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Neun

Die Neun spielt bei der Verwendung der Kräuter eine bedeutende Rolle. Im sogenannten „Weihbuschen“, dem Kräuterstrauß, der am „hohen Frauentag“ (15. August) geweiht wird, müssen neun Kräuter enthalten sein.

Neun ist eine Mondzahl. Die neun Monate der Schwangerschaft, bis ein neues Menschenkind das Licht der Welt erblickt, sowie der weibliche Zyklus mit seinem Bezug zum Mond (von dem sich das Wort Monat ableitet) stehen hier im Vordergrund. Neun ist die höchste Ziffer in der Reihe von 1 bis 9, also auch die Zahl der Vollendung und bedeutet somit die große Kraft, das Hervorbringen von Leben.

Die Neun weist auf das Prinzip des natürlichen Wachstums hin. In vielen Sagen wird erzählt, wenn jemand allzu raschen Erfolg will, lässt er sich „auf einen Bund mit dem Teufel“ ein, der in einer Nacht alles für ihn erledigt, was ansonsten langsam und organisch wachsen müsste.

Die Verwendung von Pflanzen

Man schenkt einander Blumensträuße und ziert die Fenster mit Blumenstöcken, man stellt Adventkränze und Weihnachtsbäume in die Wohnung, und in vielen Haushalten gibt es auch heute noch den Palmbuschen, der mit seinen Weidenkätzchen und dem immergrünen Buchsbaum für den Segen des aufbrechenden Frühlings steht. Damit man dies im Bewusstsein behält, stellt man ihn in den Herrgottswinkel, wo man seiner nicht vergisst, aber auch von ihm nicht vergessen wird. Die Gegenwart von Pflanzen in der einen oder anderen Form scheint selbstverständlich.


Das Wissen um die Wirksamkeit von Pflanzen, ob sie für den Menschen genießbar waren, über welche Heilkraft sie verfügten oder ob sie noch andere, nicht gleich sichtbare Eigenschaften besaßen, wurde über Generationen erforscht und überliefert. Bevor es schriftliche Aufzeichnungen gab, müssen bestimmte Fähigkeiten zum Erwerb dieses Wissens eingesetzt worden sein. Dazu gehörten der natürliche Instinkt, genaue Beobachtung, aber auch eine äußerst feine Wahrnehmung, die heute nur noch selten trainiert wird. Viele Bräuche im Zusammenhang mit Pflanzen lassen sich auf derartige Beobachtungen und Wahrnehmungen zurückführen.

Die Gegenwart einer Pflanze, sei es in frischem oder getrocknetem Zustand, bedeutete, mit der Kraft und den Eigenschaften dieser Pflanze versehen zu sein. Anders ausgedrückt: Man stand mit der Wesenheit, also auch mit der Intelligenz dieser Pflanze in Verbindung. So gab es Talismane aus Pflanzen, die vor Unheil bewahren sollten. Manche Pflanzennamen weisen sogar darauf hin, beispielsweise der Allermannsharnisch (Allium victorialis). Die Zwiebel dieser Pflanze verfügt über eine netzfaserige Hülle, die an ein Kettenhemd erinnert. Daraus schloss man, der Träger wäre mit einem solchen Schutz versehen, die Pflanze könne ihn wie ein Harnisch vor Verwundung bewahren.

Andere Pflanzen wie der Breitwegerich (Plantago major), dessen Blatt man sich in die Schuhe legte, sollten das Gehen erleichtern, und wieder andere wie der Beifuß (Artemisia vulgaris)*sollten vor Krankheit und Wahnvorstellungen behüten. Der immergrüne Buchsbaum im Palmbuschen, welcher das Haus vor Unglück schützen sollte, verfügt unserem heutigen Wissen nach über stark antivirale – also tatsächlich schützende – Eigenschaften.

Immergrünen Pflanzen kam grundsätzlich eine besondere Bedeutung zu, da man in ihnen Stärke und die Kraft des (Über)Lebens erkannte. Nüsse nahmen ebenfalls eine Sonderstellung ein, da sie in ihrer Widerstandsfähigkeit als nahrhafter Same für neues Leben und Fruchtbarkeit standen.

*Der Beifuß beziehungsweise Pflanzen der Wermutfamilie wurden interessanterweise von vielen Völkern für ähnliche Zwecke verwendet, so auch von einigen Indianerstämmen Nordamerikas oder in der chinesischen Medizin.

Auch heute wird ein Blumenstrauß, über den man sich gefreut hat, oft getrocknet und aufbewahrt. Die trockene Pflanze enthält immer noch ätherische Stoffe, welche die Verbindung zur Pflanzenseele darstellen und deren Geruch immer wieder die Erinnerung an das besondere Ereignis weckt.

Pflanzen dienten auch zur Wettervorhersage. Eine einfache Form bestand zum Beispiel darin, dass man am 1. November einer Birke oder einer Buche einen frischen Span entnahm. War er feucht, verhieß das einen strengen, schneereichen Winter, war er eher trocken, sollte der Winter mild ausfallen.


Tiere

Sie dienten dem Menschen als Nutz- und Arbeitstiere, aber auch als geschätzte Gefährten. Tiere stellten in mehrerer Hinsicht den Reichtum eines Menschen dar. Dadurch wurde einigen Tierarten im Brauchtum eine besondere Stellung eingeräumt. Denken wir an den heute noch gepflegten Almabtrieb. Wenn während des Sommers alle Tiere gesund geblieben sind und keines verunglückt ist, werden die Rinder, manchmal auch Pferde, prächtig geschmückt von den Hochweiden ins Tal gebracht. Nach dem gefahrvollen, langen Weg wird zum Dank ein ausgiebiges Fest gefeiert.

Bis heute haben sich „Leonhardiritte“ oder „Leonhardifahrten“ erhalten, die am Sonntag um den 6. November in vielen Orten Bayerns und Westösterreichs abgehalten werden. Dabei finden ein Pferdeumzug durch das Dorf und ein Umreiten der Kirche statt.

In vorchristlicher Zeit ordnete man verschiedene Tierarten bestimmten Gottheiten zu. Man glaubte, durch die Gegenwart dieser Tiere entstehe jene Atmosphäre, in der sich die Gottheit wohlfühle und herbeikäme. Dies dürfte den Ursprung einiger Bräuche darstellen, in denen Tiere eine Rolle spielen.


Jeder, der ein Haustier besitzt, weiß, wie wohltuend die Nähe eines solchen Gefährten wirkt. Grasen auf der Weide vor dem Haus Kühe, fühlt sich das anders an, als wenn sich dort Ziegen oder Schafe aufhalten. Und wenn zum Beispiel in der Weststeiermark die Lipizzanerhengste im Frühherbst von den Weiden abgetrieben und vom Wallfahrtsort Maria Lankowitz bis in die Stadt Köflach geführt werden, ist die Kraft spürbar, welche die Pferde mit sich bringen und ringsum verbreiten.


Einer der ältesten Gefährten des Menschen ist der Hund, als wachsamer Begleiter, als Jagd- und Hütehund. Früher war es beim Hausbau üblich, den Hund als Ersten ein neues Haus betreten zu lassen und dort, wo er sich niederlegte, wurde das Bett aufgestellt. Man wusste, dass Hunde Plätze aufsuchen, die auch für den Menschen wohltuend sind. Im Gegensatz dazu wurden Katzen oft mit dem „Übel“ in Verbindung gebracht, da sie als sogenannte „Strahlensucher“ gelten, also sich gerne auf Plätzen aufhalten, an denen sich z. B. Wasseradern kreuzen, was auf Dauer für den Menschen nicht förderlich ist.

Das heute oft so verschmähte Schwein hat eine besondere Geschichte. In der alteuropäischen Überlieferung, sei es bei Kelten, Germanen oder den altisländischen Völkern, waren Sau und Eber Tiere, die von den Göttern beim Mahl verzehrt wurden. Zahlreiche Knochenfunde an Kultstätten oder in Gräbern weisen auf die Bedeutung des Schweins hin.

Das Schwein wurde aber auch noch aus einem anderen Grund geschätzt: Es gehört zu den wenigen Tieren, deren Fleisch in seiner Struktur dem des Menschen sehr ähnlich ist, was für Heilzwecke von Bedeutung war. Man verarbeitete Schweineschmalz zu Heilsalben und schätzte das Fleisch als kräftigende Mahlzeit.

Speisen

Nahrung war wertvoll und oft nicht in ausreichender Menge vorhanden, also kam ihr ein weitaus höherer Stellenwert zu als in unserer heutigen Konsumgesellschaft. Daher gab es bestimmte Speisen auch nur bei festlichen Anlässen oder an Tagen mit besonderer Bedeutung.

Eine Sonderstellung nahm das Brot in seinen unterschiedlichen Formen ein. Aufgrund seiner Haltbarkeit und Nahrhaftigkeit galt es als wichtigste, geradezu heilige Speise. Nicht umsonst gab es in alten Überlieferungen immer Gottheiten, die man verehrte, weil sie das Korn, den Getreideanbau und somit das Brot unter die Menschen gebracht hatten. Auch im christlichen Vaterunser findet sich der Satz „Unser tägliches Brot gib uns heute“, was den Stellenwert dieser Speise aufzeigt.

Brot fand in unzähligen Bräuchen Verwendung, die vom Teilen des Brotes in der Hausgemeinschaft bis hin zu Fruchtbarkeits- und Liebeszauber reichten. Bis heute haben sich einige traditionelle Brotformen erhalten, deren Ursprung auf diese Bräuche zurückgeht.

Manche Formen hatten schlicht praktischen Nutzen, um das Brot ohne Verwendung eines Messers leicht aufteilen zu können. Andere weisen eine starke Symbolik auf (die sogenannten „Gebildbrote“), bei denen es darum ging, quasi eine ins Brot eingebackene Information durch den Verzehr aufzunehmen. Die Vielfalt der Formen war seinerzeit sehr groß und zu beinahe jedem festlichen Anlass gab es ein bestimmtes Brot. Häufig unterschied sich die Form sogar nach dem Geschlecht des Beschenkten, also ob ein Mädchen oder ein Bursche die Gabe erhalten sollte.

Der Zopf oder Striezel mit seinen geflochtenen Strängen steht immer für Vervielfachung, für Fülle. Er wurde zu jenen Festen gebacken, an denen man Fruchtbarkeit wünschte, zum Beispiel zu Hochzeiten, aber auch zu Festen, die den Jahresbeginn markierten, also Anfang November. Noch heute gibt es daher in vielen Gegenden Österreichs den „Allerheiligenstriezel“, der mancherorts (wie im oberösterreichischen Mühlviertel) sogar sechsfach geflochten wird.

Die Brezel, die sich aus einer runden Kringel entwickelte, erfüllte viele Zwecke. Unter anderem stand sie früher für Verbindung und wurde als „Liebesbrezel“ von einem Mädchen an einen jungen Mann verschenkt, dem sie zugetan war. Es gab auch die Patenbrezel, die der Taufpate verschenkte, oder Brezen, die in Gasthäusern ausgespielt wurden. Schließlich wurde die Brezel noch zum (harten, gesalzenen) Fastengebäck, das aus einem speziellen Teig gefertigt war. Eine Sage erzählt von der Entstehung der Brezel:

Wie die Brezel entstanden ist
(Sage aus der Schweiz)

Einst lebte ein fleißiger Bäcker, der für sein feines, weißes Brot und seine köstlichen Kuchen berühmt war. Doch er hatte ein schweres Verbrechen begangen und so wurde er zum Tode verurteilt. Der Graf, unter dessen Gerichtsbarkeit der Bäcker stand und der das feine, weiße Brot besonders liebte, wollte ihm eine Gelegenheit geben, sein Leben doch noch zu retten. Also ließ er den Bäcker wissen: Wenn es ihm gelänge, einen Kuchen herzustellen, durch den die Sonne dreimal scheine, würde er ihm sein Leben schenken. Der Bäcker blieb die ganze Nacht über in der Backstube, knetete und formte und buk, und als der Morgen anbrach, trat der Graf herein. Da reichte ihm der Bäcker eine Brezel. Als der Graf sie gegen die Sonne hob, sah er, wie die Strahlen durch drei Öffnungen fielen und der Bäcker war gerettet.

Weitere Gebildbrote waren Feingebäck wie Lebkuchen (zum Beispiel Herzen oder „Fatschenkindel“ – ein Wickelkind, das man in die Weihnachtskrippe legte) und dergleichen mehr. Sie wurden oft reich verziert und an speziellen Feiertagen gereicht, so zu Weihnachten, zum Fest der Heiligen Drei Könige oder zu Ostern.

Bis heute beliebt und bei den meisten Brauchtumsfesten vertreten sind die sogenannten „Schmalzgebäcke“, also Krapfen, Strauben, gebackene Mäuse und dergleichen, die alle schwimmend in heißem Fett herausgebacken werden.

Überall dort, wo eine Herdstelle mit offener Glut vorhanden war, gab es diese Art von Gebäck, wobei mit Schmalz ursprünglich Butterschmalz gemeint war (geklärte Butter, die ungekühlt sehr lange haltbar ist). In den Gegenden, in denen der geschlossene Ofen vorherrschte, sind bis heute Speisen wie Ofenschlupf und alle Arten von Strudeln üblich.


Verkleidung und Maske

Vor allem im winterlichen Brauchtum findet man im Alpenraum, aber auch in vielen anderen europäischen Ländern, maskierte Gestalten. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um die Verkörperung verschiedener Prinzipien aus der Natur: Fruchtbarkeit, Fülle und Lebenskraft, aber auch Wildheit, Tod und Zerstörung, welche in einer Welt, in der ganz real ständig geboren und gestorben wird, unumgänglich sind. Viele der Gestalten weisen Hörner, selten auch Geweihe auf, eine Erinnerung, die wohl auf vorchristliche Gottheiten zurückgeht. Das Horn steht immer für Wildheit und Zeugungskraft.

Der Hirsch galt bei den Kelten als heiliges Tier, das Cernunnos, dem Gott des Waldes und der Dämmerung, zugeordnet war. Der Hirsch verkörperte die Erneuerung des Lebens, da er alljährlich sein mächtiges Geweih abwirft, um danach ein noch größeres zu bilden. Im Christentum ist der weiße Hirsch als Symbol des heiligen Hubertus (Jagdpatron) erhalten geblieben.

Die Kulte, die mit den genannten Prinzipien in Verbindung standen, zeichneten sich oft durch wilde Gesänge und ekstatische Tänze aus, denn die Zeugungs- oder Zerstörungskraft der Natur sollte dargestellt werden. Nach der Christianisierung wurde dieses Wissen nur noch im Verborgenen weitergegeben und vieles geriet aufgrund von Verboten in Vergessenheit. Daher kam es im Lauf der Zeit zur „Ver-Teufelung“ der gehörnten Gestalten. Unser Krampus, in manchen Gegenden auch Bartl genannt, der weiter im Norden (Deutschland) als Knecht Ruprecht bekannt ist, geht in einigen Aspekten auf diese Gottheiten zurück und war ursprünglich nicht die ausschließliche Personifikation des Bösen, sondern die Verkörperung wilder Kräfte, die nicht nur Leben spenden, sondern auch destruktiv wirken konnten. Kurzum, die Gestalt erinnert daran, dass der Mensch im Angesicht der Natur keineswegs die beherrschende Macht darstellt und dass es im Leben auch Situationen zu begegnen gilt, die man fürchtet.

Bei den meisten Verkleidungen handelt es sich um Ganzkörpermasken. Das heißt, von dem, der sich verkleidet, ist nichts mehr zu sehen, er verschwindet völlig hinter der Maske und soll bewusst unkenntlich bleiben. In vielen Fällen wird dies noch dadurch verstärkt, dass die Maskenträger zum Schweigen verpflichtet sind, also auch nicht an ihrer Stimme erkannt werden können. Dadurch sollen die eigene Persönlichkeit vergessen und der Maskierte mit der Gestalt, die er verkörpert, völlig eins werden, beispielsweise mit der Percht, also mit dem Prinzip, das er darstellt. Zugleich bildet die völlige Maskierung auch einen Schutz, damit etwaige in der Maske begangene Vergehen nicht geahndet werden können. Schabernack und diverse Streiche gehörten zum Brauchtum ebenso wie das Schlagen mit einer Rute. Die Rute war ursprünglich das „Lebensreis“, mit dem die Fruchtbarkeit erweckt werden sollte. Manchmal wurde daraus die „Züchtigung“ oder „Bestrafung.“ Der Übergang dieser Art von Maske zur Verkleidung im Fasching ist fließend und oft lassen sich die ursprünglichen Bräuche nicht mehr voneinander unterscheiden. Manches vom sogenannten Winteraustreiben wurde mit den später entstandenen Faschingsbräuchen vermischt.

Schiachperchten aus dem Gefolge der Zeller Tresterer

Lieder und Tänze

Lieder und Tänze waren immer feste Bestandteile des Brauchtums. Die Musik stand nie für sich allein, sondern hatte gemeinschaftlichen und begleitenden Charakter. Sie war gleichermaßen Ausdruck von Freude oder Trauer, ob beim fröhlichen Fest oder beim Leichenbegängnis. Das heißt, sie diente stets dem jeweiligen Anlass.

Das „Konzert“, wie wir es heute kennen, existierte im Brauchtum in dieser Form früher nicht, allein deshalb, weil Musikinstrumente teuer und daher ein seltener Besitz waren. Erst im Lauf der Zeit entwickelten sich durch eine Verbesserung der Lebensumstände die sogenannten „Haus-“ oder „Familienmusiken“. Auch heute kann man oft erleben, dass auf der Almhütte, beim Kirtag und bei diversen Festen jemand ganz spontan die Ziehharmonika, die Fidel oder die Gitarre hervorholt und dann gemeinsam musiziert und gesungen wird.


Bandltanz in Graden

Typisch für die Alpenregion war (und ist) das Jodeln, das heute eine Neubelebung erfährt. Es war nicht nur Ausdruck der Freude oder der andachtsvollen, feierlichen Stimmung, es war auch eine Form der Kommunikation. So hatte jeder seinen typischen „Juchzer“, an dem er erkannt werden konnte, und in den Bergen gab es die Sennerrufe, die einen eigenen Verständigungscode zwischen den weit auseinanderliegenden Almen darstellten.

Im Tanz gibt die Musik vor allem den Rhythmus vor. Als Ausdruck gemeinsamer Freude am Fest hielt man Kreis- und Reigentänze ab. Der Tanz bot natürlich Gelegenheit, sich näherzukommen, und trotz vieler von der Obrigkeit verordneter Tanzverbote fanden sich immer Möglichkeiten, diesem Vergnügen im Verborgenen („Winkeltänze“) zu frönen.

Weiters gab es Stock- und Schwerttänze, welche auf die Traditionen der Bergleute und Schmiede zurückgehen. Diese hatten mit der Verarbeitung von Metall sowie der Herstellung von Waffen zu tun. Beim gemeinsamen Schlagen auf einen Amboss musste zum Beispiel ein guter Rhythmus erzielt werden, um sich bei der Arbeit nicht gegenseitig zu verletzen. (Beim „Schuhplatteln“, das nicht nur in Bayern, sondern auch in einigen Regionen Österreichs beheimatet ist, gibt es übrigens einen Tanz, der den Namen „Amboss“ trägt und genau diesen Vorgang zeigt.) Auch Schnelligkeit und Muskelkraft wurden auf diese Weise trainiert, denn zog man gemeinsam in den Kampf, war oft rasches, gemeinschaftliches Agieren vonnöten.

Grundsätzlich erforderten die altüberlieferten Tänze gute Merkfähigkeit bei komplizierten Schrittfolgen und darüber hinaus Beweglichkeit und Ausdauer. So wurden Kraft, Geschicklichkeit und Koordinationsvermögen geschult und bereits am Tanz abgelesen, was für die Partnerwahl ein bestimmender Faktor sein konnte.

Tanz hatte auch religiösen Charakter. Durch die lange, ausdauernde Bewegung konnte man sich in einen exaltierten Bewusstseinszustand versetzen, in welchem man sich dem Göttlichen näher fühlte. Damit wurde Tanz zugleich zum Ausdruck der Verehrung, wie beim Tanz um die Dorflinde, Tanz um den Maibaum etc.

In den alteuropäischen Überlieferungen betrachtete man Tanz als eine Kommunikation mit der Erde, deren Worte die Schritte waren. Bei manchen Bräuchen (Perchtenläufe, Winteraustreiben) sollte das Stampfen die Erde nach dem Winter öffnen, also wieder erwecken, und das Wachstum der Pflanzen anregen.

Sagenhafte Gestalten

Sagenhafte Gestalten gehören dem Brauchtum naturgemäß an. In unzähligen Sagen und Märchen, aber auch in den mündlichen Erzählungen alter Sennerinnen oder Bauern treten diese Figuren immer wieder unter diversen Namen in Erscheinung. Dazu gehören Frau Perchta mit ihrem Gefolge, die Wilde Jagd sowie die drei weisen/heiligen Frauen oder drei Spinnerinnen. (Zu Frau Perchta und der Wilden Jagd Näheres im Kapitel über die Raunächte.) Der Kult der „drei heiligen Frauen“ reicht weit in der Zeit zurück. In der alteuropäischen Überlieferung nannte man sie Bethen. Bei den Römern kannte man die drei Matronen, die vor allem in Gebieten mit ursprünglich germanischer und keltischer Besiedlung verehrt wurden. Man vermutet, dass in diesem Kult eine ältere weibliche Triade von den Römern übernommen wurde.

In der Überlieferung treten diese weiblichen Gestalten immer als Dreiheit auf, manchmal als drei Schwestern, als drei weiße/weise Frauen, manchmal auch als drei Großmütter, drei Salige oder drei Spinnerinnen. Die alten Namen sind in höchst unterschiedlichen Lautformen überliefert, da es ursprünglich nur mündliche Berichte über diese Triade gab. Hier nur die bekanntesten Varianten:

Ambeth (Anabeth, Einpett, Aubet)

Wilbeth (Vilpett, Bilbet, Fürpet)

Borbeth (Barbeth, Warbede, Gewerpette)

Aus Warbede wurde die Waberl, die in vielen Sagen noch als solche genannt wird (zum Beispiel Lahnwaberl in der Südsteiermark). Sie wird als unheimliche weibliche Gestalt beschrieben, die dem nächtlichen Wanderer manchmal Segen bringen, ihn aber auch erschrecken kann.

Im christlichen Kalender wurde diese Dreiheit am 16. September gefeiert, wobei man sie der „Schar der elftausend Jungfrauen“ zuordnete, denen die heilige Ursula vorstand.

Möglicherweise stehen auch die „drei heiligen Madl“ Katharina, Margaretha und Barbara damit im Zusammenhang. Gemeinsam mit Dorothea nannte man sie früher die „Virgines capitales“. Die drei Ersteren, auch „Hauptjungfrauen“ genannt, reihte man unter die vierzehn Nothelfer. Auf einigen Darstellungen erscheinen sie zu dritt, auf anderen zu viert gemeinsam mit Dorothea. Der Merkspruch lautete:

Margaretha mit dem Wurm

Barbara mit dem Turm

Katharina mit dem Radl

Das sind die drei heiligen Madl

Die Attribute „Wurm“ (Drache oder Schlange, einst ein Zeichen der Kraft und Erneuerung, da sich eine Schlange häutet) und „Radl“ (Schicksalsrad, Spinnrad) erinnern jedenfalls an alte Gottheiten.

Heute ist die Verehrung der „drei Bethen“ noch an einigen Orten Tirols und in der Schweiz erhalten, unter anderem in Meransen/Maranza in Südtirol.


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