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[240]

Küpper/Börner, BT/1, § 1 Rn. 83.

[241]

BGH NJW 2005, 996, 998.

[242]

Arzt, JZ 1973, 681 ff.

[243]

BGHSt 23, 39, 40.

[244]

BGH NJW 2005, 996, 997.

[245]

BGH NJW 2005, 996, 997.

[246]

Küpper/Börner, BT/1, § 1 Rn. 84.

[247]

BGH NStZ 2006, 288, 290.

[248]

BGH NStZ 2006, 288, 290 mit abl. Anm. Puppe, NStZ 2006, 290, 291.

[249]

MK-Schneider, § 211 Rn. 278.

[250]

Allgemein dazu Mitsch ZIS 2016, 352 ff.

[251]

Sch/Sch-Eser/Bosch, § 22 Rn. 58.

[252]

MK-Schneider, § 211 Rn. 278.

[253]

Sch/Sch-Eser/Bosch, § 24 Rn. 113.

[254]

AnwK-Mitsch, § 211 Rn. 87.

[255]

Sch/Sch-Eser/Sternberg-Lieben, § 211 Rn. 58.

[256]

Sch/Sch-Eser/Sternberg-Lieben, § 213 Rn. 3.

[257]

BGHSt 30, 105 ff.

[258]

BGHSt 30, 105, 106.

[259]

BGHSt 30, 105, 107.

[260]

BGHSt 30, 105, 108.

[261]

BGHSt 30, 105, 107.

[262]

BGHSt 30, 105, 108.

[263]

Dazu zusammenfassend AWHH-Hilgendorf, BT, § 2 Rn. 15.

[264]

BGHSt 30, 105, 115.

[265]

BGHSt 30, 105, 116.

[266]

BGHSt 30, 105, 117.

[267]

BGHSt 30, 105, 119.

[268]

BGHSt 30, 105, 120.

[269]

BGHSt 30, 105, 121.

[270]

BGHSt 30, 105, 121.

[271]

AWHH-Hilgendorf, § 2 Rn. 17: „BGHSt 30, 105 hat in der Literatur einen Schock ausgelöst.“

[272]

Gössel/Dölling, BT/1, § 4 Rn. 14; Sch/Sch-Eser/Sternberg-Lieben, § 211 Rn. 10b.

[273]

AWHH-Hilgendorf, § 2 Rn. 17; Günther, NJW 1982, 353, 357; Klesczewski, BT, § 2 Rn. 43; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT/1, § 2 Rn. 27.

[274]

MK-Schneider, § 211 Rn. 43 ff.; Rengier, NStZ 1982, 225, 230: „Im ganzen verdient der Beschluß des Großen Senats Zustimmung“.

[275]

Kratzsch, JA 1982, 401, 405: „Im Vergleich zu den in der Lehre vertretenen Tatbestandslösungen erscheint sie als das kleinere Übel“.

[276]

So schon das Fazit von Günther, NJW 1982, 353, 358.

[277]

Zahm Klesczewski, BT, § 2 Rn. 20: „Diese Regelung ist im Hinblick auf das Gebot der gesetzlichen Bestimmtheit auch der Strafdrohung verfassungsrechtlich problematisch.“ Unzutr. MK-Schneider, § 212 Rn. 91: „Sie wird den Anforderungen der Gesetzesbestimmtheit gerecht“.

[278]

Hier gilt in noch viel stärkerem Maße, was Kubiciel, v. Heintschel-Heinegg-FS, S. 267, 271 sogar zu einem Regelbeispielsmodell für § 211 StGB kritisch anmerkte: „Diese [Regelbeispiele, W.M.] belassen dem Gericht einen erheblichen Entscheidungsspielraum bei der Frage, ob – der Regel entsprechend – wegen Mordes zu verurteilen oder eine Ausnahme von der Regel zu konzedieren ist.“

[279]

SK-Sinn, § 212 Rn. 72.

[280]

Ansätze bei MK-Schneider, § 212 Rn. 92; Sch/Sch-Eser/Sternberg-Lieben, § 212 Rn. 12a; SK-Sinn, § 212 Rn. 75.

[281]

SK-Wolters, § 221 Rn. 1.

[282]

LK-Jähnke, § 221 Rn. 23; MR-Safferling, § 221 Rn. 4.

[283]

BGHSt 38, 78, Leitsatz.

[284]

BGHSt 38, 78, 79.

[285]

Vgl. einerseits LK-Jähnke, § 221 Rn. 40: „Da der Versuch der Aussetzung nach Absatz 1 nicht strafbar ist, muss mithin die Möglichkeit eines Verbrechensversuchs nach Absatz 3 ausscheiden“; andererseits SK-Wolters, § 221 Rn. 16: „… dass der Versuch des Grunddelikts nicht unter Strafe steht, hat hierbei keine Bedeutung.“.

[286]

MR-Safferling, § 221 Rn. 1; Rengier, BT/2, § 10 Rn. 1.

[287]

MR-Safferling, § 221 Rn. 20.

[288]

MR-Safferling, § 221 Rn. 5.

[289]

LK-Jähnke, § 221 Rn. 11.

[290]

LK-Jähnke, § 221 Rn. 18; MR-Safferling, § 221 Rn. 7; SK-Wolters, § 221 Rn. 3.

[291]

MR-Safferling, § 221 Rn. 8.

[292]

LK-Jähnke, § 221 Rn. 20.

[293]

SK-Wolters, § 221 Rn. 4.

[294]

LK-Jähnke, § 221 Rn. 21; MR-Safferling, § 221 Rn. 9; SK-Wolters, § 221 Rn. 5.

[295]

Dazu instruktiv SK-Wolters, § 221 Rn. 3: „gefestigtes Zwischenstadium“.

[296]

SK-Wolters, § 221 Rn. 6.

[297]

MR-Safferling, § 221 Rn. 11.

[298]

LK-Jähnke, § 221 Rn. 26; SK-Wolters, § 221 Rn. 9.

[299]

LK-Jähnke, § 221 Rn. 9.

[300]

LK-Jähnke, § 221 Rn. 8.

[301]

Sch/Sch-Eser, § 221 Rn. 14.

[302]

LK-Jähnke, § 221 Rn. 37.

[303]

SK-Wolters, § 221 Rn. 14.

[304]

Fischer, § 221 Rn. 21.

[305]

Heger, ZStW 119 (2007), 593, 613; Krey/Hellmann/Heinrich, BT/1, Rn. 140; Maurach/Schroeder/Maiwald, BT/1, § 4 Rn. 17; I. Sternberg-Lieben/Fisch, Jura 1999, 45, 49.

[306]

SK-Wolters, § 221 Rn. 14.

[307]

MR-Safferling, § 221 Rn. 24; SK-Wolters, § 221 Rn. 15.

[308]

Vgl. BGHSt 39, 322 ff.

[309]

MR-Safferling, § 221 Rn. 25.

[310]

MR-Safferling, § 221 Rn. 18; Sch/Sch-Eser, § 221 Rn. 10; SK-Wolters, § 221 Rn. 12.

[311]

LK-Jähnke, § 221 Rn. 37.

[312]

MR-Safferling, § 221 Rn. 20.

[313]

Vgl. die Beispiele bei LK-Jähnke, § 221 Rn. 35.

[314]

SK-Wolters, § 221 Rn. 16.

[315]

LK-Jähnke, § 221 Rn. 40.

[316]

SK-Wolters, § 221 Rn. 16.

[317]

SK-Wolters, § 222 Rn. 2.

[318]

Sch/Sch-Eser, § 222 Rn. 2.

[319]

MR-Safferling, § 222 Rn. 6.

[320]

BGHSt 24, 342, 344.

[321]

MR-Safferling, § 222 Rn. 3.

[322]

Rengier, AT, § 52 Rn. 26.

[323]

BGHSt 11, 1, 7.

[324]

BGHSt 24, 31, 34; 33, 61, 63.

[325]

BGHSt 24, 31, 34; 33, 61, 64.

[326]

BGHSt 33, 61, 64.

[327]

MR-Engländer, § 231 Rn. 7.

[328]

MR-Engländer, § 224 Rn. 14.

1. Abschnitt: Schutz von Leib und Leben › § 2 Sterbehilfe

Christian Schwarzenegger

§ 2 Sterbehilfe[1]

A.Verfassungs- und konventionalrechtliche Grundlagen der Sterbehilfe1 – 7

I.Recht auf Leben1, 2

II.Menschenwürde3, 4

III.Selbstbestimmungsrecht5 – 7

B.Beginn und Ende des Lebens8 – 10

I.Beginn des menschlichen Lebens8, 9

II.Ende des menschlichen Lebens10

C.Unterscheidung der verschiedenen Formen von Sterbehilfe11 – 32

I.Traditionelle Differenzierung11 – 23

1.Abgrenzung Sterbehilfe im engeren und im weiteren Sinn11

2.Aktive Sterbehilfe12 – 15

a)Direkte aktive Sterbehilfe12

b)Indirekte aktive Sterbehilfe13 – 15

3.Passive Sterbehilfe16 – 23

a)Begriff16 – 21

b)Technischer Behandlungsabbruch als Unterlassen22, 23

II.Bildung neuer Kategorien mit dem Grundsatzurteil BGHSt 55, 19124 – 32

1.Der normativ-wertende Oberbegriff des Behandlungsabbruchs24, 25

2.Würdigung26 – 32

D.Suizidbeihilfe33 – 47

I.Prinzipielle Straflosigkeit der Suizidbeihilfe33 – 36

II.Strafbarkeit der geschäftsmässigen Förderung der Selbsttötung (§ 217 StGB)37 – 47

1.Allgemeines37

2.Objektiver Tatbestand38 – 43

3.Subjektiver Tatbestand44

4.Strafausschliessungsgrund des Abs. 245, 46

5.Kritik47

E.Vergleich der Sterbehilfe in Deutschland und der Schweiz48 – 57

I.Verfassungsrechtliche Erwägung48 – 50

II.Sterbehilfe51 – 55

1.Indirekte aktive Sterbehilfe51

2.Direkte aktive Sterbehilfe52

3.Passive Sterbehilfe53 – 55

III.Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord56, 57

Ausgewählte Literatur

1. Abschnitt: Schutz von Leib und Leben › § 2 Sterbehilfe › A. Verfassungs- und konventionalrechtliche Grundlagen der Sterbehilfe

A. Verfassungs- und konventionalrechtliche Grundlagen der Sterbehilfe

I. Recht auf Leben

1

Das in Art. 2 Abs. 2 GG garantierte personale Freiheitsrecht der körperlichen Integrität (Leben und körperliche Unversehrtheit) ist von fundamentaler Bedeutung, da das Leben eine Voraussetzung für die Ausübung aller Freiheitsrechte darstellt.[2] Die staatliche Schutzpflicht für das menschliche Leben gilt jedoch nicht absolut und unbeschränkt; als positives Tätigkeitsrecht hängt sie von den jeweils bestehenden Umständen ab, wodurch dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum, abgesteckt durch die Grenzen des Untermassverbotes, eingeräumt wird.[3] Dadurch kann den Besonderheiten der Sterbehilfe Rechnung getragen und ein dem Lebensschutz entgegenstehendes Autonomieinteresse berücksichtigt werden.[4] Um eine Kollision zwischen Wesensgehaltsgarantie (Art. 19 Abs. 2 GG) und Eingriffsermächtigung (Art. 2 Abs. 2 S. 3 GG) zu vermeiden, lässt sich Art. 19 Abs. 2 GG in Bezug auf das Leben nur in einem generellen, institutionellen Sinne verstehen.[5] Dadurch bleibt Raum für eine Abwägung der im Einzelfall konkret bestehenden Interessen, insbesondere zwischen Lebensgarantie, Menschenwürde und Selbstbestimmung.[6] Ein Recht auf die Beendigung des eigenen Lebens kann aus dem Recht auf Leben jedoch nicht abgeleitet werden; so ist ein Recht auf Selbsttötung jedenfalls von Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG nicht umfasst.[7] Diese Entscheidung ist vielmehr Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG.[8] Zwar besteht aufgrund von Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG eine Schutzbefugnis des Staates, die Freiheit des Betroffenen aus gewichtigen Gründen einzuschränken, jedoch kommt der Entscheidungsfreiheit des Betroffenen grosses Gewicht zu.[9] Der objektive Wertgehalt des „Rechts auf Leben“ darf nicht gegen die Selbstbestimmung des Grundrechtsträgers ausgespielt werden.[10]

2

Art. 2 EMRK schützt, wie auch Art. 6 UNO-Pakt II, ebenfalls das Recht auf Leben; aus Art. 2 EMRK kann kein Recht zu sterben und ebenso wenig ein Recht auf Selbstbestimmung im Sinne eines Rechts auf Entscheidung für den Tod anstelle des Lebens abgeleitet werden.[11] Der Staat muss somit gemäss Urteil Pretty vs. United Kingdom die aktive Sterbehilfe nicht zulassen – (ausdrücklich) offen gelassen wurde die Frage, ob er sie zulassen darf.[12] Bei der Auslegung von Art. 2 EMRK sollte der durch die Rechtsprechung des EGMR herausgebildete konventionsrechtliche Menschenwürdeansatz[13] miteinbezogen werden – dies in dem Sinne, dass sich der Ausdruck „deprivation of life“ im Hinblick auf bestimmte Fälle systematisch und teleologisch reduzieren lässt.[14] Bei der passiven Sterbehilfe hingegen liegt keine gezielte Lebensbeendigung vor, sondern lediglich die Nichtaufnahme lebenserhaltender Massnahmen durch einen Dritten, weshalb durch die Möglichkeit des Behandlungsverzichts keine staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 EMRK verletzt wird.[15] Auch der Abbruch lebenserhaltender Massnahmen wird durch die h.L. hier eingeordnet, obwohl dies strittig ist.

II. Menschenwürde

3

Verfassungswidrig sind Eingriffe in Leben oder körperliche Unversehrtheit, wenn sie die von Art. 1 GG geschützte Menschenwürde verletzen; nicht jede Tötungshandlung berührt oder verletzt aber die Menschenwürde, sondern vielmehr kann sich ein Verstoss nur aus den konkreten Umständen der Eingriffshandlung ergeben.[16] Damit stellt etwa die Beendigung des eigenen Lebens in Form einer Selbsttötung aufgrund eines selbstverantwortlichen freien Willensentschlusses keinen Verstoss gegen die Menschenwürde dar, sondern findet vielmehr in ihr eine Grundlage.[17] Die Menschenwürde umfasst auch das Recht, am Lebensende über die Einleitung oder Fortsetzung lebensverlängernder Massnahmen zu entscheiden.[18] Dasselbe gilt für die Verabreichung schmerzlindernder Medikamente an einen Todkranken oder Sterbenden, deren unvermeidliche, aber auch unbeabsichtigte Folge ein früherer Todeseintritt ist (sog. indirekte Sterbehilfe).[19] Da die Menschenwürde dann verletzt ist, „wenn der konkrete Mensch zum Objekt, zu einem blossen Mittel, zur vertretbaren Grösse herabgewürdigt wird“[20], ist nicht erstaunlich, dass gerade die Menschenwürde als Argument für eine Entkriminalisierung der Sterbehilfe angeführt wird, da gerade durch die Respektierung des Sterbewunsches und damit der Selbstbestimmung das Individuum nicht als beliebiges Objekt behandelt wird.[21]

4

In der EMRK findet sich der Begriff der Menschenwürde nicht, wobei das Folterverbot gemäss Art. 3 EMRK, das Verbot von Sklaverei und Zwangsarbeit gemäss Art. 4 Abs. 1 EMRK sowie das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäss Art. 8 EMRK als Konkretisierung des Menschenwürdesatzes verstanden werden.[22] Auf der Basis dieser Normen wurde mit der Rechtsprechung des EGMR ein konventionsrechtlicher Menschenwürdeansatz herausgebildet und mit der Entscheidung Pretty vs. United Kingdom nochmals präzisiert: Art. 3 EMRK verbietet Handlungen, welche es an „Achtung für die Menschenwürde fehlen“ lassen.[23] Wenn sich die Schmerzen und Qualen einer sterbenden Person nicht auf eine „Behandlung“ i.S.v. Art. 3 EMRK zurückführen lassen, kann die Vorschrift zwar nicht direkt angewendet und deshalb dem Staat nicht die Verpflichtung auferlegt werden, ärztliches Handeln mit dem Ziel, Menschen gemäss deren Willen von als menschenunwürdig empfundenen Schmerzen und Qualen zu befreien, zuzulassen, jedoch solches Handeln immerhin legitimiert werden.[24]

III. Selbstbestimmungsrecht

5

Das Recht zur individuellen Selbstbestimmung gemäss Art. 2 Abs. 1 GG ist Ausdruck der menschlichen Würde und bezieht sich auf die Eigenverantwortlichkeit in Lebensentscheidungen und den Kern individueller Selbstdarstellung des Einzelnen nach aussen.[25] Die selbstbestimmte Ausgestaltung des Lebens umfasst auch das Recht auf ein selbstbestimmtes natürliches Sterben.[26] Daraus kann jedoch kein Recht abgeleitet werden, von einer anderen Person Hilfe beim Suizid einfordern zu können, da es sich um ein Abwehr- und nicht um ein Leistungsrecht handelt.[27] Obwohl der Staat somit nicht verpflichtet ist, Sterbehilfe selbst zu gewähren, ist es ihm aber verwehrt, bestehende Hilfsmöglichkeiten unverhältnismässig einzuschränken – dies wäre etwa der Fall, wenn die Hilfe zu einem freiverantwortlichen Suizid pauschal unter Strafe gestellt würde.[28] In Extremfällen kann ein Recht auf eine tödlich wirkende Dosis einer Arznei zum schmerzlosen Suizid bestehen.[29]

6

Bei der Frage, ob lebensverlängernde Massnahmen eingeleitet oder fortgesetzt werden sollen, ist der ernsthafte, gegebenenfalls auch antizipiert erklärte Patientenwille unbedingt zu respektieren.[30] Daraus folgt, dass die passive Sterbehilfe somit nicht nur erlaubt, sondern auch geboten ist, sofern der Patient eine Weiterbehandlung nicht wünscht – dies auch gestützt auf die Garantie der körperlichen Unversehrtheit, welche durch jede ärztliche Heilbehandlung beeinträchtigt wird.[31] Diesbezüglich setzt sich die individuelle Autonomie gegen einen verabsolutierten Lebensschutz durch.[32] Die palliativ-medizinische Behandlung zielt ebenfalls auf die Wahrung der körperlichen Unversehrtheit ab, weshalb bei der indirekten Sterbehilfe ungeachtet der rechtlichen Einordnung als Form der aktiven Sterbehilfe kein verfassungsrechtlich relevanter Eingriff in das Lebensrecht vorliegt, somit das Recht auf physische Integrität im Sinne der Freiheit von Schmerzen Vorrang geniesst.[33] Die h.M. lehnt hingegen die Einwilligung eines Sterbewilligen in die aktive Sterbehilfe durch einen Dritten mit Hinweis auf die Aufrechterhaltung des gesellschaftlichen Tötungstabus, die Vorbeugung gegen Missbrauchsgefahr und die Verhinderung von sozialem Druck auf Patienten und Ärzte ab.[34] Auf verfassungsrechtlicher Ebene wird argumentiert, dass Art. 2 Abs. 2, Art. 1 Abs. 3 GG einen Auftrag zum Schutz des Lebens und daher die Berechtigung zum Verbot der aktiven Sterbehilfe enthalte.[35] Das Rechtsgut Leben nehme in der Werteordnung der Verfassung insofern einen vorrangigen Platz ein.[36] Dem wird entgegengehalten, dass diese Konstruktion einer hierarchisch gestaffelten Werteordnung nicht nur auf verfassungsdogmatische Bedenken stösst, sondern gerade für das Strafrecht zu vereinfachend sei: Die Zulässigkeit der indirekten und passiven Sterbehilfe verdeutlicht, dass Ärzte keineswegs einem absoluten oder vorrangigen Lebensschutz verpflichtet sind, sondern andere medizinethische Prinzipien wie die Leidminderung oder Patientenautonomie zu berücksichtigen haben.[37] Das Verbot aktiver Sterbehilfe ist verfassungsrechtlich somit nicht geboten, sofern der Patient sie bei vollem Bewusstsein verlangt.[38] Im Hinblick auf die anerkannte Zulässigkeit der indirekten Sterbehilfe und deren Begründung erscheint ein absolutes verfassungsrechtliches Verbot der aktiven Sterbehilfe zudem im Ergebnis inkonsequent, da mit der Begründung des Verbots der aktiven Sterbehilfe, das Leben sei stets der höchste Verfassungswert und müsse absolut geschützt werden, selbst die Zulassung der indirekten Sterbehilfe nicht zu vereinbaren wäre.[39] Insbesondere in Fällen, in welchen dem Einzelnen aufgrund besonderer Umstände ein Weiterleben unerträglich ist, so etwa, wenn ein Schwerstkranker an unerträglichen Schmerzen leidet, welchen auch mit palliativmedizinischer Behandlung nicht adäquat begegnet werden kann, und er zum Tod von „eigener Hand“ objektiv nicht mehr in der Lage ist, kann das in § 216 StGB verankerte abstrakt-generelle Verbot der aktiven Sterbehilfe im Einzelfall zu unzumutbaren Härten führen.[40] In solchen Extremfällen kann der Zwang, weiterleben zu müssen, unverhältnismässig und somit grundrechtswidrig sein; vorgeschlagen wird deshalb etwa eine strafrechtsdogmatische Lösung auf der Rechtfertigungs- oder Verschuldensebene oder die Schaffung eines Ausnahmetatbestandes in § 216 StGB, wonach unter bestimmten materiellen, mindestens abstrakt formulierten Voraussetzungen die aktive direkte Sterbehilfe nicht strafbar oder sogar bereits nicht rechtswidrig wäre.[41]

7

Das Selbstbestimmungsrecht ergibt sich zudem aus Art. 8 EMRK sowie Art. 17 Uno-Pakt II; nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert Art. 8 EMRK auch ein Menschenrecht auf selbstbestimmtes Sterben, welches jedoch von den Konventionsstaaten eingeschränkt werden kann.[42] Das Recht eines Menschen zu entscheiden, wie und zu welchem Zeitpunkt sein Leben zu Ende gehen soll, ist demnach einer der Aspekte des Rechts auf Achtung seines Privatlebens.[43] Eine Einstellung der Behandlung wird dann als angezeigt erachtet, wenn der Patient eine Weiterbehandlung ablehnt.[44] Eine ärztliche Behandlung gegen den Willen des Patienten verletzt auch dann seine Rechte aus Art. 8 EMRK, wenn er durch den Behandlungsverzicht dem Sterben überlassen wird.[45] Gemäss Urteil des EGMR liegt in solchen Konstellationen im Behandlungsverzicht keine gezielte Lebensbeendigung, sondern lediglich der Abbruch von Massnahmen zur künstlichen Lebenserhaltung.[46] Durch die Möglichkeit des Behandlungsverzichts wird deshalb keine staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 EMRK verletzt.[47]

1. Abschnitt: Schutz von Leib und Leben › § 2 Sterbehilfe › B. Beginn und Ende des Lebens

B. Beginn und Ende des Lebens

I. Beginn des menschlichen Lebens

8

Das Strafgesetzbuch selbst bietet keinen vergleichbaren Anhaltspunkt für die Bestimmung des Zeitpunkts, ab welchem die Leibesfrucht als Mensch im Sinne der Tötungsdelikte anzusehen ist.[48] Es besteht jedoch weitgehend Einigkeit darüber, dass das Leben des Menschen für das Gebiet des Strafrechts mit dem Einsetzen des Geburtsvorganges beginnt.[49] Bei regulärem Geburtsverlauf ist nach herrschender Auffassung auf den Zeitpunkt des Einsetzens der Eröffnungswehen abzustellen.[50] Damit schützen die Tötungstatbestände nach §§ 211–216 StGB nicht „menschliches Leben“ schlechthin, sondern das Leben des existierenden Menschen in Abgrenzung zu dem von §§ 218 ff. StGB geschützten Leben des menschlichen Embryos.[51] Um dem Schutz von §§ 211 ff. StGB zu unterstehen ist lediglich erforderlich, dass das Kind zum Zeitpunkt des Geburtsbeginns unabhängig vom Leben der Mutter tatsächlich gelebt hat, sei es auch nur für kurze Zeit.[52] Die Lebensgarantie gemäss Art. 2 Abs. 2 GG verbietet es, den strafrechtlichen Schutz von der physischen oder psychischen Konstitution, von der Lebenserwartung oder Lebensfähigkeit oder von der gesellschaftlichen Wertschätzung abhängig zu machen.[53]

9

In diesem Zusammenhang ist auf das wenig geklärte Sonderproblem der Früheuthanasie, das Sterbenlassen von schwerstgeschädigten und unreifen Neugeborenen, Bezug zu nehmen. Eine gezielte aktive Tötung Neugeborener zur Erlösung von ihren Leiden wird analog zu sonstigen Fällen von Sterbehilfe für strafbar erachtet.[54] Eine lebensverkürzende Schmerzbehandlung (indirekte Sterbehilfe) ist demgegenüber zulässig.[55] In eng begrenzten und sorgfältig zu begründenden Sonderfällen soll zudem die passive Früheuthanasie unabhängig davon, ob der Tod des Neugeborenen unmittelbar oder erst geraume Zeit später bevorsteht, straflos bleiben.[56] Die Eltern des Neugeborenen sind rechtlich nicht befugt, über den lebensverkürzenden Behandlungsabbruch abschliessend wirksam zu entscheiden.[57] Es handelt sich somit bei der Therapieeinstellung um einen autoritativen Akt auf Basis einer qualitativen Bewertung des Lebens schwerst geschädigter Neugeborener.[58] Da das neugeborene Kind keinen Willen hat und auch ein mutmasslicher Wille nicht eruierbar ist, kann eine Behandlungseinstellung – faute de mieux[59] – lediglich über den rechtfertigenden Notstand zugelassen werden, wenn dadurch dem Kind schwerstes unabwendbares Leid erspart wird.[60] Bei der Notstandsabwägung sind ausschliesslich die eigenen Interessen des Rechtsgutträgers massgebend; Drittinteressen ökonomischer oder gesellschaftnützlich-eugenischer Art dürfen keine Rolle spielen.[61] Die Grundsätze der BÄK zur ärztlichen Sterbebegleitung (2011) definieren: „Bei „Neugeborenen mit schwersten Beeinträchtigungen durch Fehlbildungen oder Stoffwechselstörungen, bei denen keine Aussicht auf Heilung oder Besserung besteht, kann nach hinreichender Diagnostik und im Einvernehmen mit den Eltern eine lebenserhaltende Behandlung, die ausgefallene oder ungenügende Vitalfunktionen ersetzen soll, unterlassen oder beendet werden. Gleiches gilt für extrem unreife Kinder, deren unausweichliches Sterben abzusehen ist, und für Neugeborene, die schwerste zerebrale Schädigungen erlitten haben.“[62] Ein Behandlungsabbruch erscheint somit gerechtfertigt, wenn dem Neugeborenen ein Leben in ausweglosen Qualen bevorstehen würde und darüber hinaus, unter Bezugnahme auf den Sinn des ärztlichen Heilauftrags, wenn ein Ausbleiben der Fähigkeit zu jeglicher Wahrnehmung und Kommunikation zu prognostizieren ist.[63] Der Bundesgerichtshof hat bei Entscheidungsunfähigen in gewissen Fällen eine objektiv ausgerichtete Güterabwägung von Lebens- und Sterbeinteressen anerkannt, woran im Bereich der Früheuthanasie zurückhaltend angeknüpft werden kann.[64]

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9783811449664
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