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Читать книгу: «Der Page des Herzogs von Savoyen», страница 34

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VII.
Die Prophezeiung

Was am 29. Juni geschehen war, blieb ein Geheimniß nicht nur für den großen Theil der Zuschauer, sondern auch für die, welche ihrer Stellung nach in die Geschehnisse des Herzogs von Savoyen eingeweiht seyn zu müssen schienen.

Warum war der Herzog, der zugegen seyn sollte, abwesend. Warum hatte denn in seiner Abwesenheit sein Milchbruder Scianca-Ferro seine Rüstung angelegt? Und wie ging es zu, daß gerade in diesem Augenblicke dieser Freund und Bruder den so schweren Kampf hatte zu bestehen gehabt?

Alle Fragen, die man zu diesem Zwecke an ihn richtete, blieben nutzlos und selbst als der König in das Geheimniß eingeweiht zu seyn wünschte, ersuchte ihn Emanuel Philibert lächelnd, den Schleier nicht heben zu wollen, welcher diesen Theil seines Lebens verhülle.

Nur Margarethe hätte in der besorgten Neugierde, die man wahrer Liebe verzeiht, wohl das Recht gehabt, sich bei ihm zu erkundigen, aber der Kampf hatte sie so erschüttert und sie freute sich so sehr, ihren werthen Herzog wohlbehalten zu sehen, daß sie nach nichts mehr fragte und in ihrem Herzen nur die Schwesterliebe für Scianca-Ferro wuchs.

Dreimal hatte Emanuel nach dem Befinden des Verwundeten sich erkundigen lassen.

Das erste Mal war er noch ohnmächtig; das zweite Mal kam er zu sich, das dritte Mal setzte er sich zu Pferde.

Statt aller Antwort auf die Theilnahme des Prinzen hatte der Bastard drohend zwischen den Zähnen gemurmelt:

»Sagt dem Herzog Emanuel, daß wir einander wiedersehen.«

Darauf war er, Allen unbekannt, mit seinem unbekannten Knappen fortgeritten.

Offenbar wußte er nicht, daß er mit Scianca-Ferro und nicht mit dem Herzoge gekämpft hatte.

Diese so ergreifende Episode hatte übrigens die Freuden des Abends nur mehr angeregt; Heinrich indeß sagte den Damen, die mit ihrer gewöhnlichen Begeisterung von dem Vorgange sprachen:

»Welches Schauspiel, das eurer schönen Augen würdig ist, werde ich nach diesem nun morgen geben?«

Der arme König! Er wußte nicht, daß das Schauspiel am andern Tage so schrecklich seyn würde, daß die Geschichtsschreiber sogar das erste darüber vergessen sollten.

Uebrigens fehlte es nicht an Wahrzeichen.

Gegen acht Uhr erschien eine der Dienerinnen Catharina’s bei Heinrich und sagte, sie, die Königin, bitte um eine Audienz.«

»Eine Audienz? Ich selbst werde zu der Königin gehen und zwar augenblicklich. Ist sie nicht meine Königin und meine Dame?«

Man brachte Catharina diese Antwort, aber sie schüttelte den Kopfe, sie war ja so wenig Königin und noch weniger die Dame des Königs.

Die Königin und die Dame des Königs war die Herzogin von Valentinois.

Als der König bei Catharina erschien, erschrak er über ihr blasses Aussehen.

»Mein Gott,« fragte er, »was ist Euch? Seyd Ihr krank. Habt Ihr eine schlechte Nacht gehabt?«

»Ja, mein lieber Herr,« antwortete Catharina, »ich bin krank, aber aus Angst.«

»Und was fürchtet Ihr?«

»Der Vorgang von gestern hat mich an frühere Schrecken erinnert. Gedenkt Ihr, Sire, der Prophezeiung bei eurer Geburt?«

»Ja,« antwortete Heinrich. »Wartet! Bedrohte mich nicht ein Horoskop?«

»Ganz recht, Sire.«

»Ich solle in einem Zweikampfe sterben?«

»Nun, Sire?«

»Das Horoskop irrte. Der Bedrohte war ich nicht, sondern mein Schwager Emanuel. Gott sey Dank, er entkam auch, obgleich ich nicht recht begreife wie, und wie sein Knappe der Teufel, den man mit Recht »Eisenbrecher« nennt, gerade zu rechter Zeit in seiner Rüstung da war, um mit dem schwarzen Ritter zu kämpfen.«

»Sire,« entgegnete die Königin, »nicht euer Schwager wurde bedroht, sondern Ihr selbst. Ihm verheißen die Sterne ein langes, glückliches Geschick, während Euch dagegen…«

Catharina hielt bebend inne.

»Liebe Dame,« sagte Heinrich, »ich glaube an Prophezeiung, Nativitätsstellungen und Horoscope sehr wenig, habe aber immer sagen hören von der Prophezeiung, die über einen König des Alterthums, Namens Oedipus, bei dessen Geburt ausgesprochen wurde, bis zu der, welche man dem guten König Ludwig XII. am Tage seiner Vermittlung mit Anna von Bretagne verkündigte, alle Vorsichtsmaßregeln, die man dagegen anwende, nützen nichts und was geschehen solle, geschehe. Vertrauen wir also auf die Güte Gottes und unsern Schutzengel und lassen wir den Ereignissen ihren Lauf.«

»Sire,« entgegnete Catharina, »wäre es Euch nicht recht, heute nicht zu kämpfen?«

»Heute nicht kämpfen?« wiederholte der König. »Wisset Ihr nicht, daß ich heute gegen meine drei Genossen, Guise, Nemours und Ferrara, zu kämpfen habe? Dieses gute Auskunftsmittel habe ich erdacht, um die Schranken nicht verlassen zu müssen, und da es wahrscheinlich das letzte Turnier ist, das wir haben, soll mein Vergnügen wenigstens vollständig seyn.«

»Sire,« sagte Catharina, »Ihr seyd Herr und könnt thun, wie es Euch beliebt, aber gegen die Verkündigung der Sterne zu handeln, heißt Gott versuchen, da die Sterne die Buchstaben des himmlischen Alphabets sind.«

»Madame,« entgegnete Heinrich, »ich bin Euch höchst dankbar für eure Besorgniß, aber wenn nicht eine bestimmtere Meldung von einer wirklichen Gefahr kommt, werde ich das Festprogramm nicht ändern.«

»Sire, es gibt leider nichts Bestimmteres als meine Angst, nichts Wirkliches als meine Unruhe, und ich gäbe viel darum, wenn Jemand, der größern Einfluß auf Euch hat als ich, Euch um das ersuchte, was Ihr mir abgeschlagen habt.«

»Niemand hat auf mich größern Einfluß als Ihr,« antwortete der König, »glaubt mir das; und was ich der Mutter meiner Kinder nicht gewähre, gewähre ich sicherlich Niemanden.«

Er küßte ihr dabei galant die Hand, die übrigens die schönste von der Welt war.

»Und nun,« Madame,« sagte er« »vergeßt nicht, daß Ihr heute Königin des Turniers seyd und daß ich mein Bestes thun werde, um die Ehre zu haben, durch eure Hand gekrönt zu werden.«

Catharina seufzte und sagte dann, als ob sie, da sie ihre Pflicht gethan, das Uebrige Gott anheimstellte:

»So sprechen wir nicht mehr davon, Sire… Vielleicht ist das Leben eines andern Prinzen bedroht, aber ich würde in der That einen wirklichen Zweikampf noch weniger fürchten, als einen Scheinkampf, denn die Prophezeiung spricht ganz bestimmt und die Gefahr besteht in einem Turnier. Quem Mars non rapuit, Martis imago rapit, heißt es: wen Mars verschonte, wird durch das Bild des Mars hinweggerafft.«

Heinrich war indeß schon zu weit entfernt, als daß er diese Worte der Prophezeiung hätte hören können, die Catharina nur halblaut sprach.

Aus Kummer und Sorge oder aus irgend einem andern Grunde erschien Catharina nicht an der Tafel, dagegen war sie eine der Ersten aus dem königlichen Balcon.

Man hat seitdem bemerkt, daß sie ein Kleid von violettem Sammt mit weißen Atlaspuffen trug, was – königliche Trauer ist.

In dem Augenblicke als der König die Rüstung anlegte, rief er den Oberkammerherrn von Vieilleville dazu. Ganz gegen die Regel war der Oberstallmeister Boissy nicht zugegen.

Vieilleville legte dem Könige die Rüstung an, als er ihm aber den Helm aufsetzen wollte, schien ihn der Muth zu verlassen; er setzte den Helm auf den Tisch statt auf den Kopf des Königs und sagte mit einem tiefen Seufzer:

»Gott ist mein Zeuge, Sire, daß ich in meinem Leben nichts mit größerem Widerwillen gethan habe.«

»Warum, alter Freund?« fragte der König.

»Weil ich nun schon seit drei Nächten, Sire, davon träume, es werde Euch heute ein Unglück geschehen und der letzte Juni Euch verderblich seyn.«

»Ich kenne die Geschichte,« antwortete der König, »und weiß woher der Wind weht.«

»Ich verstehe Euch nicht, Sire.«

»Du hast diesen Morgen mit der Königin gesprochen.«

»Ich habe nur gestern die Ehre gehabt, die Königin zu sehen.«

»Und sie hat mit Dir von ihrer Einbildung gesprochen, nicht wahr?«

»Vor drei Tagen habe ich die Ehre gehabt mit der Königin zu sprechen, aber was sie sagte, betraf nicht die Besorgniß, die ich eben ausgedrückt habe. Uebrigens,« fuhr Vieilleville etwas gereizt darüber fort, daß der König zu glauben schien, er mache sich zum Echo einer andern Person, »kann der König thun was ihm beliebt, denn er ist Herr und Gebieter.«

»Soll ich Dir sagen, warum Du Furcht hast?« entgegnete der König. »Du bist Hofmarschall nur auf mein Wort und dein Patent ist noch nicht unterschrieben; aber beruhige Dich, Vieilleville, Du sollst es haben, wenn ich nicht ganz und gar das Leben verliere; sollte ich nicht meinen ganzen Namen mehr unterzeichnen können, so schreibe ich meinen Anfangsbuchstaben darunter und das genügt auch.«

»Sobald Ew. Majestät es also nimmt, bleibt mir nur übrig, um Verzeihung wegen der Freiheit zu bitten, die ich mir genommen; aber seyd überzeugt, Sire, wenn Euch ein Unglück begegnet, klage ich nicht wegen meines Patents, sondern wegen des Unglücks des Königs.«

Und er setzte ihm dem Helm auf.

In diesem Augenblicke trat der Admiral Coligny ein.

Er war vollständig geharnischt und ließ sich nur den Helm durch einen Pagen nachtragen.

»Vergebt, Sire,« sagte er, »aber ich fürchte, es ist in dem Programm des letzten Tages etwas geändert. Man spricht von einem allgemeinen Kampfe zu Ende des Rennens und ich wünsche zu wissen, was Wahres daran ist, weil, wenn ein allgemeiner Kampf stattfinden sollte, ich Ew. Majestät etwas Wichtiges zu sagen habe.«

»Nein,« antwortete der König, »ich weiß von nichts der Art; aber sagt mir nur immer, was Ihr sagen wolltet, lieber Admiral.«

»Sire,« antwortete Coligny, »verzeiht eine Frage, die mir wahrhaftig nicht gewöhnliche Neugierde eingibt. Mit wem gedenkt der König zu rennen?«

»Ah, lieber Admiral, das ist kein Geheimnis, und Ihr mußtet tief in eure theologischen Untersuchungen versunken gewesen seyn, daß Ihr dies nicht wisset. Ich renne zuerst gegen Guise, dann gegen Nemours und endlich gegen Ferrara.

»Sonst nicht?«

»Nein, ich glaube wenigstens nicht.«

Der Admiral verbeugte sich und sagte: »Dann erlaube mir der König, mich zu freuen; sonst wünsche ich nichts zu wissen.«

Die Trompeten schmetterten bald darauf und das Turnier begann:

Wie der König gesagt hatte, die Partie begann zuerst zwischen ihm und Guise; es ging vortrefflich; beide zeigten ihre ganze Gewandtheit, bei dem dritten Rennen indeß war der Stoß so heftig, daß Guise beide Steigbügel verlor und sich an dem Sattelbogen halten mußte, um nicht zu fallen.

Die Ehre blieb demnach dem Könige, obgleich mehrere sagten, die Schuld liege nicht an Guise, sondern an dessen Pferde.

Nach diesen drei Rennen kam die Reihe an Nemours.

Der König ließ den Sattel seines Pferdes wieder fest schnallen und wählte selbst sorgsam die Lanze.

Nemours entsprach dem Rufe von seiner Kraft und Gewandtheit, aber der König verlor auch nichts von dem seinigen. Bei dem dritten Rennen stürzte das Pferd Jakobs von Savoyen und da sein Gegner sitzen blieb, so erklärten die Kampfrichter, der König sey Sieger.

Endlich gaben die Trompeten das Zeichen zum letzten Rennen zwischen dem Könige und dem Herzoge von Ferrera.

Wie erfahren Alfons von Este, der sein Herzogthum durch Feste, Turniere und Carrousels herabbringen sollte, in solchem Spiele auch seyn mochte, war er doch für den König kein zu fürchtender Gegner und die Königin begann dann auch allmälig sich etwas zu beruhigen.

Die Sterne hatten gesagt, daß nach dem 30. Juni für ihren Gemahl nichts mehr zu fürchten sey und derselbe lange und glücklich über Frankreich herrschen werde.

Die Trompeten bliesen und der Herzog und der König liefen die drei Rennen.

In dem letzten verlor Alfons beide Steigbügel, während der König unbeweglich blieb.

Der König war also auch diesmal Sieger.

Aber es war noch nicht vier Uhr Nachmittags; der Beifall hatte den König berauscht, und er wollte die Schranken noch nicht verlassen.

»Bei Gott’s Tod!« rief er, als die Kampfrichter erklärten, es sey Alles vorüber. »Damit wäre der Sieg zu leicht errungen.«

In diesem Augenblicke bemerkte er Montgomery, der in voller Rüstung, aber ohne Helm, an der Bastion der Gegner stand.

»Montgomery,« rief er, »Guise hat mir gesagt, Ihr hättet ihn gestern beinahe aus dem Sattel gehoben und Ihr wäret der wichtigste Kämpfer. Auf! Ich will ein Glas Wein trinken, um mich zu erquicken, setzt Ihr unterdeß den Helm auf, wir wollen noch eine Lanze brechen zu Ehren der Damen.«

»Sire,« entgegnete Montgomery, »mit großem Vergnügen würde ich die Ehre annehmen, aber man hat alle Lanzen verbraucht.«

»Wenn auf eurer Seite die Lanzen aufgebraucht sind, Montgomery, so habe ich noch Vorrath und ich werde Euch drei senden, damit Ihr wählen könnet.«

Er gab den Befehl, stieg vom Pferde, ging in seine Bastion, ließ sich den Helm abnehmen und verlangte zu trinken.

In diesem Augenblicke, eben als er den Becher in der Hand hielt, trat der Herr von Savoyen ein.

»Einen Becher für den Herrn von Savoyen!« rief der König. »Er soll mit mir trinken, er auf das Wohl Margarethens, ich auf das Wohl meiner Dame.«

»Sire,« antwortete Emanuel, »gern will ich Euch Bescheid thun, erst aber erlaubt mir, meine Botschaft auszurichten.«

»Sprecht!«

»Ich komme im Namen der Königin Catharina, Sire, Euch zu bitten, nicht noch einmal zu rennen… Alles ist glücklich beendiget; sie wünscht dringend, Ew. Majestät möge es dabei bewenden lassen.«

»Schwager,« entgegnete der König, »habt Ihr nicht gehört, daß ich Herrn von Montgomery aufgefordert und ihm Lanzen zur Wahl geschickt habe? Sagt der Königin, ich würde noch diesmal aus Liebe zu ihr rennen, dann sey alles vorbei.«

»Sire,« bat der Herzog.

»Einen Becher! Einen Becher für den Herrn von Savoyen und für die Gesundheit, die er auf meine Schwester trinkt, gebe ich ihm das Marquisat Saluzzo zurück, aber man hindere mich nicht, diese letzte Lanze zu brechen.«

»Ihr werdet sie doch nicht brechen, Sire!« sagte eine zweite Stimme hinter Heinrich.

Der König drehte sich um und erkannte den Connétable.

»Ach, Du bist es, alter Bär! Was hast Du zu thun, wenn Du nicht etwa durstig bist? Dein Platz ist in den Schranken.«

»Der König irrt,« entgegnete Montmorency; »mein Platz war in den Schranken, so lang dieselben offen standen, aber sie sind geschlossen und ich bin nicht mehr Kampfrichter.«

»Geschlossen?« fragte der König »Noch nicht! Ich habe noch eine Lanze zu brechen.«

»Sire, die Königin Catharina…«

»Kommst Du auch von ihr?«

»Sire, sie beschwört Euch…«

»Einen Becher! Einen Becher für den Connétable!« rief der König.

Der Connétable nahm den Becher brummend und sagte dann:

»Sire, nach dem Frieden, den ich geschlossen habe, glaubte ich kein ganz gewöhnlicher Gesandter zu seyn, aber Ew. Majestät beweiset mir, daß ich eine zu gute Meinung hatte und ich wieder in die Schule gehen müsse.«

»Ah,« sagte der König, »Connétable, jeder von uns trinkt auf das Wohl seiner Dame: Ihr, Schwager auf das Wohl Margarethens, die Perle der Perlen; Ihr, Connétable, auf das Wohl der Frau von Valentinois, der Schönsten der Schönen, und ich auf das Wohl der Königin Catharina, Herzog, und Ihr, Connétable, sagt ihr, daß ich diesen Becher auf ihr Wohl geleert habe und daß ich diese letzte Lanze ihr zu Ehren breche.«

Gegen solche Hartnäckigkeit war nicht anzukämpfen. Die beiden Boten verbeugten sich und gingen.

»Meinen Helm, Vieilleville!«

Aber statt Vieilleville’s trat Coligny ein.

»Ich bin es wiederum, Sire,« sagte er; vergebt mir.«

»Es ist schon vergeben, Admiral, und da Ihr einmal da seyd, so thut mir den Gefallen, schnallt mir den Helm fest.«

»Vorher, Sire, ein Wort.«

»Nein, lieber Admiral, nachher.«

»Nachher könnte es zu spät seyn.«

»So redet, aber so rasch als möglich.«

»Sire, Ihr werdet nicht gegen Montgomery rennen.«

»Ah, Ihr auch! Gerade Ihr, Ihr solltet nicht abergläubisch seyn. Solche Dinge verzeiht man allenfalls der Königin, die Katholikin und überdies Florentinerin ist.«

»Hört mich an, Sire,« antwortete Coligny ernst. »Was ich zu sagen habe, ist um so gewichtiger, da es von einem nun verstorbenen großen Kaiser kommt…«

»So habt Ihr mir etwas von Carl V. zu sagen vergessen, als Ihr von Brüssel kamt?«

»Ich habe es nicht vergessen, auch darnach gehandelt, als ich Euch veranlaßte, Herrn von Montgomery nach Schottland zu senden.«

»Der Rath kam in der That von Euch. Nun, er ist dort gewesen und hat mir wohl gedient.«

»Ich weiß es, Sire, aber es ist Euch vielleicht unbekannt, warum ich Euch den Rath gab, Montgomery nach Schottland zu senden.«

»Allerdings.«

»Der Kaiser Carl V. wußte von seinen Astrologen, daß Herr von Montgomery zwischen den beiden Augenbrauen ein Zeichen hat, welches andeutet, es werde eines Tages einem Fürsten der Lilien Unglück bringen.«

»Bah!«

»Der Kaiser Carl V. trug mir auf, Euch dies mitzutheilen; da ich aber Herrn von Montgomery für Einen eurer treuesten Diener hielt und der Meinung war, er könne einem Fürsten der Lilien höchstens unfreiwillig Unglück bringen, auch ihm bei Euch zu schaden glaubte, wenn ich von der Prophezeiung spräche, so begnügte ich mich dem Könige zu rathen, ihn der Regentin von Schottland zu Hilfe zu senden. Heute, als ich glaubte, es solle ein allgemeiner Kampf stattfinden, erkundigte ich mich bei Ew. Majestät, um, wenn der allgemeine Kampf beschlossen werde, Herrn von Montgomery davon fern zu halten oder doch darauf zu achten, wie das letzte Mal, daß er mit Ew. Majestät nicht zusammen treffe. Der allgemeine Kampf erfolgt nicht, ich kann also nichts thun; da aber Ew. Majestät Herrn von Montgomery zum Ende noch herausgefordert hat, so wende ich mich an Euch, Sire, und sage, in der Hoffnung das Rennen zu verhindern: Sire, was ich Euch über den Grafen von Lorges mitgetheilt habe, hat der Kaiser Carl V. selbst mir gesagt. Sire, um Gottes willen, rennt nicht mit Herrn von Montgomery! Herr von Montgomery wird einen Fürsten der Lilien ins Unglück stürzen und von allen ist ja der König von Frankreich der größte.«

Heinrich stand eine kurze Zeit nachdenklich da, dann legte er die Hand aus Coligny’s Schulter und sagte:

»Admiral, wenn Ihr mir dies heute früh gesagt hättet, würde ich Montgomery wahrscheinlich nicht aufgefordert haben, jetzt ist es geschehen und ich kann nicht zurück treten; es würde aussehen als fürchte ich mich… Ich danke Euch nichts desto weniger, Herr Admiral, es ist zu spät, ich breche die Lanze.«

»Sire,« sagte Einer der eintretenden Knappen, »der Graf von Montgomery ist bereit.«

»Gut, Freund, schnalle mir meinen Helm fest und laß die Trompeten blasen.«

Der Helm wurde festgeschnallt, die Musiker aber, welche geglaubt, das Fest sey zu Ende, hatten sich bereits entfernt.

Man meldete dies dem Könige und sagte, sie sehen noch nicht zu weit entfernt und man werde sie bald zurückholen können.

»Es dauert zu lang,« entgegnete der König. »Wir rennen also ohne Musik.«

Er stieg zu Pferd und rief:

»Nun, Montgomery, seyd Ihr bereit?«

»Ja, Sire,« antwortete der Graf, der an der andern Seite erschien.

»Lasset laufen!« sagten die Kampfrichter, der Herzog von Savoyen und der Connétable, und in der tiefsten Stille trafen die beiden Rennenden in der Mitte zusammen. Beider Lanzen brachen.

Mit einem Male sah man mit großer Verwunderung die Füße des Königs die Steigbügel verlassen, seine Arme den Hals des Pferdes umfassen, dessen Zügel er los ließ und das fortlief, während Montgomery, wie erstaunt vor Entsetzen, den Lanzenstumpf aus seiner Hand warf.

Gleichzeitig sprangen Vieilleville und Boissy, die nach der Haltung des Königs vermutheten, daß etwas Ungewöhnliches geschehen sey, über die Barriere, faßten den Zaum des Pferdes und riefen:

»Um Gottes willen, was ist es, Sire?«

»Ihr,…« stammelte der König. »hattet Recht, mein lieber Vieilleville, als Ihr Euch dem verfluchten Rennen widersetztet.«

»Seyd Ihr verwundet,« Sire?« fragte der Oberkammerherr bestürzt.

»Ich glaube – auf den Tod,« antwortete der König so schwach, daß man seine Worte kaum verstehen konnte.

Der Lanzenstich Montgomery’s war an der Rüstung des Königs hinaufgeglitten, hatte das Visir aufgeschlagen und ein Splitter war durch das Auge bis in das Gehirn gedrungen. Er nahm indeß alle seine Kräfte noch einmal zusammen, und sagte:

»Man thue Herrn von Montgomery nichts zu Leide, er hat durchaus keine Schuld.«

Die Zuschauer zerstreuten sich als habe der Blitz mitten unter sie geschlagen; jeder floh und rief:

»Der König ist todt! der König ist todt!«

VIII.
Das Sterbebett

Die Herren von Boissy und Vieilleville trugen den König in sein Zimmer und legten ihn in voller Rüstung auf sein Bett.

Man konnte ihm den Helm nicht abnehmen; der Holzsplitter war in der Wunde geblieben und ragte zwei bis drei Zoll hervor.

Die Aerzte eilten herbei. Es waren fünf, aber keiner wollte es auf sich nehmen, den Lanzensplitter aus der Wunde zu ziehen, und obgleich die Königin Catharina, der Dauphin und die Prinzessinnen, die allein hatten eintreten dürfen, sie beschwuren, dem Verwundeten Hilfe zu bringen, sahen sie einander doch kopfschüttelnd an und sagten:

»Man hole so schnell als möglich Ambrosius Paré, denn ohne ihn unternehmen wir nichts.«

»Man hole Paré, wo er auch seyn möge!« sagte die Königinn, und sogleich eilten Diener, Pagen u.s.w. hinweg, um den berühmten Wundarzt zu suchen, der damals auf dem Gipfel seines Ruhmes stand und der Leibchirurg des Königs war.

Man fand ihn in dem Stübchen eines armen Dachdeckers, der gestürzt war und den Fuß gebrochen hatte, und führte ihn zu dem Könige.

Er war ein Mann von fünf- bis sechsundvierzig Jahren, in ernster Haltung, mit gesenktem Haupte und sinnenden Augen.

Als er erschien, machten ihm alle Platz, damit er sogleich an das Bett des Königs gelange. Alle Blicke richteten sich auf ihn, denn er galt für den Einzigen in Frankreich, welcher das Leben des Königs zu retten vermöge, wenn dieses Leben zu retten sey.

Wir sagen »in Frankreich,« denn außerhalb Frankreich gab es noch einen, dessen Ruf größer war als der Paré’s welcher ihn auch selbst seinen Meister nannte, Andreas Vesalius, der Leibarzt Philipps II.

In den Zügen Paré’s erkannte man nichts von seiner Meinung, man sah nur, daß er bei dem Anblicke der Wunde des Königs erblasste.

»Vergeßt nicht,« sagte Catharina von Medici zu ihm, »daß ich den König von Frankreich Euch übergebe.«

Paré ließ seinen Arm sinken und antwortete:

»Madame, in dem Zustande, in welchem sich euer durchlauchtigster Gemahl befindet, ist der wirkliche König von Frankreich nicht er, sondern sein Nachfolger. Ich bitte um Erlaubniß ihn zu behandeln, wie ich einen gemeinen Soldaten behandeln würde, denn nur darin liegt eine Möglichkeit, ihn zu retten.«

»Es gibt also noch eine Möglichkeit?« fragte die Königin.

»Ich behaupte es nicht.«

»So thut, was Ihr vermögt; man weiß ja, daß Ihr der geschickteste Mann im Lande seyd.«

Ambrosius antwortete nicht, legte aber die linke Hand an den Helm oben, faßte den im Auge gebliebenen Splitter mit der rechten Hand und zog ihn aus der Wunde mit so sicherer Bewegung als behandelte er einen gemeinen Soldaten.

Der Verwundete zitterte an allen Gliedern und seufzte.

»Jetzt nehme man dem Könige den Helm und den Harnisch ab, aber so schonend als möglich.«

Vieilleville faßte den Helm des Königs, aber seine Hand zitterte so sehr, daß der Arzt ihn zurück hielt und sagte:

»Lasset es mich thun, denn meine Hand hat allein das Recht nicht zu zittern.«

Er legte den Kopf des Königs auf seinen linken Arm und schnallte langsam, aber sicher den Helm ab.

Die Rüstung war leichter abzunehmen; es geschah auch, ohne daß der König eine Bewegung machte.

Dann schritt der Arzt zum Verbande.

An dem Splitter, den man wohlbedacht auf den Tisch gelegt, hatte er erkannt, daß derselbe fast drei Zoll tief in den Kopf eingedrungen. Es war eine entsetzliche Wunde!

Auf diese legte er sofort gestoßene Kohle, deren man sich damals statt der Charpie bediente, dann eine Compresse, die mit kaltem Wasser befeuchtet war und die alle Viertelstunden erneuert werden sollte.

Bei der Berührung des kalten Wassers zuckte das Gesicht des Verwundeten, – also war noch nicht alles Gefühl erloschen.

Der Arzt schien sich darüber zu freuen, dann wendete er sich an die weinende königliche Familie und sagte zu der Königin:

»Ich kann über den Ausgang nichts vorhersagen, nur so viel, daß der Tod nicht sofort erfolgen wird; ich möchte Euch darum rathen, daß Ihr Euch Ruhe gönntet und Linderung für euren Schmerz sucht. Ich werde von diesem Augenblicke bis zum Tode oder zur Heilung des Königs nicht von dem Bette weichen.«

Catharina trat zu dem Verwundeten und bückte sich, um ihm die Hand zu küssen, dabei zog sie ihm aber den berühmten Ring vom Finger, welchen man dem König schon einmal weggenommen hatte und in dem das Geheimniß der langen Liebe zu Diana von Poitiers liegen sollte.

Der Verwundete erbebte, als fühle er, daß man ihm mit Gewalt etwas aus dem Herzen reiße, wie er gebebt hatte, als man ihm den Lanzensplitter aus der Wunde zog.

Der Arzt trat rasch hinzu und fragte:

»Verzeiht, was thatet Ihr dem Könige?«

»Nichts,« antwortete Catharina, welche den Ring in ihrer Hand festhielt; »er erkannte mich vielleicht in seiner tiefen Ohnmacht.«

Hinter Catharina entfernten sich der Dauphin und die andern Prinzen und Prinzessinnen.

Vor dem Gemach des Königs traf Catharina Herrn von Vieilleville, welcher sich umgekleidet hatte, da er von dem Blute des Königs ganz bedeckt gewesen war.

»Wohin geht Ihr?« fragte sie ihn.

»Es ist meine Pflicht, Se. Majestät nicht zu verIassen.«

»Sie trifft mit meinen Wünschen zusammen, denn ich habe Euch immer für einen guten Freund gehalten.«

Vieilleville verbeugte sich und obgleich Catharina ihre »guten Freunde« noch nicht so mißhandelt hatte, wie sie es später that, hörte sich Vieilleville doch nicht ohne Besorgniß diesen Titel geben.

»Madame,« sagte er« »ich danke Ew. Majestät demüthig für die Achtung, die Ihr mir gewährt und werde Alles aufbieten, um sie nicht zu verlieren.«

»Ihr habt dazu nur Eins zu thun, Herr Graf, und es ist überdies sehr leicht: haltet Frau von Valentinois und die Leute des Connétable ab, zu dem Könige zu gelangen.«

»Aber,« entgegnete Vieilleville ziemlich verlegen über diesen Auftrag, der allerdings seine Gunst befestigte, wenn der König starb, sie aber sehr gefährdete, wenn er genas, »aber wenn die Herzogin von Valentinois darauf besteht…«

»So sagt ihr, lieber Graf: so lange der König Heinrich bewußtlos sey, regiere die Königin Catharina von Medici und diese Königin wolle nicht, daß die Buhlerin Diana von Poitiers in das Zimmer ihres sterbenden Gemahls trete.«

»Hm! hm!« sagte Vieilleville, der sich hinter dem Ohr kratzte; »es soll einen gewissen Ring geben…«

»Ihr irrt Euch, Herr Graf; diesen Ring gibt es nicht mehr, denn ich habe ihn hier und ihn vom Finger unseres geliebten Gemahls gezogen, um – wenn er, was Gott verhüte! verscheiden sollte – mit seinem Petschaft euer Patent als Marschall von Frankreich zu untersiegeln, das bekanntlich noch nicht unterzeichnet ist.«

»Madame,« antwortete Vieilleville, den der Anblick des Ringes beruhigte, wie ihn das Versprechen Catharina’s ermuthigte, »Ihr seyd Königin und eure Befehle werden vollzogen werden.«

»Ich wußte es wohl, das Ihr mein Freund seyd, mein lieber Vieilleville.«

Sie entfernte sich und nahm aller Wahrscheinlichkeit nach in ihrem Herzen noch größere Menschenverachtung mit sich.

Der König lag vier Tage bewegungslos da, in diesen vier Tagen erschien Frau von Valentinois mehrmals, aber sie wurde nicht einmal eingelassen.

Einige ihrer Freunde riethen ihr das Schloß Tournelles zu verlassen und die Ereignisse in ihrer Wohnung im Louvre abzuwarten oder selbst in ihrem Schlosse Anet, da ihr, wenn sie bleibe, recht wohl ein Unglück begegnen könnte; aber sie antwortete stets, ihr Platz sey da, wo sich der König befinde und sie fürchte nichts, so lang der König noch Leben habe, denn selbst ihre erbittertsten Feinde würden nichts gegen ihr Leben oder nur gegen ihre Freiheit zu unternehmen wagen.

Am dritten Tage Abends, etwa zweiundsiebzig Stunden nach dem Unglücke, stieg ein ganz mit Staub bedeckter Mann von einem schäumenden Pferde vor dem Palaste Tournelles ab und sagte, er komme von dem Könige Philipp und wünsche den König Heinrich zu sehen, wenn er noch lebe.

Man weiß, welche Befehle gegeben waren.

»Welchen Namen haben wir Ihrer Majestät der Königin zu nennen?« fragte man.

»Nicht die Königin soll meinen Namen erfahren, sondern mein gelehrter College Paré. Ich heiße Andreas Vesalius.«

Der Diener trat in das Gemach des noch immer ohnmächtigen Königs und zu Paré, der einen frischabgeschnittenen Kopf in der Hand hatte und im Inneren des Gehirnes die noch unbekannten Geheimnisse des menschlichen Lebens und Geistes suchte.

Er ließ sich den Namen wiederholen, und als er sich überzeugt hatte, daß er sich nicht täusche, äußerte er seine Freude laut.

»Meine Herren,« sagte er, »eine gute Nachricht! Wenn der König durch menschliche Wissenschaft gerettet werden kann, so ist dieses Wunder nur durch einen Mann zu bewirken. Meine Herren, dankt Gott, dieser Mann ist da!«

Er öffnete selbst rasch die Thür und sagte: .

»Tretet ein, tretet ein, der Ihr hier der einzige und wirkliche König seyd!« Und zu Vieilleville setzte er hinzu: »Herr Graf, meldet der Königin, daß der berühmte Vesalius sich am Bette ihres Gemahls befindet.«

Vieilleville freute sich, der Königin eine anscheinend gute Nachricht bringen zu können und eilte aus dem Zimmer, in dessen Thür ihm ein Mann von etwa sechsundvierzig Jahren, von mittlerer Größe mit klugem, lebhaften Auge, brauner Farbe und krausem Haar und Bart entgegen trat.

Dieser Mann war in der That Andreas Vesalius, den der König Philipp eilig sandte, nachdem er durch einen Eilboten des Herzogs von Savoyen von dem Unglücke seines Schwiegervaters gehört hatte.

Man weiß, welchen unermeßlich großen Ruf Vesalius damals genoß und wunderte sich also nicht über die Art, wie ihn ein so gewissenhafter und bescheidener Mann, wie Paré, empfing, der in der Geschicklichkeit der Hand, in dem Ausschneiden einer Kugel, in dem Abnehmen eines Gliedes, wohl größer war, aber in der Theorie und namentlich in der Anatomie weit zurück stand.

Die Anatomie war das Studium des ganzen Lebens des Brabanters gewesen. In einer Zeit, in welcher das religiöse Vorurtheil den Leichnam weihte und sich dem widersetzte, daß man die Geheimnisse des Lebens selbst in den Todten suche, hatte er sich dem Hasse der Fanatiker ausgesetzt, um die Wissenschaft einige Schritte weiter zu bringen.

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10 декабря 2019
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