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Читать книгу: «Der Page des Herzogs von Savoyen», страница 32

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II.
Was in dem Schloß Tournelles und in den Straßen von Paris in den ersten Tagen des Monat Juni 1559 geschah

Am 5. Juni des Jahres 1559 kam ein glänzender Reiterzug, bestehend aus zehn Trompetern, einem Wappenkönig, vier Herolden, hundertundzwanzig Pagen und dreißig bis vierzig Knappen, welche den Zug schlossen, aus dem königlichen Schlosse Tournelles bei der Bastille, bewegte sich unter einer großen Menschenmenge, die solche Pracht noch nicht gesehen hatte, weiter und hielt auf dem Platze vor dem Rathhause.

Hier bliesen die Trompeter dreimal, damit die Leute Zeit hätten, die Fenster zu öffnen und auf der Straße heranzukommen; als dann die Menge dicht geschaart stand, als Aller Augen und Ohren geöffnet waren, breitete der Wappenkönig ein großes Pergament mit dem königlichen Siegel aus, die Herolde riefen dreimal: »Still! Hört was gesagt werden wird!« und der Wappenkönig begann zu lesen:

»Im Namen des Königs!

»Nachdem in einem langen, heftigen und grausamen Kriege die Waffen an verschiedenen Orten unter Vergießung von Menschenblut und anderer verderblichen Thaten, die der Krieg erzeugt, geführt worden sind, und Gott durch seine heilige Gnade und Barmherzigkeit der ganzen Christenheit, die durch solch Ungemach betrübt war, die Ruhe eines guten und sichern Friedens geben wollte, ist es mehr als billig, daß ein Jeder sich anschickt, mit allen Aeußerungen der Freude eine so große Wohlthat zu preisen und zu rühmen, welche alle Feindseligkeiten und Bitterkeiten in Freundschaft und Liebe verwandelt durch die engen Verbindungen, welche in Folge des Vertrages über den genannten Frieden geschlossen werden, nemlich:

»Zwischen dem allerdurchlauchtigsten, großmächtigsten, Fürsten Philipp, katholischen Könige von Spanien, und der durchlauchtigsten, vortrefflichsten Prinzessin Elisabeth, älteren Tochter des allerdurchlauchtigsten, großmächtigsten Königs Heinrich, des Zweiten dieses Namens, unsers allergnädigsten Herrn;

»Und zwischen dem durchlauchtigen, großmächtigen Fürsten Emanuel Philibert, Herzoge von Savoyen und der durchlauchtigsten, vortrefflichsten Prinzessin Margarethe von Frankreich, Herzogin von Berry, einzigen Schwester des genannten allerchristlichsten Königs, unseres gnädigen Herrn.

»Dieser nun, in Betracht, daß bei den sich darbietenden Gelegenheiten die Waffen, die von jeder Grausamkeit und Gewaltthat abgewendet sind, mit Vergnügen und Nutzen dort von denen gebraucht werden können, die sich in lobenswerthen Thaten üben wollen,

»Macht demnach allen Fürsten und Herren, Rittern und Knappen bekannt, daß in der Hauptstadt Paris Se. Majestät der allerchristlichste König, die Fürsten Alphons von Este, Herzog von Ferrara, Franz von Lothringen, Herzog von Guise und Jacob von Savoyen, Herzog von Nemours, sämmtlich Ritter des Ordens, bereit sind, mit einem jeden, der sich gebührend ausweiset, vom sechzehnten Tage des gegenwärtigen Monats an nach bestimmten Regeln und Verordnungen zu kämpfen u.s.w.

»Zum Zeichen der Wahrheit haben Wir, Heinrich von Gottes Gnaden König von Frankreich, dies eigenhändig unterzeichnet.

Heinrich.«

Nachdem dies verlesen war, riefen die die Herolde dreimal:

»Es lebe der König Heinrich, dem der Herr lange und glorreiche Tage gebe!«

Die ganze Schaar wiederholte den Ruf, in den auch die versammelte Menge einstimmte.

Darauf begab sich der Zug weiter, um an verschiedenen Orten dieselbe Ceremonie zu wiederholen. Zuletzt kehrte er in das Schloß Tournelles zurück, wohin der König seinen Hof verlegt hatte.

Acht Tage vorher war nemlich dem Könige angezeigt worden, daß der Herzog von Alba, der den König Philipp II. bei der Trauungsceremonie vertreten solle, mit dreihundert spanischen Edelleuten auf dem Wege nach Paris sey.

Alsbald hatte der König den Louvre geräumt, um denselben dem Herzog von Alba zu überlassen und mit seinem Hofe den Palast Tournelles zu bewohnen. Ebenso hatte er sofort den Connétable dem Herzog entgegengesandt.

Um zwei Uhr Nachmittags am letzten Maisonntage hielten die Spanier ihren glänzenden Einzug in Paris. Ihre Anzahl belief sich im Ganzen auf mehr denn fünfhundert Reiter.

Bei der Vorlesung der obengenannten Ankündigung waren denn auch fast so viele Spanier als Franzosen gegenwärtig gewesen.

Wir brauchen kaum zu bemerken, daß der König große Arbeiten für die Turniere hatte ausführen lassen.

Das längliche Gebäude, in dem sie abgehalten werden sollten, war von Brettern aufgeführt und mit blau- und gelbgestreifter Zeltleinwand überdeckt.

An den beiden Seitenverlängerungen befanden sich Galerien für die Zuschauer, die Herren und Damen vom Hof.

Nach dem Schlosse zu führten drei große Eingänge hinein, welche im Ganzen so ziemlich die Form der drei Oeffnungen eines Triumphbogens hatten.

Die vier Aufforderer waren, wie wir gesehen haben:

der König Heinrich II. von Frankreich;

der Fürst von Ferrara, Alphons von Este;

Franz von Lothringen, Herzog von Guise;

Jakob von Savoyen, Herzog von Nemours.

Vier Maste mit Fähnchen trugen ein jeder ein Wappenschild eines dieser Kämpen. Die Angreifenden – die auf der entgegengesetzten Seite der Schranken hereinkamen, wo ein großer Saal gebaut war, in dem sie sich an- und auskleiden konnten – mußten mit ihrem Lanzenschaft das Schild desjenigen berühren, mit dem sie kämpfen wollten. Auf dieser wie auf der entgegengesetzten Seite konnte eine Barriere geöffnet werden, um Pferd und Reiter einzulassen.

Vielleicht geschah aber, was bei solchen Gelegenheiten oft geschah, daß der Haß sich einmischte, daß einer den Schild mit der Lanzenspitze berührte und dadurch andeutete, daß er mit dem Besitzer des Wappens einen ernsten Kampf bestehen wolle. Der König mußte dazu allerdings seine Genehmigung geben; würde er aber den Muth haben, sie zu versagen?

Der innere Raum der Schranken, in welchem die Rennen stattfinden sollten, war fünfzehn Schritte breit und fünfundvierzig lang, so daß Zwei gegen Zwei, ja Vier gegen Vier rennen konnten.

Diese Schranken waren durch lange Hölzer in der Höhe von drei Fuß geschlossen, die man mit Zeug überzogen hatte. Barrieren, die sich an jedem Ende öffneten, erlaubten den Kampfrichtern sich hinein zu begeben.

Es gab so viele Kampfrichter als Ausforderer, also vier.

Es waren:

der Prinz von Savoyen, Emanuel Philibert;

der Connétable von Montmorency;

der Großstallmeister Herr von Boissy;

der Oberkammerherr und Marschall Herr von Vieilleville.

Ein jeder hatte an einer der Ecken des vierseitigen Raumes am Ende eine kleine Bastion mit seinem Wappen darüber.

Zwei dieser Bastionen, die des Herzogs von Savoyen und des Connétable, befanden sich an der Seite des Palastes Tournelles; die beiden andern an der andern Seite.

Ueber der Bastion der Aufforderer war der Balcon für die Königin, die Prinzen und Prinzessinnen angebracht, ganz mit Goldbrocat belegt, eine Art Thron für die Königin, Sessel für die Prinzen und Prinzessinnen und niedrigere Stühle für die Hofdamen.

Der König besuchte jeden Tag den noch leeren Raum und wartete mit Ungeduld auf den Beginn der Festlichkeiten.

III.
Nachrichten aus Schottland

Am 21. Juni kam eine nicht minder glänzende Cavalcade als die des Herzogs von Alba aus Brüssel nach Paris.

Sie wurde von Emanuel Philibert, dem künftigen Gemahl der Prinzessin Margarethe von Frankreich, Herzogin von Berry geführt.

In Écouen machte man Halt und man bemerkte, daß der Prinz mit seinem Pagen sich in ein Haus begab, das sie zu erwarten schien.

Das Haus lag im Grünen vor der Stadt, hundert Schritte vor der Straße, und allein.

Nach zwei Stunden erschien der Prinz allein wieder und zwar mit dem traurigen Lächeln derer um die Lippen, welche ein großes Opfer gebracht haben.

Man bemerkte, daß der Page ihn verlassen hatte, der bisher nie von ihm gewichen war.

»Nun vorwärts, Ihr Herren,« sagte Emanuel, »man erwartet uns in Paris.«

Er wandte mit einem Seufzer den Kopf noch einmal – zurück, setzte sein Pferd in Galopp und gelangte an die Spitze seines Zuges.

In Saint-Denis traf Emanuel seinen ehemaligen Gefangenen, den Connétable, der ihm entgegenkam, wie er dem Herzog von Alba entgegengereist war.

Emanuel Philibert empfing die Complimente des Connétable mit artiger, aber ernster und trauriger Miene. Man fühlte, daß der Körper wohl den Weg nach Paris fortsetzte, daß aber das Herz zurückgeblieben war.

Zwischen Paris und Saint-Denis sah der Prinz einen bedeutenden Zug sich entgegenkommen; derselbe erschien offenbar seinetwegen, und er schickte Robert von Rovero ab.

Der Zug bestand aus zweihundert Herren aus Savoyen und Piemont, die sämmtlich schwarz gekleidet waren und eine goldene Kette am Halse trugen. Ihr Führer war der Graf von Roconis.

Sie schlossen sich dem Zuge Emanuels an.

Als sie am Thore erschienen, jagte ein Mann, der wahrscheinlich auf sie gewartet hatte, im Galopp davon. Es war der Bote des Königs, welcher die Ankunft des Prinzen melden sollte.

Der König erwartete demnach den Prinzen unten am Schloß Tournelles, und er hielt seine Schwester Margarethe an der Hand; hinter ihm auf der ersten Stufe der Vortreppe standen die Königin Catharina und die fünf Kinder, auf den andern Stufen amphitheatralisch die Prinzessinnen, Herren und Damen vom Hofe.

Emanuel Philibert hielt zehn Schritte von der Vortreppe sein Pferd an und sprang von demselben herunter, dann eilte er auf den König zu, dem er die Hand küssen wollte, der ihm aber die Arme öffnete und sagte:

»Umarmt mich, mein werther Bruder.«

Dann stellte er ihn der Prinzessin Margarethe vor.

Diese trug ein Kleid von fleischfarbenem Sammt mit weißen Puffen an den Aermeln und statt allen Schmuckes jenen prachtvollen emaillirten Gürtel mit den fünf goldenen Schlüsseln, welchen ihr der Hausirer im Namen ihres Bräutigams übergeben hatte.

Bei dem Anblicke Emanuels erröthete sie, dann reichte sie ihm die Hand, und der Prinz that wie der Hausirer gethan hatte, er ließ sich vor ihr auf ein Knie nieder und küßte die schöne Hand.

Darauf wurde er von dem Könige der Königin, den Prinzen und Prinzessinnen vorgestellt.

Alle hatten ihm zu Ehren den Schmuck angelegt, welchen die Hausirer gebracht hatten und den man für ein Hochzeitgeschenk hielt; da die Handelsleute nicht wieder gekommen waren.

Nur Maria Stuart hatte sich mit ihrem kostbaren Reliquienkästchen nicht schmücken können, da dasselbe die reichste Zierde ihres Betgemachs geworden war und später, nach dreißig Jahren, in der Nacht vor ihrem Tode, im Schlosse Fotheringay, die heilige Hostie aus Rom aufnehmen sollte, die sie am Tage der Hinrichtung bei der Communion empfing.

Emanuel Philibert seinerseits stellte dem Könige die Herren vor, welche ihn begleiteten.

Es waren die Grafen von Horn und Egmont, jene beiden Helden von Saint-Quentin und Gravelingen, die neun Jahre später als Märtyrer ihres Glaubens, auf dem Schaffot, verurtheilt von demselben Herzoge von Alba sterben sollten, der hinter dem Könige von Frankreich ihnen jetzt zulächelte und wartete, daß auch an ihn die Reihe komme, ihnen die Hand zu drücken.

Es war ferner Wilhelm von Nassau, ein schöner junger Mann von sechsundzwanzig Jahren, schon damals ernst in jener Traurigkeit, die ihm später den Beinamen des Schweigsamen erwerben sollte, und den man Prinz von Oranien nannte, weil er 1545 das Fürstenthum Oranien von seinem Oheim Renatus von Nassau geerbt hatte.

Es waren ferner die Herzoge von Braunschweig und die Grafen von Schwarzenberg und Mansfeld, die sich glücklicherweise nicht durch gewaltsamen Tod einen Namen erwerben sollten.

Mit einem Male, als solle diesem Vereine von Männern und Frauen, die das Geschick im Voraus gezeichnet hatte, nichts fehlen, sah man auf dem Boulevard her einen Reiter im Galopp ankommen, der bei dem Anblicke der glänzenden Schaar sein Pferd anhielt, abstieg, den Zügel seinem Knappen zuwarf und wartete, daß der König ihn anrede.

Er konnte dessen sicher seyn; er war so eilig herbeigekommen, hatte sein Pferd so kunstgewandt angehalten und war so leicht abgestiegen, daß Heinrich, ein vollendeter Reiter, ihn sicherlich betrachtete.

Auch rief der König in der That:

»Ah, Lorges, Lorges! Unser Capitän der schottischen Garde, den wir mit dreitausend Mann eurer Mutter, liebe Marie, zu Hilfe geschickt hatten und der uns Nachrichten aus eurem Reiche Schottland bringt, damit dem heutigen schönen Tage nichts fehle. Kommt her, Montgomery!« fuhr der König fort; »da wir große Feste haben werden, so sieh Dich vor, denn ein Sprichwort sagt, es sey immer gefährlich mit dem Feuer zu spielen.«

Der König Heinrich spielte auf den Unfall an, dessen Urheber Jacob von Montgomery, Vater Gabriels, gewesen war, als er bei der Scheinbelagerung von Saint-Paul, das er gegen den König Franz I. vertheidigte, diesen mit einem brennenden Holzstück an das Kinn traf und ihm eine Wunde beibrachte, die über hundert Jahre lang die Mode bezweckte, den Bart lang und das Kopfhaar geschoren zu tragen.

Montgomery trat zu dem Könige, ohne zu ahnen, daß er bei den bevorstehenden Spielen der Urheber eines weit schlimmeren Unfalls seyn sollte.

Er brachte aus Schottland gute politische und böse religiöse Nachrichten; Elisabeth unternahm nichts gegen ihre Nachbarin, die Grenzen waren ruhig, aber Schottland im Innern stand in Flammen.

Der Brand war die Reformation, der Brandstifter John Knox.

In Frankreich kannte man diesen schrecklichen Namen kaum, als Gabriel von Lorges, Graf von Montgomery, ihn aussprach. Was lag auch diesem eleganten Hofe der Valois, der in seinen Schlössern Louvres, Tournelles und Fontainebleau lebte; was lag Franz I. mit seiner Herzogin von Étampes, seinem Leonardo da Vinci, seinem Andrea del Sarto, seinem Benvenuto Cellini, seinem Rosso, Primatice, Rabelais, Budé, Lascaris und Marot; was lag Heinrich II. mit seiner Herzogin von Valentinois, mit Ronsard, Philibert Delorme, Montaigne, de Bèze, du Bellay, Amyot, dem Kanzler l‘Hospital, Jean Goujon, Serlio, Germain Pilon, Catharina von Medici und deren Fräuleins; was lag dieser ganzen eleganten, frivolen, muthigen, stolzen Welt, in deren Adern das französische und italienische Blut floß, die unaufhörlich die Geschichte mit dem Romane vermischte und aus Paris gleichzeitig Rom, Athen und Cordoba machen wollte; was lag diesen Königen, Prinzen und Prinzessinnen, diesen Edelleuten, Bildhauern, Malern, Schriftstellern, Baumeistern unter dem Regenbogen der Kunst, des Ruhmes und der Poesie daran, was auf einem Punkte der Welt vorging, den sie für das Ende der civilisirten ansahen, bei einem armen unwissenden, rohen Volke, das sie für ein Anhängsel Frankreichs, für eine jener Schmucksachen hielten, die durch das Metall merkwürdiger sind als durch die Arbeit daran. Sollte jenes Land sich eines Tages gegen seinen jungen König Franz, gegen seine junge Königin Marie Stuart auflehnen, nun so setzte man sich auf ein goldschimmerndes Fahrzeug, wie es Wilhelm gethan hatte, als er England eroberte, oder Roger, als er Sicilien unterwarf, nahte Schottland und beugte es mit einer goldenen Spange statt der Kette am Fuße, zu den Füßen der Enkelin Eduards, der Tochter Jacobs V., nieder.

Gabriel von Lorges sollte die Vorstellungen des französischen Hofes über Schottland berichtigen und der erstaunten Marie Stuart sagen, daß ihr größter Feind keineswegs die Königin von England, sondern ein armer Pfarrer sey, der dem römischen Hofe untreu geworden, John Knox.

Er hatte diesen John Knox in einem Volksauflaufe gesehen und eine schreckliche Erinnerung daran bewahrt; er hatte ihn in dem Auflaufe gesehen, von welchem Knox selbst mit den Worten spricht:

»Ich sah das Idol Dagons (das Crucifix) auf dem Straßenpflaster zerbrechen und Priester und Mönche mit zerrissenen Bischofsmützen, mit nachschleifenden Gewändern, mit zerfetzten Beinkleidern eilig entfliehen; graue Mönche den Mund öffnen, schwarze Mönche die Backen aufblasen, Kirchendiener keuchend entfliehen wie Raben und sich glücklich schätzen, so schnell als möglich ihr Nest zu erreichen, denn niemals hatte ein solcher Schreck dieses Geschlecht des Antichrist ergriffen.

Derjenige, aus dessen Munde der Wind kam, welcher einen solchen Sturm entfesselt hatte, mußte ein Titan seyn und er war es.

John Knox war in der That Eines der Elemente mit Menschenantlitz, wie man sie in den Tagen großer politischer und religiöser Umwälzungen erscheinen sieht.

Kommen sie in Schottland oder England bei der Kirchenreformation zu Tage, so heißen sie John Knox oder Cromwell.

Treten sie in Frankreich bei der Staatsreform auf, so nennt man sie Mirabeau oder Danton.

John Knox war 1505 in Ost-Lothian geboren, stand also zu der Zeit, von welcher wir sprechen, im vierundfünfzigsten Jahre. Er war in den geistlichen Stand getreten, als das Wort Luthers von Worms bis Edinburg schallte, und er begann alsbald mit dem Ungestüm seines Temperaments gegen den Papst und die Messe zu predigen. Da er 1552 zum Caplan des Königs von England, Eduard VI., ernannt worden war, hatte er bei der Thronbesteigung der blutigen Marie Großbritannien verlassen müssen und sich nach Genf zu Calvin begeben.

Als Marie gestorben war und Elisabeth auf dem Throne saß, hatte er die Zeit für günstig gehalten und war nach Schottland zurückgegangen, wohin er Tausende von Exemplaren einer Flugschrift mitgenommen, die er in Genf hatte drucken lassen und die sowohl gegen die Regentschaft Mariens von Lothringen als gegen die künftige Regierung der Marie Stuart gerichtet war. Sie hieß: »Gegen das Frauenregiment.«

In seiner Abwesenheit war der Baum der Reformation, den er gepflanzt, groß gewachsen und beschattete drei Viertheile von Schottland.

Er hatte ein katholisches Vaterland verlassen und fand ein protestantisches wieder.

Das war der Mann, den Marie zu fürchten hatte.

Hatte Marie wirklich etwas zu fürchten? Schottland lag ja für sie nicht blos fern im Raume, sondern auch in der Zukunft.

Was hatte sie, die Gemahlin des Dauphin von Frankreich, die Schwiegertochter eines kräftigen, jugendlich feurigen Mannes von kaum einundvierzig Jahren, mit Schottland zu schaffen?

Man wußte noch nicht, daß man bei den Valois so jung starb.

Bedurfte sie jener wilden Rose, die unter Felsen aufgeblüht war und die man die Krone Schottlands nannte, da ihr jene Krone Frankreichs in Aussicht stand, welche er, nach dem Ausspruche des Kaisers Maximilian, seinem zweiten Sohne geben würde, wenn er zwei Söhne hätte.

Es gab zwar jenes Horoskop, welches ein Astrolog am Tage der Geburt des Königs Heinrich II. gestellt hatte, jenes Horoskop, über das der Connétable so viel gespottet, das der König dem Herrn von Aubespine übergeben hatte und das aussagte, König Heinrich werde in einem Zweikampfe getödtet werden.

Es gab zwar jenes Zeichen, das Gabriel von Lorges zwischen den beiden Augenbrauen hatte und welches den Kaiser Carl V. so sehr beunruhigte, bis sein Astrolog ihm gesagt, jenes Zeichen bedrohe nur einen Fürsten mit den Lilien.

Aber war es wahrscheinlich, daß einer der größten Fürsten der Christenheit sich jemals in einem Zweikampfe schlagen werde, da Franz I., der vorzugsweise kampflustige König, sich nicht geschlagen hatte, als er Gelegenheit gehabt, sich mit seinem Nebenbuhler Carl V. zu messen?

War es wahrscheinlich, daß Gabriel von Lorges, Graf, von Montgomery, einer der Heinrich II. am meisten ergebenen Herren, der Capitän der schottischen Garde, der ihm bei der Wildschweinjagd im Walde von Saint-Germain, welcher wir beiwohnten, fast das Leben gerettet hatte, jemals eine mörderische Hand gegen den König erheben werde, dessen Tod sein Glück, seine ganze Zukunft untergrub?

Weder die Wirklichkeit also noch Prophezeiung, weder Gegenwart noch Zukunft konnte die schönen Gesichter dieses lustigen Hofes betrüben als die Glocken der Notre-Dame-Kirche ihm meldeten, alles sey bereit zu der ersten der Trauungen die stattfinden sollten, zu der des Königs Philipp II., den Herzog von Alba vertrat, mit Elisabeth von Frankreich, die man Elisabeth des Friedens nannte, weil diese Heirath so großen Einfluß auf den Frieden der Welt hatte.

IV.
Das Turnier in der Straße Saint-Antoine

Es war am 27. Juni 1559, als die Glocken von Notre-Dame zur Feier der Vermählung des Königs von Spanien mit der Tochter des Königs von Frankreich läuteten.

Der Herzog von Alba vertrat, in Begleitung des Prinzen von Spanien und des Grafen von Egmont, den König Philipp II., wie wir schon sagten.

An der Kirche versagten die Füße der armen Elisabeth den Dienst; man mußte sie halten, fast tragen, um sie in die Kirche hineinzubringen; Wilhelm von Oranien und der Graf von Egmont, die beiden von dem Geschick bezeichneten Männer, leisteten ihr diesen traurigen Dienst.

Emanuel sah sie mit einem mitfühlenden Lächeln an, dessen Bedeutung nur Scianca-Ferro errathen konnte, der Einzige, der wußte, wen der Prinz in Écouen zurückgelassen hatte.

Nach der Ceremonie kam man in den Palast zurück, wo ein großes Mahl wartete. Der Tag verging unter Concerten, und Abends eröffnete Emanuel Philibert den Ball mit der jungen Königin von Spanien, die keinen anderen Trost hatte als die Abwesenheit ihres königlicher Gemahls, von dem sie noch auf einige Tage fern war. Jacob von Nemours tanzte mit der Prinzessin Margarethe, Franz von Montmorency mit Diana von Castro und der Dauphin, den wir zuerst hätten nennen sollen, mit der Königin Maria Stuart.

Freunde und Feinde hatten sich für einen Augenblick geeinigt und jeder Haß schien eingeschlummert, wenn nicht erloschen zu seyn.

Nur bildeten Freunde und Feinde zwei völlig getrennte Gruppen:

Der Connétable mit allen seinen Söhnen, Coligny, Dandelot und drei Herren.

Franz von Guise mit allen seinen Brüdern, dem Cardinal von Lothringen, dem Herzog von Aumale, dem Herzog von Elbeuf.

Die Ersteren waren heiter, freudig, siegbewußt; die Letzteren finster, ernst, drohend.

Man sagte sich leise, wenn am andern Tag in den Schranken Einer der Montmorency auf Einen der Guise träfe, werde es keinen Scheinkampf sondern einen ernstlichen geben.

Aber Heinrich hatte seine Vorsichtsmaßregeln getroffen, nemlich Coligny und Dandelot verboten, andere Schilde als das seinige oder die Jakobs von Nemours und Alphons von Este zu berühren.

Ein gleiches Verbot war an Damville und Franz von Montmorency ergangen.

Die Guise hatten anfangs von dem Feste sich fern halten wollen; der Herzog Franz sprach von einer nothwendigen Reise in sein Fürstenthum, aber Catharina von Medici und der Cardinal, sein Bruder, brachten ihn von diesem Vorhaben zurück, das unklug war, wie es alle Pläne sind, die der Stolz und der Aerger eingehen.

Er war also geblieben und die Ereignisse bewiesen, daß er damit wohlgethan hatte.

Um Mitternacht trennte man sich; der Herzog von Alba: begleitete Elisabeth bis in ihr Gemach, legte sein rechtes Bein in das Bett und bedeckte es mit der Decke; nach einigen Minuten zog er es wieder heraus, verbeugte sich und ging.

Die Vermählung war erfolgt.

Am andern Tage wurde der ganze Hof durch die Fanfaren geweckt, mit Ausnahme des Königs Heinrich, der nicht geschlafen hatte vor Eifer.

Obgleich das Turnier erst nach dem Frühstück beginnen sollte, ging König Heinrich II. doch schon seit dem Morgen in die Schranken und in den Stall und musterte seine kostbaren Pferde, denen Emanuel Philibert – ein kostbares Geschenk! – neunzehn gesattelte und gezäumte hinzugefügt hatte.

Als die Zeit des Frühstücks kam, speisten die Ausfordernden und die Kampfrichter an einem runden Tische, um an die Tafelrunde des Königs Arthur zu erinnern, und wurden von den Damen bedient.

Diese vier Dienerinnen waren die Königin Catharina, die Prinzessin Margarethe, die kleine Königin Maria und die Herzogin von Valentinois.

Nach dem Frühstück begab sich ein Jeder in sein Gemach, um sich zu wappnen.

Der König besaß einen bewundernswürdigen Harnisch aus Mailand, der ganz mit Gold und Silber eingelegt war; sein Helm mit der Königskrone stellte einen Salamander mit ausgebreiteten Flügeln vor.

Sein Wappenschild glich dem, das an der Bastion hing, zeigte einen Halbmond an reinem Himmel mit der Devise:

Donec totum impleat orbem

Seine Farben waren Weiß und Schwarz, die, welche Diana von Poitiers nach dem Tode des Herrn von Brézé, ihres Gemahls, angenommen hatte.

Franz von Guise trug seine Schlachtrüstung, dieselbe welche er bei der Belagerung von Metz getragen hatte und an der man die Spur der fünf Kugeln sehen konnte, welche bei jener Belagerung daran sich platt gedrückt… (Man sieht diese Spuren heute noch an dieser Rüstung im Artilleriemuseum in Paris, wo sie sich befindet.)

Sein Schild zeigte wie der des Königs einen Himmel, nur war derselbe minder klar und rein, denn eine weiße Wolke verhüllte daran einen goldenen Stern.

Seine Devise lautete:

Présente, mais cachée,
(Vorhanden, aber verborgen)

Seine Farben waren Weiß und Blaßroth, »Farben,« sagt Brantôme, »einer Dame, die ich nennen könnte und der er diente, als sie Hoffräulein war.«

Leider nennt Brantôme die Dame nicht, was uns zu gleicher Discretion zwingt, wie er sie übte.

Herr von Nemours hatte eine mailändische Rüstung, ein Geschenk des Königs Heinrichs II. Sein Schild zeigte einen Engel oder Liebesgott – das ließ sich nicht wohl unterscheiden – mit einem Blumenstrauße und der Devise:

Ange ou amour, il vient du ciel
(Engel oder Liebe, sie stammen vom Himmel)

Diese Devise deutete auf das, was dem schönen Prinzen in der Stadt Neapel an einem Fronleichnamsfeste widerfahren war. Als er der Procession mit den andern französischen Herren folgte, streckte sich an einem dazu hergerichteten Drahte ein Engel aus einem Fenster herab und überreichte ihm von einer Dame einen prächtigen Blumenstrauß

Seine Farben waren Gelb und Schwarz, Farben, die nach Brantôme, Genuß und Festigkeit oder fest im Genuß bedeuteten. »denn er liebte damals eine der schönsten Damen und mußte deshalb fest und treu für sie seyn.«

Der Herzog von Ferrara endlich – der damals noch ziemlich unbekannte junge Prinz, welcher später seinem Namen die traurige Berühmtheit geben sollte, Tasso sieben Jahre lang in dem Irrenhause eingesperrt zu haben – trug eine bewundernswürdige Rüstung von Venedig; sein Schild zeigte Herkules, der den nemäischen Löwen niederwirft, mit der Devise:

Qui est fort est Dieu
(Wer stark, ist Gott.)

Seine Farben waren Gelb und Roth.

Zu Mittag wurden die Thore geöffnet und sofort füllten sich die auf den Erhöhungen reservirten Plätze mit den Damen und Herren, welchen ihr Name das Recht gab, diesen Festen beizuwohnen.

Dann füllte sich auch der königliche Balcon.

Am ersten Tage sollte die Herzogin von Valentinois den Preis ertheilen, eine prachtvolle Kette mit Rubinen, Saphiren und Smaragden, welche durch goldene Halbmonde getrennt waren. – Die Halbmonde waren die Wappen der schönen Herzogin von Valentinois.

Am zweiten Tage sollte der Sieger durch die Hand der Prinzessin Margarethe gekrönt werden. Der Preis war da eine türkische Streitaxt von außerordentlicher Arbeit, welche Soliman dem König Franz I. gegeben hatte.

Der dritte Tag – der Ehrentag – war für Catharina von Medici bestimmt, und der Preis bestand da in einem Schwert, dessen Griff Benvenuto Cellini ciselirt hatte.

Um Mittag ließen die Musiker ihre Fanfaren ertönen.

Die Stunde des Turniers war gekommen.

Die Pagen traten zuerst in die Schranken gleich einem Schwarm Vögel.

Es gab zwölf Pagen für jeden Ausforderer, achtundvierzig also im Ganzen und jeder war in Seide und Sammt in den Farben seines Gebieters gekleidet.

Dann kamen die vier Knappen jedes Ausforderers. Sie hatten den Auftrag die zerbrochenen Lanzen aufzuheben und den Kämpfenden im Nothfall Beistand zu leisten.

Endlich erschienen auch die vier Marschälle vom Kopfe bis zu den Füßen geharnischt, mit niedergelassenem Visir, auf ebenfalls geharnischten Pferden mit Decken, welche bis zum Boden hinabreichten.

Ein jeder stellte sich mit dem Stabe in der Hand vor eine der Seitenbarrieren und hielt sich unbeweglich wie eine Reiterstatue.

Da erschienen die Trompeter der vier Ausforderer an den vier Thoren der Bastion und bliesen herausfordernd nach den vier Himmelsgegenden.

Eine Trompete antwortete, und man sah durch das Thor des Gegners einen völlig geharnischten Reiter mit geschlossenem Visir und die Lanze am Steigbügel erscheinen.

Die Kette des goldenen Vließes hing an seinem Halse. An diesem Orden, den er 1546 von Carl V. erhalten hatte – gleichzeitig mit dem Kaiser Maximilian, Cosmo von Medici, Albrecht von Baiern, Emanuel Philibert, Octavio Farnese und Herzog von Alba – erkannte man Lamoral, Graf von Egmont.

Die Federn seines Helmes waren weiß und grün, die Farben Sabina’s, Pfalzgräfin, Herzogin von Baiern, mit der er sich vor fünf Jahren in Speier, in Beiseyn des Kaisers Carl V. und Philipps II. von Neapel, vermählt hatte und die er innig und treu bis zum Tode liebte.

Er tummelte sein Pferd mit der Leichtigkeit und Zierlichkeit, welche ihm den Ruf eines der ersten Reiter in der spanischen Armee erworben hatten, einen Ruf, auf den Heinrich II. selbst neidisch war, obgleich dieser als Reiter nicht Seinesgleichen haben sollte.

Als er die Schranken fast erreicht hatte, neigte er Lanze und Haupt vor der Königin und den Prinzessinnen, die Lanzenspitze bis an die Erde, die Krone seines Helmes bis auf dem Hals seines Pferdes, und berührte dann mit dem Holzende seiner Lanze das Schild des Königs Heinrich II.

Dann nöthigte er sein Pferd unter schallenden Fanfaren die ganze Länge der Schranken rückwärts zu gehen und stellte sich mit eingelegter Lanze an der andern Seite auf.

Da es ein Scheinkampf war, so durfte man nach der Gewohnheit den Gegner nur vom Halse bis an den unteren Theil des Rumpfes stoßen, oder, wie man sich damals ausdrückte, zwischen die vier Glieder.

In dem Augenblicke, als Egmont seine Lanze einlegte, ritt der König völlig geharnischt heraus.

Der Beifall, der ihn begrüßte, würde nicht minder allgemein gewesen seyn, wäre Heinrich auch nicht König gewesen, denn man konnte keinen Mann fester und zugleich eleganter auf dem Pferde sitzen sehen.

Er hielt wie Graf Egmont die Lanze bereit. Nachdem er sein Pferd rund herum gedreht hatte, um die Königin und Prinzessinnen zu begrüßen, wendete er sich gegen seinen Gegner und legte die Lanze ein.

Die Knappen entfernten nun die Barrieren und die Kampfrichter riefen einstimmig:

»Lasset laufen!«

Die beiden Reiter warteten nur auf diesen Augenblick, um gegen einander zu rennen.

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Дата выхода на Литрес:
10 декабря 2019
Объем:
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Public Domain

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