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Читать книгу: «... und morgen lieb ich dich!», страница 2

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Kapitel 3

Es war Zeit für das Abendessen, Ulf bat alle Crew-Mitglieder an den Tisch. Steve wusste von früheren Segeltörns, dass die Platzwahl des ersten Essens für die ganze Woche gelten sollte. Wo wollte er sitzen, Nicole war eine atemberaubende Schönheit, und dazu noch total nett. Jil ebenso attraktiv nur ganz anders, mehr der sportliche und natürliche Typ. Sie hatte etwas ungemein Anziehendes an sich. Andrea bestimmt eine interessante Gesprächspartnerin. Die beiden Jungs Rudolf und Jörg waren keine Option, da diese nur paarweise auftraten. Nach kurzer Überlegung stand seine Entscheidung fest, zwischen Jil und Ulf, das sollte seine Wahl sein. Die ersten der Segler nahmen Platz, Rudolf und Jörg saßen wie vermutet zusammen, kurz darauf Andrea und Nicole. Letztere lächelte ihn an und klopfte mit der rechten Hand auf den freien Platz neben sich. Sie wollte, dass er neben ihr saß. Diese Einladung konnte er natürlich nicht abschlagen und ließ sich neben Nicole nieder. „Ich benötige einen richtigen Mann neben mir, zumindest auf einer Seite“, war ihr Kommentar und nickte Steve freundlich zu, weil er ihrer Aufforderung nachgekommen war. „Dein Wunsch sei mir Befehl, ich habe nämlich auch so eine Regel für mich, ich muss immer zwischen zwei Mädels sitzen“, erwiderte Steve laut und ebenso lächelnd und bedeutete nun seinerseits Jil neben ihm Platz zu nehmen. Diese schien zu zögern, aber Ulf kam ihm zur Hilfe. „Das würde gut passen, dann kann ich auf der anderen Seite sitzen, denn von da aus kann ich das Navigationsgerät und den Kompass im Sitzen ablesen.“ Jil konnte gar nicht mehr anders, als neben Steve Platz zu nehmen. Das war ihm schon mal gelungen und er war sich sicher, dass keiner seine Strategie durchschaut hatte.

Das Essen wurde auf den Tisch gestellt, es gab einen riesigen Topf Spagetti mit Tomatensoße und jede Menge Bier. Während des Essens erklärte Ulf die Route und einige Regeln, die an Bord galten. Er verstand es dabei, die Dinge derartig witzig und charmant zu erzählen, dass die Runde sehr bald einen ersten Teamgeist entwickelte. Wahrscheinlich half auch der Alkohol, denn nach dem Essen wurden härtere Getränke getrunken, wie fast auf allen Schiffen wurde das Seemannsgetränk Linie Aquavit angeboten. Ein hochprozentiger Schnaps, der in ehemaligen Sherry Fässern aus Eichenholz gelagert und 19 Wochen lang auf Schiffen reift, die den Äquator kreuzen. Um die Entdeckung dieser Reifungsmethode ranken sich mehrere Legenden. Einer zufolge seien im Jahr 1805 einige Fässer Aquavit nach Übersee verschifft worden und zufällig Monate oder Jahre später wieder zurück nach Norwegen gelangt. Dort hat man den Schnaps gekostet und den besonderen Geschmack lieben gelernt. Welcher Schnaps könnte besser auf einem Segelschiff passen? Hier wurden selbst die Landbewohner zu großen Seemannsleuten.

Bald wurde es immer lauter und es bildeten sich immer mehr Einzelgespräche zwischen den Mitgliedern des Segelteams. Jil schien ihn vollkommen zu ignorieren, sie hatte sich mit Ulf in ein längeres Gespräch vertieft. Einigen Wortfetzen zufolge, ging es um das Leben eines Skippers und wie man dazu kommt und so weiter. Rudolf und Jörg, die ihm mehr oder weniger gegenüber saßen hatten sich in einem wortreichen Disput über das Einlaufen im Hafen mit oder ohne Motor in die Haare bekommen. Nun sollte er seine Meinung dazu äußern, damit endlich die echte Wahrheit bestätigt werden sollte. „Was meinst du Steve, Motor oder Aufschießer?“, fragte Jörg aufgebracht. „Naja, das ist ja manchmal gar keine Entscheidung, die man treffen kann, sondern eine Vorschrift der jeweiligen Marina“, meinte er, um eine diplomatische Antwort zu finden. „Außerdem hängt es auch von anderen Faktoren ab, um es aber auf den Punkt zu bringen. Der gute Kapitän kann sowohl mit Segel als auch mit Motor elegant anlegen“, ergänzte er. Rudolf und Jörg stimmten ihm lautstark zu: „Der Mann hat Recht, eine echte fachmännische Aussage!“ und schoben auch ihm ein neu eingeschenktes Glas Aquavit hin, um mit ihm dann anzustoßen. Er hatte die passende salomonische Antwort gefunden, das Anstoßen mit dem Schnaps sollte dieses besiegeln. Danach widmeten sich die beiden wieder anderen Themen zu. Nicole war mit Andrea im Gespräch und er bekam nur ihren Rücken zu sehen. Jil hingegen tippte wild auf ihrem Smartphone, wahrscheinlich wurde sie gerade mit dem Segellatein vertraut gemacht. Steve war es langweilig, er nutzte die Chance, nahm seine Sportjacke, dazu eine volle Flasche Bier und begab sich an Deck. Im vorderen Bereich des Schiffes, zwischen Kajütenaufbau und dem Fock-Segel, gab es eine gemütliche Sitzecke für maximal drei Personen. Dort ließ er sich nieder und genoss die frische Luft. Schade, dass er mit Jil nicht ins Gespräch gekommen ist. Er hatte sie vorhin beobachtet, als sie so intensiv mit ihrem Smartphone beschäftigt war. Ihm sind ihre schönen Hände aufgefallen, dazu die schmalen Handgelenke, das hat ihn schon immer an Frauen gefallen. Sie erinnerte ihn wehmütig an Larissa, sie war ihr ein wenig ähnlich. Wahrscheinlich war er nicht ihr Typ, aber er konnte sich damit abfinden, er war schließlich hier um zu Segeln und dafür war alles optimal. Die Jacht war ein schönes 50 Fuß Schiff, die Crew bestand aus netten Leuten und morgen sollte es losgehen, er konnte es kaum erwarten.

Lisa hatte einen lustigen Chat begonnen und Jil konnte nicht umhin vor sich hin zu schmunzeln. Lisa unterstellte ihr, dass sie sich nur schlau machen wolle, um diesem ominösen Gedankenleser zu beeindrucken. Doch da irrte sie sich wirklich, nach der katastrophalen Geschichte mit Tim hatte sie genug von Männern. ‚Los Jil, schick mir ein Bild von ihm‘ stand nun auf ihrem Display. ‚Kann ich nicht, sitzt neben mir …‘ tippte sie und merkte erst jetzt, dass Steve gar nicht mehr neben ihr saß. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass er aufgestanden war. Irgendwie schade, dachte sie, mit ihm habe ich jetzt noch gar nicht geredet. Auf der anderen Seite auch in Ordnung, sie war froh, dass sie ihre Ruhe hatte. Sie wollte jetzt nochmal Luft schnappen und dann ins Bett gehen, morgen ging es schon sehr früh los. Noch so ein Ding, Jil war ein überzeugter Nachtmensch und dementsprechend mit der frühen Morgenstunde, insbesondere im Urlaub auf dem Kriegsfuß. Sie ging an Deck und atmete tief ein, die kühle Meeresluft tat ihr gut. Der Ausblick auf das Meer über den Hafen hinaus war ebenso faszinierend, wie auch etwas bedrohlich. Überall gab es Lichter und draußen konnte man riesige Schiffe sehen, die sich durch die Flensburger Förde in Richtung offenes Meer bewegten. Dort sollten sie morgen auch hinaus segeln, bestimmt waren am Tag noch mehr große Schiffe unterwegs, kein guter Gedanke. Ihr Schiff war dagegen nicht mehr als eine Nussschale. Wie konnte Lisa ihr das nur antun? Mit ihr würde sie ein Wörtchen reden, wenn sie wieder zuhause war, insofern ihr das überhaupt gelang und sie nicht schon vorher untergehen sollte. Um die düsteren Gedanken zu verdrängen und bevor sie nach unten gehen würde, da es auch kalt war, entschloss sie sich kurz nochmal die Jacht anzusehen. Dazu ging sie in den vorderen Bereich und wunderte sich über die vielen Winden, Seile und Befestigungen. Vorne angekommen sah sie Steve mit einer Flasche Bier in der Hand sitzen. Jetzt wurde ihr klar, dass auch er die Ruhe suchte. Da er sie sah konnte sie sich nicht mehr umdrehen und unerkannt verschwinden, sie rang sich zu einem zögerlichen Lächeln durch. „Hallo Jil“, sagte er und sah sie an. „Hi“, erwiderte sie. Es entstand eine Pause, gefühlt wie Stunden. Sie wusste einfach nicht, was sie sagen sollte und eigentlich wollte sie auch gar nicht mit ihm sprechen. „Ich würde dir ja gerne einen Platz anbieten, aber ich will dich nicht schon wieder nötigen neben mir Platz zu nehmen“, sagte Steve, der die quälende Stille damit beendete. Er hatte also ihr Zögern vorhin am Tisch registriert, sie dachte nicht, dass es ihm aufgefallen wäre. Anscheinend war dieser Mann wirklich ein Gedankenleser oder vielleicht auch nur ein guter Beobachter. Wahrscheinlich beides, langsam wurde sie neugierig. „Schade, dabei hatte ich gerade entschieden, mich einfach neben dich zu setzen“, erwiderte sie keck. „Na dann hätten wir das doch schon mal geregelt“, meinte er und nahm seine blaue Sportjacke, die neben ihm gelegen hatte zur Seite, damit sich Jil setzen konnte. Nur wenige Sekunden später saß sie neben ihm. Er nahm den leichten Duft ihres Parfüms war. „Das ist wirklich ein schönes Eckchen, das du dir hier herausgesucht hast“, meinte Jil. „Hier ist man so schön ungestört und hat eine fantastische Sicht auf das Meer“, ergänzte sie und deutete mit ihrer ausgestreckten Hand in Richtung Meer. „Ja du hast recht, nur auf wenigen Jachten gibt es diesen Platz“, sagte er und schaute sich um. Dabei streifte sein Blick auch ganz unauffällig sie. Da waren sie wieder, diese schönen Hände und was auffällig war, kein Ring. Nur ihre schlanken Handgelenke zierten schmale Lederbänder, die mehrfach um ihr Handgelenk gewunden waren. Das wirkte sportlich und unterstrich gleichzeitig ihre Weiblichkeit.

Abermals erinnerte sie ihn an Larissa, seine große und verlorene Liebe. Er hatte sie kurz vor Beendigung seines Studiums auf einer Studentenfeier der Mediendesigner kennengelernt. Er und seine Freunde aus dem Mathematikstudium gingen immer zu den Feiern anderer Fakultäten, besonders gerne zu denen mit einer hohen Anzahl Frauen. Bei den Mediendesignern war das definitiv der Fall. Und so waren sie wieder auf der Feier eingelaufen, wie immer wurde einer ausgewählt, der für alle die erste Runde Bier besorgen musste. Dieses Mal war er dran und trug vier große Plastikbecher durch die Menschenmenge. Kurz bevor er seine Gruppe erreicht hatte, drehte sich eine junge Frau um und lief ihm mehr oder weniger direkt in seine Becher. Das Bier verteilte sich nahezu gleichmäßig auf sie und ihn. Er kann sich heute noch daran erinnern, wie er spürte wie das Bier in seine Jeans lief. Larissa hatte ein Sommerkleid an, das sofort komplett an ihr klebte. Beide blickten jeweils auf sich herab und dann trafen sich ihre Blicke. Es vergingen einige Millisekunden, dann brachen beide in lautes Gelächter aus. Larissa wohnte nur wenige Straßen entfernt und so gingen sie zu ihr, um sich wieder trocken zu bekommen. Sie nahm die Schuld auf sich und bestand darauf seine Kleidung waschen zu dürfen, sie hatte eine Waschmaschine mit Schnellwaschgang und einem Trockner. Laut ihrer Aussage sollte er nach 45 Minuten wieder trocken und damit einsatzfähig sein. Es kam dann doch anders und sie sollten an diesem Abend auf gar keiner Feier mehr erscheinen. Die darauf folgende Zeit war unbeschreiblich schön, Larissa und er waren füreinander bestimmt, daran gab es keinen Zweifel. Nur wenige Wochen später zogen sie zusammen und waren ein festes Paar. Ab dann musste er auch kein Bier mehr tragen, da er nur noch mit Larissa auf Feiern ging.

Larissa hatte so ähnliche Bänder wie Jil, überhaupt waren sie sich irgendwie gleich, obwohl sie auch wieder komplett unterschiedlich waren. Als sich sein Blick von Jils Händen löste und ihre Arme sah, erkannte er, dass sie fror und schon Gänsehaut hatte. Die frische Seeluft war in der Tat kalt. „Dir ist kalt, nimm doch meine Jacke“, sagte Steve und hielt ihr seine blaue Sportjacke hin, als wolle er ihr in den Mantel helfen. „Der Wind ist kühl“, meinte sie und lies ihre Arme in die Jacke gleiten, „Danke, das ist wirklich nett von dir!“ Jil fühlte sofort, wie es ihr angenehm wärmer wurde. Steve ist wirklich aufmerksam, das musste sie zugeben. Die Jacke war ihr ein ganzes Stück zu groß, vor allem die Ärmel reichten fast über ihre Hände. Jetzt wo sie schon neben ihm saß und seine Jacke trug konnte sie auch mit ihm ein paar Worte sprechen. „Ich habe eine Frage, die mich echt beschäftigt. Als ich heute mit den anderen Mädels angekommen bin, hast du erst mich und dann auch Nicole und Andrea mit dem Namen begrüßt. Woher hast du gewusst, wer wer ist? Zumindest von mir weiß ich definitiv, dass niemand ein Bild von mir bekommen hat.“ Oje, dachte sich Steve, wie komme ich aus dieser Nummer heraus? Unmöglich konnte er sagen, dass er nach ihr im Internet gesucht hatte und dann das Bild gefunden hatte. „Einfach ist das in der Tat nicht, da es sich hierbei um die Nichtkohärenz singulärer Ereignisse handelt“, erklärte er. Mit mathematischen Begrifflichkeiten zu antworten hatte er sich im Berufsleben angewöhnt, und zwar immer dann, wenn er Zeit gewinnen musste, um eine passende Antwort zu finden. Beim Zuhörer erzeugte es erst einmal eine Denkpause und wirkte zugleich interessant. Auch bei Jil zeigte es die erwartete Wirkung. „Eine was bitte?“, entgegnete sie und schaute ihn mit großen Augen an. „Naja, anders ausgedrückt, ich kannte die Namen von Ulfs Mail und die Wahrscheinlichkeit den richtigen Namen zu erwischen lag bei 33%, wenn man dann noch Zusatzfaktoren hinzunimmt, kann die Trefferquote noch deutlich gesteigert werden. Beim zweiten Namen liegt man dann schon bei satten 50%.“ Jil überlegte eine kurze Zeit: „Das klingt logisch aber was meinst du mit Zusatzinfomationen?“ „Das ist wiederum einfach zu erklären, Eltern geben ihren Kindern bewusst einen Vornamen, der ihren Lebens- und Idealvorstellungen entspricht und erziehen ihre Kinder dementsprechend. Deshalb sind Jaquelines eben so, wie man sich diese vorstellt. Die Ideale variieren jedoch noch nach sozialem Hintergrund der Eltern und der jeweiligen Zeitepoche der Kindesgeburt“, erklärte er. „Du willst also sagen, dass du die drei Vornamen mit mir verglichen hast und du zum Schluss gekommen bist, nur ich könnte Jil sein?“ fragte sie und er glaubte in ihren Augen eine Mischung aus Interesse und absoluter Ungläubigkeit erahnen zu können. Was er da zum Besten gab war wirklich gewagt, wenn nicht sogar völlig daneben. Allerdings klang die Geschichte irgendwie plausibel und schien ihr Interesse geweckt zu haben. Jetzt kam es extrem darauf an, keinen Fehler zu machen. „Na dann würde mich doch mal interessieren, wie eine typische Jil aussieht?“, grinste sie und dachte sich, dass der Kerl echt außergewöhnliche Gedankengänge hatte. Das Gespräch nahm eine interessante Wendung, mal sehen was da noch so alles kommt. „Ja, wo fange ich da an, am besten mit dem Grundtypus“, dozierte er und imitierte dabei die Stimme eines Professors. Jil musste unweigerlich noch mehr schmunzeln und lächelte ihn an. Jetzt bloß nichts verkehrt machen, dachte er und begann mit seiner Schilderung. „Jils sind sehr natürlich, lieben das Ursprüngliche und machen gerne Sport, sehr beliebt ist bei ihnen Tennis, Laufen oder Inline-Fahren“, sagte er und studierte ihren Gesichtsausdruck, der echtes Erstaunen zeigte. Wahrscheinlich hatte sie die Punkte Tennis und Inliner überrascht, Informationen, die er auf schändlicher Weise erworben hatte. Abgesehen davon sollte es sein Image als Gedankenleser noch verstärken. „Sie haben eine ungemein positive Ausstrahlung und ziehen Menschen magisch an. Sie bevorzugen Kleidung ohne Schnickschnack, die aber ihren sportlichen Körper besonders gut betont. Dabei sind High Heels genauso wenig angesagt, wie starkes Schminken. Sie ziehen Männer mit ihren wahren Reizen in ihren Bann, aus dem sie nicht so leicht entfliehen können“, sagte er abschließend und blickte in ihre großen Augen. Ihre Blicke trafen sich für einen kurzen Augenblick. Jil war sprachlos, was war da los? Zum einen stimmte alles was er sagte, zum anderen fragte sie sich was hier gerade geschah. Machte Steve ihr echte Komplimente oder wollte er sie nur hochnehmen. Nein, dachte sie sich, diese Männergeschichten habe ich satt, egal wie es gemeint war, ich lasse mich doch nicht einwickeln. Deshalb sagte sie „Jetzt verstehe ich was du mit der Nichtkohärenz meintest, aber ich glaube ich muss jetzt ins Bett“, sagte sie und stand abrupt auf. Sie zog seine Jacke aus und reichte sie ihm „vielen Dank für die Jacke und das nette Gespräch, bis morgen!“ „Gute Nacht“, erwiderte er und nahm die Sportjacke. Sie drehte sich um und verstand im Bauch des Schiffes. Steve saß noch ein paar Minuten da und dachte über das Gespräch nach. Er hatte wahrscheinlich alles vermasselt, wie konnte er glauben eine intelligente und selbstbewusste Frau mit so einer dünnen Geschichte beeindrucken zu können? Was war er für ein Narr, er war einfach völlig aus der Übung. Ihm war wieder mal klar geworden, dass er aus gutem Grunde alleine war und dass das wahrscheinlich auch gut so war. Die Geschichte mit Larissa lag so viele Jahre zurück, damals war er witzig und charmant, alles das hatte er verloren. Wahrscheinlich hatte er es damals schon nicht mehr, als sie sich getrennt haben. Selbst nach vielen Jahren schmerzte es ihn immer noch so sehr und er wusste, dass es nie mehr eine Frau geben würde, die er so lieben könnte wie Larissa. Dass es zur Trennung kam war nur seine Schuld. Er hatte seine Firma aufgebaut und Tag und Nacht gearbeitet. Wenn er dann erschöpft nach Hause kam wollte er nur noch schlafen und am Wochenende, wenn er mal nicht arbeitete, was auch nicht oft vorkam, wollte er sich einen gemütlichen Abend machen. Larissa wollte aber gerne ausgehen, was erleben und unter Menschen sein. Anfangs gab es deshalb ein paar Mal richtigen Ärger, später resignierte Larissa und ging sehr oft mit Freunden aus. Irgendwann kam es so, wie es kommen musste, Larissa lernte einen Kerl kennen, der Steve eigentlich nicht das Wasser reichen konnte, aber er verstand es, dann da zu sein, wenn sie ihn brauchte. Er machte ihr den Hof und eroberte irgendwann ihr Herz. Dann ging alles sehr schnell, Steve spürte, dass Larissa plötzlich aufzublühen schien und keinerlei Protest mehr anmeldete, wenn er wieder für ein paar Tage auf Dienstreise ging. Nein, sie schien es geradezu zu genießen. Als er dieses Verhalten zu deuten begann, musste er nur noch drei und drei zusammenzählen. Er stellte Larissa zur Rede und diese versuchte gar nicht die Angelegenheit zu verbergen, im Gegenteil, sie erzählte ihm alle Einzelheiten über Markus, ihrem neuen Liebhaber. Steve wäre am liebsten im Erdboden versunken, aber Larissa konfrontierte in schonungslos. Heute wusste er, dass sie es nur tat um ihn anzustacheln, damit er um sie kämpfen würde oder dass sie ihn mit reinem Gewissen verlassen konnte. Er hatte das aber nicht verstanden, was war er für ein Idiot. Nach dem Gespräch sah er sie bitterlich weinen, als sie sich allein glaubte. Es hatte ihm das Herz gebrochen und das von Larissa ebenfalls. Und alles nur wegen der Firma, die heute alles war, was er noch hatte.

Kapitel 4

Es war kurz nach 7:00 Uhr, die meisten hatten sich schon am Frühstückstisch niedergelassen und wie er vermutet hatte, saßen alle ganz selbstverständlich an den Plätzen von gestern Abend. Rudolf und Jörg waren schon fast fertig und wirkten schon nahezu unnatürlich wach. Das konnte man von Nicole nicht behaupten, sie wirkte völlig erschöpft und stocherte lustlos in ihrem Müsli umher. Andrea hingegen strahlte eine Gelassenheit und auch eine gewisse Freude auf den heutigen Tag aus. Gleich nach dem Frühstück sollte es über die Flensburger Förde hinausgehen. Der Platz neben Steve war noch frei, Jil war noch nicht da. Wie würde sie ihn wohl heute begrüßen, nachdem er sich gestern Abend völlig ins Aus geschossen hatte? Wahrscheinlich würde sie ihn komplett ignorieren. Was soll es, dachte er sich, wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich es tun und mich geschickter verhalten, leider konnte er es aber nicht. So war seine Strategie, hinnehmen und versuchen das Beste daraus zu machen.

Warum passierte es ihr gerade heute, am ersten Tag? Sie hatte verschlafen, weil sie den Wecker ihres Smartphones einfach überhört hatte. Mit Höchstgeschwindigkeit hatte sie sich angezogen und ein minimalistisches Make-Up aufgelegt. Jetzt noch schnell die Segelschuhe anziehen und dann zum Frühstück, auf ihrer Uhr war es 7:18 Uhr, nichts wie raus. Sie hetzte aus ihrer Kajüte und sah schon alle am Tisch sitzen. Nur Ulf fehlte, aber sie konnte ihn hören, wie er auf Deck mit Tauen und Seilen hantierte. Ihr Platz war noch frei, das war ja schon mal gut. Steve saß auch schon da und wirkte irgendwie unsicher, als er sie sah. Das wunderte sie, er war doch gestern so souverän und immer wenn er was in der Runde sagte, hörten ihm alle zu. Vielleicht täuschte sie sich aber auch und er war einfach ein Morgenmuffel. Sie quetschte sich einfach an ihm vorbei und setzte sich auf ihren Platz. „Danke dass du mir meinen Platz freigehalten hast“, sagte sie zu ihm und schenkte ihm ein kleines Lächeln. Er sah sie kurz an und seine ganze Körperhaltung und –sprache veränderte sich schlagartig. „Ich musste dafür zwei Leute kurz kielholen, aber ansonsten ist es nicht der Rede wert“, erwiderte er und schien plötzlich erleichtert zu sein. What the hell ist das schon wieder für ein Begriff, kielholen, dachte sie und wollte sich das aber nicht anmerken lassen, sie würde das später googeln und erwiderte ebenso gelassen: „Alles andere hätte mich ehrlich gesagt auch enttäuscht“. Er rückte ein wenig zur Seite und half ihr, damit sie endgültig Platz nehmen konnte. Er ist wirklich aufmerksam dachte sie sich, das musste man ihm lassen. Ihr gefiel das, obwohl es eigentlich Old School war. Sie hatte in ihrem Job die Personalverantwortung von über 500 Mitarbeitern und musste jeden Tag beweisen, dass sie dieser Aufgabe gewachsen war, trotzdem gefiel es ihr, wenn ein Mann ihr höflich und aufmerksam entgegentrat. Steve tat das in einer gekonnten und sehr charmanten Art und Weise. „Darf ich dir Orangensaft einschenken?“, fragte er sie und hatte schon die Flasche in der Hand. „Oh das wäre sehr lieb“, erwiderte sie und hielt ihr Glas hin, „Noch mehr würde ich mich aber über eine Cappuccino freuen, gibt es so was hier?“ „Ich werde dir einen besorgen“, sagte er und stand auf, um in der Kombüse zu verschwinden. In wenigen Minuten kam er mit einer Tasse zurück und stellte sie vor sie. „Habe meine Beziehungen spielen lassen“, feixte er und schien gespannt auf ihre Reaktion zu sein. Sie nahm die Tasse, kostete und war erstaunt, der Cappuccino war vorzüglich und war genauso wie sie es liebte, stark und mit wenig Milch. „Der schmeckt ja super, woher wusstest du wie ich ihn gerne trinke?“, fragte sie ihn und dachte insgeheim wieder an den Begriff Gedankenleser. „Ich habe ihn einfach so gemacht, wie ich ihn mag und hoffte dir schmeckt er“, sagte er und dachte sich, dass er heute nicht mit irgendeiner wilden Theorie ihre Sympathien verspielen wollte. „Jetzt bin ich ehrlich gesagt etwas enttäuscht, ich dachte du kommst mit einer plausiblen Erklärung, die sich psychoanalytisch nachweisen ließe“, meinte sie und schüttelte dabei ihren Kopf, als müsse sie ihn tadeln. „Meine Aussage war natürlich nicht die gesamte Wahrheit, gerne erkläre ich dir heute Abend die weiteren Details. Du weißt ja wo.“ Jil konnte nicht umhin ihn zu bewundern, er würde sie heute Abend wieder in der beschaulichen Stelle sehen wollen. Naja, das würde sie sich noch gut überlegen. Bevor sie antworten konnte kam der Skipper unter Deck und rief: „In 15 Minuten geht es los, bitte jetzt fertig werden, wir haben einen schönen 5er Wind! Und dazu Sonnenschein, was wollen wir mehr?“ Nun kam Bewegung am Tisch auf und in wenigen Minuten war alles startklar, Jil trank schnell ihren Cappuccino aus und war jetzt wirklich gespannt und auch etwas ängstlich über das, was jetzt kommen würde. Bis jetzt war es noch niemandem aufgefallen, dass sie keine Ahnung von alldem hier hatte. Hoffentlich blieb das so.

390,38 ₽
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220 стр.
ISBN:
9783737598521
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