Читать книгу: «Das Mysterium der Wölfe», страница 2

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Chris lässt sich davon aber nicht beirren: „Natürlich nicht! Bin ich etwa der Einzige, der sich darüber Gedanken macht?“ Definitiv nicht. Wir haben keinen blassen Schimmer, wie das Portal funktioniert. Das macht auch mich unruhig.

Plötzlich mischt sich Rachel ein: „Kyrion hat uns doch hierhergeschickt. Er würde nie zulassen, dass uns etwas geschieht. Ich vertraue ihm.“ Sie macht einen Schritt auf das Portal zu.

Chris beißt sich nervös auf die Unterlippe, während Logan nachfragt: „Willst du wirklich als Erste gehen? Ich kann das gerne übernehmen, wenn du willst.“ Auch Logan hat in unserer gemeinsamen Zeit gelernt, was Teamwork ist. Er hat riesige Fortschritte gemacht.

Rachel lächelt ihn jedoch herausfordernd an: „Wir Mädels haben mindestens genauso viel Schneid wie ihr.“ Sie wendet sich an mich. „Nicht wahr, Jess?“

Ich beginne zu lachen: „Ist doch klar! Zeig ihnen, wie man es macht, Rachel!“ Sie nickt mir entschlossen zu und springt in das Portal. Weg ist sie. Binnen des Bruchteils einer Sekunde ist sie verschwunden.

Chris wirkt besorgt: „Ob es ihr gut geht?“

„Da gibt es wohl nur eine Möglichkeit, um das rauszufinden, nicht wahr?“ Plötzlich packt Logan Christopher.

Dieser wehrt sich augenblicklich: „Was machst du denn da? Hör auf damit! Ich warne dich! Logan? Logan!“

„Auf geht's!“ Mit diesen Worten schubst Logan Chris mit wenig Mühe in das Portal. Man hört ihn noch kurz schreien, aber als er verschwindet wird es schlagartig still. Nun beginnt Logan lautstark zu lachen. „Feigling!“ Dann springt auch er ohne weitere Worte in das Portal.

Jake grinst mich an: „Ladies first.“ Mit einer übertrieben höflichen Geste lässt er mir den Vortritt.

Ich nicke entschlossen: „Wir sehen uns auf der anderen Seite.“

Kapitel 2

Zweifel im Kristallwald

Die Landung hätte definitiv sanfter sein können. Ich bin aus mehreren Metern Höhe unsanft am Boden aufgekommen. Zum Glück waren zwischen mir und dem Waldboden Bäume und Äste, die mich gebremst haben, das macht die Sache jedoch nicht wirklich angenehmer. Nun sitze ich auf dem Boden und begutachte die Schrammen und blauen Flecken, die ich mir geholt habe.

Gerade kommt Rachel auf mich zugelaufen. Auch sie hat den einen oder anderen Kratzer abbekommen. „Kaum sind wir aus dem sicheren Tal hinaus, folgen bereits die ersten Verletzungen. Großartig.“

Ich zucke mit den Schultern: „Vermutlich werden solche Dinge nun auf dem Tagesplan stehen.“

Sie verschränkt die Arme: „Darauf kann ich gut verzichten.“

„Nicht nur du.“ Jake ist nun auch endlich hier. Wir scheinen alle am gleichen Ort gelandet zu sein. Fehlen nur noch Chris und Logan. „Alles in Ordnung? Die Landung war ziemlich hart.“

„Gut, ihr seid hier.“ Ich erschrecke, als plötzlich Logan hinter mir steht. Er klingt nicht so, als ob ihm irgendetwas wehtun würde. Aber warum sieht ihn Rachel so an?

Sie deutet auf Logans Gesicht: „Wie siehst du denn aus?“ Neugierig folge ich ihrem Zeigefinger und erkenne allmählich, worauf sie hinauswill.

Er selbst ist sichtlich irritiert: „Was denn? Ist irgendwas mit meinem Gesicht?“

Jake beginnt zu schmunzeln: „Du bist wohl auf der Nase gelandet, buchstäblich.“ Da besteht kein Zweifel. Logans Nase blutet und ist schief. Der Arme hat sich wohl die Nase gebrochen.

Ich versuche, ihn zu beruhigen: „Ach was, das merkt man kaum.“

Aber Rachel funkt sofort dazwischen: „Merkt man kaum?“ Sie wendet sich an Logan. „Das kann auf keinen Fall so bleiben! Wie sieht das denn aus?“ Jakes Grinsen wird immer breiter. Ich werfe ihm einen strafenden Blick zu, der ihn nur noch mehr schmunzeln lässt.

Logan wirkt unbeeindruckt: „Was willst du schon machen?“ Er zuckt mit den Schultern. „Ich kann damit leben.“

Rachel schüttelt den Kopf: „Aber ich nicht!“ Sie geht einen Schritt auf ihn zu. „Das kann doch nicht so schwer sein.“ Wie war das?

Unsicher geht Logan zurück: „Bleib mir bloß vom Leib!“ Nun bricht Jake endgültig in Gelächter aus. Ich selbst kann es mir nun auch kaum verkneifen. Der Anblick des großen, kräftigen Logan, der sich vor einer kleinen Blondine fürchtet, ist unbezahlbar.

„Vorsicht!“ Wir erstarren alle, als wir einen Schrei wahrnehmen.

„Was zum?“ Bevor Jake seinen Satz vollenden kann, wird er unterbrochen. Chris ist aus heiterem Himmel auf ihm gelandet. „Bist du wahnsinnig?“ Nun bin ich diejenige, die zu lachen beginnt.

„Hör auf damit! Nein!“ Logans panische Schreie lassen meine Aufmerksamkeit wieder zu ihm und Rachel wechseln.

Sie lässt wohl noch immer nicht locker: „Jetzt halt doch endlich still! Und sowas nennt sich Wolf!“ Logan steht vor einem Baum und kann nicht mehr zurückweichen. Dies stellt sich als Vorteil für Rachel heraus, die hartnäckig nach seiner Nase greift.

Verzweifelt sieht Logan zu uns, während er Rachel abwehrt: „Kann mir mal jemand helfen?“

„Hättest du wohl gerne!“ Rachel winkt Chris zu sich. „Komm her und halt ihn fest! Ein kleiner Handgriff und wir haben das.“ Etwas verdutzt folgt Christopher ihrer Anweisung.

Ich widme mich in der Zwischenzeit Jake: „Alles klar bei dir?“ Helfend reiche ich ihm die Hand, welche er sogleich ergreift.

„Ja, geht schon. Danke.“ Er streift sich den Dreck von der Kleidung und blickt kopfschüttelnd zu den anderen. „Das mit der Harmonie im Rudel habe ich mir ehrlich gesagt etwas anders vorgestellt.“

Ich zucke mit den Schultern: „Man kann nicht alles haben.“

„Autsch!“ War das Logan? „Verdammt nochmal!“ Mit beiden Händen vor dem Gesicht hält er sich die Nase, während Rachel zufrieden vor ihm steht und sich Chris langsam aus dem Staub macht.

Rachel ist stolz auf das Ergebnis: „Viel besser.“ Logan nimmt die Hände vom Gesicht. Seine Nase ist tatsächlich gerade. Sein Stolz hingegen wurde wohl etwas angekratzt.

Er wirft Chris einen finsteren Blick zu: „Verräter!“

Bevor die absurde Szene weitergeht, stelle ich mich zwischen die beiden und wende mich an die Gruppe: „Hat jemand eine Ahnung, wo wir sind?“ Die Aufmerksamkeit aller liegt nun auf der Umgebung.

Jake verschränkt die Arme: „Der Kristallwald ist das jedenfalls nicht, so viel steht fest.“ Wir befinden uns zwar in einem Waldgebiet, aber von Kristallen ist weit und breit nichts zu sehen. Es ist angenehm warm. Wir müssen im Süden des Landes sein.

Chris wirkt skeptisch: „Sind wir am falschen Ort gelandet? Das wäre alles andere als hilfreich.“

„Das glaube ich nicht.“ Sofort sind alle Blicke auf Jake gerichtet. „Kyrion hat uns zum Portal geschickt. Er würde alles tun, damit wir an der richtigen Stelle landen. Ich vertraue ihm. Wir sind bestimmt richtig.“

Ich beschließe, ihm unter die Arme zu greifen: „Ich stimme Jake zu. Vermutlich sind wir nur ein wenig vom Kurs abgekommen. Der Kristallwald muss ganz in der Nähe sein. Suchen wir danach!“ Jake lächelt dankbar.

Doch Rachel konnte ich nicht überzeugen: „Mag schon sein, dass wir uns in der Nähe befinden, aber wie soll es weitergehen? Wir haben keine Ahnung, in welche Richtung wir gehen müssen.“

Logan fährt fort: „Kyrion kann uns leider auch nicht mehr helfen.“

Chris schaut sich um: „Vielleicht können wir nach dem Weg fragen. Wenn wir Glück haben, ist irgendjemand in der Nähe.“ Das wage ich zu bezweifeln. Langsam gehen uns die Optionen aus. Was sollen wir bloß tun? Erwartungsvoll schaue ich zu Jake, der grübelt. Es ist Zeit für eine Entscheidung unseres Anführers.

Diese folgt sogleich: „Wie es aussieht, haben wir keine andere Wahl. Wir müssen suchen. Zum Glück sind wir zu fünft. Wenn wir uns aufteilen, wird die Suche deutlich schneller vorangehen.“

Rachel fragt nach: „Und wonach sollen wir Ausschau halten?“

„Achtet auf Auffälligkeiten jeglicher Art. Jede noch so unwichtige Kleinigkeit könnte bereits hilfreich sein. Also merkt euch alles, was ihr gesehen habt. Wir treffen uns in einer Stunde wieder hier.“ Er blickt entschlossen durch die Gruppe. „Noch irgendwelche Fragen?“ Keiner meldet sich. „Gut, dann macht euch auf den Weg!“ Auf Jakes Kommando hin verwandelt sich einer nach dem anderen in Wolfsgestalt und meine Freunde verschwinden der Reihe nach in unterschiedliche Richtungen. Jake macht seine Sache gut. Ohne lange zu fackeln hat er das Ruder übernommen und uns Anweisungen gegeben. Ich scheine wohl nicht die Einzige zu sein, die in den letzten Monaten viel gelernt hat.

Nichts, rein gar nichts! Echt deprimierend. Ich bin mit Sicherheit länger als eine Stunde unterwegs gewesen. Obwohl ich eine so große Fläche abgesucht habe, ist mir nichts aufgefallen. Alles hier scheint normal zu sein, wie in jedem anderen Wald. Das Gebiet ist riesig, aber von Kristallen ist nirgends etwas zu sehen. Hoffen wir mal, dass die anderen mehr Glück hatten.

Ich bin bald wieder an der Stelle, wo wir uns zuvor getroffen hatten. Mal sehen, wer von meinen Gefährten schon wieder zurück ist. Von weitem erkenne ich die drei Jungs, die am Boden sitzen. Rachel ist noch nicht unter ihnen. Ich gehe näher ran: „Wie sieht's aus? Habt ihr was gefunden?“ Ihren Gesichtern nach zu urteilen vermute ich nichts Gutes.

Chris ist der Erste, der sich meldet: „Fehlanzeige, keiner von uns hat auch nur irgendetwas entdeckt. Das Aufregendste war eine große Höhle, aber leider keine Kristalle darin.“ Ich hätte gehofft, dass wir erfolgreicher wären.

Ich sehe mich um: „Ist Rachel noch nicht hier? Vielleicht hat sie etwas entdeckt.“ Die Drei zucken teilnahmslos mit den Schultern. Nicht einmal Jake wirkt allzu begeistert. Ich ignoriere das und setze mich zu ihnen.

Logan verschränkt die Arme hinter dem Kopf und lässt sich zurück ins Gras fallen: „Fängt ja gut an. Wir schaffen es nicht mal, den ersten Standort ausfindig zu machen.“ Trotz allem glaube ich, dass wir etwas übersehen. Kyrion hätte uns nicht ohne guten Grund in dieses Gebiet geschickt.

„So ein Mist!“ Rachel scheint nun auch endlich wieder da zu sein. „Außer Laub und Ästen gibt es hier gar nichts! Zum Verrücktwerden!“ Die Frage, ob sie etwas gefunden hat, hat sich nun auch erübrigt.

Chris schüttelt enttäuscht den Kopf: „Und wie soll es jetzt weitergehen?“ Plötzlich knurrt sein Magen. Rachel, Logan und ich grinsen uns an, während Chris das gekonnt ignoriert.

Jake hingegen reagiert gleich: „Dir geht wohl langsam die Energie aus, hm?“ Christopher verschränkt beleidigt die Arme. „Wir sollten auf die Jagd gehen und den Kopf freikriegen. Vielleicht fällt uns danach eine Lösung ein.“

Wir stimmen mit einem kollektiven Nicken zu. Dann begeben wir uns tiefer in den Wald. Ich bin mir sicher, dass uns die Jagd auf andere Gedanken bringen wird. Das haben wir auch bitter nötig. Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt. Ich hoffe bloß, dass wir den Kristallwald so schnell wie möglich finden.

Ich liebe mein bequemes Bett. Hoffentlich lässt uns Kyrion heute etwas länger schlafen. Das Frühstück können wir ruhig mal auslassen. Ich bin sowieso noch so voll von der Jagd. Moment mal? Jagd?

Mit einem Satz springe ich auf und lande sicher auf beiden Beinen. Mir wird kurz schwarz vor Augen. Als meine Sicht wieder klarer wird, bestätigt sich meine Vermutung. Ich habe geträumt. Wenn ich mir die anderen so ansehe, hatten auch sie den Schlaf dringend nötig. Sie alle liegen am Boden und rühren sich nicht. Es ist mittlerweile stockdunkel hier draußen und die Sterne leuchten vom Himmel.

Plötzlich höre ich, wie sich neben mir jemand rührt: „Na, auch schon wach?“ Ich lächle Jake an.

Dieser ist noch nicht ganz bei sich: „Was hast du gesagt?“ Ich fürchte mal, dass seine Ruhe gleich in Aufregung umschlagen wird, wenn er merkt, dass wir den halben Tag verschlafen haben.

„Ich fürchte, wir sind eingenickt.“ Meine Worte zeigen Wirkung. Jake ist plötzlich hellwach.

„Ach du meine Güte!“ Er springt auf und blickt hektisch durch die Gegend. Als er seinen Blick in den Sternenhimmel und auf den Mond richtet, wird es ihm wohl endgültig klar. „Es ist tatsächlich Nacht. Wie konnte uns das passieren?“

Ich klopfe ihm auf die Schulter: „Die Reise durch das Portal hat an unseren Kräften gezehrt. Dann noch die Suche nach dem Kristallwald und die Jagd, da kommt schon einiges zusammen.“ Obwohl er zu verstehen scheint, dass unsere Müdigkeit zu erwarten war, ist er sichtlich unglücklich.

Kopfschüttelnd krallt er seine Hände in die Haare: „Als ob wir nicht schon genug Zeitdruck hätten! Wir müssen auch noch verschlafen! Das ist so typisch für uns!“

„Geht das auch leiser?“ Dass das gerade von Chris kommt, war zu erwarten. Ich muss kichern.

Jake hingegen findet das nicht lustig: „Du hast lange genug geschlafen! Wir haben viel zu viel Zeit vertrödelt!“ Bei dem Gebrüll werden auch Rachel und Logan wach, die unsicher zu Jake hochblicken.

Chris versucht, ihn zu beruhigen: „Komm mal runter, wir haben den Schlaf dringend benötigt.“ Rachel und Logan tauschen verwirrte Blicke aus.

Ich stimme Chris zu: „Er hat vollkommen recht, Jake. Ist doch halb so schlimm. Wir holen die verlorene Zeit wieder auf.“

„Wie denn? Wir haben keinen einzigen Anhaltspunkt! Außerdem sind uns unsere Gegner meilenweit voraus! Das ist doch alles Wahnsinn!“ So habe ich Jake noch nie erlebt. Er ist total außer sich. Was ist bloß los mit ihm?

Chris mischt sich wieder ein: „Jetzt beruhige dich doch mal.“

Jake unterbricht ihn sofort: „Ich bin ruhig!“ Plötzlich zuckt er zusammen. Sein eigenes Gebrüll scheint ihn erschrocken zu haben. Kein Wunder. Mittlerweile dürfte der halbe Wald wach sein. Schnell dreht er sich um. Schnurstracks und ohne weitere Worte geht er in den Wald, allein.

Logan schüttelt verwirrt den Kopf: „Was ist denn mit dem los? Hat er nicht mehr alle Tassen im Schrank, oder steigt ihm das Ganze zu Kopf?“ Ich tippe auf zweiteres.

Rachel wirft mir einen besorgten Blick zu: „Irgendjemand sollte mal mit ihm reden. Der Arme scheint völlig fertig zu sein.“ Ich nicke nachdenklich, als ich merke, dass alle plötzlich mich ansehen.

„Warum seht ihr mich an?“ Ihre Blicke haften weiter auf mir.

„Als ob du das nicht wüsstest.“ Christophers Tonfall gefällt mir gar nicht. „Du hast eine besondere Verbindung zu Jake, das weißt du doch.“ Besondere Verbindung? So ein Unsinn! „Außerdem kennst du ihn am längsten und er ist dein bester Freund, oder etwa nicht?“

Rachel unterstützt ihn: „Komm schon, Jess! Jetzt rede endlich mit ihm!“

„Okay, okay! Ich mach es ja!“ Ich atme tief durch. „Gebt mir ein paar Minuten.“ Die Drei nicken eifrig. Dann mache auch ich mich auf in den Wald und folge Jakes Fußspuren.

Sie haben recht. Ich bin seine beste Freundin und sollte eigentlich die Erste sein, die ihm helfen will, aber ich weiß nicht recht. In den letzten Monaten hat sich etwas geändert. Wir haben immer so viel Zeit mit dem Training verbracht, dass Jake und ich nur noch wenig Zeit hatten, um mal wieder allein zu sein. Wir haben uns voneinander distanziert, ohne uns darüber im Klaren zu sein. In Momenten wie diesen wird mir das klar.

Das Rudel ist in den letzten Monaten immer mehr zusammengewachsen, parallel dazu haben sich Jake und ich leider immer weiter voneinander entfernt. Ich habe die ganze Zeit gehofft, dass es auf dieser Reise wieder wird wie früher, als wir zu Kyrion aufgebrochen sind. Das war die schönste Zeit meines Lebens. Ich weiß noch genau, wie ich mich damals gefühlt habe, als Jake in die Klasse kam und sich neben mich setzte.

Damals hätte ich nie gedacht, dass wir mal so gute Freunde werden würden. Als ich dann aber erfahren habe, dass er ein Wolf ist, hat sich alles geändert. Wir sind zusammengewachsen. Er hat sich immer um mich gekümmert. Wir waren unzertrennlich. Was ist, wenn das nun nicht mehr so ist, oder noch viel schlimmer, wenn das nie wieder so sein wird?

Da ist er. Jake sitzt auf einer kleinen Lichtung auf einem Felsen und starrt in den Himmel. Er erinnert mich an mich selbst, als ich kurz davor war, das Rudel zu verlassen. Hoffentlich hat er nicht denselben Gedanken wie ich damals.

Ich trete auf einen Ast. Jake zuckt kurz zusammen, dreht sich aber nicht um: „Wieso bist du hier, Jess?“ Er weiß genau, dass ich es bin. Hätte mich auch gewundert.

Ich gehe näher an ihn heran, bis ich neben ihm stehe: „Wie geht's dir?“ Er wendet seinen Blick nicht vom Himmel ab.

„Was willst du hier? Geh bitte wieder zurück zu den anderen. Ich will allein sein.“ Seine Niedergeschlagenheit steckt mich an. Irgendetwas belastet ihn enorm.

Also denke ich gar nicht daran zu gehen: „Glaub mir, in so einer Situation allein zu sein, ist nicht gut für dich. Ich spreche aus Erfahrung.“ Er reagiert nicht. „Was liegt dir auf dem Herzen?“ Plötzlich rückt Jake etwas rüber und macht mir Platz auf dem Felsen. Ich setze mich neben ihn.

Er hat seinen Blick noch immer starr in den Himmel gerichtet: „Sind die anderen sauer auf mich? Ich habe mich ziemlich daneben benommen.“ Sein schlechtes Gewissen plagt ihn, typisch Jake.

Ich schüttle den Kopf: „Nein, im Gegenteil. Sie machen sich Sorgen. Genau wie ich. Was ist los, Jake? Irgendwas stimmt doch nicht.“

Nun blickt er zu Boden: „Ich weiß nicht, ob ich das alles hier schaffe. Wir haben eine so große und schwierige Aufgabe vor uns und ich bin der Anführer des Rudels. Ich bin für euch alle verantwortlich. Wenn irgendetwas nicht nach Plan läuft, dann trage ich die Schuld.“ Das ist es also. Er fühlt sich der Aufgabe nicht gewachsen. Woher kommen diese Zweifel so plötzlich?

Eines steht fest, ich muss ihm wieder Mut machen: „Wenn einer das alles hier schaffen kann, dann du. Jake, du hast bisher alles richtig gemacht. Ich habe immer schon zu dir aufgesehen und das nicht nur als Anführer, sondern auch als Freund.“ Auch wenn er mich nicht ansieht, lächle ich.

Seine Reaktion fällt anders aus, als erwartet. Er sieht mich nun zwar an, aber in seinem Blick ist noch mehr Niedergeschlagenheit als zuvor: „Das meinst du doch nicht wirklich so.“ Ich höre sofort auf zu lächeln.

Schockiert und ungläubig frage ich: „Was? Wie meinst du das?“

Kopfschüttelnd meidet er erneut meinen Blick: „Was ist nur mit uns geschehen, Jess? Wir waren doch immer so eng miteinander verbunden, aber nun ist das anders.“ Also ist es auch ihm aufgefallen. Erstaunlich, wie sehr unsere Gedanken zusammenhängen. Er steckt mich mit seinen Gefühlen an. Ich fühle mich, als könnte ich sofort losheulen. Doch so sehr wir auch noch miteinander verbunden sind, es hat sich etwas geändert.

Mit ähnlich trauriger Stimmlage nicke ich: „Ich weiß, was du meinst. Aber wieso? Ich kann es mir nicht erklären.“ Das stimmt so nicht ganz. Ich bin mir darüber im Klaren, dass es so ist, seit ich von meiner wahren Identität erfahren habe. Mir ist auch klar, dass ich zum Teil eine Schattenwölfin bin, Jake hingegen ist ein Lichtwolf. Wir beide sollten uns eigentlich nicht vertragen. Das ist es vermutlich, was momentan zwischen uns steht. Auch Jake weiß das. Ich sehe es ihm an. Etwas in ihm sträubt sich zutiefst gegen mich, genauso wie sich etwas in mir gegen ihn sträubt. Leider habe ich keine Lösung für das Problem.

„Ob es jemals wieder so wird wie früher?“ Gute Frage. „Ich weiß noch ganz genau, wie es war, jemanden gefunden zu haben, der mich so akzeptiert, wie ich bin. Es war einfach großartig. Schon seltsam.“

Ich frage nach: „Was meinst du?“

Jake zuckt mit den Schultern: „Anfangs wusstest du noch nicht einmal, dass ich ein Wolf bin, geschweige denn ein Lichtwolf. Du hattest selbst keine Ahnung, dass du eine Wölfin bist.“

Ich seufze: „Warum ist es eigentlich so wichtig, was wir sind? Alles war viel besser, als Licht und Schatten noch keine so große Rolle gespielt haben.“

Jake setzt fort: „Da waren wir einfach nur Jake und Jessica, ein unschlagbares Duo.“ Er hat ein bedauerndes Lächeln im Gesicht. Ich vermisse diese Zeiten genauso. Auf einmal sieht er wieder in den Himmel hinauf. „Wir sollten langsam zu den anderen zurückgehen. Die machen sich sonst noch Sorgen.“

Schulterzuckend betrachte nun auch ich den Mond und die Sterne: „Und was willst du ihnen sagen? Sie werden wissen wollen, was los ist.“

„Es ist wohl besser, wenn wir uns nichts anmerken lassen. Ich rede uns da schon raus.“ Jake steht auf und geht wieder in die Richtung, aus der wir gekommen sind.

Bevor ich aufstehe, habe ich noch eine Frage: „Jake?“ Er bleibt stehen. „Und was ist nun mit uns?“

Ohne sich umzudrehen, gibt er mir eine Antwort: „Ich weiß es nicht.“ Ich hatte mir mehr erwartet. Entschlossen und ohne sich viel anmerken zu lassen, geht Jake nun weiter. Ich folge ihm. Es wird schwierig, vor den anderen so zu tun, als ob nichts zwischen uns passiert wäre. Nun ist mir noch mehr zum Heulen zumute.

„Wo wart ihr denn so lange?“ Damit stellt Rachel die bereits erwartete Frage.

Jake zuckt mit den Schultern: „Wir haben ein geredet. Über dies und das. Hauptsächlich über die bevorstehende Reise.“ Lügner.

Dank Chris folgt die nächste Frage: „Und was ist dabei rausgekommen? Was ist nun los mit dir?“ Er sieht in mein niedergeschlagenes Gesicht. „Oder vielleicht sogar mit euch?“ Sofort reiße ich mich zusammen und versuche, etwas fröhlicher zu wirken.

Wieder übernimmt Jake die Antwort: „Was soll schon mit uns sein? Ich habe überreagiert und Jess hat mich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Mit uns beiden ist alles in Ordnung. Stimmt's, Jess?“ Die Art, wie er mich gerade anlächelt, bricht mir das Herz. Trotz allem muss nicken, damit man mir nichts anmerkt. Dieses gefälschte Lächeln fühlt sich wie ein Dolchstoß an.

Nun kommt Logan zu Wort: „Dann wäre das geklärt. Wir waren in der Zwischenzeit fleißig.“ Ich horche auf. Vielleicht können mich die Neuigkeiten etwas ablenken.

Rachel lächelt stolz: „Ihr glaubt nie, was wir entdeckt haben!“

Chris korrigiert sie: „Was ich entdeckt habe.“

Sie schüttelt genervt den Kopf: „Wie auch immer. Jedenfalls müsst ihr euch das ansehen! Folgt mir!“ Voller Enthusiasmus läuft Rachel voraus in den Wald. Ich muss zugeben, dass ich neugierig bin. Was sie wohl entdeckt haben? Also folge ich Rachel. Die Jungs gehen hinter mir her. Nach einem kurzen Stück bleibt Rachel stehen. Stolz grinst sie zu mir rüber und erwartet offensichtlich eine Reaktion, aber worauf? Ich sehe nichts Besonderes.

Jake, der nun bei mir steht, scheint auch nicht zu wissen, worum es hierbei geht: „Was ist es nun? Sind wir schon da?“

Logan nickt: „Ja, das sind wir. Es ist am Anfang noch etwas schwer zu erkennen, aber man sieht es schon.“ Ich verstehe noch immer nicht, worauf die Drei hinauswollen. „Seht doch mal auf den Boden vor euch.“ Was? Auf den Boden?

Verwirrt suchen Jake und ich den Waldboden vor unseren Füßen ab, aber wir können nichts finden. Ich schüttle daraufhin den Kopf: „Ich habe keine Ahnung, was...“ Halt, da ist doch etwas! Schnell beuge ich mich hinunter und schiebe das Moos, welches die vermeintliche Entdeckung umhüllt, zur Seite. Durch das Moos selbst leuchtet ein schwaches, weißes Licht hindurch. Als ich es beiseite räume, erstrahlt das Licht noch heller und langsam kommt etwas zum Vorschein. „Ein Kristall.“

„Wie war das gerade?“ Sofort beugt sich auch Jake über den weiß leuchtenden Kristall und staunt. „Tatsächlich! Das ist wunderbar! Wir haben endlich einen Anhaltspunkt gefunden!“ Irgendwie verletzt es mich, dass er schon wieder so lachen kann, aber ich muss mich zusammenreißen. Es gibt nun Wichtigeres.

Rachel deutet noch ein Stückchen weiter: „Seht euch genauer um, Leute! Das ist bei weitem noch nicht alles!“

Plötzlich tippt mich Jake an: „Schau doch, Jess!“ Er deutet auf eine leuchtende Stelle im Moos. „Und dahinter!“ Da ist noch eine! Wir haben endlich eine Spur. Wenn wir Glück haben, führt sie uns direkt zum Kristallwald.

Ich bin beeindruckt: „Das ist großartig, Leute! Wie konntet ihr das bloß entdecken? Ich hätte nichts gesehen, wenn ihr nichts gesagt hättet.“ Plötzlich grinsen sich Rachel und Logan schadenfroh an.

Chris beißt sich auf die Unterlippe und antwortet dann: „Ich bin gestolpert und ungünstig gelandet.“

Sofort setzt Rachel fort: „Wir mussten ihm einen Kristall aus dem Allerwertesten ziehen.“ Plötzlich brechen sie und Logan in lautem Gelächter aus, während Chris rot wird.

Jake klopft Chris mit einem Grinsen auf die Schulter: „Ich hätte nie gedacht, dass deine Tollpatschigkeit so nützlich sein würde, mein Freund.“

Christopher antwortet kleinlaut: „Man tut, was man kann.“

Rachel atmet tief durch, bevor sie weiterspricht. „Ich würde vorschlagen, dass wir dem Kristallpfad folgen.“ Den Blick auf den Boden gerichtet, bahnen wir uns also nun unseren Weg.

„Ich verstehe das nicht.“ Chris starrt kopfschüttelnd auf den Höhleneingang, vor dem wir uns befinden. „Als wir nach Anhaltspunkten gesucht haben, war ich schon mal hier, aber da ist mir nichts Merkwürdiges aufgefallen.“

Jake deutet auf die Kristalle: „Das wundert mich nicht. Am helllichten Tag sind die Kristalle kaum zu sehen.“ Es scheint so, als ob uns das Portal also doch an die richtige Stelle gebracht hat. Wir sind zwar nicht direkt im Kristallwald gelandet, aber wie es aussieht, sind wir nahe dran. Wenn ich den Höhleneingang genauer betrachte, bin ich mir sicher, dass wir richtig sind.

Auf dem Weg hierher sind die Kristalle in immer kürzeren Abständen aufgetaucht, je näher wir an die Höhle gekommen sind. Nun stehen wir vor einer durchgehenden Linie aus weißen Kristallen, die sich an der Höhlenwand entlang bis an die Decke ziehen und dort weiterverlaufen.

Rachel zuckt mit den Schultern: „Worauf warten wir noch? Gehen wir rein!“ Das lassen wir uns nicht zweimal sagen. Jake geht voraus. Wir anderen folgen ihm in die riesige Höhle.

Plötzlich tippt mich Chris an: „Glaubst du wirklich, dass wir hier zum Kristallwald kommen? Das ist eine Höhle. “ Daran habe ich auch schon gedacht.

Ich bleibe trotzdem zuversichtlich: „Bestimmt ist das nur ein Durchgang. In dem Wald befindet sich immerhin das Amulett der Zweifel. Es würde mich nicht wundern, wenn das Versteck an einem ungewöhnlichen Ort liegt.“

Nun gesellt sich auch Rachel dazu: „Was mich eher interessiert, ist der Wächter des Amuletts. Wisst ihr noch, was uns Kyrion kurz vor seinem Tod erzählt hat?“

Ich stimme ihr zu: „Ja, natürlich. Es scheint so, als müssten wir uns als würdig erweisen, um zum Amulett der Zweifel zu gelangen. Ich habe keine Ahnung, was uns erwartet.“ Diese Ungewissheit finde ich beängstigend.

„Interessant.“ Jake scheint etwas entdeckt zu haben. Wir anderen legen einen Zahn zu und sind bald bei ihm. „Der Weg scheint sich hier zu gabeln.“ Wir haben ein Problem. Vor uns teilt sich der Weg in drei Pfade und ich vermute mal, dass nur einer der Richtige ist.

Plötzlich ruft uns Logan zu sich: „Das solltet ihr euch ansehen!“ Er steht bei der Felswand und deutet auf einen Handabdruck auf der Wand. „Was haltet ihr davon?“

Chris geht näher ran: „Also entweder wollte sich da jemand verewigen, oder es hat etwas mit dem Weg zum Kristallwald zu tun.“ Da gibt es wohl nur eine Möglichkeit, um das rauszufinden.

Ich gehe zu dem Abdruck: „Lasst mich etwas versuchen. Ich habe eine Vermutung.“ Damals, als wir bei Miranda waren, gab es eine ähnliche Situation. Es könnte doch sein, dass auch hier ein Zauber auf der Wand liegt, der die Menschen davon abhalten soll, zu viele Informationen über unsere Rasse zu bekommen. Also drücke ich meine Hand in die dafür vorgesehene Stelle.

Rachel fragt nach: „Was machst du denn da, Jess?“

„Warte noch einen Moment.“ Die anderen scheinen auch nicht zu wissen, was das werden soll, aber ich bin mir sicher, dass es funktionieren wird. Leider tut sich nichts.

Chris wird ungeduldig: „Würdest du uns bitte erklären, was du vorhast? Ich glaube nicht, dass sich da noch etwas tut.“ Könnte es sein, dass ich mich irre?

Kopfschüttelnd nehme ich die Hand runter: „Ich verstehe das nicht. Das hätte doch eigentlich…“ Ich verstumme, als sich plötzlich doch etwas tut. Ein Schriftzug erscheint an der Wand.

Logan ist sichtlich erstaunt: „Woher hast du das gewusst, Jessica?“

Ich grinse ihn stolz an: „Ich habe damit schon meine Erfahrungen gemacht.“

Jake liest den Text laut vor: „Sei gegrüßt, Artgenosse! Dies ist der Weg zum Kristallwald. Du darfst passieren.“

Chris unterbricht: „Na, das ist doch mal was! Wie es aussieht, sind wir auf der richtigen Spur. Ich sag’s euch, das wird das reinste Kinderspiel!“ Wenn er sich da mal nicht irrt.

Jake setzt fort: „Aber gib Acht, Reisender! Der Weg zum Ziel ist nicht einfach. Drei Prüfungen werden zeigen, ob du dich als würdig erweist. Wenn du diese bestehst, wird dir der Weg zum Schatz offenbart. Rubin, Saphir und Smaragd werden deine Prüfer sein.“ Ende. Der Text verschwindet wieder von der Wand.

Christopher senkt enttäuscht den Kopf. „Wie gewonnen, so zerronnen. Klingt nach harter Arbeit.“

Rachel klopft ihm auf die Schulter: „Ist doch egal! Hast du nicht gehört? Der Weg zum Schatz wird offenbart! Das ist bestimmt das Amulett der Zweifel!“

Logan verschränkt nachdenklich die Arme: „Da magst du schon recht haben, aber das heißt noch lange nicht, dass wir das Amulett wirklich in die Finger bekommen. Wer weiß, wie diese Prüfungen aussehen werden? Das wird sicher kein Zuckerschlecken.“ Kyrion hätte das Amulett der Zweifel niemals ungeschützt im Kristallwald zurückgelassen. Was mich aber noch stutziger macht, ist der letzte Satz der Prophezeiung. Rubin, Saphir und Smaragd werden deine Prüfer sein? Passt zwar zu Kristallen oder Edelsteinen, ist meiner Meinung nach trotzdem seltsam.

„Seht mal da, Leute!“ Meine Gedanken werden von Jake unterbrochen. „An der Decke tut sich etwas!“ Er deutet nach oben, woraufhin wir unseren Blick auf die Höhlendecke richten. Die Kristalle an der Decke verändern sich. Merkwürdigerweise trifft das nur auf die zu, die sich im mittleren Gang befinden. Nach der Reihe färbt sich ein Kristall nach dem anderen rot.

Rachel starrt den mittleren Höhlengang entlang: „Nennt es weibliche Intuition, aber ich glaube, dass wir hier entlang müssen.“ Wir haben unseren Weg gefunden. Jake nickt uns zu und bildet diesmal das Schlusslicht. Er will wohl den Überblick behalten. Immerhin begeben wir uns auf unbekanntes Terrain und noch tiefer in die Höhle hinein. Wer weiß, was uns weiter hinten erwartet?

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9783754949955
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