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Читать книгу: «Der Wolfsführer», страница 18

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Er jagte im Galopp davon.

Nach zehn Minuten, die dem Baron wie zehn Jahrhunderte erschienen, kam Munter mit dem ganzen Jagdzug zurück.

Man koppelte sogleich los.

»Nur sachte, Kinder! ganz sachte!« ermahnte Herr Jean; »bedenket wohl, daß wir nicht mehr unsere alten Hunde haben, die so geschmeidig und so gut abgerichtet waren; diese da sind meistens Rekruten und höchstens gut, um den Bratspieß zu drehen; wenn ihr sie überhetzet, so werden sie einen Teufelslärm machen und nichts Gescheidtes zu Stande bringen; laßt sie also ganz von selbst und allmälig warm werden.«

Ja der That schnüffelten zwei oder drei von den Hunden, sobald sie losgekoppelt waren, augenblicklich die Ausdünstungen ein, die der Währwolf hinter sich gelassen hatte, und gaben Laut.

Die andern sammelten sich um sie.

Alle liefen, im Anfang mehr: aufspürend als jagend, und nur nach langen Unterbrechungen bellend, den Spuren Thibaults nach; bald aber, als sie den Wolfsgeruch gehörig in sich aufgenommen hatten, entwickelten sie mehr Eifer und Zusammenhalt, und als zuletzt die Fährte immer wärmer wurde, da rasten sie mit wüthenden Gebell und tollem Ungestüm nach dem Schlag von Joors zu.

»Ein gut aufgetriebenes Thier ist schon, halb verloren,« rief Herr Jean. »Du, Munter, sorge für die Relais, ich will überall welche antreffen, und ihr andern paßt mir wohl auf,« fügte Herr Jean gegen den Troß seiner Leute hinzu. »Wir haben mehr als eine Niederlage zu rächen und wer von euch durch seine Nachlässigkeit Schuld ist, daß ich den Wolf heute wieder nicht erwische, den werfe ich, bei den Hörnern des Teufels, statt seiner meinen Hunden vor.«

Nach diesem Zuspruch setzte Herr Jean sein Pferd in Galopp, und obwohl die Nacht noch dunkel und das Terrain schlecht war, so hatte er doch bald die Jagd eingeholt, die man bereits in den Thalgründen von Bourgfontaine hörte.

XXIII
Eine tolle Jagd

Thibault besaß, da er klüglicher Weise gleich beim ersten Gebell des Spürhundes aufgepackt hatte, einen bedeutenden Vorsprung.

Lange hörte er Nichts von der Meute.

»Aber auf einmal schlug ihm ihr Geheul wie Donnergegroll an die Ohren und begann ihn einigermaßen zu beunruhigen.

Bisher war er im Trab gelaufen; jetzt aber schlug er Galopp an und ruhte nicht, bis er einige Wegstunden zwischen seine Feinde und sich gebracht hatte.

Er ließ seine Blicke umherschweifen und orientirte sich.

Er befand sich aufs den Höhen von Montaigu.

Er lauschte.

Die Hunde schienen ihm ihre Distanz beibehalten zu haben.

Sie waren in der Nähe des Gebüsches von Tillet.

Es gehörte ein Wolfsohr dazu, um sie in dieser Entfernung zu hören.

Er lief wieder hinab, wie wenn er ihnen entgegengehen wollte, ließ Erneville links liegen, sprang in den kleinen Bach, der dort entspringt, ging ihn hinab bis nach Grimancourt, warf sich ins Gehölz von Lessart-l'Abbesse und von da in den Wald von Compiègne.

Als er jetzt fühlte, daß trotz dieses dreistündigen Eillaufes die stählernen Muskeln seiner Wolfsbeine noch nicht im Geringsten ermüdet schienen, so beruhigte er sich ein wenig.

Dennoch wollte er sich nicht in einen Wald wagen, den er weniger genau kannte, als den von Villers-Coterets.

Er beschloß daher nach einem Abstecher von etlichen Stunden wieder zurückzulaufen, unter Beibehaltung der großen Wechsel, die ihm am geeignetsten schienen, um sich der Hunde zu entledigen.

Er lief daher unausgesetzt über die ganze Ebene, die sich von Pierrefond nach Montgobert erstreckt, ging bei Meutard in den Wald, bei Vauvaudrand wieder heraus, sprang in den Floßbach von Saucières und lief durch das Gehölz von Longpont in den Wald zurück.

Unglücklicher Weise stieß er auf der Höhe der Galgenstraße auf eine neue Meute von zwanzig Hunden, welche der Rüdenknecht des Herrn von Montbreton, in Folge einer Einladung des Herrn von Vez, diesem als fliegendes Relai zur Hilfe herbeiführte.

Die Hunde wurden augenblicklich von dem Rüdenknecht losgekoppelt, welcher, da er den Wolf seine Distanzen beibehalten sah, die Ankunft des vollständigen Jagdzugs nicht erst abwarten zu dürfen glaubte, damit das Thier nicht inzwischen das Weite suchen könnte.

Jetzt erst begann der eigentliche Kampf zwischen dem Währwolf und den Hunden.

Es war dies ein tolles Rennen, welchem die Pferde, trog aller Gewandtheit ihrer Reiter, nur mit der größten Mühe folgten.

Die Jagd flog mit der Schnelligkeit des Gedankens über die Ebenen, durch die Wälder und über die Haiden hin.

Sie erschien und verschwand wie der Blitz im Gewölke, einen Staubwirbel, sowie ein Horngeschmetter und Geschrei hinter sich lassend, zu dessen Wiederholung das Echo kaum Zeit fand.

Sie zog über Berge, Tälern Bäche, Schluchten und Abgründe hin, wie wenn Hunde und Pferde Flügel gehabt hätten, gleich der Chimäre und dem Hippogryphen.

Herr Jean war wieder auf der Wahlstatt erschienen.

Mit flammenden Blicken und weit geöffneten Nasenflügeln jagte er an der Spitze seiner Rüdenknechte dahin, dicht hinter seinen Hunden, die er durch furchtbares Geschrei antrieb, während er seinem Pferde wüthend die Sporen in den Leib stieß, wenn es über den Schwierigkeiten des einen oder andern Hindernisses stutzig wurde.

Der schwarze Wolf seinerseits setzte unermüdlich seinen Eillauf fort.

Obschon er nicht wenig erschrack, als er im Augenblick der Umkehr das wilde Gebell der neuen Meute hundert Schritte hinter steh hörte, so verlor er deßhalb doch keinen Zollbreit Terrain.

Da er auf seiner Flucht seine menschliche Denkkraft in ihrer ganzen Fülle beibehielt, so schien es ihm unmöglich, daß er in dieser Prüfung unterliegen sollte; es schien ihm, als könnte er nicht sterben, ohne zuvor für all das Herzeleid, das man ihm angethan, Rache genommen, ohne die Genüsse, die ihm verheißen worden, wirklich erlebt, und ganz besonders, ohne zuvor die Liebe Agnelettes, denn zu dieser kehrte sein Gedanke in diesem kritischen Augenblick unaufhörlich zurück, erobert zu haben.

Zuweilen herrschte der Schrecken bei ihm vor, manchmal aber auch der Zorn.

Manchmal vergaß er auch seine neue Gestalt und dachte daran umzukehren, dieser heulenden Bande die Stirne zu bieten, sie mit Steinwürfen und Stockschlägen auseinander zu jagen.

Einen Augenblick darauf konnte er dann, halb toll vor Zorn und betäubt durch das Grabgeläute, das ihm die Meute in die Ohren heulte, von Neuem fliehen, indem er gewaltige Sprünge machte und dahin flog, gleich als hätte er die Beine eines Hirsches und die Flügel eines Adlers.

Aber seine Anstrengungen waren vergeblich.

Troß seiner gewaltigen Sprünge, und obschon seine Flucht beinahe einem Fluge glich, schien sich doch das mordlustige Getöse, das seine Verfolger, machten, gleichsam an seine Fersen zu heften, und wenn es auch zuweilen einen Augenblick etwas entfernter lautete, so näherte es sich doch sogleich wieder drohender und furchtbarer als je.

Gleichwohl ließ ihn sein Selbsterhaltungstrieb, nicht im Stich; seine Kräfte nahmen nicht ab.

Aber er fühlte, daß sie sich doch erschöpfen könnten, wenn er unglücklicher Weise auf eine neue und frische Meute stoßen sollte.

Er beschloß daher einen neuen großartigen Versuch, um wo möglich einen Vorsprung vor den Hunden zu gewinnen und dann nach seinen Höhlen zurückzukehren, wo er vermöge seiner genauen Kenntniß des Waldes die Hunde zu überlisten hoffte.

Er lief also wieder nach Puiseux, sodann an den Rainen von Vivières hin und in den Wald von Compiègne zurück; von da machte er einen Abstecher in den Wald von Largue, setzte bei Attichy über den Aisne und lief über Fond-d’Argent in den Wald von Villers-Coterets zurück.

Auf diese Art hoffte er die Strategie zu vereiteln mit welcher Herr Jean seine Meute ohne Zweifel staffelförmig aufgestellt hatte.

War er einmal wieder in seinen gewöhnlichen Höhlen, so konnte er freier athmen.

Er befand sich von Neuem an den Ufern des Ourcq, zwischen Noroy und Trouennes, an der Stelle, wo der Fluß tief zwischen einer doppelten Felsenreihe eingeteilt ist; er lief geradezu auf einen spitzen Felsen, der über das Wasser verhängt, sprang in die Fluth hinab, erreichte schwimmend eine Biegung am Fuß des Felsen, von welchem er herabgesprungen war, versteckte sich in dieser Art von Höhle ein wenig unter der gewöhnlichen Wasserhöhe, und wartete da.

Er hatte einen Vorsprung von beinahe einer Stunde gewonnen.

Gleichwohl befand er sich kaum zehn Minuten da, als auch schon die ganze Hundeschaar mit Sturmesgebraus auf der Höhe des Felsen ankam.

Die vordersten sahen in ihrem Feuereifer den Abgrund nicht, oder glaubten sie hinüberspringen zu können, wie der Gegenstand ihrer Verfolgung gethan hatte, und Thibault wurde tief in seinem Versteck von dem Wasser bespritzt, das von allen Seiten durch ihr Hereinfallen aufplaschte.

Aber weniger glücklich und weniger kräftig als er, konnten die Hunde der heftigen Strömung nicht widerstehen. Nach machtlosen Bemühungen verschwanden sie, von ihr fortgerissen, ohne die Zufluchtstätte des Währwolfs ausgewittert zu haben.

Dieser hörte über seinem Kopfe das Gestampfe der Rosse, das Gebell der noch übrigen Hunde, das Geschrei der Männer und ganz besonders die Flüche des Herrn Jean, dessen Stimme alle andern übertäubte.

Hierauf, und als der letzte ins Wasser gefallene Hund gleich der übrigen Meute von der Strömung fortgerissen war, sah er mittelst einer Biegung, daß seine Verfolger am Strom hinabzogen.

Üeberzeugt, daß Herr Jean, den er an der Spitze seiner Rüdenknechte erkannte, dies blos thue, um sogleich wieder heraufzukommen, wollte er sie nicht erwarten.

Er verließ also seine Höhle.

Bald schwimmend, bald mit großer Geschicklichkeit von Fels zu Fels hüpfend, bald im Wasser watend, gelangte er flußaufwärts bis ans Ende des Gebüsches von Crêne.

Hier angekommen, beschloß er, da er sicher wußte, daß er einen bedeutenden Vorsprung vor seinen Feinden hatte, in ein Dorf zu gehen und um die Häuser her zu wechseln, weil er dachte, daß man ihn da nicht suchen würde.

Er dachte an Preciamont.

Wenn er irgend ein Dorf genau kannte, so war es dieses.

Dann war er in Preciamont auch nahe bei Agnelette

Es däuchte ihn, als müßte diese Nähe ihm Kraft verleihen und Glück bringen, als könnte das holde Bild des keuschen Kindes einigen Einfluß auf die Wendung seines Schicksals ausüben.

Er lief also in dieser Richtung weiter.

Es war sechs Uhr Abends.

Wolf, Hunde und Jäger hatten gewiß fünfzig Stunden zurückgelegt.

Als der schwarze Wolf, nach einem Umweg über Manereux und Oigny, am Waldsaum von Ham erschien, begann die Sonne am Horizont hinabzusteigen und übergoß die Haide mit blendendem Purpur, die weißen und rothen Blümlein durchdufteten den Abendwind, der sie umkoste, die Grille zirpte in ihrem Moospalast, und die Lerche, die senkrecht zum Himmel emporstieg, begrüßte die Nacht, wie sie zwölf Stunden vorher den Tag begrüßt hatte.

Die Ruhe der Natur brachte eine eigenthümliche Wirkung auf Thibault hervor.

Es däuchte ihn befremdend, daß sie so schön und lieblich sein könne, während seine Seele von solcher Angst gemartert wurde.

Als er diese Blumen sah, als er diese Insecten und diese Vögel hörte, verglich er die holde Ruhe all dieser unschuldigen Welt mit den schauerlichsten Bekümmernissen, die er selbst ausstand, und fragte sich, trotz der neuen Versprechungen, welche der Abgesandte des Teufels ihm gemacht, ob er klüger gethan habe, den zweiten Vertrag einzugehen, als den ersten.

Diese Betrachtungen führten ihn zu dem Resultat, daß er vielleicht beim einen wie beim andern Nichts als Täuschungen zu erwarten habe.

Als er über einen unter dem vergoldeten Ginster halb verlorenen Fußpfad hinging, erkannte er ihn als denjenigen, auf welchem er Agnelette zurückbegleitet hatte an dem Tag, wo er sie zum ersten Mal gesehen und, von seinem guten Genius inspirirt, ihr die Ehe angeboten hatte.

Der Gedanke, daß er, kraft seines neuen Vertrags, Agnelettes Liebe wiedergewinnen könne, richtete seinen Muth, der beim Anblick dieser allgemeinen Freude gänzlich gesunken war, wieder ein wenig auf.

Die Glocke von Preciamont erscholl im Thale.

Ihr traurig eintöniges Geläute erinnerte den schwarzen Wolf sowohl an die Menschen als an das, was er von ihnen zu fürchten hatte.

Er lief also kühn querfeldein nach dem Dorfe zu, wo er in irgend einem verlassenen Gemäuer eine Zuflucht zu finden hoffte.

Als er an der kleinen Mauer von trockenen Steinen hinging, welche den Friedhof von Preciamont umschließt, hörte er in dem Hohlweg, worauf er sich befand, verschiedene Stimmen.

Wenn er seinen Weg fortsetzte, mußte er notwendig den Herankommenden in die Hände laufen; wenn er umkehrte, so mußte er einen Kamm ersteigen, wo er gesehen werden konnte; er hielt es also fürs Klügste, über die kleine Friedhofsmauer zu setzen.

Mit einem Sprung befand er sich auf der andern Seite.

Der Friedhof lag, wie beinahe in allen Dörfern dicht bei der Kirche.

Er war unangebaut und überall mit langem Gras, an gewissen Orten auch mit Brombeerstauden und Dornbüschen bewachsen.

Der Wolf lief auf die dichteste dieser Brombeerstauden zu; sie bedeckte eine eingefallene Gruft, von wo er sehen konnte, ohne gesehen zu werden.

Er schlich sich unter das Gesträuch und verbarg sich in der Gruft.

Zehn Schritte vor Thibault war ein frisch aufgeworfenes Grab, das seinen Bewohner erwartete.

Man hörte den Chor der Priester in der Kirche.

Ihr Gesang, war um so vernehmlicher, als die Gruft,.welche der Flüchtling ausersehen, früher mit der Kirche in Verbindung gestanden haben mußte.

Die Gesänge hörten auf.

Der schwarze Wolf, der sich in der Nähe einer Kirche instinctmäßig unheimlich fühlte, dachte, die Leute im Hohlweg könnten jetzt vorübergekommen sein, und er habe also höchste Zeit: sich wieder auf die Beine zu machen und einen sicherern Zufluchtsort zu suchen, als er für den Augenblick gewählt hatte.

Aber kaum hatte er die Nase aus seiner Brombeerstaude hervorgestreckt, so öffnete sich die Friedhofthüre.

Er nahm also seinen bisherigen Posten wieder ein, obschon er sich über das, was herankam, beunruhigte.

Das Erste, was er sah, war ein Knabe im Chorhernd, der einen Weihkessel in der Hand trug.

Sodann das silberne Kreuz, von einem Mann getragen, der gleichfalls ein Chorhemd über seinen Kleidern hatte.

Hierauf der Priester, der die Todtengebete sang.

Nach dem Geistlichen eine Tragbahre, von vier Bauern getragen und mit einem weißen Tuch bedeckt, das mit grünen Zweigen und Blumenkränzen übersäet war.

Unter dem Tuch zeichnete sich die Form eines Sarges ab.

Einige Einwohner von Preciamont schritten hinter der Bahre einher.

Obschon ein solcher Aufzug in einem Friedhof ganz natürlich war und Thibault schon durch den Anblick eines offenen Grabes darauf vorbereitet sein mußte, so machte er doch einen tiefen Eindruck auf den Flüchtling, und wiewohl die geringste Bewegung seine Gegenwart verrathen und folglich seinen Untergang herbeiführen konnte, so beobachtete er doch mit unruhiger Neugierde den ganzen Verlauf der Ceremonie.

Als der Priester das Grab gesegnet hatte, das Thibault zuerst in die Augengefallen war, stellten die Träger ihre Last auf ein nahes Grab.

Bei uns ist der Brauch, daß man eine junge Dirne, die in ihrem Glanz gestorben, eine junge Frau die in ihrer Schönheit dahingeschieden ist, in ihrem Sarge, aber nur mit einem Tuch bedeckt, auf den Kirchhof führt.

Hier können die Freunde der Todten ein letztes Lebewohl sagen, die Verwandten ihr einen letzten Kuß geben.

Dann nagelt man den Deckel zu, und Alles ist vorbei.

Eine alte Frau, geleitet von Freundeshand denn sie schien blind zu sein, trat heran, um der Todten einen letzten Kuß zu geben.

Die Träger hoben das Tuch auf, das ihr Gesicht bedeckte.

Thibault erkannte Agnelette.

Ein dumpfer Seufzer entrang sich seiner zermalmten Brust und verwischte sich mit den Thränen und dem Geschluchze der Anwesenden.

Agnelettes Gesicht erschien, trotz seiner Blässe, in der unaussprechlichen Ruhe des Todes noch schöner; als es zu ihren Lebzeiten unter seinem Diadem von Vergißmeinnichten und Maßlieben gewesen war.

Als Thibault die arme Dahingeschiedene erblickte, da schmolz das Eis seines Herzens.

Er bedachte, daß in Wirklichkeit er selbst dieses Kind getödtet habe, und sein Schmerz darüber war namenlos, weil wahr, und martervoll, weil er zum ersten Mal seit langer Zeit nicht mehr an sich, sondern an die Todte dachte.

Als er die Hammerschläge hörte, womit der Bahrdeckel zugenagelt wurde, als er die Steine und die Erde, welche der Todtengräber mit seiner Schaufel hinabwarf, mit dumpfem Getöse auf den Leib des einzigen Weibes, das er jemals geliebt hatte, fallen hörte, da ergriff ihn ein Schwindel; es war ihm, als ob die harten Steine das Fleisch Agnelettes, dieses vor wenigen Tagen so frische und schöne, und gestern noch so zuckende Fleisch zerquetschten, und er machte eine Bewegung, um über die Anwesenden herzufallen und ihnen diesen Leib zu entreißen, auf welchen er wenigstens im Tode ein Anrecht zu besitzen meinte, da er im Leben einem Andern gehört hatte.

Der Schmerz des Menschen bewältigte diese letzte Regung des wilden Thieres, das seinem Ende nahe war; unter dieser Wolfshaut lief ein Schauder hin; ans diesen blutigen Augen brachen Thränen hervor, und Thibault rief:

»Mein Gott, nimm mein Leben hin! ich gebe es gerne, wenn ich damit das Leben dieses Weibes erkaufen kann, das ich getödtet habe.«

Auf diese Worte folgte ein Geheul so schrecklicher Art, daß Alle, die es hörten, voll Angst enflohen.

Der Friedhof war verödet

Aber beinahe im selben Augenblick kaut die Meute, welche die Fährte des schwarzen Wolfes wieder aufgefunden hatte, über dasselbe Mäuerchen gesprungen, über welches Thibault hereingekommen war.

Hinter ihr erschien Herr Jean, schweißtriefend auf seinem von Schaum und Blut bedeckten Rosse.

Die Hunde liefen gerade auf das Gebüsch los und faßten an.

»Faß an! Faß an!« rief Herr Jean mit Donnerstimme, und ohne sich darum zu bekümmern, ob er Jemand von seinen Leuten zu seinem Schutz vor sich hatte, sprang er vom Pferd, zog sein Jagdmesser und stürzte mitten unter seinen Hunden auf die Gruft los.

Die Hunde rauften sich um eine noch ganz frische und blutende Wolfshaut, aber der Körper war verschwunden.

Es war ganz sicher die Haut des Währwolfs den man gejagt hatte, denn mit Ausnahme eines, einzigen weißen Haares war sie ganz schwarz.

Was war aus dem Körper geworden?

Niemand hat es je erfahren.

Nur glaubte man, da von diesem Augenblick an Thibault nicht mehr in der Gegend gesehen wurde, allgemein, der ehemalige Holzschuhmacher sei der Währwolf gewesen.

Da man ferner nur die Haut, aber den Körper nicht gefunden hatte, und da der Priester versicherte, er habe von der Stelle her, wo man diese Haut aufgefunden, den oben angeführten Ausruf der Hingebung kommen gehört, so glaubte er auch versichern zu können, daß Thibault in Anbetracht seiner Hingebung und Reue gerettet worden sei.

Und was dieser Tradition ganz besonders Glauben verlieh, ist der Umstand, daß man bis zum Augenblick wo die Klöster während der Revolution abgeschafft wurden, alljährlich an Agnelettes Todestag einen Prämonstreser Mönch aus dem eine halbe Stunde von Preciamont gelegenen Kloster von Bourg-Fontaine kommen und auf ihrem Grabe beten sah.

Dies die Geschichte des schwarzen Wolfes, so wie Mocquet, der Waldschütze meines Vaters, sie mir erzählt hat.

Ende
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0+
Дата выхода на Литрес:
06 декабря 2019
Объем:
320 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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