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3.1.3 | Lernen und Gedächtnis

Neben den bisher beschriebenen Wahrnehmungs- und Kategorisierungsprozessen zählen die Gedächtnis- und Lernprozesse zu den wichtigsten kognitiven Prozessen. Fundamental ist insbesondere die Rolle des Gedächtnisses, denn ohne Speicherung von Information wären alle anderen (höheren) kognitiven Prozesse unmöglich.

Definition

Unter Gedächtnis sind nicht nur bewusstes und willentliches Speichern und Erinnern, sondern auch unbewusste, beiläufige Prozesse zu verstehen, die als implizites Gedächtnis und implizites oder inzidentelles Lernen bezeichnet werden.

1. Lebensjahr

Die experimentelle Säuglingsforschung konnte zeigen, dass sich das menschliche Gedächtnis bereits im Verlauf des 1. Lebensjahres kontinuierlich entwickelt:

Wiedererkennensleistungen (engl. recognition): Sie sind bereits ab der Geburt möglich, insbesondere bei Sinnesmodalitäten (wie dem Hörsinn), die schon vorgeburtlich funktional waren (z.B. DeCasper/Spence 1986). Viele der in den Kap. 3.1.1 und 3.1.2 referierten Studien zeugen von frühen Wiedererkennensleistungen, gemessen als erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber neuen Stimuli im Vergleich zu schon bekannten (die offenbar gespeichert wurden).

Erinnern von Kontingenzen: Nachdem 3 Monate alte Babys mit dem Fuß strampelnd ein Mobile bewegt und die Kontingenz zwischen dem Strampeln und den Bewegungen des Mobiles entdeckt haben, erinnern sie sich einige Tage später in einer ähnlichen Situation wieder daran und versuchen, den Effekt erneut strampelnd hervorzurufen (Rovee-Collier et al. 1980). In vielen weiteren Experimenten konnten Rovee-Collier und Kollegen zeigen, dass die Erinnerungsdauer (gemessen in Wochen nach dem Training) mit dem Alter der Säuglinge und mit der Anzahl der Trainingsdurchgänge linear zunahm. Der wiederholte Einsatz von Erinnerungshilfen (z.B. Zeigen des Mobiles) konnte das Vergessen um Monate hinauszögern (Hayne et al. 2000; Rovee-Collier 1997, 1999). Veränderungen des Kontexts (z.B. veränderte Ausstattung des Bettchens, in dem der Zusammenhang erinnert werden sollte) führten zu drastischen Abrufproblemen (Rovee-Collier 1997).

Lernen durch (aufgeschobene) Imitation von Handlungen: Bereits 6 Monate alte Kinder imitieren eine beobachtete Handlung (z.B. bei einer Spielzeugente einen Knopf drücken, damit diese quakt), sofern sie unmittelbar nach der Beobachtung getestet werden (Herbert et al. 2006). Aber erst ab 9 Monaten imitieren Kinder Handlungen, die sie beobachtet haben, (z.B. ein Spielzeug manipulieren oder einen Knopf drücken) noch 24 Stunden später, obwohl sie die jeweilige Handlung unmittelbar nach der Beobachtung nicht imitieren konnten (deferred imitation). Die älteren Kinder erinnern sich noch nach mehreren Wochen daran (Meltzoff 1985, 1988).

aktives Erinnern

Aktives Erinnern (engl.: recall) zeigt sich insbesondere auch im Zusammenhang mit der Sprachentwicklung: Eineinhalbjährige wiederholen intentional Wörter und kurze Sätze, die ihnen vorgesprochen werden (→ Kap. 3.2).

Bilden von Assoziationen

Die einfachste Form des Lernens besteht nach bisheriger Ansicht beim Säugling in der Bildung von Assoziationen zwischen physikalisch simultan vorhandenen Phänomenen (vgl. klassische Konditionierung). Eine neuere Studie zeigt auf, dass wahrscheinlich bereits 6 Monate alte Säuglinge Objekte assoziieren, die nicht unmittelbar gleichzeitig wahrnehmbar sind (Cuevas et al. 2006).

Definition

Das autobiografische Gedächtnis ist ein eigenes, sich dynamisch ab dem 3. Lebensjahr entwickelndes emergentes System. Es bezieht sich auf vergangene eigene Erlebnisse (Episoden), die explizit unter der speziellen Perspektive des Selbst in Beziehung zu anderen Personen erinnert werden (Nelson/Fivush 2004).

früheste autobiografische Erinnerungen

Das autobiografische Gedächtnis setzt erst gegen Ende des 2. Lebensjahres und vermehrt im 3. Lebensjahr ein (Nelson/Fivush 2004). Solche Erinnerungen konnten für besonders einschneidende Erlebnisse, z.B. eines medizinischen Notfalls, festgestellt werden (Peterson/Bell 1996; Peterson/Whalen 2001). Offensichtlich ist Sprache als Träger der Erinnerungen entscheidend: Kinder erinnerten nur Inhalte, die sie zum Zeitpunkt des Ereignisses bereits sprachlich benennen konnten, also mit ihrem Wortschatz ausdrücken konnten.

3.1.4 | Objektkonstanz und Objektpermanenz

Wir gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass Objekte auch dann weiter existieren, wenn sie aus unserem Blickfeld verschwinden, dass also Objekte ohne unser Zutun permanent existieren. Wann und wie entwickelt sich dieses Wissen?

Studie

Bahnbrechend waren insbesondere die originellen Experimente von Renée Baillargeon (z.B. Baillargeon/De Vos 1991), die 3–4 Monate alten Kindern verdeckte Objektbewegungen zeigte und feststellte, dass diese erwarteten, dass die Objekte ihre Bewegungsbahn gleichmäßig fortsetzten und in gleicher Größe wieder zum Vorschein kamen. In einem Experiment mit 2 unterschiedlich großen Rüben, die nach den Habituierungsdurchgängen (vgl. Abb. 3.3) hinter einem Schirm mit einer Auslassung durchgezogen wurden, reagierten die 4 Monate alten Säuglinge überrascht (längere Aufmerksamkeitszuwendung), wenn die lange Rübe bei der Auslassung nicht sichtbar wurde.


Abb. 3.3 | Versuchsanordnung von Baillargeon / De Vos (1991)

Während Jean Piaget aufgrund seiner Beobachtungen des Suchverhaltens von 1- bis 2-jährigen Kleinkindern noch davon ausgegangen war, dass Kinder erst allmählich im Verlauf des 2. Lebensjahres entdecken, dass Objekte auch dann weiter existieren, wenn sie diese nicht unmittelbar wahrnehmen können, wurde diese Annahme durch neuere Studien in Frage gestellt.

wichtige Randbedingungen

Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Generierung von Erwartungen zu verdeckten Objektbewegungen von verschiedenen physikalischen Bedingungen wie Geschwindigkeit des Objekts und Größe des Schirms, der die Objekte verdeckt, abhängig ist: Jüngere Kinder nehmen verdeckte Objektbewegungen nur wahr, wenn die (unsichtbar) zurückgelegte Distanz bzw. die betreffende Zeit kurz ist, während der das Objekt verdeckt ist (Bremner et al. 2005).

Kritik

Nicht wenige Forscher hegen außerdem Zweifel an der (weitgehenden) die kognitive Entwicklung betreffenden Interpretation des Blickverhaltens der Säuglinge in solchen Habituationsexperimenten (wie demjenigen von Baillargeon/DeVos 1991), indem sie geltend machen, dass die Effekte auch durch Stimulusmerkmale und entsprechende perzeptuell bedingte unterschiedliche Habituationsdynamiken erklärt werden könnten (Haith 1998; Schöner/Thelen 2006).

Objektkonstanz

Solche Einschränkungen legen nahe, die Fähigkeit, verdeckte Objektbewegungen wahrzunehmen, etwas vorsichtiger als Objektkonstanz und noch nicht als Objektpermanenz zu interpretieren.

Wenn wir unter „Objektpermanenz“ das Suchen nach verschwundenen Objekten in den ersten beiden Lebensjahren verstehen wollen, so gelten auch heute noch die naturalistischen Beobachtungen, die auf Piaget zurückgehen (Piaget 1975):

Wenn wir einem 5-monatigen Säugling ein Spielzeug zeigen und dieses dann durch einen anderen Gegenstand (z.B. ein Tuch, das uninteressant ist) verdecken, so wird sein vorher gezeigtes Interesse schnell nachlassen. Er verhält sich so, als ob er glauben würde, das Spielzeug existiere nicht mehr.

Ab 8 Monaten beginnt das Kind ein zugedecktes Objekt zu suchen (am Ort, wo das Objekt verschwunden ist). Bei sichtbarem Platzwechsel sucht das Kind immer noch am ersten Ort.

Ab 9–12 Monaten sucht es das verschwundene Objekt an einem weiteren Ort, sofern es einen entsprechenden Ortswechsel von A nach B beobachten konnte. Allerdings zuerst in A und dann in B (A- nicht B-Suchfehler).

Ab 18–24 Monaten ist dem Kind eine Sequenzumkehrung der (beobachteten) Positionsveränderungen im Suchverhalten möglich. Ab dieser Phase kann ein Objekt aufgrund der eigenen Vorstellungstätigkeit identifiziert werden. Ein Objekt kann seinen Ort unabhängig vom eigenen Zutun und der eigenen Wahrnehmung verändert haben (Ort als Zufallsmerkmal).


Abb. 3.4 | Ab 8 Monaten beginnen Kinder, verschwundene Objekte zu suchen.

3.1.5 | Kausales Denken

Laien würden nicht ohne Weiteres vermuten, dass bereits Säuglinge Kausalität wahrnehmen bzw. Ursachen und Wirkungen miteinander verknüpfen können.


Abb. 3.5 | Experimentelle Anordnung bei Leslie und Keeble (1987)

Studie

Spätestens seit den bahnbrechenden Experimenten von Leslie und Keeble (1987) hat sich jedoch in der Entwicklungspsychologie die Erkenntnis durchgesetzt, dass Säuglinge durchaus einfache Ursache-Wirkungs-Beziehungen wahrnehmen können.

Halbjährige Säuglinge beobachteten, wie ein blauer Klotz einen grünen Klotz anstieß (Habituierungsphase). Nach einigen Durchgängen wurde die Richtung und damit auch die Kausalität umgekehrt (→ Abb. 3.5): Nun stieß der grüne Klotz den blauen an (Testdurchgang). In der Kontrollgruppe waren alle Bedingungen gleich mit einer Ausnahme: Der grüne Klotz (bzw. im Testdurchgang der blaue) setzte sich erst einige Zeit nach der Ankunft des sich zuerst bewegenden Klotzes, also mit einiger Verzögerung (0.5 sec.), in Bewegung, was den „Eindruck“ einer Kausalbeziehung zwischen dem Anstoßen des blauen Klotzes und der Fortbewegung des grünen Klotzes verhinderte.

Entstehungsbedingungen

Viele Forscher gehen heute davon aus, dass das Kind dank einer angeborenen Sensitivität gegenüber bestimmten Verhaltensmerkmalen (wie z.B. Eigenbewegungen, kontingente Reaktivität) sehr früh in der Lage ist, zielgerichtete Handlungen zu identifizieren. Anscheinend ist es so, dass diese Identifikation umso wahrscheinlicher ist und damit auch umso früher (bereits ab dem 6. Lebensmonat) auftritt, je mehr solche Hinweise bzw. Verhaltensmerkmale simultan auf das Kind einwirken (Biro/Leslie 2007).

kausale Schlussfolgerungen

Neuere Studien weisen bereits für 2-jährige Kinder die Fähigkeit nach, einfache kausale Schlüsse zu ziehen (Sobel/Kirkham 2006).

Kritik

Auch zu diesem Kapitel ist einschränkend zu bemerken, dass die meisten Befunde auf Habituationsexperimenten beruhen, deren Interpretation kontrovers diskutiert wird (Haith 1998).

3.2 | Sprachentwicklung in der frühen Kindheit

Das Neugeborene kann noch nicht sprechen, aber es kann sich seinen Bezugspersonen durch Weinen mitteilen und es kann auch kommunikative Signale aus seiner sozialen Umwelt wahrnehmen und voneinander unterscheiden (→ Kap. 3.1.1).

Das Verstehen der Sprache geht der Sprachproduktion zeitlich deutlich voraus: Während einjährige Kinder noch nicht viel mehr als wenige, oft nur schwer verständliche Wörter artikulieren, verstehen sie selbst schon wesentlich mehr. Im Verlauf der ersten drei Jahre lernt das Kind nicht nur korrekte einfache Sätze zu bilden und situationsgerecht im Gespräch vorzubringen, es gelingt ihm auch, sich in verschiedenen Zeiten (Vergangenheit und Gegenwart) auszudrücken und einfache Sprechhandlungen (Erzählen, Fragen und Befehlen) zu realisieren.

Im Folgenden betrachten wir die vorsprachliche Phase des ersten Lebensjahres und die ersten Schritte in der Muttersprache.

3.2.1 | Vorsprachliche Kommunikation

Lange bevor das Kind erste Wörter produziert, ist es mit der Mutter, dem Vater und anderen wichtigen Bezugspersonen in sprachliche Dialoge eingebunden (Papoušek 2001). Dabei sprechen die Erwachsenen einfache und stark segmentierte Sätze unter ausgeprägter Betonung einzelner Silben (in sogenannter Ammensprache), was vermutlich dem Kind die Sinnentnahme aus dem Sprachstrom erleichtert. Sie hören dem Kind zu, beantworten die kindlichen Vokalisationen kontingent und imitieren sie teilweise.

rezeptive phonologische Entwicklung

Vier Tage alte Säuglinge unterscheiden die Muttersprache von anderen Sprachen, indem sie die prosodischen Merkmale (Betonung, Tempo, Pausen) der Sprache nutzen (Mehler et al. 1988). Mehler und Kollegen (1988) führten ihr Experiment u.a. auch mit phonetisch gefilterter Sprache durch, in der nur noch rhythmisch-prosodische Informationen enthalten waren. Da die Resultate die gleichen blieben, kann man davon ausgehen, dass die Präferenz für die Muttersprache mit deren prosodischen Merkmalen zusammenhängt.

Lautunterscheidung

Unter phonologischer Kategorisierung versteht man die Fähigkeit von Säuglingen, in Habituationsexperimenten Lautfolgen wie „ba“ von „pa“ zu unterscheiden (Eimas et al. 1971). Bis zum 6. Lebensmonat können Säuglinge sogar Lautunterschiede diskriminieren, die nur in anderen Sprachen (aber nicht in der Muttersprache) bedeutungsunterscheidend sind. Später lässt die Fähigkeit, Lautunterschiede anderer Sprachen zu diskriminieren, teilweise nach (Szagun 2013).

Segmentierung

7-monatige Säuglinge ziehen korrekt segmentierte (gegliederte) Sprachbeispiele willkürlich (falsch) segmentierten sprachlichen Äußerungen vor, was darauf hinweist, dass diese Kinder aufgrund der Prosodik über ein „Wissen“ über sinnvolle syntaktische Einheiten verfügen.

statistisches Lernen

In der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahrs können Babys in kurzer Zeit relativ häufige Lautkombinationen einer Sprache (im Experiment: auch einer Kunstsprache) aufgrund der statistischen Übergangswahrscheinlichkeiten erlernen. Kinder dieses Alters unterscheiden also bereits unbewusst die relativ häufigen Lautfolgen einer Sprache von unwahrscheinlichen Lautfolgen und bilden unbewusst Hypothesen über die bedeutungstragenden Wörter des Sprachstroms, den sie wahrnehmen (Aslin et al. 1999).

frühe Artikulationen

Im Mittelpunkt der Sprachproduktion des ersten Lebensjahres steht die Erkundung und Einübung der Möglichkeiten des Sprechapparates. Während das Baby mit zwei Monaten vor allem kurz phonierte Laute, vokalartige und melodisch modulierte Laute artikuliert (z.B. Gurren), kommen zwischen dem 4. und dem 7. Lebensmonat explorative (wie Quietschen, Brummen etc.) und emotionale Laute (wie Lachen, Quengeln) hinzu (Papoušek 2001).

Imitation

Ab dem 4. Monat imitiert das Kind vorgesprochene Vokale, wie „a“ oder „i“; nicht-sprachliche Laute werden hingegen nicht imitiert (Kuhl 1987).

Lallen

Reguläre Silben und Silbenreduplikationen (z.B. da-da-da) tauchen ab dem 7. Monat, im Anschluss an das Absinken des Kehlkopfes auf. Wenn die Reduplikation von Silben zwischen dem 6. und dem 9. Lebensmonat fehlt, könnte dies ein Hinweis auf Gehörlosigkeit sein, da gehörlose Kinder dieses Verhalten nicht zeigen.

Protowörter

Undeutlich oder falsch artikulierte Wörter, die aber doch schon bedeutungstragend sind (Protowörter), folgen mit ca. 11 Monaten, erste deutlich artikulierte, bedeutungstragende Wörter der Muttersprache folgen etwa einen Monat später (Papoušek 2001).

Handlungs- und Sprachroutinen

Wiederkehrende Routinen des Alltags mit einhergehenden Kommentierungen durch die Erwachsenen ermöglichen wahrscheinlich die ersten assoziativen Verknüpfungen zwischen Situationen bzw. Objekten und gehörter Sprache. Durch die erwähnten Dialoge macht das Kind außerdem in der Rolle als Gesprächspartner die Erfahrung, dass Hören und Sprechen einander abwechseln und dass (im positiven Fall) jemand zuhört und sich interessiert, wenn es artikuliert.

3.2.2 | Erste „Schritte“ in die Muttersprache

Die Produktion erster Wörter (produktive lexikalische Entwicklung) fällt in die Zeit zwischen dem 9.–18. Monat (Szagun 2013). Zu Beginn dieser Zeitspanne lernen Kinder auch das aufrechte Gehen (→ Kap. 3.3.1). Bei Kindern, die früher aufrecht gehen können, nimmt der passive und aktive Wortschatz – zumindest im englischsprachigen Raum – schneller zu als bei gleichaltrigen Kindern, die noch nicht aufrecht gehen können (Walle/Campos 2014).

Protodeklarative und Protoimperative

Es handelt sich oft um Wörter für Personen (z.B. Papa, Mama), Objekte (z.B. Tictac) oder Tiere (z.B. Wauwau), auf die das Kind verweist (Protodeklarative) oder die es haben möchte (Protoimperative). Viele dieser Wörter sind Nomen, seltener handelt es sich um Verben (Aktionswörter wie „springen“), Adjektive und Funktionswörter (wie „die“ oder „der“, die oft auf etwas hinweisen) (Szagun 2013). Diese Wörter werden zunächst im sogenannten Einwortsatz geäußert. „Mama“ beispielsweise kann dabei je nach Kontext unterschiedliche Bedeutungen haben: Hinweis auf Anoder Abwesenheit; Wunsch, dass sie kommt etc.

50-Wörter-Marke

Im Durchschnitt verfügen Kinder mit ca. 18 Monaten über einen aktiven Wortschatz von etwa 50 Wörtern. Manche bezeichnen diese Marke als „magisch“, weil sich der Wortschatz danach schneller erweitert („Vokabelspurt“, vgl. z.B. Nazzi/Bertoncini 2003): Ein Jahr später – mit 30 Monaten – umfasst der durchschnittliche aktive Wortschatz bereits knapp 500 Wörter (Szagun 2013). Allerdings ist zu beachten, dass die interindividuelle Variabilität bei der Zunahme des Wortschatzes sehr groß ist (Fenson et al. 1994).

Zwei- und Mehrwortäußerungen

Ab 19 Monaten verständigen sich Kinder zunehmend mit aus zwei Wörtern bestehenden Äußerungen (Zwei-Wortsätzen), ab dem dritten und noch akzentuierter im vierten Lebensjahr mit Drei- und Mehrwortäußerungen (Szagun 2013).

Grammatikerwerb

Mit zunehmender Länge und Komplexität der kindlichen Äußerungen setzt ein imposanter bis ins Schulalter hinein anhaltender, aber weitgehend doch unbewusster, Grammatikerwerb ein (Pluralbildung, Kasus, Genus, Passiv, Verbmarkierungen u.a.), auf den ich hier nicht im Detail eingehen kann (vgl. Szagun 2013). Auch auf den Grammatikerwerb trifft die schon weiter oben angemerkte interindividuelle Variabilität zu: Verwenden die einen Kinder z. B. den Passiv bereits mit 27 Monaten, setzen ihn andere erst mit 42 Monaten ein (Szagun 2013).

Bemerkenswert ist zudem,dass neuere Theorien die Bedeutung der Imitation auch für den Grammatikerwerb hervorheben (Tomasello 2003). Kinder lernen nach dieser Theorie nicht einerseits Wörter und andererseits unabhängig davon eine Grammatik, die dann hilft, die Wörter zu Sätzen zu verbinden. Vielmehr konstruieren sie ihre Sätze aus (besonders häufig gehörten und deshalb im Gedächtnis gespeicherten) Sprachfragmenten (z.B. „ins Bett gehen“, „Flasche trinken“). Lexikalisches und grammatisches Lernen sind somit miteinander verwoben (Bannard/Matthews 2008).

Wortschatzerwerb

Bei der Aneignung des passiven und aktiven Wortschatzes in der Muttersprache benutzt das Kind eine Reihe von Strategien. Schon junge Kinder beachten, worauf die Aufmerksamkeit von Sprechern gerichtet ist, und assoziieren die betreffenden Objekte mit den gehörten Wörtern (Baldwin 1993).

Fragen, Bilderbücher

Schon mit 1.5 Jahren sind Kinder in der Lage, nach der Bezeichnung von Objekten zu fragen („Was ist das?“). Kinder dieses Alters lieben es auch, mit Bezugspersonen Bilderbücher anzusehen. Einem intuitiven Skript folgend, zeigen diese der Reihe nach auf die Tiere, Objekte und Menschen, bezeichnen sie („Schau mal, das ist die Kuh. Und da ist das Entlein“) und sagen zum Beispiel: „Die Kuh macht muh!“ oder „Das Entlein macht quak!“ etc.

Strategien der Bedeutungszuordnung

Da die aktiv erfragten bzw. via Bilderbüchern gelehrten Wortbedeutungen nur einen Bruchteil der gelernten Wort-Objekt-Zuordnungen ausmachen, müssen Kinder noch über andere Strategien verfügen, nach denen sie Bedeutungszuordnungen vornehmen. Man geht heute davon aus, dass Kinder ab ca. 1.5 Jahren sogenannte Constraints einsetzen (Markman/Hutchinson 1984; Markman/Wachtel 1988).

Definition

Bei den Constraints (Vorannahmen bzw. Einschränkungen) handelt es sich um Regeln, die das Kind unbewusst zunächst zur Induktion von Objektbedeutungen, später auch zur Induktion von Verbbedeutungen verwendet.

Wenn das Kind beispielsweise ein unbekanntes Wort hört, so geht es anscheinend eher davon aus, dass sich dieses nicht auf einen Teilbereich eines vorhandenen (bekannten) Objekts bezieht, sondern auf eines der vorhandenen unbekannten Objekte (Ganzheitsconstraint).

Es scheint auch eher anzunehmen, das neue Wort stehe für ein Objekt der gleichen Kategorie wie die übrigen vorhandenen Objekte, deren Bezeichnungen dem Kind schon bekannt sind (Taxonomieconstraint).

Schließlich geht es eher davon aus, dass es für ein Objekt nur jeweils ein Wort gibt, weshalb es das neue Wort einem unbekannten Objekt zuordnet (ggf. eben doch einem Teilobjekt, nämlich dann, wenn dem Kind die Bezeichnungen aller vorhandenen Objekte schon bekannt sind).

Die wesentlich schwierigere (und deshalb auch später erfolgende) Induktion von Verbbedeutungen wird durch die (unbewusste) Beachtung syntaktischer Merkmale (syntaktische Constraints), nämlich des Satzrahmens, den bestimmten Verben verlangen, sowie der Präpositionen, die mit bestimmten Verben kombiniert sind (Gleitman 1990), beeinflusst.

Unklar ist bis heute, weshalb Kinder solche (und nicht andere) Constraints verwenden bzw. ob und ggf. wie sie diese gelernt haben.

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263 стр. 40 иллюстраций
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9783846344750
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