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Читать книгу: «COLLEGIUM.», страница 9

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*

»So … Soll ich fahren?«, fragte Perez mit unschuldiger Miene.

Holzinger tippte sich mehrmals mit dem Zeigefinger auf die Stirn.

»Wa … Warum ist Frederica Costa mitgekommen. Die hat kein einziges Mal den Mund aufgemacht«, wechselte Lucas das Thema, während er die Autotür aufzog.

Peter zuckte mit den Achseln.

Im Wagen zog Holzinger sein Mobile aus der Tasche. Der Bildschirm leuchtete sofort auf, denn er hatte eine SMS erhalten. Er öffnete den Posteingang und der erste Eintrag war eine Nachricht von einer ihm unbekannten Nummer. Er berührte das Display und las:

›Schicke mir deine Mailadresse. Habe eine Mail, die ich an dich weiterleiten soll. Lass uns im Anschluss telefonieren.

lg Anna Steiger.‹

Peter trommelte mit seinen Fingern auf das Lenkrad und überlegte, ob er sie sofort anrufen sollte.

War die Nachricht überhaupt von Anna? »Lucas, kannst du mir Annas Nummer vorlesen?«

»Wo … Wozu?«

»Kannst du einmal das tun, worum man dich bittet, ohne mit einer Gegenfrage zu antworten?«

Lucas rümpfte die Nase, bewegte tonlos seinen Lippen und schüttelte den Kopf. Er sagte ihm die Rufnummer an.

»Schau, schau – er kann die Nummer auswendig«, ätzte Peter und überprüfte die Ziffernfolge. Sie stimmte.

»I … Ich besitze ein phänomenales Zahlengedächtnis. Hat nicht jeder ...«, erwiderte er schnippisch.

Holzinger tippte seine Mail-Adresse und verschickte die SMS.

Lucas erkundigte sich, warum Anna seine E-Mail-Adresse benötigte.

Peter zuckte mit den Achseln, zeigte ihm die Nachricht und fuhr langsam Richtung S1, wo die Schneefahrbahn vom Salz aufgelöst worden war. Im Dreisekundentakt schrammten die Wischerblätter über die Scheibe.

Peters Smartphone spielte den River-Kwai-Marsch, während am kleinen Display am Armaturenbrett Tomacics Name blinkte.

»Grüß Gott Herr Paragrafenreiter.«

»Ah, wie ich merke, hast du mit Pitbull gesprochen.«

»Ja, das habe ich. Gibt es etwas Neues?«

»Ja. Für morgen werden fünfundzwanzig Kollegen in zivil abgestellt. Mit Ophaus hast du dich ja in der Zwischenzeit unterhalten. – Für die nächsten Wochen wird uns eine Dame aus dem Innenministerium zugeteilt. Und jetzt das Wichtigste: Ich war im Plaza und hatte das Glück, die EC-Leute beim Mittagessen anzutreffen.«

»Gut gemacht«, unterbrach ihn Peter, der sich wunderte, wie es sein Ex-Boss geschafft hatte, die komplette Anzahl der geforderten Beamten zu bekommen.

»Ich habe sogleich bemerkt, dass sie sich in tiefes Schweigen hüllten, solange sie beieinandersaßen. Deshalb bat ich sie einzeln an die Bar und befragte sie. Langer Rede kurzer Sinn: Ich habe von dreien erfahren, dass sie ebenfalls erpresst werden. Die Kopien erhalten wir per Mail.«

»Su ... Super Richard«, mischte sich Lucas ins Gespräch. »Aber kannst du ihnen bitte sagen, sie sollen uns die Originale zusenden.«

»Habe ich getan. Man hat mir versprochen, sie noch heute abzuschicken: Zuhanden unseres Oberstleutnants Holzinger«, teilte Richard eine Spitze aus.

»Letzte Bitte, Herr Paragrafenreiter«, stieg Peter auf die unterschwellige Stichelei ein. »Kannst du dich mit Gerhard Klugs Firma in Verbindung setzen. Frage sie, ob sie von einem Erpresserbrief wissen. Das Gleiche gilt für René Delons Unternehmen. Die Unterlagen findest du auf meinem Tisch.«

»Habe ich gesehen. Liegt vor mir.«

»Du sitzt an meinem Schreibtisch?«, entrüstete sich Peter.

»Wo soll ich sonst sitzen?«, schnauzte Richard zurück.

»Äh, schon gut. Ich habe dir das vorletzte Zimmer am Ende des Ganges zugedacht. Du darfst es dir dort mit deiner Kaffeemaschine gemütlich machen.«

»Kleiner, das ist lustig. Ich habe bereits mein eigenes Büro, bevor ich noch den Vertrag unterschrieben habe?« In seiner Stimme war die Verwunderung nicht zu überhören.

Peter beugte sich zu seinem Beifahrer und flüsterte: »Ich glaube, ›Pitbull‹ und ›Paragrafenreiter‹ passen zu den beiden. Schade, Richards Nick hätte ich gerne gekannt, als er noch mein Boss war.« Er hob wieder seine Stimme. »Würdest du mir verraten, wie du es geschafft hast, die geforderte Manpower zu bekommen?«

Aus den Lautsprechern hörten sie leises Kichern.

»Ganz einfach, Kleiner. Erfahrung kann durch nichts ersetzt werden.«

»Was heißt das?«

Richard zögerte mit der Antwort.

»Ich habe fünfunddreißig Leute angefordert.« Tomacic lachte laut auf und beendete grußlos das Gespräch.

»Das wird eine astronomische Rechnung geben, denn jetzt sind wir eindeutig überbesetzt«, seufzte Peter und bog in den Parkplatz vor dem Kongresszentrum ein, der unter einer dicken Schneedecke lag. Er parkte sich neben einem silberfarbenen Porsche Macan mit italienischem Kennzeichen ein.

»Lucas, was ich noch nicht verstanden habe, wozu brauchst du die Originale? Erhoffst du dir Fingerabdrücke?«

»Nei … Nein. Diese Schreiben sind sicher schon durch viele Hände gegangen. Wir bräuchten von jedem, der sie angegriffen hat ein Sample, wollte man die Spuren zuordnen. Wozu ich sie brauche? – Sage ich dir, wenn ich sie habe.«

Nichts hasste Peter mehr, als vertröstet zu werden. »Kannst du es nicht mit einem Satz erklären?«

»Ja, ka … kann ich. Gegenfrage: Kennst du dich mit einer digitalen Printersignatur aus?«

»Was ist das?«

»Da … Dann kann ich es dir nicht mit einem Satz erklären. Komm, anscheinend werden wir erwartet.«

Lucas deutete zum Eingang, aus dem ein Mann ins Freie getreten war und den Kragen seines Anzugssakkos aufgestellt hatte, um sich vor dem Schneegestöber zu schützen.

*

»Grüß Gott, Martin Staudacher mein Name. – Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie Herr Holzinger sind. Herr Tomacic hat Sie angekündigt.« Der Leiter des Konferenzzentrums streckte dem IT-Spezialisten seine Hand entgegen.

»Pe … Perez mein Name. Das ist Herr Holzinger«, erwiderte Lucas und zeigte auf seinen Chef.

»Okay. Darf ich Sie gleich weiter bitten. Den Parkplatz haben sie ja bereits gesehen. Wird heute Nacht geräumt. Hoffentlich lassen die Schneefälle nach.« Staudacher hielt ihnen die Tür zum Foyer auf, das mit einem roten, schmalen Teppich ausgelegt war.

»Das ist unser ›Red Carpet‹« schmunzelte er. »Hier befindet sich die Garderobe. Links von uns, zwei Tagungszimmer, das Marschallzimmer und dahinter das Kaminzimmer. Rechts vorne zweigt der Zugang zum Theaterfoyer ab und am Ende ist der Theatersaal, wo die Eröffnung stattfindet. Vor uns der ›Ovale Saal‹

»Das bedeutet, hier wird der Empfang sein. Werden die Besucher registriert?«, fragte Holzinger.

»Ja. Die Teilnehmer müssen ihre Einladung vorzeigen, welche mit der Gästeliste abgeglichen wird.«

»Und wenn jemand seine Einladung vergessen hat?«

»Dann wird er von einem der Vorstände des Economy-Clubs identifiziert und außerdem muss sich jeder ausweisen. – Morrison und Costa inspizieren soeben das Gebäude.«

»Kann man das Schloss – außer über den Haupteingang – verlassen? Wie viele Türen sind unverschlossen und wo befinden sie sich?«, fragte Holzinger.

»Alle sind ab dem Tagungsbeginn verschlossen. Nur die zum ›Raucherzimmer‹ – auf die Terrasse – wird geöffnet bleiben.« Staudacher schmunzelte.

Peter schrieb Notizen in sein Büchlein. »Lucas, lass mich nicht vergessen, dort zwei von unseren Leuten zu postieren.«

»... und natürlich die Notausgänge werden jederzeit von innen zu öffnen sein. Aber in diesem Fall erhalten wir ein Signal in der Zentrale.«

Holzinger nickte. »Dort brauchen wir auch einen Mann.«

»Z … Zwei Sicherheitsbeamte zur Terrasse, einer in die Zentrale«, diktierte Lucas in sein Mobile.

Ein gedrungener Kerl stapfte auf sie zu. Er trug braune, kniehohe Lodenstiefel, dunkelgrüne Knickerbocker, einen schweren Walkjanker. Den breitkrempigen Filzhut zierte so manche Jagdtrophäe. Seine Hand umklammerte den Trageriemen eines Schnerfers, der tief an seinem Rücken baumelte. Aus listigen, kleinen Augen musterte er die Kriminalbeamten.

»Darf ich Ihnen vorstellen: Herr Andreas Bleimann, unser Jäger und Förster in Personalunion«, sagte Staudacher.

»Sehr erfreut«, erwiderte der Waidmann knapp, lüftete seinen Hut und wandte sich an den Leiter des Kongresszentrums. »Martin, ich werde heute Nacht ansitzen. Ich kann dir aber nicht versprechen, dass wir die Viecher bis morgen loswerden. Ich werde für das Schwarzwild eine Kirrung außerhalb des Geländes ausbringen«, informierte ihn Bleimann.

»Probleme?«, fragte Peter interessiert.

»Ja, durch den Schneefall kommen die Viecher bis zum Schloss und ackern das Erdreich um.«

In diesem Augenblick schlug die Alarmanlage an. Eine Schlossmitarbeiterin stürmte an ihnen vorüber und rief dem Jäger zu. »Sie sind beim Theater.«

Wie auf ein geheimes Kommando hefteten sie sich an die Fersen der Frau. Durch die tiefe Verglasung der Türe auf die Terrasse vor dem Theatersaal erblickten sie fünf Bachen und einen Eber.

Der Jäger legte seinen Zeigefinger auf den Mund, während er seine Begleiter anschaute. Er griff in seinen Rucksack, zog eine Glock 17 hervor, ohne die Rotte aus den Augen zu lassen. Er lud seine Pistole durch. Mit all seiner Kraft drückte er gegen das verglaste Türblatt, doch die hohe Schneedecke stemmte sich von außen dagegen. Nach dem zweiten Anlauf stand die Tür einen Spalt weit offen.

Die Schwarzkittel ließen sich von dem Geräusch nicht stören und steckten ihre Köpfe noch tiefer in den Schnee.

Holzinger blies seinen Brustkorb auf. Grübelte. War Bleimann in Besitz eines Waffenscheins? Durfte er eine Waffe führen? Musste er ein Machtwort sprechen?

Lucas erriet die Gedanken seines Chefs und schmunzelte.

Langsam streckte der Jäger die Pistole durch den Türspalt, richtete sie gegen den Himmel und drückte ab.

Der Knall hallte durch das Theater.

Staudacher fuhr sich mit dem Zeigefinger ins Ohr und öffnete seinen Mund, soweit es ging.

Langsam hoben die Tiere ihre Köpfe, als ob sie von einem Dirigenten geleitet worden wären; schließlich trotteten sie davon.

Vergeblich versuchte der Waidmann, die verzogene Terrassentür zu schließen.

Staudacher legte dem Jäger seine Hand auf die Schulter. »Andreas, mach dir keine Mühe. Das sollen meine Angestellten in Ordnung bringen.«

Bleimann zuckte mit den Achseln und bedachte die Tür mit einem abwertenden Blick.

Holzinger ließ sich die restlichen Räume zeigen. Als sie Costa und Morrison trafen, beschrieb er ihnen, wo er die Sicherheitsleute postieren würde. Sie nickten zufrieden.

Peter warf einen Blick auf die Uhr.

»Es wird Zeit …«.

»O … Okay. Lass uns aufbrechen.«

Die beiden Kriminalbeamten fuhren zurück in die Innenstadt. Rechtzeitig, um 17:45, setzte Peter seinen Freund vor dem Ronacher ab.

»Sehe ich dich heute noch?«

»Brau … Brauchst du mich?«

»Dreimal darfst Du raten, wenn ich frage.«

»Ge … Gegenvorschlag. Morgen 7:00 Uhr.«

Peter blies seine Wangen auf und nickte. Während Lucas die Tür zuschlug, ließ er den Motor aufheulen und fädelte sich in den Verkehr ein. Langsam staute er sich über die Ringstraße zurück zur Bundespolizeidirektion.

Im Büro warf Holzinger einen erstaunten Blick auf seinen Schreibtisch. Ordner, Blätter, Mappen, alles war fein säuberlich in Reih’ und Glied geordnet. Richards Werk, dachte er, während er sich an Tomacics Arbeitstisch erinnerte, als dieser noch aktiv war. Auf einem Zettel, der zuoberst lag, stand: ›Bin morgen um 7:00 im Büro. Bei Fragen, ruf an. Der ordentliche Paragrafenreiter‹.

Ein Lächeln huschte über seine Lippen.

Er fuhr den Computer hoch und startete das Mailprogramm. Die zweite Nachricht in der Liste war von Anna Steiger:

Lieber Peter,

ich habe folgende Mail erhalten. Möglicherweise ist sie nur ein Scherz, aber zur Sicherheit schicke ich sie dir. Vielleicht ist sie wichtig für dich:

Hi, pls forward this message to Special Agent Holzinger:

KLUG MANIPULATED RECIPE OF DRUGS, TO CHEAT AGENCY OF REGULATION.

A friend.

thx

Ruf mich an, wenn du Fragen hast.

lg Anna

Peter lehnte sich in seinem Chefsessel zurück und bedauerte, dass er Lucas für den Abend freigegeben hatte.

Das Kippgelenk des Sessels fiepste.

10

»Guten Morgen Peter, hier dein unterschriebenes Pamphlet«, begrüßte ihn Richard und warf den Vertrag neben die Tastatur. »Bei dem Honorar, das du eingesetzt hast, brauchst du in Zukunft nicht mehr bitte sagen«, lachte er über das ganze Gesicht.

Der Duft nach frischem Kaffee und Briochegebäck schlich hinter dem Alten her und ließ das Wasser in Peters Mund zusammenlaufen.

»Wie du siehst, kümmere ich mich um meine Freunde.«

»Wie hast du diesen Betrag durchgebracht?« Sein Ex-Boss führte die Kaffeeschale zu den Lippen und blies kühlend hinein.

»Erfahrung ...«, antwortete Peter verschlagen, während er aus einer Schreibtischlade eine Glock 19 mit einer Dienstmarke hervorzog und sie auf das Pult warf.

»Willkommen im Team. – Um auf deine Frage zurückzukommen: Ich habe das Doppelte vorgeschlagen.« Holzinger grinste hämisch und schwang sein Bein auf den Schreibtisch.

Richard schnappte sich das Holster, zog die kleinformatige Pistole hervor und legte sie in seine Hand, in der sie wie ein Spielzeug wirkte. Sein kleiner Finger fand keinen Platz am Griffstück.

»Hast du nicht ein langes Magazin – mit Fingerstütze?«

Peter verzog seinen Mund, griff in die Lade und warf ihm ein Plus-zwei-Patronenmagazin zu. Reaktionsschnell wie eine Klapperschlange fing es Richard mitten im Flug.

»Zufrieden?«

Der Alte streckte seinen Daumen in die Höhe.

Das typische Knarren der Gangtür ließ sie die Ohren spitzen. Im nächsten Augenblick lehnte sich Lucas in den Türrahmen, rümpfte die Nase und schnupperte wie ein Hase.

»Ser ... Servus ihr beiden. Hier riecht es wie in einem Kaffeehaus, das in einem modrigen Taubenschlag untergebracht ist. – Wollen wir ins Konferenzzimmer gehen? Ich habe ein paar Neuigkeiten.«

Sie nickten zögerlich.

Richard bot ihnen Kaffee und Briochekipferl an, doch sie lehnten sein Angebot ab, weil sie weder Teller noch Kaffeeschalen hatten.

Tomacic grinste schelmisch. »Ich bin heute Morgen in die Cafeteria im Erdgeschoss eingebrochen.«, kicherte er und stürmte mit erhobenem Zeigefinger aus dem Zimmer.

Im Besprechungsraum legte Perez sein Smartphone auf den wackeligen Tisch und verband es mit seinem Laptop.

»Pe … Peter, weißt du schon, was es mit Annas E-Mail auf sich hat?«

»Nein, ich habe es dir gestern Abend geschickt, weil ich dachte, du könntest damit etwas anfangen.«

»Wi ... Wie meinst du das: Ich könnte damit etwas anfangen

Holzinger suchte nach den richtigen Worten, denn er ahnte, worauf sein Freund hinauswollte. Er war nahe daran, ihm seine unausgesprochene Bitte zu erlauben.

»Mei ... Meinst du etwa, ich soll mich da irgendwo hineinhacken?«, brachte es der IT-Spezialist auf den Punkt.

Peter wand sich wie ein Aal.

In der Zwischenzeit war der Computer hochgefahren und Richard balancierte mit verknoteten Fingern das zweite Frühstück zum Tisch. Die beiden bedankten sich und griffen gierig nach den Briochekipferln.

»Äh, – ich habe Steiger gebeten, nachzusehen, woher die Mail kam ...«, sagte Peter mit vollem Mund.

»I ... Ich habe mir die Mail mit Anna angesehen. Die MIME-Daten geben keinen Aufschluss darüber, wer und von wo die Nachricht abgeschickt worden ist. Sie lief über mindestens 200 Server. Unmöglich sie nachzuverfolgen. Jedenfalls nicht auf die Schnelle.«

»Wovon sprecht ihr?«, mischte sich Richard ins Gespräch.

Peter kramte in seinen Unterlagen und zog einen Ausdruck hervor, den er Tomacic zuschob.

»Wi … Wie ihr wisst, war Gerhard Klug ein Vorstandsmitglied des Economy-Clubs.« Lucas schob seinen Kollegen je einen Ausdruck zu. »Er und ein gewisser René Delon sind im letzten Halbjahr auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen. Deshalb wurden wir beauftragt, ein Auge auf diese Veranstaltung zu werfen. Und jetzt, kommt das Beste: Die beiden haben einen Erpresserbrief erhalten, genauso wie Craig Morrison.«

»Wenn ich Recht sehe, das eine ist von BKA-Wiesbaden und das andere aus Marseille. Wie bist du an die Unterlagen gekommen? Sind diese Abteilungen schon morgens um 5:00 besetzt?«, wollte Peter wissen.

»Na ... Natürlich nicht. Aber ich habe so meine Beziehungen und Zugriffsrechte aus früheren Zeiten«, schmunzelte der IT-Spezialist.

»Ich hoffe stark, du hast die offizielle Freigabe«, empörte sich Peter, während er in Richards fragende Augen schaute.

»Wo ... Wollen wir jetzt über Amtswege diskutieren oder uns Klarheit verschaffen, womit wir es in Laxenburg zu tun haben?«, schnauzte Lucas seine Kollegen an. »Wenn ihr mir mit Verordnungen kommt, dann sagt mir ab sofort, was ich zu tun habe, und ich schalte mein Hirn ab. Ich kann auch den naiven Befehlsempfänger mimen. Dienst nach Vorschrift.« Perez erwartete keine Antwort. Er neigte sich zum Bildschirm seines Computers und scrollte in den Fenstern.

»War das alles?«, fragte Peter schnippisch, für den es schwer war, ein stichhaltiges Gegenargument ins Treffen zu führen.

»Kei ... Keine Einwände. Gut.«

Holzinger legte seine Hand auf Richards Unterarm, um ihm zu verstehen zu geben, sich nicht in die Diskussion einzumischen.

»A ... Anstelle mit Anna einen netten Abend zu verbringen, bin ich in meiner neuen Wohnung gesessen und habe die Akten der beiden Fälle durchgearbeitet«, klagte Lucas. »Nur so nebenbei, Peter, du wolltest einen Bericht von mir. Hier ist er, spitze die Ohren und den Bleistift. In beiden Fällen wurde nicht sehr intensiv untersucht, weil es sich um augenscheinliche Unfälle gehandelt hat. Aber, bei den Fotos des Unfallwagens von Herrn Klug, ist mir dieses hier am vorderen Rad aufgefallen. Ich habe es mit Photoshop vergrößert und den Kontrast bearbeitet. Schaut euch die Innenseite der Felge an. Das ist keine Bruchstelle, wie ich sie kenne. Das ist ein Loch. Sieht das nicht nach einer Gewehrkugel aus?«

Seine Kollegen steckten die Köpfe zusammen. Verglichen die vier Ausdrucke, die ihnen Lucas zugeschoben hatte.

»Kann ich nicht sagen. Von der Größe her schon. Aber ich weiß nicht, welche Spuren ein Projektil in Magnesium hinterlässt. Was meinst du, Richard?«

Tomacic fingerte sein Smartphone aus der Innentasche und wählte eine Nummer.

»Da staunst du was? … Ja, ich bin im Ruhestand – gewesen. Bis heute. – Europol – Deine grobe Einschätzung ist gefragt. Darf ich dir vier Fotos schicken? … Super – sieh sie dir gleich an und gib uns Bescheid – an Holzingers Mail-Adresse – vielen Dank.« Richard beendete das Gespräch. »Das war mein alter Freund DDr. Walter Schwartz von der Spurensicherung. Forensiker, Pathologe und Psychologe«

»Wei … Weiter im Text: In René Delons Akte ist ebenfalls eine derartige Drohung evident. Nicht in Marseille, sondern in Nantes, wo der Hauptsitz seines Unternehmens ist. Die Franzosen ahnen wahrscheinlich nichts davon. Erpressung liegt bei der Abteilung Kapitalverbrechen und sein Verschwinden wird von der Vermisstenabteilung bearbeitet. Beides wurde zu den Akten gelegt.«

»Woher ...?«

»Eu ... Europol und – egal …«, fiel ihm Lucas ins Wort, ohne ihn anzublicken. » … Lass mich zusammenfassen: Wer hat eine Drohung in ähnlichem Stil erhalten? Klug, Delon, Morrison. Alle mit der gleichen Aufforderung einer NGO oder NPO einen Millionenbetrag zu überweisen. Das ist die einzige Klammer. Wenn wir heute die Kopien von den Teilnehmern vergleichen, die ebenfalls ein Erpresserschreiben empfangen haben, getraue ich mich, zu wetten, dass auch dort Spendenaufforderungen zu finden sind. Die Frage ist nur, welches Motiv steckt dahinter? Die Drohung an Beller dürfen wir nicht vergessen.«

Peter und Richard schauten einander ratlos an. Die Fälle hingen zusammen, so viel stand fest. Aber wie?

»Vielleicht Rache?«, überlegte Tomacic.

»Ra ... Rache an einem deutschen Pharmaunternehmen, einem österreichischen Flughafenbetreiber, einem amerikanischen Lebensmittelkonzern, einem niederländischen Rohstoffunternehmen und einem französischen Lobbyisten? Auch der Bezug zum Economy-Club ist nicht zielführend, weil nicht alle Mitglied sind. Mir drängt sich kein kleinster gemeinsamer Nenner auf. Euch?«

Die beiden schüttelten ihre Köpfe.

»We ... Wenn es nicht die Unternehmen sind, vielleicht gibt es Übereinstimmungen in ihrem Privatleben: Klug hatte eine On-Off-Beziehung mit der Leiterin der französischen Firma, die er übernommen hat. Übrigens, sie hält heute über neunzig Prozent der Anteile des Konzerns. Die Ehefrau hat nur das Privatvermögen geerbt. Könnte Habgier ein Motiv sein?«

Peters Augen leuchteten auf. »Nein, dann würde man nicht verlangen, an eine gemeinnützige Organisation zu spenden. – Vielleicht Eifersucht? Gekränkte Ehre?«

»Nicht ... Nicht so schnell. René Delon war weder verheiratet, noch hatte er Kinder. Seine Homosexualität hatte er der Öffentlichkeit verschwiegen. Regelmäßig unternahm er mit seinen Lustknaben mehrtägige Segeltörns.«

»Mehrere Tage? Er war homosexuell?«

»Ja. Da ... Das hat mir ein Vogerl gezwitschert«, antwortete Perez frech und setzte ungezügelt fort. »Ist aber verbrieft. Wir wissen es, und damit basta. Mir ist auch klar, dass wir es nicht in unseren Berichten erwähnen werden«, gab Lucas seinen Kollegen mit strengem Blick zu verstehen.

»Jetzt sag bloß, du hast Neuigkeiten aus Morrisons und Voss' Privatleben?«

»Nei … Nein. – Mein Computer arbeitet daran. Morrison ist Witwer. Voss glücklich verheiratet und – hatte eine Tochter.«

»Sonst noch was?«, fügte Peter enerviert hinzu, dem die Frage auf der Zunge brannte, woher Lucas seine Info bezogen hatte.

Aber – wollte er es überhaupt wissen?

»Bei ... Beinahe hätte ich es vergessen: Costa vermehrt sein Privatvermögen mit Kickback-Zahlungen. Er zieht das Geld an seinen Teilhabern vorbei in die eigene Tasche. Last but not least: Mathilde Klug ist Jägerin und Meisterschützin. – Das war es. Peter jetzt hast du meinen Bericht! Alles notiert?«

Holzinger verdrehte die Augen und ignorierte den Seitenhieb. Er fuhr sich durch die Haare. Er war überzeugt, dass sich Lucas in die Accounts gehackt hatte. Ohne Legitimation.

Peter steckte in der Zwickmühle, besonders weil ihn Richard fordernd anschaute. Sein Ex-Boss erwartete eine angemessene Reaktion; doch er wägte ab, fragte sich, ob er seinen Mitarbeiter zur Rede stellen sollte. Laut Dienstvorschrift müsste er ihn anzeigen. Andererseits fehlte ihm der Beweis.

»Du hast dich in ihre E-Mail-Accounts gehackt, obwohl ich es dir verboten habe«, raffte sich Peter auf.

Perez drehte seine Handflächen nach oben, als würde er einen Medizinball halten, zuckte mit den Achseln, und presste seine Lippen aufeinander.

»Am liebsten würde ich meine Zusage – euch beiden zu helfen – wieder zurückziehen«, knurrte Richard, erhob sich von dem knarrenden Sessel und verschränkte seine Arme vor der Brust. »Aber leider ist das eine zu spannende Geschichte. – Und zu dir Lucas. Ja, hacken ohne Befehl, kann den Job kosten. Außerdem können wir nichts von dem, was du uns erzählt hast, offiziell verwenden. – Schade.« Tomacic ließ eine theatralische Pause entstehen. »Aber – es hilft uns bei der Suche nach dem Licht am Ende des Tunnels. Wenn ich nur wüsste, in welcher Richtung die Laterne zu finden ist – ich für meinen Teil, stehe mit dem Gesicht zur Wand.«

Paragrafenreiter, dachte Lucas und scrollte sich durch die unterschiedlichsten Fenster auf seinem Monitor. Schließlich blickte er seinen Chef an. »Wir ... wir brauchen dringend ein Whiteboard.«

Peter nickte und schaute zu Richard.

»Ihr verwechselt mich wohl mit einer Sekretärin?«, schnaubte der Alte und ließ seinen Finger neben der Schläfe kreisen.

Die beiden setzten einen Hundeblick auf.

»Ich besorge eines«, resignierte Tomacic.

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