Читать книгу: «Beutewelt VII: Weltenbrand», страница 4

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„He, Franky! Achilles, großer Held, großer Mörder, großer Psychopath! Freust du dich denn nicht, deinen alten Freund wiederzusehen?“

Irgendwann war Frank mit einem Schrei aufgewacht und hatte sich wimmernd an Julia geklammert. Dieses Traumgesicht war so unheimlich wie verwirrend gewesen. Außerdem wusste Kohlhaas, dass „Herr Irrsinn“ niemals auftauchte, wenn es dafür nicht einen handfesten Grund gab.

Die über eine gut verschlüsselte Verbindung abgehaltene Telefonkonferenz dauerte nunmehr schon fast zwei Stunden. Sowohl Artur Tschistokjow als auch Präsident Matsumoto hatten es diesmal für zu gefährlich gehalten, ihre Atombunker noch für einen persönlichen Staatsbesuch zu verlassen. Das Risiko, in einem Flugzeug vom Feind erwischt und abgeschossen zu werden, egal wie geheim man alles gehalten hatte, war inzwischen viel zu groß. Vor allem Tschistokjow war in den letzten Wochen immer paranoider geworden und sah überall Verräter, Spione und Attentäter, die ihn vergiften oder in die Luft sprengen wollten. Zwar wurde er rund um die Uhr von ADR-Mitarbeitern und einer großen Anzahl Leibwächter bewacht, doch änderte das nichts an seiner wachsenden Angst vor Mordanschlägen. Allerdings waren seine Sorgen auch nicht unberechtigt, denn die GSA versuchte, seinen Führungsstab mit allen Mitteln zu infiltrieren. Das Gleiche galt auch für Matsumoto.

„Sie haben unfassbares Leid angerichtet. Ich kann diese Grausamkeit noch immer nicht nachvollziehen. Was soll aus Japan werden, wenn sie nicht mit derartigen Angriffen aufhören? Wir können uns kaum verstecken! Es ist ein Alptraum, Herr Tschistokjow!“, übersetzte Matsumotos Dolmetscher.

Tschistokjow starrte auf den großen Bildschirm an der Wand und ging in seinem Büro auf und ab. Wilden und einige hochrangige Funktionäre der Freiheitsbewegung betrachteten ihn schweigend.

„Nehmen Sie Ihre neu entwickelten Tenshi Bomber und schlagen Sie zurück, Herr Präsident. Sie müssen es sofort tun, damit sich unsere Feinde keinen falschen Hoffnungen hingeben“, knurrte Tschistokjow.

Wenige Minuten später erhielt er die Antwort. „Ich kann es nicht verantworten, diesen Atombombenwahnsinn weiter mitzumachen. Nein, ich kann das einfach nicht.“

Wilden versuchte, etwas zu sagen und auch Verteidigungsminister Lossov meldete sich zu Wort, doch Tschistokjow würgte die beiden ab.

„Sie müssen es tun, sonst werden die Logenbrüder Japan ganz in Schutt und Asche legen! Verstehen Sie das denn nicht? Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen. Unsere Feinde sind in einigen bestimmten Metropolen konzentriert und diese Metropolen müssen wir ihnen jetzt nehmen!“

Akira Moris kreidebleiches Gesicht erfüllte den Bildschirm. Der Japaner erwiderte: „Wir sind uns noch immer nicht sicher, ob wir diesmal selbst Atombomben werfen sollen. Außerdem haben wir noch nicht viele der neuartigen Tenshi Bomber bauen lassen.“

„Übersetzen Sie das!“, schrie Tschistokjow seinen Dolmetscher an und dieser zuckte vor Schreck zusammen. Dann entgegnete er: „Wenn Japan nicht reagiert, werden wir es tun. Ein Angriff auf Japan ist ein Angriff auf uns – und jetzt kommt die Antwort! Auge um Auge! Etwas anderes versteht diese Verbrecherbrut nicht!“

Schließlich überließ Matsumoto seinem Außenminister das Reden; er wirkte, als ob er kurz vor einem völligen Nervenzusammenbruch stände. Bald saß er klein und niedergeschlagen am unteren Rand des Bildschirms und hielt sich den Kopf.

„Wir können es nicht genau abschätzen, wie sich die Situation nach einem nuklearen Gegenschlag entwickeln wird. Ein entfesselter Atomkrieg würde das japanische Volk an den Rand der Vernichtung bringen“, sorgte sich Mori. „Wir sind auf unseren Inseln gefangen und können hier nicht weg. Das ist bei einem Land wie Russland vollkommen anders, denn sie können dem atomaren Feuer aufgrund der Größe des Territoriums viel leichter entfliehen als wir.“

„Und was heißt das nun?“, grollte Tschistokjow.

„Präsident Matsumoto hat in den letzten Tagen noch einmal darüber nachgedacht, die Weltregierung um Frieden zu bitten“, fügte Mori hinzu.

Die Gesichtsfarbe des russischen Staatschefs wechselte innerhalb einer halben Minute von weiß zu rot.

„Das werden Sie nicht tun, Mori! Die werden keinen Frieden annehmen! Die wollen uns vernichten! Und die werden uns vernichten, wenn wir uns nicht wehren! Haben Sie das verstanden?“

Wilden eilte zu Tschistokjow und überreichte ihm ein Glas Wasser.

„Vielleicht haben Sie Recht, aber wir …“, stotterte der japanische Dolmetscher, doch der Anführer der Rus donnerte dazwischen.

„Zögern Sie nicht länger! Machen Sie die Tenshi Bomber startklar und schlagen Sie endlich zurück, Herr Matsumoto! Wenn Sie es nicht tun, dann tun wir es! Ich schwöre es, so wahr ich Artur Tschistokjow heiße!“

„Bitte beruhigen Sie sich wieder, Herr Präsident …“, mischte sich einer der Generäle ein, doch sein Chef winkte ab.

Matsumoto und Mori schwiegen. Sie sahen sich mit betretenen Mienen an, während ihr Bündnispartner vor sich hin wetterte und immer wütender wurde.

„Ich habe die Ziele für den atomaren Gegenschlag bereits ausgewählt. Halten Sie sich an unsere Vereinbarungen! Wir weichen nicht zurück! Niemals!“, fauchte Tschistokjow und sein Dolmetscher wischte sich den Schweiß von der Stirn, um dann zu übersetzen.

Der Anführer der Rus hatte Haruto Matsumoto gegen Ende des Gespräches noch mehrfach eindringlich darauf hingewiesen, dass das russisch-japanische Bündnis dem Gegner seine Entschlossenheit zeigen müsse. Schließlich hatte sich dieser schweren Herzens dazu überreden lassen, nun ebenfalls Gleiches mit Gleichem zu vergelten.

Während die Kämpfe in der Mandschurei und auf See weiter tobten und mehrere Hunderttausend GCF-Soldaten mittlerweile im Süden Japans an Land gegangen waren, gab der japanische Präsident seinerseits den Befehl, Städte an der nordamerikanischen Westküste mit Atombomben zu beschießen. Als Ziele hatte Artur Tschistokjow Los Angeles und San Francisco vorgeschlagen. Matsumoto hatte ihm letztendlich zugestimmt.

So erhoben sich am 09. Oktober 2051 vier hoch technisierte Tenshi Tarnkappenbomber, die von feindlichen Radaranlagen nicht geortet werden konnten, von Kobe aus in die Lüfte, um den beiden amerikanischen Großstädten die schreckliche Rache zu bringen. Es dauerte nicht lange, da hatten sie die Küste erreicht und entluden ihre tödliche Fracht. Acht Atombomben gingen auf Los Angeles und die umliegenden Gebiete nieder, vier weitere auf San Francisco.

Aus der Höhe konnten die Piloten der Maschinen die grellen Explosionen der Massenvernichtungswaffen aufblitzen sehen und innerhalb weniger Minuten fraß sich eine höllische Feuersbrunst durch Beton, Stahl und Fleisch. Über 7 Millionen Menschen wurden bei diesem Bombenangriff getötet, was Präsident Matsumoto schwere Gewissensbisse bescherte.

Artur Tschistokjow reagierte hingegen mit grimmiger Genugtuung und bemerkte, dass die Amerikaner jetzt endlich wüssten, was Krieg ist. Seine Reaktion zeigte, wie verbittert er inzwischen war und was dieser Krieg bereits aus ihm gemacht hatte.

Der russische Souverän hatte einen nuklearen Schlagabtausch niemals gewollt, aber schon an dem Tag, als er sich dazu entschlossen hatte, in die Politik zu gehen, war ihm tief im Inneren klar gewesen, dass gegen einen Feind wie die Weltregierung eines Tages nur die brutalsten Mittel erfolgreich sein würden.

Das war der Unterschied zwischen ihm und Präsident Matsumoto. Letzterer war ein japanischer Patriot, der lediglich das Beste für sein Land wollte, während Artur Tschistokjow ein weltanschaulicher Glaubenskrieger war, der die Zerschlagung der Weltregierung als eine unumgängliche Notwendigkeit betrachtete, um sein Volk, Europa und auch die übrige Welt vor dem Untergang zu bewahren. Demnach war er, auch wenn es ihm äußerst schwer fiel, diese harte Linie durchzuhalten, eher bereit, notfalls die gleichen rücksichtslosen Kampfmittel wie seine durch und durch skrupellosen Gegner einzusetzen.

Und der Kampf wurde immer grausamer und schrecklicher. Die Volksarmee der Rus befand sich im Süden Russlands mittlerweile in einem verzweifelten Abwehrkampf und versuchte, die belagerte Stadt Kiew unter allen Umständen zu halten. Im Zuge einer verlustreichen Gegenoffensive gelang es Tschistokjows Truppen schließlich, den Feind Mitte Oktober wieder über die Wolga zurückzutreiben.

An der sich zwischen der Slowakei und der Küste des Schwarzen Meeres erstreckenden Front sah es hingegen weniger gut aus, denn die GCF eroberte am 14.10.2051 Bratislava und stieß über Moldawien bis in die Ukraine vor.

Ähnlich bedrückend hatte sich auch die Lage in Ostdeutschland entwickelt, denn frische Streitkräfte aus Süd- und Nordamerika waren in Frankreich eingetroffen und rückten auf deutschen Boden vor. Die Truppen der Global Control Force, die von den britischen Inseln gekommen waren, hatten sich inzwischen bis nach Mecklenburg-Vorpommern vorgearbeitet und die Frontlinie der Volksarmee weiter nach Osten geschoben.

Hin und her

Der nukleare Gegenschlag des russisch-japanischen Bündnisses war für den Rat der Weisen Anlass genug, noch einmal kurzfristig zusammenzukommen, um die nächsten Schritte in diesem Krieg zu besprechen. Die Hartnäckigkeit ihrer Gegner hatte die hohen Herren in einen Zustand versetzt, der zwischen grenzenloser Wut und Verunsicherung schwankte. Doch wer sie kannte, dem war bewusst, dass sie sich auf Dauer auch von Millionen Toten nicht beeindrucken ließen. Zwar waren bei der Vernichtung von Los Angeles und San Francisco erneut Tausende der ihren getötet worden, darunter auch einflussreiche Film- und Medienbosse, doch waren das Kollateralschäden, die kompensiert werden konnten. Dennoch wirkte der Schock über den rücksichtslosen Gegenschlag auch unter den Weisen nach.

„Unsere Leute müssen die Metropolen und Großstädte aus Sicherheitsgründen verlassen. Das müssen wir ihnen endlich einschärfen“, sagte der Weltpräsident.

„Darauf dürften sie jetzt auch von selbst kommen. Die Atombombenabwürfe auf Los Angeles und San Francisco haben eine klare Sprache gesprochen und es gibt inzwischen keinen Zweifel mehr daran, dass Tschistokjow und Matsumoto ebenfalls keine Skrupel haben, ihre Atomwaffen gegen uns einzusetzen“, meinte der oberste Weise.

„Die Sache wird ernster, als wir gedacht haben“, sorgte sich ein anderes Ratsmitglied. „Was ist, wenn demnächst unsere anderen Zentren in Flammen aufgehen? Diese verfluchten Hunde wissen genau, wo unsere Macht und unsere Leute konzentriert sind.“

„Wir können es nicht ändern. Unsere Feinde wollen den totalen Krieg und den werden sie bekommen. Ich bin zu allem bereit. Wir haben genügend Atombomben in der Hinterhand. Die Sache geht gerade erst los!“, giftete der Weltpräsident und starrte den Bruder zornig an.

„Wir müssen nach wie vor zuerst Japan vernichten, um das feindliche Bündnis zu zerschlagen. Außerdem können wir dort mit unseren Atomwaffen den größten Schaden anrichten. Ein konzentrierter Beschuss der japanischen Inseln kann dort das ganze Volk ausrotten“, bemerkte ein ergrauter Herr am Ende des Tisches.

„Immer mit der Ruhe!“, mischte sich der Vorsitzende des Rates ein. „Vielleicht sollten wir uns zunächst doch wieder auf die konventionelle Kriegsführung konzentrieren. Japan ist auf dem Weg in die militärische Niederlage und auch die Truppen des Nationenbundes werden nicht mehr ewig gegen unsere Übermacht standhalten können. Ich bin da sehr zuversichtlich. Bevor wir den nächsten atomaren Schlagabtausch einleiten, kämpfen wir den Gegner erst einmal mit unseren konventionellen Streitkräften nieder. Wenn Tschistokjows und Matsumotos Armeen zerschlagen sind, dann können wir ihre Länder noch immer mit Nuklearwaffen verwüsten. Alles zu seiner Zeit.“

Der Weltpräsident stand von seinem Platz auf und tigerte durch den Raum. Schließlich drehte er sich den anderen Ratsmitgliedern mit einem kalten Lächeln zu.

„Der oberste Weise sieht die Lage vollkommen richtig. Wir haben viel Zeit, unsere Feinde langsam mit unseren Heeren auszubluten. Irgendwann bricht ihre Abwehr zusammen und sie werden immer hilfloser werden. Außerdem sind sie dann unserer Gewalt ausgeliefert und ich brauche niemandem zu sagen, was von Russland und Japan übrigbleiben wird …“

„Vielleicht hat unser Bruder Recht. Warten wir den weiteren Verlauf des Krieges einfach ab. Die japanische Offensive in der Mandschurei ist bereits fehlgeschlagen, unsere Truppen gewinnen überall an Boden. So lange unsere Feinde nicht mit Atomwaffen reagieren, können wir ruhig zusehen, wie sie langsam verrecken“, sagte ein Ratsmitglied.

„Bisher verläuft dieser Krieg weitgehend nach Plan. London, Los Angeles und San Francisco sind ärgerliche Verluste, aber sie sind zu verkraften. Matsumoto scheint übrigens nervlich nicht mehr lange durchzuhalten, wie mir einige GSA-Agenten berichtet haben. An Tschistokjow kommen wir allerdings gegenwärtig nicht heran. Versuche, seinen Führungsstab zu infiltrieren, sind von der ADR vereitelt worden. Die haben unsere Spione entdeckt und sofort erschossen. Wie auch immer, das sind Kleinigkeiten, meine Herren.

Zuerst werden wir jetzt Japan zerschlagen und anschließend den Nationenbund in die Knie zwingen. Und am Ende werden wir unsere Feinde mit einem Strafgericht konfrontieren, wie es die Welt noch nicht gesehen hat. Wir brauchen uns keine Sorgen machen, denn wir haben diesen Krieg auch weiterhin unter Kontrolle“, meinte der Vorsitzende des Rates der 13 und wirkte wieder gelassen.

„Und jetzt sollten wir darüber sprechen, wie wir die Vernichtung von Los Angeles und San Francisco positiv für unsere Zwecke ausschlachten können. Vielleicht hat uns der Feind damit mehr in die Hände gespielt, als er denkt“, höhnte der Weltpräsident.

„Ein wichtiger Punkt!“, stieß der oberste Weise aus. Er nahm einige Dokumente zur Hand.

Die Logenbrüder hatten die atomare Zerstörung von Los Angeles und San Francisco in den letzten Wochen dazu genutzt, den amerikanischen Patriotismus mit einer gewaltigen Medienkampagne anzuheizen. Nun setzten sie auf die Rachegefühle der Bevölkerung des Verwaltungssektors Amerika-Nord. Das Fernsehen malte Millionen Amerikanern indes tagtäglich furchtbare Horrorszenarien auf, wenn Tschistokjow und Matsumoto nicht aufgehalten werden konnten.

„Artur Tschistokjow und Haruto Matsumoto planen die Vernichtung der Menschheit!“, titelte die größte Zeitung des Sektors Amerika-Nord und versuchte, die dort lebende Bevölkerung mit allen Mitteln der Propaganda gegen ihre Gegner aufzuhetzen. Das Gleiche taten sämtliche Fernsehsender und Radiostationen, die die Massen ohne Pause mit neuen Schreckensmeldungen überschütteten.

„Da sie diesen Krieg nicht mehr gewinnen können und sich ihre Terrorherrschaft dem Ende zuneigt, planen die beiden wahnsinnigen Diktatoren die Vernichtung der kompletten Menschheit. Das belegen geheime GSA-Studien, die nun erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Sowohl der Nationenbund der Rus, als auch Japan, haben in den letzten Jahren riesige Mengen von Massenvernichtungswaffen gehortet, die sie nun einsetzen wollen, um Milliarden Menschen zu ermorden.

„Wenn ich die Welt nicht beherrschen kann, dann soll es auch niemand sonst tun!“, soll Artur Tschistokjow dem engsten Führungskreis seiner sogenannten „Freiheitsbewegung“ erklärt haben. Auch Matsumoto ist inzwischen vollkommen dem Wahnsinn verfallen und redet ununterbrochen davon, die übrige Menschheit auszulöschen, wenn sie sich nicht der japanischen Herrschaft beugt.

Der bekannte Psychologe Dr. Steven Redstein hat die beiden Staatsmänner nach einer intensiven Studie eindeutig als „klinisch geisteskrank“ bezeichnet.

Während Tschistokjows mordende Horden derweil Europa verwüsten und die Todesschwadronen der ADR ganze Völker abschlachten, hat die russisch-japanische Unheilsallianz erneut Millionen Menschen mit Atombomben ermordet. Der hinterhältige Angriff auf Los Angeles und San Francisco hat der freien Welt erneut vor Augen geführt, dass gegen diese beiden Tyrannen und ihre Mordschergen nur die härtesten Maßnahmen erfolgreich sein können.

Um ihre Heimat vor der Vernichtung durch die irren Weltbrandstifter zu bewahren, haben sich inzwischen Zehntausende von Freiwilligen bei der GCF gemeldet - sie wollen die Mächte der Zerstörung endlich aufhalten. Entschlossen steht die gesamte Menschheit auf und strömt zu den Rekrutierungsbüros der Global Control Force, denn sie ist nicht länger willens, der Ermordung Unschuldiger noch länger tatenlos zuzusehen“, verkündete die internationale Presse.

Eine der wichtigsten Propagandawaffen der Logenbrüder war allerdings im Zuge des Atombombenabwurfs auf Los Angeles zerstört worden: Hollywood.

Das Herz der feindlichen Filmindustrie existierte nicht mehr, was dem Rat der 13 große Kopfschmerzen bereitete. Trotzdem verfügte die Weltregierung aber noch immer über unzählige kleine und große Medien, die weiterhin pausenlos den Krieg der Worte fortsetzten. Tschistokjow versuchte hingegen, die lokalen Medien in den von seinen Soldaten eingenommenen Städten so gut es ging für seine eigenen Zwecke zu nutzen; bald verbreiteten diese ebenfalls ununterbrochen die Propaganda der Rus.

Wann es endlich zu einem flächendeckenden Schlagabtausch mit Atomwaffen kommen würde, konnte in diesen Tagen niemand genau sagen. Doch dass er über kurz oder lang zu erwarten war, war den meisten Menschen inzwischen klar.

Agatha Wilden und Julia sahen schweigend zu Frank herüber. Dieser saß am anderen Ende des Küchentischs und starrte ins Leere. Das Oberkommando hatte ihm erlaubt, noch etwas länger zu Hause zu bleiben, doch das hob die Laune des Generals nicht. Es herrschte eine bedrückende Stille und selbst Friedrich, der sich in einer Ecke des Raumes mit einigen Plastikfiguren beschäftigte, wirkte nachdenklich und besorgt.

„Ich kämpfe auch gegen die GCF!“, sagte der Junge leise und hielt seinem Vater zwei der Figuren unter die Nase.

„Wenn doch alles nur ein Spiel wäre …“, murmelte Frank. Er streichelte Friedrich den Kopf.

Schließlich betrachtete er die beiden Spielzeugfiguren und riss die Augen auf. „Ach, du liebe Güte!“

„Das sind die neuen Lieblinge deines Sohnes“, meinte Julia, genervt die Augen verdrehend.

„Ja!“, antwortete Friedrich begeistert. „Guck mal, Papa! Das ist einer von den Guten, der ist von den Warägern. Und der hier ist von den Bösen, von der Global Death Force.“

Frank musterte eine Actionfigur in der grau-schwarzen Rüstung der Warägergarde, die andere war ein Soldat der Global Control Force. Man hatte die Gesichtszüge des Bösewichtes entstellt, so dass er ein dämonisches Grinsen und tiefe, dunkle Augenringe hatte. Die Gesichtsfarbe war gräulich; er ähnelte eher einem Zombie als einem Menschen.

„Ich wusste gar nicht, dass es inzwischen solche Spielfiguren gibt“, bemerkte Frank erstaunt.

„Ich musste extra nach Wilna fahren, damit Friedrich seine neuen Figuren bekommt. Die Jungs sind da ganz wild drauf. Arturs neue Propagandawaffe im Kinderzimmer“, meinte Julia sarkastisch.

„Ich habe sogar dich, Papa!“, fuhr Friedrich fort und flitzte in sein Zimmer. Kurz darauf kam er mit einer weiteren Actionfigur, die noch in ihrer Verpackung steckte, zurück in die Küche gestürmt.

„Tataaah!“, rief er und überreichte sie stolz seinem Vater.

„General Frank Kohlhaas, der Achilles von Weißrussland“, las dieser den Text auf der Vorderseite der Verpackung. Er schüttelte den Kopf.

„Ich bin inzwischen ‘ne verdammte Actionfigur!“, brummte Frank mit wenig Begeisterung.

„Jetzt weißt du es ja, ich wollte dich eigentlich mit diesem Unsinn nicht auch noch nerven, Schatz“, bemerkte Julia.

Frank drehte die Verpackung wortlos um, las auch noch den Text auf der Rückseite. „General Frank Kohlhaas ist der größte Held aller Zeiten. Er kämpft seit vielen Jahren gegen die Armeen des Bösen und hat sie in unzähligen Kämpfen besiegt, um die guten und unschuldigen Menschen zu retten. Ganz Russland und jedes Kind liebt den großen General. Er ist unverwundbar und kann mit seinem Super-Plasmawerfer jeden Feind niederstrecken.“

„Papa ist aus Plastik!“, lachte Friedrich.

„Gibt es den Weltpräsidenten eigentlich auch als Actionfigur?“, wollte Frank wissen.

„Ja, der ist der Chef der Global Death Force. Aber den habe ich unserem Sprössling nicht gekauft. Irgendwann reicht es …“, sagte Julia.

„Der Weltpräsident sieht aus wie ein Teufel. Der hat so Hörner und einen langen, schwarzen Umhang, Papa!“, erläuterte Friedrich, der sich mit der neuen Figurenserie bereits bestens auskannte.

„Was soll ich dazu sagen? Die Weltregierung hat ihren dämlichen Sergeant Powers und wir haben jetzt mich. Da komme ich echt nicht mehr mit“, sagte Frank verdutzt.

„Artur hat diese Figuren persönlich in Auftrag gegeben und inzwischen werden sie sogar an den Schulen verteilt. Es gibt sie in jedem Laden, an jeder Ecke“, bemerkte Agatha Wilden.

„Wer ist Satchnt Pauers, Papa?“, fragte Friedrich dazwischen.

Frank winkte ab. „Ach, auch so eine Figur für Kinder. Nur von der anderen Seite …“

„Ist der bei den Bösen?“

„So in der Richtung, mein Junge.“

„Aber der ist nicht stärker als du, oder?“

„Sergeant Powers ist nur eine Plastikfigur.“

„Du wirst ihn besiegen. Deine Waräger machen die Globl Def Forz fertig!“, meinte Friedrich, sein Blick verfinsterte sich.

„Nerve uns bitte nicht weiter mit diesem Unsinn. Mir geht es nicht gut. Morgen muss ich wieder fort und werde sehr lange nicht mehr hier sein“, sagte Frank und nahm seinen Sohn in den Arm.

„Die Waräger werden dich beschützen, Papa!“, antwortete Friedrich und krallte sich am Hemd seines Vaters fest.

„Mein lieber Junge, jetzt lass mich bitte mal für einen Moment allein. Ich muss mit Mama und Oma noch ein paar Dinge besprechen.“

General Kohlhaas kehrte an die Front zurück und zog mit seinen Warägerverbänden in Richtung Leipzig. Er hatte vom Oberkommando den Befehl erhalten, die Verteidigung der nach wie vor von der Volksarmee besetzten Stadt zu organisieren. Tausende von GCF-Soldaten, zahlreiche Panzer und mobile Geschütze waren mittlerweile im Anmarsch; sie kamen unbeirrt näher, um die strategisch wichtige Stadt, welche mittlerweile zu einem Symbol deutschen Freiheitswillens geworden war, zurückzuerobern.

In den letzten Wochen hatten sich weitere deutsche Freiwillige bei der Volksarmee gemeldet und waren mit Waffen ausgerüstet worden. Und noch immer kamen neue Männer dazu.

„Leipzig wird eine deutsche Festung werden!“, hatte Ludwig Orthmann gestern in einer Radioansprache verkündet. Nun versuchten Tschistokjow Soldaten und die deutschen Milizionäre die Großstadt so gut es ging zu einem Bollwerk auszubauen. Doch ihre Mittel waren begrenzt. Es mangelte an Nachschub und Munition, ebenso wie an wichtigem Kriegsgerät und Geschützen. Vor einigen Tagen hatte die GCF-Luftwaffe eine große Anzahl von Gleisen und Zufahrtsstraßen zerstört, um der Volksarmee die Versorgung zu erschweren. War Frank noch vor kurzem mit dem Zug bis nach Litauen gefahren, so war dies mittlerweile kaum noch möglich.

Der Angriff auf die Nachschubwege der Volksarmee war erfolgreich gewesen, obwohl sich die Luftwaffe des Nationenbundes bemüht hatte, die feindlichen Kampfflugzeuge zurückzuschlagen.

Frank sah sich um. Bis zum Horizont erstreckte sich der graue Heereszug aus Volksarmisten und Warägern. Es war fast alles „Frischfleisch“, wie es Frank immer formulierte. Neu rekrutierte, junge Männer aus Russland, der Ukraine oder dem Baltikum. Hastig ausgebildet und mit Durchhaltepropaganda vollgepumpt.

„Sie werden uns ein paar neue Transportflugzeuge schicken“, erklärte Kohlhaas einem seiner Offiziere. Er sah den Russen mit ausdrucksloser Miene an.

„Für Luftlandeangriffe?“, fragte dieser.

„Ja, das fordere ich seit Monaten, nur das Oberkommando hat mal wieder gepennt. Damit werden wir bei Sturmangriffen wesentlich mobiler sein“, meinte Frank.

„Dann können sie uns direkt hinter den feindlichen Linien absetzen und wir kommen noch schneller ins Gefecht. Ist doch auch schön“, erwiderte der Offizier zynisch grinsend.

„So wird es wohl sein. Ich werde aber weiterhin die Transportpanzertruppe und meine Jungs befehligen. Damit habe ich die meiste Erfahrung. Dieses Luftlandezeug können andere übernehmen“, brummte der General.

„Was halten Sie eigentlich von Ihren Landsleuten, den Kriegsfreiwilligen?“, wollte der Russe wissen.

Frank lächelte gequält. „Sie bemühen sich, uns nach Möglichkeit zu helfen. Toll ausgebildet sind sie nicht, aber sie haben trotzdem einen guten Kampfgeist. Das ist nicht nichts. Aber es ist ja bei allen Freiwilligen so. Sie sind euphorisch, weil sie jetzt endlich für die Freiheit ihres Volkes kämpfen können, allerdings merken auch sie nach einigen Gefechten, dass Krieg kein Abenteuerurlaub ist.“

„Sehe ich auch so!“, gab der Russe zurück. „Ich bin bereits seit Jahren dabei. Früher bei den Rus, in den ersten Tagen der Freiheitsbewegung, dann der russische Bürgerkrieg und so weiter. Ich habe auch schon genug Schrecken erlebt.“

„Ach, dann sind Sie auch ein alter Kämpfer?“, freute sich Frank und lächelte anerkennend.

„Sozusagen, Herr General. Ich habe die erste Demonstration der Rus in Smolensk mitgemacht. Das war was, nicht wahr?“

„Allerdings!“, stieß Kohlhaas aus.

„Sie waren ja sogar beim Kampf um Weißrussland mit dabei, Herr General. Was soll ich Ihnen also erzählen? Das „Blutopfer von Gomel“ und die ganzen anderen Höhepunkte der Revolution“, meinte der Russe.

„Es waren keine Höhepunkte. Es war einfach nur schrecklich. Ich wäre damals in Gomel beinahe draufgegangen. Auch wenn man es heute überall verherrlicht und verklärt. Es war schlichtweg grauenhaft. Eigentlich ist es ein Wunder, dass ich überhaupt noch lebe“, antwortete Frank nachdenklich.

„Sie sind ja auch unverwundbar, Herr Achilles!“, sagte der Offizier mit einem lauten Lachen und klopfte Frank auf den Schulterpanzer seiner Ferroplastinrüstung.

„Dann würde ich diese Rüstung wohl nicht brauchen, oder?“, erwiderte der General. Dann lachte er ebenfalls.

Alfred Bäumer war vom Oberkommando der Volksarmee nach Braila, an der Westküste des Schwarzen Meeres, geschickt worden, um dort einige Warägerverbände zu befehligen. Die oberste Heeresleitung des Nationenbundes hatte in den letzten Wochen alles dafür getan, einen Gegenangriff in Richtung Rumänien und Bulgarien zu unternehmen und an einigen Stellen war es der Volksarmee tatsächlich gelungen, die gegnerische Frontlinie zu durchbrechen. Inzwischen hatten sich mehrere Zehntausend rumänische und bulgarische Freiwillige gemeldet, um Tschistokjow zu unterstützen, doch die unerfahrenen Milizionäre waren bereits in den ersten Tagen der Gegenoffensive in Massen gefallen.

In der Ägäis und im Schwarzen Meer tobten derweil schwere Seegefechte mit der Kriegsflotte des Weltverbundes. Die U-Boote des Nationenbundes hatten mit Hilfe neuartiger Torpedos zwei schwere GCF-Flugzeugträger und mehrere Zerstörer versenken können, was aber nichts an den hohen eigenen Verlusten änderte und den Kriegsverlauf zunächst kaum beeinflusste.

„Sie werden morgen oder sogar noch heute angreifen!“, erklärte Alf einem Unteroffizier. Er spähte zum Horizont.

Hinter ihm waren die Volksarmisten und Waräger wieder einmal dabei, sich rund um Braila einzugraben und Panzersperren zu errichten. Sie hatten nur noch wenige Geschütze aufzubieten, allmählich mangelte es an allem.

„Dort vorne, zwischen den Bäumen, könnt ihr noch weitere Stacheldrahtbarrieren hinstellen!“, befahl Alf und ein paar grau uniformierte Soldaten begannen mit der Arbeit.

Der Deutsche stöhnte leise, er verdrehte die Augen. Jetzt war er hier gelandet, im trostlosen Bulgarien. Vielleicht würden sie bald von einer Übermacht der inzwischen weit nach Nordosten vorgestoßenen Feinde umzingelt sein. Diese Gegenoffensive hatte lediglich die Aufgabe, den Feind zu binden, damit der Nationenbund die wichtigsten Fronten in Russland weiter absichern und befestigen konnte – und sie hatte etwas von einer verzweifelten Kamikazeaktion.

„Wäre ich doch mit dem Arsch zu Hause geblieben …“, murmelte Alf leise auf Deutsch und legte seine Ferroplastinrüstung an.

„Die GCF ist nur noch zwei Stunden von hier entfernt. Außerdem hat die Flotte neue Truppen bei Constanta ausgeladen“, schallte es aus dem kleinen Sprechgerät an Bäumers Kragen.

„Dann wissen wir ja jetzt Bescheid“, knurrte dieser.

Nervös marschierte Alf entlang des Schützengrabens, den seine Männer ausgehoben hatten. Sie würden hier nicht lange aushalten können, da war er sich sicher. Wenige Stunden später griffen die Feinde an.

Unterirdische Waffenfabriken, weit draußen in der russischen Einöde gelegen, hatten derweil mit der Produktion von EMP-Geschützen begonnen, um dem Nationenbund einen größeren Schutz vor feindlichem Atomraketenbeschuss zu gewährleisten.

Prof. Hammer und Hunderte weitere Wissenschaftler hatten in einem monatelangen Forschungsmarathon die fortschrittlichen Geräte entwickelt. Die Aufgabe der EMP-Geschütze sollte es nun sein, heranfliegende Atomraketen zu orten und mit Hilfe elektromagnetischer Impulse unschädlich zu machen. Da die modernen Atombomben alle über elektronische Mikrochips gezündet wurden, sollten die neuartigen Sonden diesen Zündmechanismus im Vorfeld unterbrechen und zerstören.

Artur Tschistokjow hatte angeordnet, dass die Geschütze zunächst rund um die wichtigsten russischen Städte postiert werden sollten. Er wartete fieberhaft auf die Fertigstellung der ersten Serie. Ob diese Wunderwaffen wirklich einen wirksamen Schutz gegen Atomwaffen darstellten, sollte sich allerdings erst noch zeigen. Aber wenn sie es waren, dann konnte diese Tatsache den Krieg auf Dauer entscheiden, denn die Weltregierung verfügte offenbar nicht über ähnliche Schutzvorrichtungen.

„Wir können diesen Kampf auf lange Sicht nur durch eine überlegene Waffentechnologie gewinnen!“, hatte der russische Staatschef seinen Wissenschaftlern in den letzten Jahren immer wieder eingeschärft.

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Дата выхода на Литрес:
22 декабря 2023
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377 стр. 12 иллюстраций
ISBN:
9783957448385
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Правообладатель:
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