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Читать книгу: «Die Welt in hundert Jahren», страница 6

Various
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Bertha von Suttner.
Der Frieden in 100 Jahren

In der „Sorbonne von Europa“ war für den 1. März 2009 ein Vortrag des berühmten brasilianischen Geschichtsprofessors, Dr. Pedro Diaz, angesagt. Allwöchentlich las an dieser Universität ein Gelehrter aus einer anderen Metropole des Globus. Nicht nur die Vortragenden, auch die Zuhörer rekrutierten sich aus allen Weltgegenden. Wie man hundert Jahre früher von allen Ländern zu den Bayreuther Festspielen pilgerte, so kam man jetzt aus den übrigen Kontinenten nach der auf einem Schweizer Hochplateau als Prachtbau errichteten Sorbonnen geflogen, um den Zelebritäten zu lauschen, die dort dozierten.

Das für jenen 1. März angesetzte Thema hieß:

„Die moderne Friedensherrschaft und ihre historische Entwicklung.“

Wie das die Geschichtsprofessoren stets zu tun pflegen, so holte auch Pedro Diaz bei der entrücktesten Vorzeit aus und es dauerte etwa anderthalb Stunden, ehe er von den Pfahlbauern bis zum zwanzigsten Jahrhundert vorgedrungen war. Beim Jahre 1908 angelangt, sagte er:

„Dies ist das denkwürdige Jahr, in welchem die Menschheit den Luftozean erobert hat; damit hebt eine neue Epoche – unsere Epoche – an, und da wollen wir in unserem Rückblick ein paar Minuten aussetzen.“

Nach kurzer Erholungspause fuhr der Professor also fort: „Der Rüstungswahnsinn war um diese Zeit schon zum Paroxismus gestiegen. Jedes Land war ein bewaffnetes Lager; was immer der menschliche Genius auf technischem Gebiete erfand, wurde in den Dienst der Massentötung gestellt; die Lasten der Heeres- und Flottenbudgets und der daraus entspringenden Steuern- und Schuldenerhöhungen waren so drückend geworden, daß man schon an der Grenze des Unerträglichen stand, und doch war die Losung immer nur: Weiterrüsten. Die Erde war mit Festungen gespickt, mit Minen untergraben, die Meere auf und unter den Wogen mit Todesfahrzeugen gefüllt, und kaum waren die ersten Versuche, sich der Luft zu bemächtigen, gelungen, als sich schon die Heeresleitungen anschickten, auch dieses Element mit Sprengstoff-Schleuderern zu bevölkern. Wirklich ein hoffnungsreicher Zustand unserer lieben Gotteserde! Diese ist zwar auch nicht immer menschenfreundlich; das bewies sie wieder in jenem Jahre 1908, wo sie mit einem ungeduldigen Ruck einen ganzen Landstrich und dessen 200000 Einwohner vernichtete; aber diese Katastrophe war doch nur ein Spiel gegen jene, welche die zivilisierte Menschheit sich selber vorzubereiten eifrig bestrebt war.

Wenn man, von unserer Zeitdistanz aus, das bis an die Zähne bewaffnete und nach „immer mehr, immer mehr Waffen“ rufende Europa ins Auge faßt, so muß dem Unwissenden scheinen, als wäre damals von der Friedensherrschaft, deren wir uns heute erfreuen, noch kein Schimmer am Horizont aufgegangen, und als ob eine gewaltige und plötzliche Revolution – etwa die der Lufteroberung – nötig gewesen sei, um so gänzlich veränderte Zustände herbeizuführen. Das ist aber nicht der Fall. Dem gewissenhaften Historiker offenbart sich die Erkenntnis, daß damals unsere heutige kriegslose Weltordnung schon in Bildung begriffen war, daß alle ihre moralischen und materiellen Voraussetzungen bereits gegeben waren, von vielen erkannt, von der Masse unbemerkt; und daß tausend Kräfte – selbst die scheinbar in der entgegengesetzten Richtung tätigen – sich in der Entwicklungslinie bewegten, die zur modernen Friedensherrschaft geführt hat.

Es gab ja damals auch schon, wie ich in meinen früheren Ausführungen erwähnte, eine direkte Friedensbewegung, die sichtbare und wirksame Ergebnisse gezeitigt hatte: das Zarenreskript, die Union, die zahlreichen Schiedsgerichtsverträge, die Friedensvereine und – Kongresse, eine ganze pazifistische Literatur, eine pan-amerikanische Konvention, ein von Andrew Carnegie gestiftetes Friedens-Palais im Haag usw.; aber diese Erscheinungen wurden vielfach ignoriert und gering geschätzt. Sie hatten ihr Endziel nicht erreicht, neben ihnen wuchsen und gediehen die militärischen Einrichtungen, stiegen Kriegsgefahren auf, kamen auch Kriege zum Ausbruch – also hatte man leichtes Spiel, sie als leere Träume zu behandeln. Aber die Kräfte, die ich meine, die unsichtbaren, die indirekten, die arbeiteten unablässig an der Organisierung der Welt, d. h. an ihrem Zusammenschluß und an Ihrem Aufstieg zu einer höheren Kulturstufe. Immer enger knüpfte sich das Netz der Internationalen Interessen. Die Mächte schlossen Ententen, um die zwischen Ihnen schwebenden Streitfragen aus der Welt zu schaffen; solche Freundschaftsbündnisse, mit der Spitze gegen niemand – dehnten sich von einem Land zum anderen und von einem Kontinent zum anderen: Frankreich – England; Deutschland – Amerika; Amerika – Japan; und besonders was Europa betrifft, so wuchs aus all den verschiedenen Freundschaftsbündnissen langsam ein verbündetes Europa heraus. Noch hieß es nicht so, aber gebärdete sich schon als solches. In moralischer Hinsicht: bei dem Unglück in Sizilien schlug ein europäisches Herz in Mitgefühl und diktierte vereinte Hilfsaktion; in politischer Hinsicht: bei all den Balkan-Kriegsgefahren arbeiteten die Mächte mit Eifer daran, den Krieg abzuwehren; der Fall von Casablanca wurde dem Haager Schiedsgericht zugewiesen; über die Marokko-Frage schlossen die langjährigen Gegner, Frankreich und Deutschland, ein Abkommen. Der Widerwille vor den Massenschlächtereien, der Respekt vor dem Friedensideal nahmen zu. Die mächtigsten Kriegsherren rechneten es sich zur Ehre, als Friedensfürst gepriesen zu werden, – kurz, der Uebergang von der Gewaltepoche zur Rechtsepoche hat sich schon vor hundert Jahren deutlich vollzogen und hätte – auch ohne Eroberung der Luft – zu unserem heutigen Zustande geführt.“

Der Professor blickte auf seine Uhr. „Wir haben nicht mehr Zeit, die Ereignisse des letzten Jahrhunderts, sofern sie sich auf unser Thema beziehen, Revue passieren zu lassen; ich will nur die Grundlagen und Prinzipien erörtern, auf welchen die gegenwärtige Friedensherrschaft ruht.

Leider kann ich nicht, indem ich von unserem Zeitalter spreche, es als ein goldenes schildern. Wir schreiben 2009 – sind also noch dem mittelalterlichen Barbarentum bedenklich nahe. Die Menschheit ist – wenn man bedenkt, daß noch hunderttausend, vielleicht millionen Jahre vor ihr liegen – noch immer in ihrer Kindheit; jedenfalls hat sie noch mehr von der Tierähnlichkeit, die ihrem Ursprung entspricht, als von der Gottähnlichkeit an sich, die ihr Ziel ist. Erwägt man, daß vor hundert Jahren der Mensch noch des Menschen Wolf war, daß ihm von nirgend her mehr Gefahren des Zerrissen- und Zerfleischtwerdens drohten als von seinem eigenen Geschlecht, dazu das tiefe Elend und die krasse Unwissenheit von neun Zehnteln ihrer Masse, so kann man nicht verlangen, daß sie nach so kurzer Frist auf dem Gipfel der Zivilisation angelangt sei, und daß jenes Maß von Kultur, das sie besitzt, schon in alle Winkel und alle Niederungen hätte dringen können. Nein, wir haben noch gegen vieles Leid und viele Gefahren zu kämpfen, und hinterlassen auch noch unseren Kindern ein großes Kampfeserbe.

Immerhin, gegen unsere Vorfahren, die vor hundert Jahren lebten, sind wir glücklich zu preisen. Vor allem haben wir, was sie gar nicht kannten, wofür sie nur einen Namen, aber niemals das Wesen hatten – wir haben den Frieden. Was bei ihnen so hieß, waren die Pausen zwischen den Kriegen; zu seiner Sicherheit hatte man nichts Besseres erfunden als die durch Drohung eingeflößte Furcht; der Krieg war – akut oder latent – der herrschende Zustand; von dem Kriege der Zukunft wurde täglich als von etwas Selbstverständlichem gesprochen und gedruckt. Den „ewigen Frieden“ haben wir ja heute auch noch nicht, denn immer noch können Ueberfälle minder vorgeschrittener Völkerschaften gewärtigt werden, aber dann erscheint dies als etwas Außerlegales, als ein von seiten des Angreifers verübtes Verbrechen. Wir besitzen immer noch zu Lande, zur See und zur Luft disziplinierte bewaffnete Heere, Schutztruppen im höchsten Sinne des Wortes, weil sie – wie die Gendarmerie und Polizei unserer Vorfahren, niemals zu Offensiv- und Eroberungs-, Haß- und Rachezwecken dienen, sondern zur Aufrechterhaltung der Ruhe und der Gesetze im Innern, zur Hilfeleistung und Rettung überall dort, wo ein Volk in Not ist. Durch diese hehre Sendung wird unserem Militärstande noch immer, wie einst, der Rang des „ersten Standes“ zuerkannt.

Auf welchen Grundlagen ruht unser Friedensregime?

Einmal auf der einfachen Unmöglichkeit, Kriege zu führen. Wir sind im Besitze von so gewaltigen Vernichtungskräften, daß jeder von zwei Gegnern geführte Kampf nur Doppelselbstmord wäre. Wenn man mit einem Druck auf einen Knopf, auf jede beliebige Distanz hin, jede beliebige Menschen- oder Häusermasse pulverisieren kann, so weiß ich nicht, nach welchen taktischen und strategischen Regeln man mit solchen Mitteln noch ein Völkerduell austragen könnte.

Einmal entschuldigte sich ein Bürgermeister beim Empfang seines Landesherrn, daß er keine Kanonenschüsse abfeuern ließ. „Ich hätte siebzehn Gründe,“ sagte er, „erstens besitzen wir keine Kanonen – “ „Dann erlasse ich Ihnen die sechzehn übrigen Gründe,“ unterbrach der Landesherr.

Ebenso könnten Sie mir sagen, es sei überflüssig, noch andere Grundlagen für den Bestand des Friedens anzugeben, wenn schon die Unmöglichkeit des Krieges erwiesen ist. Aber ich will den Schein nicht aufkommen lassen, als ob wir bloß darum nicht mehr Krieg führten, weil wir nicht mehr können. Unser Verzicht auf das Recht gegenseitigen Todschlags hat höhere Motive und sicherere Garantien:

Alle Interessen der kultivierten Menschheit sind als solidarisch erkannt worden. Jahrtausende lang hat man seine Ansichten und seine Taten auf das Recht des Stärkeren gegründet und sich dabei – als man Naturwissenschaft studiert hatte – auf den „Kampf ums Dasein“ berufen, und alle Entwicklung durch das Auffressen der Kleinen durch die Großen erklärt. Erst später ist man zu der Erkenntnis gekommen – und unter diesem Einfluß leben wir heute – daß der eigentliche Faktor in Natur und Gesellschaft, der zu höheren Formen führt, die gegenseitige Hilfe ist.

Zu den Grundlagen unseres Friedens gehören auch die Religionen. Das Christentum hat sich auf seinen tiefsten Sinn besonnen; das Judentum erinnert sich des mosaischen Gebotes „Du sollst nicht töten“; der Buddhismus folgt seinem, die ganze Schöpfung umfassenden, liebevollen tat wam asi; die Anhänger des Confuzius haben seither den Krieg verachtet, und die Bekenner der kosmischen Religion, d. i. jener Religion, die aus allen übrigen Glaubenslehren nur die Ahnung des Göttlichen in die Offenbarungen der Wissenschaft hinübergerettet hat, die verabscheuen den Krieg als die Negation des Gottes in ihrer Brust.

Vor hundert Jahren haben die an Wunder grenzenden Errungenschaften der Technik, des Verkehrs, der gemeisterten Naturkräfte ganz neue Lebensbedingungen geschaffen, aber die moralische Wandlung hielt mit der physischen nicht gleichen Schritt. Man hielt trotz der verwandelten Umstände die alten Zustände, die alten Denkweisen eine Zeitlang fest. Man war mit einem Worte dem Milieu nicht angepaßt. Aber was nicht sterben will, muß sich anpassen, und da kam nun für die Menschheit eine Epoche, wo sie auf dem Gebiete der geistigen und moralischen Kräfte ebensoviel Neues und Umwälzendes schuf, wie ihr dies auf dem physischen Gebiete gelungen war. Seelenkräfte, die früher zwar auch schon vorhanden waren, wie die Naturkräfte auch, wurden sozusagen erst entdeckt, oder vielmehr – sie wurden nutzbar gemacht, in den Dienst der Lebensführung gestellt, in die Regeln des politischen Verkehrs eingefügt, aus dem sie bisher verbannt waren, z. B. die Güte, die Ehrlichkeit, das Vertrauen. Damit ward eine andere Atmosphäre geschaffen, in der wir heute atmen und in der der Krieg – dessen Luft aus Haß- und Verdachtsstoff besteht – einfach ersticken mußte.

Was aber unserem Friedensregime die sicherste, gegen Rückfälle und Zufälle gefeite Basis verleiht, ist dies: Wir wissen, daß es nichts Starres, nichts Ewiggleichbleibendes gibt. Unsere Vorfahren wußten das zwar auch, aber sie bauten darum nicht minder ihre Staaten und ihre staatlichen Einrichtungen auf der Voraussetzung auf, daß an ihren Grenzen nicht gerückt, an ihren Institutionen nicht einmal gemäkelt werden dürfe. Hier führten sie unbeugsame Starrheit ein. Da aber Grenzen sich auch verschieben, Regierungsformen sich auch verändern müssen, so blieb dieser, Notwendigkeit keine andere Möglichkeit sich durchzusetzen, als die Anwendung der Gewalt. Und so stellten sich immer zur rechten Zeit Kriege und Revolutionen ein. Wir hingegen lassen das Prinzip der Elastizität walten. Wir wissen, Bevölkerungen nehmen ab oder nehmen zu und müssen sich im letzteren Fall über die Grenzen ergießen; wir wissen, Nationen und Rassen entstehen und vergehen; wir wissen, es finden neue Zusammenschlüsse und neue Trennungen statt; wir wissen, die Bedürfnisse nach Verwaltungsformen wechseln und streben überhaupt immer größerer Freiheit zu, und unser Leben hat sich dieser Naturnotwendigkeit angepaßt; wir widersetzen uns ihr nicht – und auch damit ist die häufige Ursache für Krieg und Bürgerkrieg behoben. Die durch den Luftverkehr aufgezwungene Handelsfreiheit – denn wo wollte man da oben Zollschranken anbringen – hat die Zollkriege aus der Welt geschafft – überall findet jede Handelsmacht die „offene Tür“ – kurz, für Wettkämpfe auf industriellem und geistigem Gebiet liegt vor uns die Welt noch offen – für Waffenkämpfe ist sie verschlossen.

Von den beim Anbruch der krieglosen Zeit freigewordenen, materiellen Reichtümern und geistigen Kräften, welche jetzt, statt für Vernichtungszwecke, im Sinne der „gegenseitigen Hilfe“ verwendet werden und ungeahnten Wohlstand und Hochstand verbreitet haben, will ich nicht reden, sondern als unsern herrlichsten Gewinn hervorheben, daß wir, über alle Längen- und Breitengrade hinaus, unsere Mitmenschen lieben und achten dürfen, daß nicht mehr den Grenznachbarn gegenüber Mißtrauen und Mißgunst, Bosheit und Gehässigkeit unsere Seelen trüben. Daß wir nicht mehr, wie einst die Verteidiger der Kriegsinstitution es taten, deren Ewigkeit durch die Ewigkeit unserer bösen Instinkte beweisen müssen, sondern daß wir mit dem Philosophen, von dem ich Ihnen als einem der Vorkämpfer und Vordenker des Friedens erzählen konnte – mit Immanuel Kant sagen dürfen: „Der Mensch kann nie zu hoch vom Menschen denken“.

Frederick Walworth Brown.
Die Schlacht von Lowestoft

Schlacht? Nein, es ist keine Schlacht, die ich schildern will. Es ist etwas anderes. Es ist die Vernichtung einer Flotte und deren Konsequenzen. Es ist.. doch was es ist, werden die Leser ja sehen, und sie werden Schlußfolgerungen selber zu ziehen vermögen. Die Schlußfolgerungen, die sich ganz von selber ergeben und die darin gipfeln, daß ein Krieg der Zukunft schon deshalb unmöglich sein wird, weil er entschieden sein dürfte, noch ehe er beginnt. Ob allerdings meine Schilderungen erst in hundert Jahren zutreffen wird oder nicht schon viel, viel früher, das will ich nicht direkt entscheiden. Mir kommt es vor, als wäre es eine Sache von Morgen, dem unser Heute mit Riesenschritten entgegengeht.

* * *

Als die Tür aufging, sah der Admiral der Luftflotte auf. „Ah, Sie sinds, Hellborn!“ fragte er den vor seinem obersten Vorgesetzten strammstehenden jungen Offizier. „Bitte, setzen Sie sich.“

Einen Augenblick lang suchte der Admiral in einigen Akten herum, dann sah er plötzlich wieder auf den jungen Offizier hin, und es war, als wolle er mit seinem Blicke förmlich das Innerste dieses Mannes durchdringen. Der aber hielt den Blick mit der unbefangensten Miene von der Welt aus. „Hellborn,“ sagte der Admiral, „ich habe Sie für eine Aufgabe ausersehen, die Sie mit Stolz erfüllen dürfte; Sie wissen wohl, daß uns der Krieg droht und zwar ein Krieg, der dem Lande ganz ungeheure Opfer auferlegen würde, und dessen Ausgang zum mindesten sehr zweifelhaft ist. Es gilt nun, und ich verlasse mich auf Sie, daß Sie mit niemandem davon sprechen, diesen Krieg unmöglich zu machen.“ „Wie?“ rief der junge Offizier, als hätte er nicht recht gehört. „Das kann doch Ihr Ernst nicht sein, Exzellenz? Wir brennen doch gerade darauf, endlich zu zeigen, was wir vermögen; welch eine mächtige, allen überlegene Waffe wir sind, und wollen doch endlich der Seeflotte den Beweis auch erbringen, daß sie das Spielzeug ist, nicht aber wir, die wir noch immer dafür gehalten werden.“ „Das sollen Sie ja auch, lieber Hellborn,“ sagte der Admiral, „und darum rief ich Sie her. Der „Albatros“ ist ja flugfertig, machen Sie sich bereit, heute mit Anbruch der Nacht, sagen wir um 1/2 9, loszufahren, und richten Sie sich auf eine Fahrt von 6 bis 8 Tagen ein.“ „Und wohin soll es gehen?“ „Das kann und darf ich Ihnen nicht sagen. Sie erhalten an Bord des „Albatros“ Ihre versiegelten Ordres. So, und jetzt gehen Sie, und Glück auf die Fahrt. Viel Glück, denn vergessen Sie nicht, daß in Ihre Hand Krieg und Frieden, in Ihre Hand die ganze Zukunft des Landes gegeben ist.“

* * *

Leutnant Hellborn war mit der Aufgabe, die seiner harrte, nicht sehr zufrieden. Es wollte ihm nicht recht in den Sinn, daß er, der sich auf den Krieg gefreut hatte, wie sich nur ein Mensch zu freuen vermag, der Soldat in jedem seiner Muskeln, jedem seiner Nerven ist, daß er nun – den Friedensvermittler spielen sollte. Wie, das wußte er ja selbst nicht, aber die Aufgabe paßte ihm nicht. Absolut nicht. Und nun kam ihm noch Leutnant Ester von der Seeflotte in den Weg. „Na, schon gehört? endlich scheint’s loszugehen. Freu’ mich schon riesig. ’s ist wieder mal Zeit, daß wir die Glieder recken. Na, sollst einmal sehen, wie wir die Kerls zusammenschießen. Ihr fliegt wohl auch aus. Ja, ich hörte sogar, wie Admiral Willems von Euch sprach. Ihr sollt ihm den Aufklärungsdienst leisten.“ „So? weiter nichts?“ sagte Hellborn, der über die nebensächliche Rolle, die man der Luftschiff-Flotte wieder zuweisen wollte, empört war. „Na, wenn Ihr Euch nur nicht irrt.“

„Wieso irrt? Was anderes könnt Ihr ja doch nicht machen, und nehmt Euch mal vor den Zenithkanonen in acht. Eine Kugel daraus und Ihr habt genug.“ „Nur keine Angst um uns. Sieh’ Du Dich lieber vor den Lenktorpedos und den Unterseebooten vor. Adieu.“

Und in keineswegs gehobener Stimmung setzte er seinen Weg zur Luftschiffstation fort. Es war sieben Uhr, als er beim „Albatros“ anlangte. Der kommandierende Offizier war von der Mission Hellborns schon verständigt. „Was ist denn los?“ fragte er diesen.

„Weiß nicht. Hab’ keine Ahnung. Ich erwarte meine Orders erst hier.“

„Ist der Krieg schon erklärt?“ „Ich glaube nein.“ „Und wann macht Ihr klar?“ „In anderthalb Stunden.“

Hellborn machte sich sofort daran, „sein“ Schiff zu inspizieren. Es war das erste Mal, daß er ein selbständiges Kommando führte, und er fühlte einen berechtigten Stolz darüber, daß der Admiral gerade ihn dazu ausersehen hatte, das Schiff zu führen. Uebrigens wuchs seine Bewunderung für seinen Chef mit jedem Schritte, den er auf dem Luftkreuzer machte, denn das sah er sofort, daß die Expedition, die er heute so plötzlich unternehmen mußte, von langer Hand vorbereitet war, und daß sie einen sehr, aber sehr ernsten Zweck hatte. – In weniger als einer Stunde war die Inspektion beendet und Hellborn hatte sich überzeugt, daß nichts fehlte, und alles, jedes kleinste Maschinenteilchen, tadellos funktionierte. Fünf Minuten vor halb neun kündigte er dem Admiral auf drahtlosem Wege seine Abfahrt an, dann befahl er seinem Operator, den Apparat auszuschalten, „denn ich will keine Befehle und keine Contreorders erhalten“. Fünfzehn Minuten später begannen die Motore die Arbeit, durch den Schiffsleib ging erst ein leises, bebendes Zittern, dann schoß der „Albatros“, gleich als suche er seinen Namen Ehre zu machen, empor in die Luft, in das Reich, in welchem er herrschte. An Bord befanden sich außer Hellborn noch zwei andere Offiziere, Leutnant Schmidt, Leutnant Ester und zehn Mann. Geschützt war der Kreuzer durch doppelte Stahl- und Kautschuckpanzerplatten, während seine fünfzig Falltorpedos eine furchtbare Angriffswaffe waren, deren Explosion wohl zweifellos nichts stand zu halten vermochte. Das Luftschiff, auf dessen Leibe alle Lichter gelöscht waren, durchschnitt die Luft mit einer Geschwindigkeit von 92 Kilometern und hatte Kurs NNO. genommen. Leutnant Hellborn aber zog sich in seine Kabine zurück und öffnete – seine versiegelten Orders. Was er las, war folgendes: „Der Krieg ist heute abend 9 Uhr erklärt worden. Es gilt, die feindliche Flotte, die sich in Lowestoft konzentriert hat, noch in der Nacht zu erreichen, sie zu überrumpeln und kampfunfähig zu machen. In Lowestoft liegen feindliche Schlachtschiffe vor Anker. Sie müssen zerstört sein, ehe sie morgen bei Tagesanbruch klar zur Fahrt machen können. Bei gehöriger Ausnützung der Munition kann das unschwer erreicht werden.“ – Ein kleiner Aerostat zeigt siebzehn Schlachtschiffe! Wahrhaftig, das war ein Befehl, der seines Gleichen nicht kannte. Während aber Hellborn ihn wieder und wieder las, erhellte sich sein Gesicht immer mehr in strahlender Freude. Herrlich! herrlich! O, wenn ihm das gelang! Nie, nie, würde er’s dem Admiral vergessen, daß er ihn, gerade ihn zu diesem Heldenstück ausersehen. Denn ein Heldenstück war es, selbst wenn es ihm gelang, ungesehen an die nichtsahnende feindliche Flotte heranzukommen. Eine Stunde lang saß er über seinen Karten, dann suchte er den Maschinenraum auf. „Nun, wieviel machen wir?“ fragte er. „Zweiundneunzig, aber wir könnten gern unsere dreißig mehr machen.“ „Dann vorwärts mit ganzer Kraft. Der Kurz bleibt NNO.“ Bis dahin hatte Hellborn in der ruhigen, gemessenen Sprache des Kommandanten gesprochen. Jetzt aber packte er Schmidt plötzlich an beiden Schultern und „weißt Du, Junge, wo’s hingeht? Weißt Du, Fritz, was der alte Herr uns für eine Aufgabe gegeben? Paß einmal auf. In Lowestoft die Flotte in Grund bohren, weiter nichts.“ „Donnerwetter, ist das wahr? und wie viele sinds?“ „Siebzehn.“ „Und wir ganz allein, wir sollen.?“ „Jawohl, mein Junge, wir ganz allein.“ „Hurra, hurra!“ rief der Leutnant. „Das ist mal was! Da werden die Seehasen Augen machen. Ich allein nehm die siebzehn auf mich. Wie viel Treffer hatten wir immer beim Schulschießen? Sieben von zehn, was? Da bohren wir mit unseren Torpedos nicht siebzehn, sondern zwei mal siebzehn in Grund.“ „Ganz recht. Und nun wollen wir’s ihnen mal zeigen, wer mehr wert ist, ein Luftschiff oder ’ne ganze Flotte ihrer modernen Schlachtschiffe, die man so bequem treffen kann.“ Natürlich wurde auch Leutnant Ester und die Mannschaft über Zweck und Ziel der Fahrt aufgeklärt und die Nachricht erregte allgemeinen Jubel. „Wir schaffens! Wir schaffens!“ Darüber waren sich alle klar. Und Hellborn stand und rechnete. Wenn’s in dieser Geschwindigkeit weiter ging, dann konnte Lowestoft zwischen der zweiten und dritten Morgenstunde erreicht werden, zu einer Zeit also, wo noch die absolute Dunkelheit herrschte, da der Admiral wohlweislich eine Neumondnacht zu der Ausführung seines genialen Planes gewählt hatte.

Der „Albatros“ machte jetzt nämlich, auf die höchste Geschwindigkeit gebracht, 118 Knoten in der Stunde, und mit jeder Minute wuchs die Erregung der kleinen Bemannung, denn jede brachte sie ja dem Ziel, der Entscheidung entgegen. Und nun.. nun schimmerten unten, tief, tief unter ihnen, Lichter. Das war Lowestoft. Dort blitzte ein besonders helles Licht auf, das in regelmäßigen Zwischenräumen kam und verschwand. Das war das gelbe Licht des Leuchtturms von Lowestoft, und vor diesem lagen kleine Lichtpünktchen, die Signallichter der vor Anker liegenden Flotte. Hellborn legte einen Augenblick lang die Hand aufs Herz, als wolle er dessen Pochen eindämmen; dann atmete er hoch auf und stellte den Indikator auf 1000 Fuß. Sofort senkte das Luftschiff sich auf diese Höhe. Die Motore waren abgestellt, damit ihr surrendes Geräusch unten um Gotteswillen nicht gehört werde, und der „Albatros“ glitt nun lautlos durch die Luft und hing über den unten verankerten Schiffen. Diese lagen in weitem Halbkreise regungslos da, und es war leicht, sie alle siebzehn zu zählen und zu übersehen. Die einzige Frage war die, wo sollte der Angriff beginnen? Die beiden Leutnants waren zur Torpedokammer kommandiert, ein Glockenton schrillte durch den Raum, sie gaben das Signal zurück „fertig“. Der Plan war der, lautlos über das der Zerstörung geweihte Schiff zu fliegen, sich bis zu einer Höhe von 300 Fuß über dieses herabzulassen und ein Falltorpedo auf das Schiff herabsausen zu lassen. Ging der Schuß fehl, dann sollte Ester seinen Torpedo lancieren, sonst aber auf ein zweites Angriffsobjekt, an dem es ihm nicht fehlen sollte, warten.

In demselben Moment stellte Hellborn den Indikator auf 300. Wieder senkte das Luftschiff seinen Bug und glitt auf die angegebene Tiefe hinab. Ganz, ganz leise arbeiteten jetzt die Motore. Im Maschinenraum wie in der Torpedokammer sah man wie in einer Camera obscura ganz deutlich in ganz, ganz kleinem Maßstabe die Schiffe, über die man langsam hinwegglitt. Jetzt war man genau über der Brücke des einen, jetzt war es Zeit, jetzt konnte das Ziel nicht verfehlt werden, ein Druck auf den Knopf, und der Tod und Vernichtung bringende Torpedo fiel durch die Luke hinab. Gerade zwischen den zwei mächtigen Schloten des Schlachtschiffes fiel er auf, und in demselben Augenblicke zuckte ein grünlicher Lichtschein auf und erhellte den Hafen, dann warfen die Hügel den dumpfen Schall der Explosion donnernd und rollend zurück, und das getroffene Schiff sank, mittschiffs auseinandergerissen, und wurde von dem Wirbel des Meeres verschlungen. Hoch oben in den Lüften aber fuhr der „Albatros“ nach dem linken Flügel der Schlachtlinie und bereitete sich vor, sein so glänzend geglücktes Manöver von vorhin zu wiederholen. Unten war alles in maßloser Verwirrung. Die Scheinwerfer flammten auf und fuhren grell leuchtend über die Schiffsleiber hin, als suchten sie sie alle gegenseitig ab. Wie leuchtende Schwerter durchschnitten die grellen, weithintragenden Strahlen das Dunkel, empor in die Lüfte aber fuhr keiner, denn an die von dorther drohende Gefahr wurde nicht gedacht. Alles, was man unten wußte, war nur, daß eine furchtbare Explosion eines der stolzen, herrlichen Schiffe zerstört hatte. Niemand aber schrieb diese einem feindlichen Angriff zu. Es war aber ein unerklärliches Unglück und alles eilte den in den Wellen mit dem Tode Ringenden zu Hilfe. Oben im „Albatros“ – der im Momente der Explosion wieder in größere Höhen emporgeschnellt war – schrillte wieder das Zeichen. Wieder senkte sich das Luftschiff auf 300 Fuß Höhe herab und schwebte jetzt dicht über dem die Spitze des linken Flügels haltenden Schiffe. An Bord war alles in wilder Bewegung. Das Deck wimmelte von Menschen. Die Boote wurden klar gemacht, oben auf der Kommandobrücke aber brüllte ein Mann seine Befehle durch das Megaphon. Und der „Albatros“ flog, einem Nachtvogel gleich, über das Schiff hin. Wieder war es bei dieser Distanz ganz unmöglich, daß der Schuß fehlging. Wieder zuckte der furchtbare grüne Schein auf, wieder rollte der Schall der Explosion als Donner über das Meer hin, und wieder sank eines der stolzen Schiffe hinab zum Grunde des Meeres. Im selben Augenblicke aber hatte der „Albatros“ die kurze Distanz vom linken Flügel zur Spitze des rechten überflogen und nun fiel das Falltorpedo, das Leutnant Ester abschoß, auf das dort verankerte Schiff. Das furchtbare Geschoß fiel gerade hinter dem Achterturm des mächtigen Panzerschiffes nieder, das sich aufbäumte gleich einem wild gewordenen Pferde und dann bugaufwärts mit dem Hintersteven zu sinken begann. Die Panik auf all den anderen Schiffen war ganz entsetzlich, das Schauspiel der schwimmenden Trümmer und Menschen und Toten ganz furchtbar, aber das Grauen des Geheimnisses war mit einem Male gewichen, ein Strahl eines Scheinwerfers hatte gerade vom sinkenden Schiffe aus durch Zufall das Luftschiff getroffen, und dieses ward so entdeckt. Ein Schrei der Wut erhob sich von den noch unversehrt gebliebenen Schiffen, aber auch ein Schrei des Schreckens. Alle Scheinwerfer spielten jetzt mit ihren Strahlen nach oben und suchten den Himmel ab, während von zwei Schiffen aus der „Albatros“ hell beleuchtet wird, auf seiner Fahrt von dem grellen Lichte verfolgt. Hellborn war mit seinem Witz nicht zu Ende, er schoß mit seinem Luftschiff in eine Höhe von 5000 Fuß, bis wohin ihm das Licht nicht zu folgen vermochte, dann beschrieb er hoch oben einen großen Kreis und stürzte in eine Tiefe von nur 40 Fuß ab, so daß die den Himmel absuchenden Strahlen über den „Albatros“ weg glitten, diesen völlig im Dunkeln lassend, ihm aber förmlich selber den Weg weisend. Und nun hob sich der „Albatros“ plötzlich und erschien so unerwartet über dem einen Schiffe, daß keine Zeit mehr war, die Kanonen zu richten, denn in demselben Augenblick war auch schon das Torpedo gefallen und das Schicksal auch dieses Schiffes besiegelt. Hoch schnellte der „Albatros“ wieder empor; aber nun half ihm sein Trick nicht mehr, alle Scheinwerfer warfen Hunderte von Strahlenbündeln nach allen Richtungen hin, sich förmlich zu einem Strahlenmeer vereinend, das kein Fleckchen rundum, nicht in der Luft und nicht auf dem Meere, unbeleuchtet ließ. Diese Fülle von Licht hatte das Unangenehme, ein Ueberrumpeln der noch übrigen Schiffe unmöglich zu machen. Trotzdem mußte Hellborn es darauf ankommen lassen, und so senkte er denn sein Schiff wieder tiefer hinab; in dem Augenblick aber, wo er auf 500 Fuß niedergesunken war, wurde sein Leib von einer Kugel aus einem der großen Zenith-Geschütze getroffen, während ein Hagel von Geschossen aus der Zenith-Schnellfeuerkanone folgte. Glücklicherweise war der Schaden, dank der Panzerbekleidung des Luftschiffes, nicht groß, trotzdem wurde ein Mann der Besatzung verwundet, und Hellborn dachte an die furchtbare Gefahr, wenn ein Geschoß den Stapelraum der Torpedos traf. Dann war alles zu Ende, und er hatte die Hoffnungen getäuscht, die sein Admiral in ihn gesetzt hatte. Er mußte sich also in einer Höhe halten, in der ihm die Geschosse nicht mehr viel anhaben konnten und wo die Zielsicherheit gewissermaßen aufhörte. Er erhob sich also auf 1200 Fuß und lavierte hier in dem Luftmeer. Von dieser Höhe aus sah es natürlich auch für ihn mit der Zielsicherheit böse aus, aber immerhin hatte man bei den Schießversuchen auch aus solchen Höhen noch unter zehn Schüssen zwei Treffer erzielt, warum sollte man im Ernstfalle weniger glücklich sein! So – jetzt war der Moment – Leutnant Schmidt drückte auf den Knopf, der Torpedo durchschnitt sausend die Luft und – fiel ins Wasser, wo er ohne Schaden zu tun dennoch durch die Wucht des Falles explodierte und nur eine hohe Wassersäule emporwarf, im selben Augenblick aber hatte Leutnant Ester seinen Vorteil ersehen. Auch er schoß sein Torpedo ab, der das Vorderdeck des Admiralschiffes traf und seinen Vordersteven bis zur Kommandobrücke fortriß. Einen Augenblick später sausten zwei weitere Torpedos hinab auf das Feld der Verwüstung und Verwirrung, aber ohne weiteren Schaden zu tun, als nur die Panik zu erhöhen. Vergebens spielten alle Kanonen, man konnte dem Feinde, dem man machtlos preisgegeben war, nicht bei. Noch ein Schiff sank und noch eins, und da – da hißten die übrigen Schiffe eins nach dem anderen die weiße Flagge. Sie gaben den ungleichen Kampf, der kein Kampf, sondern ein Vernichtetwerden war, auf und ergaben sich. Nichts aber hätte Hellborn in größere Verlegenheit setzen können, als gerade dieses völlig unerwartete Ereignis. „Teufel,“ sagte er zu den beiden Leutnants, die er sofort zum Beratschlagen rufen ließ, „was können wir tun? Wir können doch nicht elf Schlachtschiffe mit unseren zehn Mann wegnehmen? Das geht doch nicht an.“ „Hm,“ sagte Schmidt, „wir könnten unseren „Drahtlosen“ wieder in Stand setzen und unserer Flotte drahten, sie soll die Schiffe in Empfang nehmen.“ „Können wir nicht,“ sagte Hellborn, „ist ganz unmöglich, die braucht acht Tage, ehe sie hier ist, und solange können wir uns nicht halten. Wir müssen sie in den Grund bohren, ob wir wollen oder nicht.“ Und – so sehr es ihr Soldatenherz auch bedrückte, die schönen Schiffe, die sich ihnen ergaben, zu zerstören, so mußte es doch sein. Langsam senkte sich das Luftschiff, stets einer Verräterei gewärtig, bis auf 200 Fuß Höhe hinab, beide Offiziere mit dem Finger auf dem Drücker, um die todbringenden. Torpedos im Bedarfsfalle zu schleudern. Dicht über dem einen der Schiffe hielt sich das Luftschiff, und nun griff Hellborn nach seinem Megaphon. „Ich gebe Ihren Schiffen bis 2 Uhr nachmittag Zeit, die Bemannung zu landen, dann werden die Schiffe unerbittlich mit allem, was drauf ist, zerstört.“ Und wieder erhob sich der Aerostat in die Luft, und die Sonne ging auf und beschien ihn und die Flotte, um die es von Booten wimmelte, in denen die Besatzung die Schiffe verließ. Um zehn Uhr war kein Mann mehr an Bord, nur der Kapitän eines Schiffes hatte sich geweigert, das Schiff zu verlassen, er, der darauf gelebt, wollte auch mit ihm gleichzeitig sterben. Um 2 Uhr senkte sich der „Albatros“ langsam über die Schiffe hinab. Drüben am Hafendamm stand in atemloser Spannung die angstvolle Menge und nun, nun sauste ein Torpedo hinab, und wo früher ein Schiff stand, trieben jetzt nur die Trümmer. Neun mal noch wiederholte sich dieses Schauspiel, und in dumpfem Schmerz sah ein Volk seinen Stolz und seine Hoffnung zertrümmert. In stiller, grausamer, erbarmungsloser Weise verrichtete das furchtbare Luftschiff sein Werk. Ein einziges Schiff noch war da, „Inflexible“, der Unbeugsame, stand auf seinem Steven zu lesen, und auf seiner Kommandobrücke stand ein Mann, stumm, mit gekreuzten Armen und sah seinem Schicksal entgegen. Wie ein Vogel aber senkte sich das Luftschiff ganz nahe auf Deck. „Lassen Sie uns einen Helden retten,“ sagte Hellborn durch sein Sprachrohr, „kommen Sie zu uns an Bord.“ Der Kapitän aber lachte laut auf. „Zur Hölle ich und Ihr,“ rief er und drückte auf einen Knopf. Im selben Augenblicke bäumte der Schiffsleib sich auf, das Schiff barst auseinander und hoch empor wurden die Schiffsteile geschleudert. Der „Albatros“ aber schwebte, da Hellborn die Bedeutung der Worte des alten Kapitäns sofort erkannt, und sein Schiff in unendliche Höhen gerissen hatte, lautlos über den Wolken und flog der Heimat zu, die glaubte, vor einem Kriege zu stehen, der lange schon beendet war. Beendet durch die neue Waffe – die Waffe der Luft.

Возрастное ограничение:
12+
Дата выхода на Литрес:
01 ноября 2017
Объем:
280 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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