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3.2.2 Das Ende des fächergegliederten Unterrichts – was nun?

Der überwiegende Teil der Lernenden und Lehrpersonen kannte bis dahin ausschliesslich in Fächer gegliederten Unterricht. Von der pädagogischen Eignung abgesehen, bezieht sich die Qualifikation der Lehrpersonen in dieser Art von Unterricht auf ihr Fachwissen und fachliches Können. Mit der Kompetenzorientierung werden die Fächer abgeschafft, der Unterricht orientiert sich nun an den Handlungskompetenzen. Diese grösste Veränderung bei der Einführung des neuen Bildungsplans stellte die Schulleitung vor die Frage, wie die fachspezifischen Inhalte in die Handlungskompetenzbereiche eingebettet werden konnten. Zusätzlich musste geklärt werden, wie das bisherige Fachpersonal an die neue Struktur des thematischen Unterrichts herangeführt werden konnte, denn für die Schulleitung war klar: Wir bauen auf den Ressourcen der bisher tätigen Lehrpersonen auf.


Abbildung 3-1: Projektorganisation

3.2.3 Wie soll die Lektionenzahl auf die im Bildungsplan definierten Leistungsziele verteilt werden?

Eine weitere Herausforderung bestand darin, die in der neuen Bildungsverordnung definierte Lektionenzahl auf die noch zu bestimmenden Lernthemen (vgl. Kapitel 4.2) zu verteilen. Die Lektionenzahl der allgemeinen (das heisst berufsfeldbezogenen) und berufsspezifischen Berufskenntnisse wurde bei der Revision abgeändert. Im Bildungsplan 2008 waren 360 Lektionen allgemeine und 240 berufsspezifische Berufskenntnisse zu unterrichten. Im neuen Bildungsplan war das Zahlenverhältnis genau umgekehrt. Somit mussten viele bisher den allgemeinen Berufskenntnissen zugeordnete Inhalte in die berufsspezifischen Kurse verschoben werden, mit den entsprechenden Konsequenzen auf Schulorganisation und Unterrichtsentwicklung.

3.2.4 Wie sieht die Umsetzung in den fünf Berufen aus?

Die BFS VWB hat den Auftrag, Gleisbauer/-innen, Grundbauer/-innen, Industrie- und Unterlagsbodenbauer/-innen, Pflästerer und Pflästerinnen und Strassenbauer/-innen EFZ und EBA zu unterrichten. Obwohl alle Berufe im Verkehrswegbau angesiedelt sind, liegt die Zuständigkeit für die fünf Ausbildungen bei verschiedenen Verbänden. Die grosse Herausforderung bei der Einführung des neuen Bildungsplans bestand darin, die Verantwortlichen jedes Berufs sinnvoll in die Projektumsetzung zu integrieren. Die BFS VWB stellte sich zur Verfügung, für alle Berufe dieselben Unterstützungsmassnahmen anzubieten. Dieses Angebot wurde unterschiedlich aufgenommen, die Einführung des Bildungsplans erfolgte deshalb nicht in jedem Beruf mit den gleichen Qualitätsansprüchen.

Als einzige interkantonale Berufsfachschule der Deutschschweiz im Verkehrswegbau hatte die BFS VWB ferner den Auftrag, mit den Ausbildungsverantwortlichen der Romandie und des Tessins zusammenzuarbeiten. Die strukturellen Unterschiede der Sprachregionen in der Berufsbildung verlangten beidseits ein grosses Mass an Flexibilität. So musste zum Beispiel der Schullehrplan mit Leistungszielen und Stundenverteilung mehrmals korrigiert und den Bedürfnissen der jeweiligen Sprachregion angepasst werden.

3.2.5 Welche Auswirkungen hat der Bildungsplan auf die Schulorganisation?

Bei der Projektplanung wurde schnell ersichtlich, dass die Einführung des neuen Bildungsplans Auswirkungen auf alle Bereiche der Schulorganisation haben würde. Bei der Projektanalyse wurden alle Leitungspersonen der Fachschaften und Abteilungen der BFS VWB miteinbezogen. Interessierte Mitarbeitende in allen Abteilungen leisteten parallel zu ihrem Normalpensum im grossen Umfang Zusatzarbeit, was sich entsprechend auf ihr Überstundenkonto auswirkte.

Im Folgenden ein paar Beispiele von Herausforderungen, die von den verschiedenen Funktionsträgern zu meistern waren:

Schulleitung

–Personalsituation: Kompetenzorientierung und Analyse der Qualifikationen der Lehrpersonen mit entsprechender Personalplanung

–Lektionentafeln: EFZ, EBA, Zweitausbildung (ZAB) und Nachholbildung (NHB) an die Vorgaben der Bildungsverordnung und an die Lernthemen anpassen

–Veränderung des Schulleitungsmodells: Abschaffung der Funktion «Leitung Fachschaften», neues Führungsmodell entwickeln

–Budget: Finanzielle Auswirkungen des Projekts berechnen

–Schulraum: Auswirkungen der Veränderungen auf den Schulraumbedarf erfassen – Schulraumplanung anpassen (inklusive Ausstattung der Schulräume ergänzen)

–Qualitätsmanagementkonzept überarbeiten

–u. v. m.

Abteilung Administration

–Stundenplan: Software für neue Stundenpläne anpassen

–Zeugnis: Neue Zeugnisstruktur aufbauen; Lernthemen pro Semester zuweisen; Lehrpersonen und Berufsbildner/-innen in Lehrbetrieben für die Handhabung der neuen Dokumente ausbilden

–Homepage und Formulare überarbeiten

–Administrative Abläufe überprüfen und anpassen

–Ausbildungen: Lehrpersonen und Berufsbildner/-innen auf Erneuerungen im administrativen Bereich vorbereiten

–u. v. m.

Abteilung Fachkurse (schulische Bildung)

–Neuaufbau aller Fachkurse auf der Basis des pädagogisch-didaktischen Konzepts (AVIVA-Modell)

–Förderkonzepte überarbeiten und neu auf Kompetenzen ausrichten

–Lehrmittel: Für alle Lernthemen neue Lehrmittel schaffen

–Unterrichtsmittel: Neues Unterrichtsmaterial für den themengegliederten Unterricht bereitstellen

–Lerndokumentation: Den Übergang von der Lern- und Leistungs­dokumentation zur neuen Lerndokumentation sicherstellen

–IT: Ein zukunftsorientiertes Konzept entwickeln und erste Schritte zur Realisierung einleiten

–Ausbildungen und Nachqualifikationen für Lehrpersonen planen

–u. v. m.

Abteilung überbetriebliche Kurse

–Neuausrichtung und Neuaufbau aller Kurse aufgrund des neuen Bildungsplans auf der Grundlage des neuen pädagogisch-didaktischen Konzepts

–Planung und Aufbau einer weiteren Halle zur Durchführung der üK

–Inhalte auf die neuen Themen der Fachkurse abstimmen

–Abschaffung des bisherigen Lehrmittels für die üK – sich an der Entwicklung des neuen Lehrmittels beteiligen mit den entsprechenden Konsequenzen für Kursinhalte und -gestaltung.

–Arbeits- und Anschauungsmaterial auf die neuen Lernthemen abstimmen

–Neue Hallen für üK: Planung und Aufbau

–u. v. m.

Fünf Berufsrichtungen

–Aufbau eines Netzwerks für den Austausch von Informationen und Unterrichtsmitteln

–Das pädagogisch-didaktische Konzept im eigenen Beruf umsetzen

–Aufbau der zweijährigen Grundbildung im Berufsfeld Gleisbau (Gleisbaupraktiker EBA)

–Personalrekrutierung zum Erstellen der neuen Unterlagen für die Fachkurse

–Vernetzen der berufsübergreifenden Handlungskompetenzen mit den Fachinhalten

–u. v. m.

3.2.6 Braucht es eine neue IT-Infrastruktur?

Die BFS VWB verfügt über Informatikzimmer und ein Lernatelier mit PCs. Die Schulzimmer sind mit Beamer, Visualizer und Lehrpersonen-Laptop mit Zugriff aufs Internet und auf den Unterrichtsserver ausgestattet.

Der kompetenzorientierte Bildungsplan mit der Neuausrichtung im pädagogisch-didaktischen Bereich erfordert eine gute Vernetzung der Lernorte. Die Lerninhalte sollen koordiniert werden, Lernende vertiefen ihr Wissen mit Vorbereitungs- und Nachbereitungsaufträgen, die Fachbereiche Allgemeinbildung und Berufskunde arbeiten enger zusammen.

Gemäss pädagogisch-didaktischem Konzept (vgl. Kapitel 4.1) ist der Unterricht methodisch differenzierter anzubieten. Bald zeigte sich, dass die IT-Infrastruktur angepasst werden musste. Im Unterricht werden zum Beispiel Vorbereitungsaufträge derzeit noch in Papierform abgegeben, die Lernenden bringen ihre Ergebnisse aber meist auf ihrem Handy gespeichert mit. Nur geübte und IT-gewandte Lehrpersonen können diese Resultate im Schulzimmer «sichtbar» und für den Unterricht nutzbar machen.

Der Projektleiter nahm die Einführung des Bildungsplans deshalb zum Anlass, den Einsatz der vorhandenen IT-Infrastruktur zu überprüfen und konzeptionell anzupassen. Die Arbeitsgruppe ICT entwickelte eine zukunftsweisende Strategie und ein Konzept, das eine sorgfältige und schrittweise Umsetzung ermöglicht. Dies umfasste auch die entsprechende Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen und des administrativen Personals.

Das ICT-Konzept gibt Auskunft über:

•die Ziele im ICT-Bereich;

•den aktuellen und zukünftigen Einsatz von ICT;

•die strategischen Schritte der Umsetzung und Weiterentwicklung;

•die zu treffenden Massnahmen für Sicherheit und Schutz der Daten;

•die ersten Schritte für die konkrete Umsetzung mit Kosteneinschätzung;

•die Evaluation der ICT-Entwicklung.

Das Konzept diente als Orientierungshilfe und Leitlinie für den Aufbau von Infrastrukturen und Kompetenzen im Bereich ICT an der BFS VWB. Folgende Ziele sollten und sollen mit dem ICT-Konzept erreicht werden:

•Die Lehrpersonen verstärken mit ICT ihre Zusammenarbeit (beruflicher Auftrag im Bereich Lehren und Lernen).

•Die Lehrpersonen nutzen ICT für einen didaktisch-methodisch differenzierten Unterricht (Bereich Lehren und Lernen).

•Das Lernen an den verschiedenen Lernorten wird dank ICT besser miteinander verknüpft (Bereich Lehren und Lernen).

•Die Lernenden nutzen ICT erfolgreich beim individuellen und kooperativen Lernen (Bereich Lehren und Lernen).

•Die Lernenden setzen ICT praktisch, verantwortungsvoll und gestaltend für ihre Ausbildung ein (Bereich Lehren und Lernen).

•Die Kommunikation zwischen Lernenden, Lehrbetrieb, Lehrpersonen, Administration und Schulleitung wird dank ICT gestärkt (Bereich Führen und Organisieren).

3.2.7 Mit welchen Kosten ist bei der Einführung des neuen Bildungsplans zu rechnen?

Nach zweijähriger Projektdauer erklärte der Schulleiter der BFS VWB: «Zu Beginn der Entwicklung des Bildungsplans im Jahr 2011 kannten wir aus heutiger Sicht ungefähr zwanzig Prozent des Arbeitsaufwands. Wenn wir gewusst hätten, was alles auf uns zukommt …» Die Kosten eines solchen Projekts sind grundsätzlich schwer vorauszusagen und zu berechnen, da bei jedem Projekt laufend geklärt werden muss, welche Inhalte in welcher Quantität und Qualität, zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Ressourceneinsatz realisiert werden sollen.

Ein Beispiel: Die fächerbezogenen Lehrmittel können im kompetenz­orientierten Unterricht nicht mehr eingesetzt werden. Es musste somit ein neues Lehrmittel entwickelt werden. Dieses Teilprojekt wurde mit Fachleuten geplant, die Kosten wurden berechnet, das entsprechende Budget wurde erstellt. Im Verlauf der Entwicklung der Lehrmittel mussten die unterschiedlichen Herangehensweisen aus den Fachbereichen und Berufsrichtungen aufeinander abgestimmt werden:

•Es musste geklärt werden, wie sich die Baupraxis sinnvoll im Lehrmittel abbilden lässt.

•Weil das Lehrmittel bei den berufsübergreifenden Berufskenntnissen in allen fünf Berufen eingesetzt wird, wurden Fachleute aus allen fünf Berufen miteinbezogen.

•Anschliessend galt es, die berufsspezifischen Kenntnisse jedes Berufs zu erfassen und in entsprechenden Themenheften darzustellen. Jede Berufsrichtung brachte unterschiedliche Voraussetzungen zur Erfüllung des Projektauftrags mit – mit Kostenfolgen, die nicht absehbar waren.


Beobachtungen
•Der Schulleiter der BFS VWB konnte das Arbeitsvolumen im Voraus nicht abschätzen. Aber ihm war bewusst, dass mit hohen Projektkosten zu rechnen war, da die meisten Teilprojekte in der BFS VWB erledigt werden mussten.
•Die Projektkosten wurden jährlich detailliert budgetiert und erfasst.
•Trotzdem musste im ersten Projektjahr ein Nachtragskredit beantragt werden.
•Folge: Der Schulleiter plante in den folgenden Budgets für den Personaleinsatz von Lehrpersonen und externen Fachleuten bewusst finanzielle Rückstellungen ein.
•Dank der Erfahrung des Schulleiters aus anderen Projekten und in der Betriebswirtschaft konnte der finanzielle Mehraufwand in den Folgejahren abgedeckt werden.

Rückblickend lässt sich folgendes Fazit ziehen:

•Die Einführung eines neuen Bildungsplans ist ein grosses Schulentwicklungsprojekt, das sich auf die Schulorganisation, die Personalentwicklung und die Unterrichtsentwicklung auswirkt und Veränderungen auslöst.

•Die Schulleitung muss im Projekt klar den Lead übernehmen und kommunizieren, welche Ziele zu welchem Zeitpunkt zu erreichen sind. Bei Unklarheiten oder Unstimmigkeiten ist klare Führung entscheidend.

•Die Schulleitung muss mit eindeutigen Aufträgen und Kompetenzzuteilungen im Sinne von Entscheidungskompetenzen arbeiten. Das schafft Klarheit und vermeidet unsachliche Diskussionen.

•Alle Berufsrichtungen sind paritätisch in die Arbeitsgruppen miteinzubeziehen.

•Die finanziellen Auswirkungen jedes grossen Schulentwicklungsprojekts sind nicht klar kalkulierbar. Die Erfahrung zeigt, dass die budgetierten Projektkosten oft überschritten werden und die Schulleitung entsprechende Rückstellungen tätigen muss.

•Die internen Arbeitsgruppen müssen von externen Fachleuten begleitet werden, denn die professionelle Aussensicht entschärft festgefahrene interne Debatten.

•Die Einsetzung einer internen Projektleitung entlastet die Schulleitung und schafft Akzeptanz bei den Mitarbeitenden.

•Diese Ausgangslage und die Chancen, die ICT bietet, muss die Berufsfachschule nutzen und für ein zeitgemässes und zukunftsgerichtetes ICT-Konzept umsetzen.

Strategisch und operativ ergaben sich aus diesen Überlegungen einschneidende Konsequenzen für die BFS VWB mit den zwei Lernorten BFS und üK:

•Das bisherige Lehr-Lern-Konzept musste überdacht und angepasst werden. Das neue Lernverständnis fordert von Lehrenden und Lernenden autonomes Lernen und eine eigenständige Kompetenzentwicklung.

•Zur Entwicklung der neuen Lehrmittel und der Umsetzung eines angepassten pädagogisch-didaktischen Konzepts setzte die Schulleitung Fachleute aus der Praxis ein, die zusammen mit Arbeitsgruppen aus der Berufsfachschule den Auftrag umsetzten.

Kompetenzorientierte Ausbildungsmassnahmen bedürfen eines besonderen methodischen Vorgehens bei der Ausgestaltung der «curricularen» Grundlagen des Unterrichts (vgl. Kapitel 4). Da die Unterrichtsgestaltung vom klassischen «Fächerfokus» und von den traditionellen Unterrichtsmethoden abweicht, ist auf zwei Aspekte zu achten:

•Einsatz entsprechender methodischer Steuerungsgrundlagen;

•aktive Begleitung des Veränderungsprozesses.


4 Methodische Steuerungsgrundlagen

Mit der Einführung des an Handlungskompetenzen orientierten Bildungsplans und der Abschaffung der Fächer musste auch das Unterrichtskonzept angepasst werden. Für eine solche Anpassung braucht es auch geeignete Steuerungsgrundlagen: ein pädagogisches Konzept und eine curriculare Struktur mit Lernfeldern.

Bisher war die Struktur des Unterrichts bei den Verkehrswegbauer/-innen durch die Fächer und die Verfügbarkeit der Lehrpersonen bestimmt. Im Zentrum des pädagogischen Konzepts standen Wissensvermittlung und lehrpersonenzentrierter Unterricht. Im Bildungsplan 2008 differierte der Stundenplan noch von Blockkurs zu Blockkurs, die Lektionenverteilung pro Fach und Kurs war unterschiedlich. Das Lernen war auf den jeweiligen Lernort fokussiert und erfolgte in der Regel ohne Verknüpfung mit den anderen Lernorten.

Ziel der beruflichen Grundbildung ist aber die kompetente Bewältigung von typischen Handlungssituationen in Beruf und Alltag. Wirksames Lernen in der beruflichen Bildung setzt eine funktionierende Lernortkooperation voraus. Diese wichtige Aussage hat uns bei der pädagogischen Neuausrichtung des Unterrichts ständig begleitet.


Für Theorieinteressierte
Kompetenzorientierung fordert für alle Lernorte, auch für die Berufsfachschule, neue Schritte in der Lehrplan- oder Curriculumsentwicklung. Die bewusste didaktische Gestaltung von Wissensaufbau und Wissenstransfer hat zentrale Bedeutung. Dabei richtet sich der Blick aber nicht mehr zuerst auf die Berufspraxis, wie bei der Erstellung des Kompetenzprofils, sondern auf die Ausbildungssituation. Die zentralen Fragestellungen sind die folgenden:
•Wie können die notwendigen Lernprozesse und entsprechenden Lernumgebungen didaktisch gestaltet werden, damit die geforderten Kompetenzen erreicht werden?
•Welche Inhalte sind notwendig, um die Anforderungen zu meistern?
•Welche Übungsanlagen braucht es, um die Fertigkeiten trainieren zu können?
•Welche Unterstützungsmassnahmen sind sinnvoll, damit das Gelernte in der konkreten Arbeitssituation umgesetzt werden kann?
Für die Steuerung der Lehrplangestaltung wird als Basis ein pädagogisches Konzept entwickelt. Die curricularen Strukturen werden dabei nicht mehr anhand von Fächern, sondern von Lernthemen aufgebaut.
Bevor nun die einzelnen Steuerungsinstrumente näher beleuchtet werden, eine kurze Begriffsklärung: Was ist der Unterschied zwischen einem Lehrplan und einem Curriculum?
Kron schreibt in seinem Handbuch «Grundwissen Didaktik», seit Comenius – ein Philosoph und Pädagoge aus dem 17. Jahrhundert – werde der Begriff Curriculum «zur Bestimmung eines Umkreises von Wissen bezeichnet, den Heranwachsende einer Gesellschaft durchlaufen, d. h. gelernt haben müssen, wenn sie für ihre gesellschaftlichen Tätigkeiten und Aufgaben vorbereitet sein sollen. Diesen Umkreis des Wissens gilt es zu lehren» (vgl. Kron, 2004, S. 200). Das Curriculum beschreibt also die Summe der Bildungsinhalte, die eine Generation von Menschen in einer Gesellschaft lernen soll – es beschreibt zum Beispiel, was in einer Gesellschaft als «Allgemeinbildung» gilt.
Davon abzugrenzen sind Lehrpläne, welche die Inhalte für eine bestimmte Zielgruppe bzw. Ausbildungsstufe beinhalten. Oft enthalten Lehrpläne auch Lernziele, Vorschläge für Methoden, Medien und Literatur (vgl. Kron, 2004, S. 201). Lehrpläne sind für die Lehrpersonen verpflichtend.
Wenn im Folgenden von Lehrplanentwicklung gesprochen wird, so wird die Beschreibung der Inhalte, Lernziele, Methoden und Medien fokussiert. Lehrpläne sind in diesem Sinne Instrumente zur Organisation einer Bildungsmassnahme in der Ausbildungsinstitution. Sie basieren einerseits auf weiteren Grundlagendokumenten, wie zum Beispiel Rahmenlehrplänen, Bildungsplänen oder anderen staatlich vorgegebenen Curricula. Andererseits setzen sie die normativen Grundlagen wie Leitbilder oder didaktische Konzepte der entsprechenden Institution und das darin formulierte Lernverständnis um.

In der Folge werden das pädagogische Konzept, an dem wir uns in unserem Reformvorhaben orientierten, und die Lernfeld-Systematik näher beleuchtet.

4.1 Pädagogisches Konzept

In der BFS VWB werden Fachkurse und überbetriebliche Kurse in Blockkursen angeboten. In der Regel besuchen Lernende in der EFZ-Ausbildung zwei Wochen den Schulunterricht und anschliessend eine Woche den überbetrieblichen Kurs. In der EBA-Ausbildung dauert der schulische Unterricht in der Regel eine Woche, gefolgt von einem überbetrieblichen Kurs von gleicher Dauer. Für diese Fachkurse und die üKs sollte also ein pädagogisch-didaktisches Konzept entworfen werden.

Parallel zum in diesem Buch dargestellten Reformprojekt wurde der ABU-Lehrplan des Kantons Luzern (Standortkanton der BFS VWB) überarbeitet. Die Einführung des neuen luzernischen ABU-Lehrplans war von der kantonalen Dienststelle auf denselben Zeitpunkt (Sommer 2014) terminiert. Die gleichzeitige Neuausrichtung der allgemeinbildenden und berufskundlichen Bildungspläne bot die Chance, das bestehende pädagogische Konzept komplett zu überprüfen und das Lernen als kooperative Aufgabe aller Ausbildungsverantwortlichen an allen drei Lernorten zu verbinden. Dabei liessen wir uns von den folgenden Überlegungen leiten:

•Die Schule hat den Auftrag, die Entwicklung der Lernenden zu kompetent Handelnden in Beruf und Alltag zu fördern. Aus diesem Grund muss der Unterricht vermehrt zum Ort aktiven Tuns und Lernens statt nur reiner Wissensvermittlung werden. Für die Unterrichtsgestaltung bedeutet dies: weg von der Dominanz des Frontalunterrichts hin zu mehr Selbsttätigkeit der Lernenden.

•Das selbstgesteuerte Lernen rückt ins Zentrum des Unterrichts. Der Lernerfolg der Lernenden ist der wichtigste Auftrag der Bildung. Der Unterricht wird auf die Lernenden zentriert. Die Rolle der Lehrpersonen ändert sich, sie werden von Wissensvermittlern zu Lerncoachs.

•Diese in der Fachliteratur verbreitet beschriebenen und in der Unterrichtspraxis bewährten Aspekte veranlassten uns dazu, ein auf die Bedürfnisse der BFS VWB zugeschnittenes pädagogisch-didaktisches Konzept als Leitlinie für das unterrichtliche Handeln zu schaffen. Dabei wollte sich die Projektleitung von erfahrenen Bildungsfachleuten der Sekundarstufe II unterstützen und begleiten lassen.


Für Theorieinteressierte
Bevor nun das pädagogisch-didaktische Konzept noch etwas näher beleuchtet wird, seien ein paar Hinweise zum Lernverständnis in der Kompetenzorientierung angeführt.
Grundlage der Kompetenzorientierung ist ein konstruktivistisches Lernverständnis, wie es zum Beispiel Rolf Arnold vertritt. Aber was bedeutet es, zu sagen, jeder Mensch «konstruiere» beim Lernen seine ganz eigene Sicht auf die Welt?
•«Zugänglich ist uns auch in Lernprozessen nicht die äussere Realität, sondern die Wirklichkeit, das, was in uns etwas bewirkt.»
•«Wir entdecken nicht eine vorhandene Welt, sondern wir erfinden Welten und erfinden auch uns selbst.»
•«Objektivität der Erkenntnis ist nicht möglich, wohl aber Intersubjektivität, d. h. Verständigung mit anderen.»
•«Lernen heisst nicht, Vorgegebenes abbilden, sondern Eigenes gestalten.»
•«Nicht lineare Kausalität bestimmt unsere Welt, sondern Wechselwirkung und Zirkularität.» (Arnold/Siebert, 1999, S. 89)
Die Aneignung von «Neuem» geschieht vor dem Hintergrund der je eigenen Biografie und Lebenswelt. Eine gegebene Information hat für unterschiedliche Personen nie genau dieselbe Bedeutung. Lernen ist ein selbsttätiger Prozess. Die Lehrenden haben die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, die selbst­organisiertes Lernen ermöglichen, und über die entsprechenden Lernarrangements eine gemeinsame Verständigung über die Bedeutung des Gelernten zu schaffen. In diesem Sinn findet im Rahmen von Bildungsmassnahmen gemeinschaftlich je individuelles, selbstorganisiertes Lernen statt (vgl. Arnold/Siebert, 1999, S. 89, 94).
Es stellt sich nun die Frage, wie eigentlich geeignete pädagogische Unterrichtskonzepte aussehen, die das eben skizzierte Lehrverständnis fördern. Idealerweise orientiert sich die methodische Umsetzung der Lernthemen – auch Lernfelder genannt – an einem pädagogischen Konzept der Ausbildungsinstitution, in dem die Grundlagen in Bezug auf den Aufbau, die Methoden und Zielsetzungen der Ausbildungsangebote festgehalten sind.
Ein pädagogisches Konzept kann folgende Bausteine beinhalten:
•pädagogische Leitlinien, welche die normativen Grundlagen für den Unterricht beschreiben;
•ein methodisch-didaktisches Konzept, das Aussagen macht über:
–Vor- und Nachbereitungssequenzen,
–Präsenzsequenzen,
–Einsatz von neuen Medien,
–Gestaltung des Transfers in die Praxis,
–Lernzielkontrollen.
Grundlage für die Ausgestaltung des Konzepts sind also zunächst pädagogische Leitlinien. Solche Leitlinien enthalten zum Beispiel Aussagen über:
•das pädagogische Selbstverständnis einer Institution,
•die Zielsetzungen der Ausbildungsangebote,
•das Verhältnis zwischen Lehrperson und Lernenden,
•die zentralen Unterrichtsmethoden,
•Qualitätsanforderungen.
Die folgende Grafik zeigt exemplarisch den Aufbau eines methodisch-didaktischen Konzepts und verweist damit auf die Fragen, die von diesem Konzept beantwortet werden müssen:
Abbildung 4-1: Exemplarischer Aufbau eines methodisch-didaktischen Konzepts
Für das didaktische Konzept selbst liefert die Klärung der folgenden Fragen wesentliche Grundlagen:
Wie bereiten sich die Teilnehmenden auf den Präsenzunterricht vor?
Wenn die zur Verfügung stehende Präsenzzeit optimal genutzt werden soll, ist es sinnvoll, einzelne Lernangebote ins Selbststudium zu verlagern. So erfolgt etwa im Rahmen der Vorbereitung eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Materie des Präsenzunterrichts. Damit wird sichergestellt, dass die Lehrpersonen an ein gemeinsames Vorwissen anknüpfen und sich mit eigenen Beispielen und Praxiserfahrungen auf die Vertiefung der Inhalte und das Training konzentrieren können.
Wie ist der Präsenzunterricht aufgebaut?
Kompetenzorientierter Unterricht zeichnet sich durch einen hohen Anteil von Trainings, Anwendungen und sozialem Lernen aus. Das bedeutet, dass die Lernenden die Möglichkeit bekommen, ihre Erfahrungen mit Kolleginnen und Kollegen auszutauschen, Fragen zu stellen, zu reflektieren, gemeinsam Probleme zu lösen, Tools und Werkzeuge einzusetzen usw. Ziel ist es, sie Schritt für Schritt an die Komplexität gegebener Praxissituationen heranzuführen. Durch einen angemessenen Methodenmix wird eine abwechslungsreiche Gestaltung des Präsenzunterrichts gewährleistet, zugleich wird der Vielfalt der Lernenden begegnet.
Wie wird die Umsetzung des Gelernten in die Praxis (= Transfer) unterstützt?
Unter Transfer ist grundsätzlich die Übertragung des in einer bestimmten Lernsituation Erlernten auf andere, mehr oder weniger ähnliche Situationen zu verstehen. Kompetenzorientierte Ausbildungsmassnahmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Lernprozess bewusst so steuern, dass schon während der Ausbildung der Transfer immer wieder erfolgt. Dies geschieht zum einen durch entsprechende Aufgaben während des Unterrichts, zum anderen durch Umsetzungen des Gelernten in die Praxis, die angeleitet und ausgewertet werden. Erfahrungen im Rahmen dieser Aufgabenstellungen und Lernfortschritte werden reflektiert und mit Kollegen und Kolleginnen, der Lehrperson oder der vorgesetzten Person besprochen.
Für den Lernprozess ist es einerseits wichtig, dass die konkreten Lernsituationen im Rahmen der Ausbildung immer komplexer und allgemeiner werden, damit die erworbenen Fähigkeiten in unterschiedlichen Situationen mit unterschiedlichem Komplexitätsgrad eingesetzt werden können. Anderseits zeigt sich, dass ein nachhaltiger Transfer in die Praxis Zeit braucht.
Wie werden die erarbeiteten Kompetenzen überprüft?
Ein wichtiger Schritt ist die regelmässige Überprüfung der Kompetenzen im Sinne eines Kompetenzchecks, einer Zwischen- oder Abschlussprüfung. Auf diese Fragen wird in Kapitel 7 näher eingegangen.

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199 стр. 50 иллюстраций
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9783035509076
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