war, doch nicht das Recht der frommen Mutterliebe zugunsten seines Vaterrechts umstieß, um mich am Glauben an Christum zu hindern. Denn mit ängstlichem Eifer schärfte mir meine Mutter ein, daß du, mein Herr und mein Gott, in noch viel höherem Grade mein Vater wärest als jener, und du standest ihr bei, daß sie den Gatten (im Glauben) überwand, dem sie, als die bessere, untertan war, weil sie dadurch dir und deinem Gebote gehorchte.

Ich bitte dich, mein Gott, laß mich wissen, wenn es dein Wille ist, daß ich es wisse, welcher Art die Absicht war, der zufolge meine Taufe damals verschoben wurde, ob dadurch zu meinem Besten der Sünde Zügel gelockert wurden oder nicht? Weshalb hören wir auch jetzt noch von dieser und jener Seite: Laß ihn nur machen, er ist ja noch nicht getauft, und doch sagen wir zum Wohle des Körpers nicht: der Wunden noch mehr, er ist ja noch nicht geheilt. Wäre es nicht viel besser gewesen, ich wäre schnell geheilt worden und man hätte mit mir durch die Meinen und meine eigene Sorge so verfahren, daß das wiedergewonnene Heil meiner Seele sicher unter [37] deinem Schutz gewesen wäre, den du mir verliehen hättest? Wohl wäre es besser gewesen. Aber wie viele und wie mächtige Fluten der Versuchung auf mich eindringen würden, wußte meine Mutter schon, und lieber wollte sie den natürlichen Menschen vor der Wiedergeburt, als das (durch die Taufe wiederhergestellte) Ebenbild Gottes preisgeben.

Erstes Buch – Zwölftes Kapitel

Selbst in meinen Knabenjahren, wo man für mich weniger als im Jünglingsalter fürchtete, liebte ich die Wissenschaften nicht, und ich haßte, zu ihrem Studium mit Gewalt gedrängt zu werden. Und doch wurde ich dazu gedrängt; wohl mir, daß es geschah, und doch handelte ich nicht gut. Denn ich würde nichts gelernt haben, wenn ich nicht dazu gezwungen worden wäre. Niemand aber handelt wider seinen Willen sittlich gut, auch dann nicht, wenn sein Tun gut ist. Und auch die, welche mich (zum Lernen) zwangen, handelten nicht gut; von dir allein kam mir das Gute, o mein Gott! Denn jene achteten nicht darauf, daß ich das durch ihren Zwang Gelernte nur zur Sättigung unersättlicher Begierde nach reicher Armut und schmachvollem Ruhme anwenden würde. Du aber, von dem die Haare unseres Hauptes gezählt sind, wandeltest den Irrtum derer, die mich zum Lernen zwangen, zu meinem Nutzen; meine Trägheit aber im Lernen ließest du mir werden zur Züchtigung, die ich wohl verdiente, ein noch so kleiner Knabe und doch ein schon so großer Sünder. So erwiesest du mir Gutes durch die, welche mir Übles taten, und vergaltest mir selbst in gerechter Weise meine eigene Sünde. Denn solches ist dein Gebot, und so geschieht es, daß jeder zuchtlose Geist sich selbst gereiche zur Strafe.

Erstes Buch – Dreizehntes Kapitel

Wie es aber eigentlich kam, daß mir die griechische Literatur verhaßt war, ist mir selbst nicht ganz klar. Denn die lateinische Literatur gewann ich lieb, freilich nicht, wie sie die [38] Elementarlehrer, sondern die sogenannten Grammatiker lehrten; denn jener Elementarunterricht war mir nicht weniger lästig und peinlich als alles Griechische. Woher jedoch stammte dies, wenn nicht aus der Sünde und der Eitelkeit des Lebens, wodurch ich Fleisch war und ein Wind, der dahinfährt und nicht wiederkommt? Denn jene Anfangsgründe, durch welche es mir möglich wurde und ist, durch welche ich es innehabe, sowohl Geschriebenes lesen als auch selbst alles nach Willen schreiben zu können, waren weit besser, weil sie zuverlässiger waren als jene, vermittels deren ich gezwungen wurde, die Irrfahrten eines Äneas meinem Gedächtnisse einzuprägen, während ich meine eigenen Irrfahrten vergaß, und den Tod der Dido zu beweinen, weil sie, von Liebesgram übermannt sich selbst den Tod gab, während ich, Tiefunglücklicher, es tränenlosen Auges ertrug, daß ich vertieft in diese, von dir, Gott mein Leben, abstarb.

Denn was ist wohl mitleidswürdiger als ein Leidender, der selbst kein Mitleid mit sich hat und doch den Tod einer Dido beweint, den sie aus Liebe zu Äneas findet, nicht aber seinen Tod, welchen er stirbt aus Lieblosigkeit gegen dich, o Gott, du Licht meines Herzens, du Lebensbrot und Kraft, die befruchtet mein Gemüt und den Sproß meines Denkens. Ich liebte dich nicht, und meine Seele, dir vermählt, handelte ehebrecherisch, und „recht so, brav!”

ertönte es dem Ungetreuen von allen Seiten zu. Denn die Freundschaft dieser Welt ist ja der Abfall von dir, und Beifall rufen sie, daß sich der Mensch schäme, wenn er anders geartet ist. Und nicht diesem galten meine Tränen, sondern der Dido, „daß geschieden sie sei, mit dem Stahl ihr Ende erreichend,” verließ dich und folgte deinen geringsten Geschöpfen, Staub zum Staube zurückkehrend. Und wenn ich verhindert wurde, dieses zu lesen, so war mir’s schmerzlich, das nicht lesen zu dürfen, was mir Schmerz erregte. Solche Torheit galt für edlere und fruchtbarere Wissenschaft als Lesen und Schreiben.

Doch nun rufe mir in meine Seele, o Gott, und deine [39] Wahrheit sage: So ist es nicht, jener erste Unterricht ist bei weitem besser, denn ich bin viel bereiter dazu, die Irrfahrten des Äneas zu vergessen und alles andere derartige als Schreiben und Lesen. Vorhänge sind vor den Türen der Gelehrtenschulen; sie bedeuten aber nicht sowohl ein ehrfurchtgebietendes Geheimnis als vielmehr eine Fülle des Irrtums. Und nicht mögen gegen mich diejenigen ein Geschrei erheben, die ich nicht fürchte, wenn ich dir bekenne, was meine Seele will, o mein Gott, und Ruhe finde ich im Verwerfen der bösen Wege, daß ich seine guten Wege lieben lerne. Auftreten mögen auch nicht wider mich die Verkäufer oder Käufer der weltlichen Literatur; denn wende ich mich mit der Frage an sie, ob Äneas wirklich einst nach Karthago gekommen sei, wie der Dichter sagt, dann werden die Ungelehrteren sich mit ihrer Unwissenheit entschuldigen, die Gelehrteren aber werden es sogar verneinen. Wenn ich aber frage, mit welchen Buchstaben Äneas geschrieben wird, dann werden wir alle, welche dies gelernt haben, die richtige Antwort geben; nach dem Übereinkommen und Gutbefinden, durch welche die Menschen jene Zeichen unter sich festgesetzt haben. Ebenso, gesetzt ich früge, was von beiden wohl zum größeren Nachteil für das Leben vergessen würde, Lesen und Schreiben oder jene poetischen Erfindungen, weiß wohl jeder die Antwort, der sich nicht gänzlich vergessen hat. Ich fehlte also, da ich als Knabe jene unnützen Dinge diesen nützlichen eifrig vorzog oder vielmehr diese haßte, jene aber liebte. Nun aber war mir das eins und eins ist zwei, zwei und zwei ist vier ein Lied von gar verhaßtem Klang und das angenehmste Schauspiel für meine Eitelkeit das hölzerne Pferd von Bewaffneten, der Brand Trojas und der Schatten Creusas.

Erstes Buch – Vierzehntes Kapitel

Warum haßte ich denn aber die griechische Literatur, die doch solches besang? Denn auch Homer verstand es, das Gewebe solcher Märlein, und ist in seiner Eitelkeit so süß und [40] doch mir Knaben so bitter. Ich glaube, auch den griechischen Knaben wäre es mit Vergilius also ergangen, wenn man sie zwänge, ihn auf solche Art verstehen zu lernen wie mich jenen. Natürlich vergällte die Schwierigkeit, eine gänzlich fremde Sprache zu erlernen, mir alle Schönheiten der griechischen Mythen. Ich verstand die Worte nicht und wurde dennoch mit harten Drohungen und Strafen gewaltsam dazu angetrieben, sie zu erlernen. Freilich kannte ich als Kind einst die lateinische Sprache noch nicht und doch lernte ich sie mit Aufmerksamkeit ohne jegliche Furcht und Qual unter den Liebkosungen meiner Ammen, unter den Scherzen derer, die mir zulachten, und unter fröhlichen Spielen. So lernte ich jene ohne die peinliche Belästigung von Drängern, wenn mich mein Herz dazu antrieb Empfangenes wiederzugeben, was ich nicht imstande gewesen wäre, wenn ich nicht schon die Kenntnis einiger Worte gehabt hätte, nicht von Lehrern, sondern von Sprechenden, für deren Ohr ich meine Gedanken kundgab. Hieraus geht deutlich hervor, daß die freie Wißbegierde eine größere Macht besitzt zum Erlernen als furchteinflößender Zwang. Aber dieser hemmt nach deinem Gesetz den Strom jener Wißbegierde, o Gott, nach deinem Gesetz von der Rute der Lehrer bis zu den Versuchungen der Märtyrer; heilsame Bitterkeit mischt sich nach deinem gewaltigen Willen bei, welche uns wieder zurückruft zu dir von der verderblichen Lust, durch welche wir uns von dir entfernt haben.

Erstes Buch – Fünfzehntes Kapitel

Erhöre, o Gott, mein Gebet, daß meine Seele nicht müde werde unter deiner Zucht und daß ich nicht laß werde im Bekenntnis deines unendlichen Erbarmens, durch welches du mich von allen Irrwegen abgebracht hast, daß du mir süßer wirst als alle Verführungen, denen ich folgte, daß ich dich liebe mit allen Kräften und deine Hand erfasse mit ganzem Herzen und du mich entreißest aller Versuchung bis ans Ende. Denn dir, o Herr, mein König und mein Gott, deinem Dienste [41] sei gewidmet, was ich als Knabe Nützliches erlernte, was ich spreche, schreibe, lese und zähle; wenn ich Eitles erlernte, züchtigtest und vergabst du mir meine sündhafte Lust an solcherlei Eitelkeiten. Und ich lernte durch sie wohl viel nützliche Worte, die aber auch ohne eitle Dinge erlernt werden können, und das ist der sichere Weg, auf dem die Knaben wandeln sollten.

Erstes Buch – Sechzehntes Kapitel

Aber wehe dir, Strom menschlicher Gewohnheit! Wer kann dir widerstehen? Wann wirst du endlich versiegen? Wie lange wirst du noch die Söhne Evas hinaustreiben in das große, furchtbare Meer, welches kaum die durchsegeln, welche das Kreuzesschiff der Kirche besteigen? Las ich nicht zur Zeit (da ich noch von dir fortgerissen wurde) von einem Donnerer und Ehebrecher Jupiter? Zwar vermochte er keines von beidem, sondern es wurde erdichtet, daß man sich auf seine Autorität berufen könne, um einen wahren Ehebruch nachzuahmen, wobei der falsche Donnerer den Kuppler machte. Wer aber von den Lehrern, die da in ihren Mänteln umherstolzieren, kann es ruhig mit anhören, wenn ein Mensch, der Staub ist, ausruft: „Dies fabelte Homer und übertrug Menschliches auf die Götter; wollte er doch lieber Göttliches auf uns übertragen!” Mit mehr Recht sagt man aber wohl, er ersann dieses zwar, aber so, daß er den lasterhaften Menschen Göttliches beilegte, damit ihre Laster nicht für Laster geachtet würden und damit jeder, der solche verübte, nicht Missetäter, sondern die Götter im Himmel nachzuahmen schiene.

Und doch werden die Menschenkinder in dich, du Höllenfluß, hineingeworfen mit dem Lohne, wofür sie dies lernen sollen, und Großes – so glaubt man – steht auf dem Spiele, wenn dafür öffentlich auf dem Forum dargestellt wird, angesichts der Gesetze, die dem Dichter obendrein noch festen Gehalt bestimmen außer den Honoraren, wenn du die Steine zu erschüttern suchst, prahlst und mit rauschendem Wortschwall [42] sprichst: Hier ist die Quelle, da man reden lernt; hier erwirbt man die Beredsamkeit, um Leute zu beschwatzen; hier lernt man die Kunst, die unumgänglich nötig ist, Meinungen auseinanderzusetzen. Wir würden so nichts von den Worten: goldener Regen, Schoß, Trug, Tempel des Himmels, und was da noch für andere derartige Ausdrücke sind, die dort vorkommen, verstehen, wenn nicht Terenz einen jungen Taugenichts einführte, der sich den Jupiter zum Vorbild der Unzucht nimmt, indem er ein Wandgemälde beschaut, welches Jupiter darstellt, „wie er der Danae einst einen Goldregen in den Schoß habe fallen lassen und so das Weib überlistete.” Und nun siehe hin, wie er sich selbst gleichsam unter der Anleitung des Gottes zur Wollust reizt: „Welch ein Gott, der mit seinem Donner des Himmels Zinnen erschüttert. Und ich schwaches Menschlein sollte es nicht tun? Ich hab’s getan, und zwar mit Freuden.” – Keineswegs lernte man durch solche Schändlichkeit derartige Worte mit größerer Leichtigkeit, nur wurde man dadurch umso vertrauter mit der Schändlichkeit. Nicht die Worte klage ich an, die nur erwählten köstlichen Gefäßen gleichen, sondern den Wein (in solchen Gefäßen), der uns auf Irrwege führte und uns von trunkenen Lehrern aus ihnen gereicht wurde; tranken wir nicht, dann drohte uns Züchtigung, und an einen nüchternen Richter uns zu wenden, blieb uns versagt. Und doch, o Gott, vor dessen Angesicht ich mich sicher dessen erinnere, habe ich solches gern gelernt und hab – o ich Elender – daran Freude gefunden und wurde demzufolge ein Knabe genannt, der zu schönen Hoffnungen berechtige.

Erstes Buch – Siebzehntes Kapitel

Laß mich, o Gott, auch darüber sprechen, mit wie törichtem Treiben sich mein Geist, deine Gabe, abarbeitete. Mir wurde eine Aufgabe gestellt, die mein Gemüt nicht wenig durch die Verheißung von Lob oder Schmach und durch die Furcht vor Schlägen in Unruhe versetzte. Sie bestand nämlich [43] darin, daß ich die Worte der Juno, die in zornigem Schmerze trauert, daß sie den König der Teukrer nicht von Italien fernzuhalten vermag, vortragen sollte, Worte, die ich doch natürlich die Juno nie hatte sprechen hören; wir wurden genötigt, irrenden Fußes den Spuren des fabelnden Dichters zu folgen und in ungebundener Rede vorzutragen, was der Dichter in Versen ausgesprochen; dessen Vortrag errang das höchste Lob, der die Affekte des Zornes und des Schmerzes der Stellung der von ihm dargestellten Person möglichst entsprechend wiedergab in Sätzen, die den Gedanken auch in ihrer äußeren Form möglichst angepaßt waren. Warum aber erntete ich, o Gott, der du wahrlich mein Leben bist, bei meinem Vortrage von vielen Altersgenossen und Mitschülern Beifall? War das nicht eitel Rauch und Wind? Dein Lob, o Herr, dein Lob in den heiligen Schriften hätte den schwachen Keim in meinem Herzen erstarken lassen sollen, und nicht wäre er geworden ein Raub eitler Nichtswürdigkeiten, nicht eine schmähliche Beute der gefiederten Kreatur. Aber freilich, auf gar mannigfache Weise opfern wir den abtrünnigen Engeln.

Erstes Buch – Achtzehntes Kapitel

Wie aber ist es zu verwundern, daß mich die Eitelkeit so in ihre Gewalt bekam und mich von dir, mein Gott, so entfernte, da mir Menschen zu Vorbildern gesetzt wurden, die vor Scham vergehen wollten, wenn in der Erzählung ihrer an und für sich keineswegs bösen Handlungen ungebräuchliche oder fehlerhafte Ausdrücke vorkamen, die sich aber rühmten und mit Lob überschüttet wurden, wenn sie ihre Bubenstreiche fehlerfrei mit wohlgesetzten Worten ausführlich und mit Ausschmückungen erzählten? Du siehst dies, Herr, und du schweigst in deiner Langmut, der du barmherzig, aber auch wahrhaftig bist. Doch wirst du immer schweigen, o Herr? Und jetzt ziehst du empor zu dir aus dem grausigen Abgrunde den Geist, der dich sucht und den nach deiner Erquickung dürstet und sein Herz hält dir vor: Ich habe gesucht einst [44] dein Antlitz, und nun suche ich dein Antlitz wieder, o Herr. Denn fern von deinem Angesichte zu leben, das heißt in finsterer Leidenschaft dahinwandeln, denn nicht mit dem Fuße oder räumlich entfernen wir uns von dir oder kehren zu dir zurück. Oder suchte jener dein jüngerer Sohn Pferde, Wagen oder Segel, oder floh er mit sichtbarem Fittich, oder legte er eilenden Fußes den Weg zurück, daß er im fernen Lande als Verschwender lebe und das Gut verprasse, das du dem Dahinziehenden mitgegeben hattest? Ein liebevoller Vater warst du ihm, der du gabst, ein liebevollerer noch, da er mühselig und beladen heimkehrte. So ist ein Leben in üppiger Lust ein Wandel in Finsternis und Fernsein von dir.

Siehe, o Herr, und siehe es nach deiner Gewohnheit mit Langmut an, wie sorgfältig die Menschenkinder die Gesetze der Buchstaben und Silben, die ihnen von den früheren Redenden überliefert sind, beobachten und dagegen die von dir empfangenen dauernden Gesetze des ewigen Heils vernachlässigen, so daß der, welcher jene alten Lautgesetze weiß und lehrt, größeres Mißfallen bei den Menschen erregt, wenn er gegen die grammatische Regel ohne Aspiration der ersten Silbe omo anstatt homo sagen würde, als wenn er deinen Geboten zuwider selbst ein Mensch, seinesgleichen haßte. Gerade als ob er von irgendeinem Feinde Verderblicheres erfahren könnte als von seinem Hasse selbst, der ihn gegen denselben aufreizt, oder als wenn einer, indem er einen anderen verfolgt, diesem einen schwereren Schaden zuzufügen imstande wäre, als er seinem Herzen durch solche Feindschaft zufügt! Gewiß ist das sprachliche Wissen nicht innerlicher, als der ins Herz geschriebene Gewissensvorwurf: man tue dem andern, was man selbst nicht leiden möge. Wie bist du so geheimnisvoll, der du schweigend wohnst in der Höhe, o Gott, du allein Erhabener, der du nach einem unermüdlich wirkenden Gesetze zur Strafe Blindheit ausgießest über unerlaubte Begierden. Wenn ein Mensch den Ruhm der Beredsamkeit sucht und dasteht vor einem menschlichen Richter, umgeben von einer [45] Menschenmenge, seinen Feind mit wildem Haß verfolgend, dann hütet er sich mit der größten Sorgfalt vor Sprachfehlern wie: „Inter hominibus”; aber ohne Scheu vertilgt er in seiner Raserei den Menschen aus dem Kreise der Menschen.

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