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Читать книгу: «Die Welt in hundert Jahren», страница 17

Various
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Professor Garrett P. Serviss.
Der Weltuntergang

1. Eine verblüffende Situation

Mit der tausendfachen Geschwindigkeit eines Schnellzuges eilt die Erde durch das All den Sternenbildern des Herkules und der Leier zu. Die Sonne und die andern Planeten sind in diesen tollen Lauf alle mit hineingezogen. Den Astronomen ist diese Bewegung unserer Welt längst bekannt; erst in der letzten Zeit aber haben sie vermocht, genauen Aufschluß über die Geschwindigkeit und die Richtung derselben zu geben. Ihre Ursache aber ist bis auf den heutigen Tag noch ein ungelöstes Geheimnis geblieben. Alles, was wir mit Sicherheit darüber wissen, ist, daß die Geschwindigkeit, mit der wir durch das Weltall ziehen oder gezogen werden, zwölf englische Meilen, das sind 18,3 km in der Sekunde beträgt, und daß die Bahn unseres Weges nahezu eine gerade Linie zu sein scheint.

Diese Bewegung scheint absolut nichts mit der jedermann bekannten Bewegung der Erde um die Sonne zu tun zu haben. Im Gegenteil, sie findet in einer grade entgegengesetzten Richtung statt, und sie umfaßt, wie gesagt, das ganze Sonnensystem, und die Sonne, die alle andern Bewegungen ihrer Planeten so sorgsam reguliert, ist dieser Flucht durch das All gegenüber vollständig machtlos und wird mitgerissen, ob sie will oder nicht.

Es ist, als ob irgend eine unsichtbare, gigantische Kraft unser Sonnensystem erfaßt hätte und es im rasenden Laufe hinüber zöge, von einer Seite der Milchstraße zur andern.

Nichts kann diesem rasenden Laufe Einhalt tun, sagen die Astronomen, und die Kraft, die da wirkt, ist unsichtbar, unfaßbar und unerklärlich. Es scheint, als handle es sich um einen großen Mahlstrom im Weltenäther. Merkwürdigerweise aber zeigen alle Berechnungen, daß die gesamte Entziehungskraft des ganzen uns bisher bekannt gewordenen Weltalls zusammen genommen unfähig war, sowohl eine solche Bewegung hervorzurufen und zu begründen, als ihr auf irgend eine Weise auch nur im geringsten Einhalt zu tun.

Es ist eine übermächtige Aetherströmung, in welcher Sonnen und Planeten ebenso machtlos sind, wie es eine Nußschale wäre, die man in den Strudel der Niagarrafälle werfen würde. Und nicht nur unsere eigene Sonne und unser eigenes Sonnensystem wird von dem tollen Strome erfaßt, sondern auch viele andere große Sterne und Sternensysteme, die mit den unsern demselben, geheimnisvollen Schicksal entgegengehen.

Die Kraft nämlich, die diese Bewegung hervorruft, erstreckt sich über Millionen von Meilen nach beiden Seiten von uns. Tatsächlich scheint ja das ganze Weltall in Bewegung zu sein. Die große Mehrheit der entfernten Sterne aber scheint sich langsamer zu bewegen, gleichsam als wären sie an den Ausläufern, oder wenn wir so sagen wollen, an den Ufergrenzen der Strömung gelegen. Ja, man hat sogar geglaubt, daß es eine Art Ur- oder Unterströmung gebe, die bewirkt, daß einige von den Sternen in der einen Richtung, die andern in der entgegengesetzten dahineilen. In jedem Falle handelt es sich um die ungeheuerlichste Kraftäußerung, die sich kein menschlicher Geist in ihrer Größe auszumalen vermag; denn sie umfaßt alles, was wir in dem Begriff der Möglichkeit zu glauben bewußt sind.

Vor der Entdeckung dieser Sonnen- und Planetenflucht durch den Weltenraum hielt man das Sonnensystem für so außerordentlich reguliert, wie das Uhrwerk eines fehlerlosen Chronometers. Sogar Astronomen sprachen von der Unzerstörbarkeit des Systems und bewunderten all das Ineinandergreifen des göttlichen Räderwerkes der Natur. Das alles aber hat sich mit einem Schlag geändert. Es kann ja sein, daß auch dieses wilde Rennen durch das Weltall ein Teil eines Systems ist, das nicht zum Untergang führen mag; aber es sieht denn doch nicht ganz danach aus. Stellen wir uns einmal, um ein Bild im Kleinen zu geben, eine Flotte vor, die mitten auf dem Ozean schwimmt, und die plötzlich von einer gewaltigen Strömung, trotz aller Arbeit der Maschinen, trotz aller Kraft des Steuers und trotz aller Energie der Mannschaft, dem Pole entgegen getrieben wird. Wird sich dann nicht all derer, die auf den Schiffen sind, ein furchtbarer Schrecken bemächtigen? Ganz zweifellos. Wir, hier auf der Erde, befinden uns in einer ähnlichen Lage; aber dieser Lage sind sich nur die Astronomen bewußt, und die übrige Menschheit kennt, merkt und glaubt dies nicht. Und einigen gibt es den Trost, daß weder wir, noch unsere Kinder und Kindeskinder den Schlußakt dieser Komödie, der wir entgegen gehen, mit erleben werden, sondern daß der Vorhang fallen wird, wenn wir alle längst nicht mehr sind.

Wir befinden uns gegenwärtig ungefähr in der Mitte jenes gewaltigen Raumes, den der als Milchstraße bekannte Sternen- und Weltengürtel umfaßt. Billionen von Meilen südlich von unserer gegenwärtigen Stellung liegt eine reiche Sternenregion der Milchstraße, aus der wir gekommen zu sein scheinen, und jenseits davon liegt in ungefähr gleicher Entfernung ein wundervolles Sternenmeer, welchem wir uns unaufhaltsam mit der Geschwindigkeit von 365000000 Meilen im Jahr nähern. In dieser Richtung aber liegt ein großer Riesenstern, die Vena oder Alphalyra, der tausendmal größer ist als unsere eigene Sonne. Und dieser ungeheure Weltenkörper scheint sich uns mit einer noch größeren Geschwindigkeit zu nähern, als wir uns ihm. In unserer allernächsten Umgebung scheint der Weltenraum verhältnismäßig leer zu sein; es gibt keine anderen Sterne in unserer Nähe, wenigstens keine sichtbaren.

Die moderne Astronomie hat aber die beunruhigende Entdeckung gemacht, daß keineswegs alle Sterne am Himmel sichtbar sind, und wir kennen viele, die wir niemals gesehen haben, und die wir nur berechnen können, weil sie große Weltkörper sind und als solche auf die übrigen wirken; und es ist sehr möglich, daß solcher dunklen Sterne viele auf dem unbekannten Wege liegen, den wir jetzt durch das große unendliche All in schwindelndem Laufe zurücklegen.

2. Der Zusammenstoß mit einem Stern

Das, was wir oben von unsichtbaren Sternen gesagt haben, lenkt unsere Aufmerksamkeit sofort auf die Möglichkeit irgend einer uns drohenden Gefahr, die durch unseren rasenden Lauf durch das Weltall für uns heraufbeschworen werden kann.

Es ist, was diese Körper anbelangt, ein wirklich blindes Hineinrennen in das undurchdringliche Dunkel; denn wir könnten ihre Nähe nur aus der auf uns geübten Anziehungskraft erkennen, und das wäre viel zu spät, um einem Zusammenstoß auszuweichen; falls dies überhaupt im Bereiche des Möglichkeit stände. Ebenso sprechen wir von diesen dunklen Weltkörpern als von „toten Sternen“; denn es wird angenommen, daß es früher leuchtende Sonnen waren, die ihr Leben ausgelebt haben und völlig erkaltet sind. Ein einziger dieser drohenden Körper würde, wenn er unsere Bahn kreuzte, genügen, unser ganzes Sonnensystem zu zerschmettern. Und die Möglichkeit einer solchen Katastrophe besteht zweifellos, wenn sie auch in weiter, weiter, unübersehbarer Ferne liegen mag.

Könnte nun eine solche weltzerstörende Katastrophe vorhergesehen werden? Gewiß. Die Wirkungen der Anziehungskraft würden den Schlüssel dazu bieten auf das Vorhandensein eines unsere Bahnen störenden Körpers; und wir könnten aus ihnen auch die Geschwindigkeit berechnen, mit der wir uns dem Tod, Zerstörung und Verderben bringenden fremden Weltkörper nähern. Würde es sich um einen massiven Körper handeln, wie beispielsweise die Sonne, so würden wir mit unseren modernen Hilfsmitteln schon Jahre vorher herausfinden, wann uns der Zusammenstoß im Weltenraume bevorsteht. Und man kann sich auch denken – obwohl der gegenwärtige Stand der Wissenschaft noch nicht so weit ist – , daß wir von der Gegenwart des unsichtbaren Körpers auch durch das Spektrum der unsichtbaren Strahlen, die von jedem Körper auszugehen scheinen, Kenntnis bekommen könnten. Das würde in gewisser Hinsicht eine Anwendung der X-Strahlen, zur Entdeckung von außerhalb unseres Raumes, für uns sonst verborgenen Körpern sein. Und so würde nicht Licht, sondern „sichtbare Finsternis“ in den Dienst der Wissenschaft gestellt werden, und dadurch würden Dinge entdeckt werden, an die jetzt zu denken für uns unmöglich ist. All die auf eine oder die andere Weise erhaltenen Berechnungen und die sichtbarste Gewißheit eines bevorstehenden Zusammenstoßes könnten die Katastrophe nicht verhindern. Es sei denn, daß die Wissenschaft soweit fortschreitet, daß sie den Menschen fähig macht, die Erde in ihrem Lauf zu lenken. Das ist aber nicht nur an sich und für sich ganz undenkbar, sondern würde auch durch die schon erwähnte Tatsache geradezu hoffnungslos unmöglich gemacht werden, daß an dieser Bewegung der Erde das ganze Sonnensystem teilnimmt, und es müßte dann nicht die Erde allein aus ihrem Lauf gelenkt werden, sondern es wäre vor allem nötig, die Sonne selbst auf andere Bahnen zu lenken.

Es ist also der ganzen Sachlage nach zweifellos unmöglich, einem Zusammenstoß zu entgehen, wenn irgend einer jener großen, toten Weltkörper in unserer Bahn oder in der Bahn unserer Sonne liegt, und wir werden den Folgen eines solchen Zusammenstoßes hilflos überantwortet.

Kann nun die Wissenschaft uns sagen, worin die Folgen bestehen würden? Ganz gewiß kann sie das, und nichts ist leichter, als dies in allgemeinen Zügen vorauszusagen. Wenn wir an irgend einem Tage unsere Zeitung nehmen und darin ein Telegramm irgend eines großen Observatoriums lesen würden, in welchem stände, daß in der vorangegangenen Nacht sich eine unverkennbare Beschleunigung in der Bewegung der Erde gegen den Herkules zu gezeigt habe, so würde kein Astronom der Welt sich über die Ursache dieser beschleunigten Bewegung im Unklaren sein, und er würde sich entsetzt sagen, daß irgend ein bisher unbekannter Körper von unglaublicher Kraft mit im Spiele sei und seine Anziehungskraft auf die Erde ausübe.

Wie gesagt, würde sich das schon Jahre vorher erkennen lassen; aber man würde nicht gleich mit Sicherheit auf die Art des Zusammenstoßes schließen können. Das zu können, wäre erst den letzten Monaten vor der Katastrophe vorbehalten. Dann aber könnte man jedes Stadium der furchtbaren Welttragödie vorhersagen. Die Observatorien würden plötzlich der Mittelpunkt alles Nachrichtenwesens der Erde werden; denn keine andere Frage, als nur die eine würde die Welt noch interessieren. Der Wahnsinn der Furcht würde die ganze Menschheit erfassen, und es ist fraglich, ob viele Menschen den Mut fänden, der Katastrophe ins Auge zu sehen, und sich nicht schon vorher vernichten würden.

Es unterliegt wohl kaum einem Zweifel, daß die Sonne von unserem Sonnensystem die erste wäre, die den Zusammenstoß mit dem fremden Weltkörper erhalten müßte. Das kommt daher, daß das ganze System nicht staffelweise, sondern flach durch den Raum eilt; und infolgedessen würde sein Zentrum als der förmliche Brennpunkt der gesamten Anziehungskraft zuerst dem selbst mitangezogenen fremden Körper entgegengeschleudert werden. Dieser Körper würde, soweit wir die toten Sterne bisher berechnen können, die Sonne an Massigkeit weit überragen oder ihr zum mindesten gleich sein. Wenn sie nun mit einer Geschwindigkeit von vielen hundert Meilen in der Sekunde aufeinander zustürzen würden, dann würde er in der furchtbaren Hitze, die sich dadurch allein schon entwickeln würde, schmelzen wie Wachs. Wir selbst und all die anderen Planeten würden in ein Feuerbad gestürzt werden, das eine Temperatur von einer Million Grade haben würde. Einen Augenblick, bevor diese Hitzewelle uns treffen würde, würden unsere Städte, unsere Hügel und Berge gegen den Himmel emporragen, und einen Augenblick später werden sie nichts anderes als ein Meer von Dunst und Dampf sein.

Jenem furchtbaren Hitzbad aber würde die Sonne selbst auf dem Fuße folgen und die Vernichtung vollenden; denn der Sonnenball würde sich mit der Geschwindigkeit des Lichtes nach allen Seiten hin ausdehnen und seine feurigen Massen würden nach allen Seiten hin überfluten und würden alles vernichten und verzehren, gleichsam als wolle er die riesige Ausdehnung wiedergewinnen, die er zum Anfang der Zeiten hatte, als er noch eine bloß nach Verdichtung strebende Nebelmasse war, und die Planeten noch nicht aus ihm heraus geboren waren. Lange aber, ehe dieser Zustand wirklich erreicht werden würde, müßte unser ganzes Sonnensystem in wilde Unordnung durch die große Anziehungskraft seitens der störend in seine Bahnen tretenden Weltkörper geraten. Die Planeten hätten längst ihre Bahnen verlassen und würden im Weltraum hin- und herrennen, gleich einer Herde von Schafen, in deren Mitte ein Wolf gerade eingebrochen wäre. Die Herrschaft der Sonne, der wir die große Weltordnung verdanken, wäre gebrochen, und die verlassenen Planeten würden sich gegenseitig in das Verderben rennen, und diejenigen, die in verhältnismäßig unmittelbarer Nähe zueinander stehen, würden zweifellos mit weltzerstörender Kraft aneinander prallen. Wahrscheinlich würde der Mars es sein, der mit der Erde zusammenstößt, oder aber die Venus. In jedem Falle wäre der Zusammenstoß die völlige Vernichtung der kollidierenden Welten, und der alte Prophet mit seiner Vision von den sich öffnenden Himmeln und der in glühenden Flammen schmelzenden Erde gäbe ein wundervolles Zukunftsbild von dem, was die moderne Wissenschaft als das Schicksal der Erde erklärt hat, und das durch die große Flucht des Sonnensystems durch den Weltraum der Erde bevorsteht. Der alte Glaube, daß der Allmächtige, wenn die Zeit vollendet sein wird, in seinem Zorn Feuer auf die Erde wird regnen lassen, kann aber vor der Wissenschaft nicht bestehen; denn wenn ein solches Ende der Erde wirklich beschieden sein sollte, so wird das Schauspiel ein anderes sein.

Die Zerstörung der Erde muß an sich selbst schon auch die vieler anderer Weltkörper nach sich ziehen, die ebenso groß, oder noch größer sind als die Erde. Selbst der Mond würde genügen, uns, wenn die Weltordnung ihr Ende findet, vollständig zu zerschmettern. Der Mond wiegt nämlich 75000000000000000000 Tonnen. Würde diese Masse auf die Erde stürzen, so würde das mit einer Geschwindigkeit von sechs Meilen in der Sekunde geschehen. Welche unglaubliche Hitze allein durch diesen Zusammenstoß schon entstehen würde, das entzieht sich geradezu jeder menschlichen Berechnung. In jedem Falle aber würde der Zusammenstoß allein sowohl unseren Erdball als auch den Mond zersplittern und zerschellen, als wären beide nur Glaskügelchen, die durch einen Schrotschuß zertrümmert werden. Die bloße Annäherung an einen toten Stern würde genügen, den Mond aus seiner Bahn herauszureißen, und wenn die Richtung dieser Bewegung der Erde zuginge, dann wären die Folgen die, die ich eben beschrieben habe. Wenn nun die Erde wirklich bestimmt ist, ein so gewaltiges, tragisches Ende zu nehmen, dann sind die Vorbedingungen zu solcher Katastrophe ganz zweifellos durch die seltsame und unerklärliche Flucht unserer Sonnensysteme durch das Weltall gegeben.

Wenn die mit uns zusammenstoßende Masse im Vergleich zur Erde ungemein dicht wäre, wie beispielsweise der Planet Merkur, so würde kurz vor dem wirklichen Zusammenstoß ein ganz merkwürdiges Ereignis sich zeigen. Die Anziehungskraft des sich uns nähernden Planeten würde auf die Luft, das Wasser und alle frei beweglichen Gegenstände weitaus größer sein, als die Kraft der Erde, diese festzuhalten, und sie würden sofort von der Erde fortfliegen, gleich als wollten sie ihrem Schicksal vorgreifen und dem Tode noch eher entgegen gehen. Furchtbare, nach oben gehende Wirbelwinde würden alles mit sich fortreißen und der Vernichtung entgegenziehen. Die Erde würde klaffen und riesige Wassersäulen würden gen Himmel steigen und in das Weltall verschwinden; und ebenso würden mächtige Flammen und glühende Ströme aus dem Erdinnern hervorbrechen, und der Flammenregen würde nicht auf die Erde hinab, sondern von dieser gen Himmel gehen. Und Menschen und Tiere würden selbstverständlich diesem riesigen Aufsaugeprozeß folgen und von den Wirbeln und Wassern und Flammensäulen mitgerissen werden in das All, in das Nichts.

Und das Heulen der Winde, das Krachen der sich losreißenden und im Fluge zusammenstürzenden Dinge und das Brüllen der Wasser und das Bersten der Erde würden sich zu einer grandiosen Sinfonie der Vernichtung vereinen, wie sie die Welt bisher noch nicht gehört. Alles Bewußtsein wäre geschwunden, alles Fühlen und Denken hätte längst aufgehört, und man würde von der Katastrophe wie von einem Dilirium erfaßt werden, das den Tod seiner Schrecken berauben würde. Und auf alle denkenden und fühlenden Wesen sowohl wie auf alle leblosen Materien würde die alles in Dunst und Nebel auflösende Hitze fallen, ohne daß ein einziger Schrei dadurch den Opfern entrissen würde. Nun wird ganz natürlich gefragt werden können, ob es denn im Weltall schon jemals ein Beispiel solcher Weltenzerstörung gegeben habe? Diese Frage kann durch neuere Beobachtungen nur in bejahendem Sinne beantwortet werden. Der rätselhafte „neue Stern“, der im Jahre 1900 im Sternbild des Perseus erschien, war ein Beispiel dafür. Die natürliche und allgemein angenommene Erklärung für das plötzliche Erscheinen dieses Sternes war einzig und allein die, daß er das Resultat eines Zusammenstoßes war, wie der eben geschilderte, und die Wahrscheinlichkeit, daß diese Ansicht der Astronomen eine richtige ist, wurde dadurch erst recht bekräftigt, daß dieser Stern sich in einen Nebel auflöste. Dieses eine Beispiel ist aber keineswegs das einzige, das die Astronomie ins Treffen führen kann.

Im übrigen ist noch eine andere Möglichkeit da, die sich bei einem Zusammenstoß unseres Sonnensystems mit einem toten Stern ereignen könnte. Diese ist keineswegs so furchtbar, wie die früher geschilderte. Eine der neuesten Entdeckungen der Astronomie war die der Existenz einer großen Anzahl von Sternen, die unsichtbare Begleiter haben, welche in einzelnen Fällen ebenso massiv sind wie die Sterne, die sie begleiten. Es kann nun keineswegs angenommen werden, daß diese „toten Sterne“, die sich einem „lebendigen“ so eng angeschlossen haben, aus derselben Originalmasse entstanden sein sollten wie dieser; denn in diesem Falle hätten sie unmöglich so lange vorher verlöschen können. Es ist vielmehr anzunehmen, daß die beiden Weltenkörper infolge ihrer Bewegung durch den Weltenraum zusammengekommen sind. Kein Zusammenstoß fand dabei statt; aber die gegenseitige Anziehungskraft hat sie seitdem zu nahen und untrennbaren Begleitern gemacht. Dasselbe könnte auch unserer Sonne geschehen, wenn sie in ihrem Lauf nahe genug an einen solchen „toten Stern“ gelangen würde. Dann könnte sie ihn sehr leicht als Begleiter mit sich ziehen oder von ihm mitgezogen werden, und dann hätte unser Sonnensystem zwei Sonnen, eine lebendige, strahlende, und eine lichtlose, tote. Aber auch dieser günstige Fall wäre keineswegs ein sehr angenehmer; denn die Planeten würden trotzdem aus ihrer gegenwärtigen Bahn gerissen und viele von ihnen würden dabei zugrunde gehen. Da einige aber dennoch der Zerstörung entgehen könnten, so wäre dieser Fall immer noch weit günstiger.

3. Werden wir einen Sternennebel erreichen?

Ich habe schon gesagt, daß nahezu in gerader Linie mit der Richtung, in der unser Sonnensystem durch den Weltenraum fliegt, ein Nebel von großen Sternen liegt. Dadurch wird eine andere Frage in uns angeregt. Sind wir am Ende gar vom Schicksal bestimmt, diese wundervolle Massenansammlung von Sternen zu erreichen? Eine solche Möglichkeit liegt völlig in der Art unseres großen Fluges und hat weit mehr Wahrscheinlichkeit, als die weit tragischere, die ich früher beschrieben habe. Dieser Sternennebel, gegen den wir unaufhaltsam fliegen, ist eines der größten Wunder des gesamten Alls. Den Astronomen ist er unter der Bezeichnung „der Nebel des Herkules“ bekannt. Man hat ausgerechnet, daß er aus ungefähr zwölf bis vierzehn Tausend Sternen besteht, die so dicht aneinander stehen, daß ihr Licht im Fernrohr förmlich als ein einziger Lichtnebel erscheint. Namentlich in dem Zentrum dieses Lichtscheines ist es ganz unmöglich, die einzelnen Sterne voneinander zu trennen. An der Peripherie des Nebels jedoch ist es uns durch unsere großartigen Instrumente gelungen, die hier offenbar auch weiter auseinander stehenden Sterne als getrennte Körper zu erkennen. Und der Anblick dieser unendlichen Sternenmenge ist ungefähr dem gleich, den wir etwa von einem Ballon aus auf eine von elektrischen Lichtern hell erleuchtete Stadt haben. Gegen diese wundervolle Licht- und Sternenmetropole fliegen wir, wie gesagt, mit der Geschwindigkeit von zwölf Meilen in der Sekunde. Im Verlaufe eines Menschenalters kommen wir daher diesen Sternenmengen um mehr als 200000000000 Meilen näher. Die Entfernung ist eine so unglaublich große, daß unsere Annäherung trotzdem eine kaum merkbare ist. Eine ganz geringe Ablenkung von unserer Bahn würde uns mitten in das Herz dieses Sternennebels bringen. Und wenn wir allen Gefahren, die uns auf diesem unendlichen Wege bedrohen, entgehen, und wir wirklich unser Ziel im Herkulesbilde ereichen würden, was würde dann wohl geschehen?

Entweder würde ein Zusammenstoß erfolgen oder nicht. Das würde ganz davon abhängen, welche Richtung unsere Bewegung in dem Augenblicke hat, in dem wir in die große Gesellschaft von Sternen eintreten. Angesichts der großen Menge gleichzeitig von so vielen Sternen wirkender Anziehungskräfte würde die Möglichkeit da sein, daß kein Zusammenstoß stattfindet, sondern daß unsere Sonne sich mit allen ihren Planeten einfach dem Sternennebel anschließt und ein gleichberechtigtes Glied dieser Sternengesellschaft wird. Die Entfernung, die uns von dem Herkulesnebel trennt, ist aller Berechnung nach nicht geringer als Tausend und Abertausende von Millionen Meilen, und es würde, was für uns Lebende ganz zweifellos ein Trost ist, falls wir immer in derselben Geschwindigkeit unserem Ziele zueilen, mindestens noch drei Millionen Jahre dauern, ehe es zu dem geschilderten Ereignisse kommt.

Unsere Erde war weit über drei Millionen Jahre lang unbewohnt, und erst später sind die Lebewesen entstanden und haben sich bis zur Höhe des Menschen entwickelt. Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß in drei Millionen Jahren diese Erde ebenfalls noch bevölkert sein wird, und zwar von geistig zu einer kolossalen Höhe angewachsenen Wesen oder Menschen. Diese werden, wenn jenes große Ereignis geschieht, eines der herrlichsten Schauspiele haben, das man sich denken kann. Wir sehen gegenwärtig mit dem nackten Auge in einer sternenhellen Nacht ungefähr dreitausend Sterne verschiedener Größe. Sobald aber die Erde dem Nebel des Herkules nahe und näher gekommen sein wird, dann wird das halbe Firmament in hellem, wunderbarem Lichte erstrahlen. Und man wird zwölf- bis vierzehntausend Sterne sehen, von denen jeder einzelne weit größer erscheinen und weit heller erstrahlen wird, als zehn oder zwölf Sterne erster Größe, die wir jetzt am Himmel sehen, und ihr vereinigtes Licht würde auf die Erde einen silbernen Schein werfen, der allein schon heller wäre, als jetzt das hellste Vollmondslicht ist. Das wäre der Anfang des Schauspieles, die Ouverture. Und je mehr wir uns dem Nebel, der nun kein Nebel mehr wäre, sondern sich, wie gesagt, in ein Meer von Sternen aufgelöst hätte, nähern würden, um so herrlicher wäre das Schauspiel. Bald wären die Sterne keine Sterne mehr, sondern Sonnen. Ihr Licht würde uns blenden, und unsere Sonne würde bald zu dem einen, bald zu dem andern wanken, gleich als würde sie von jedem zu sich hingezogen, und würde förmlich wie ein Spielball herumgewirbelt werden von einem zum andern; dieser würde sie suchen und jener sie wieder von sich stoßen, und die Erde würde der Sonne auf diesem Wankelweg fortwährend folgen, in jedes ihrer Abenteuer unaufhaltsam mit hineingerissen.

Es kann mathematisch nachgewiesen werden, daß in der Mitte dieses Nebels ewiges Tageslicht herrscht, und es wäre ganz gleichgültig, ob die Erde auch weiterhin noch so wie jetzt sich um ihre Achse drehen würde, so daß die Sonne für sie scheinbar aufgeht und sinkt; denn es würde doch auf allen Seiten der Erde das Licht der andern Tausende von Sternen erstrahlen, so daß wir das Sonnenlicht nicht brauchen. Natürlich würden unter diesem Einflusse von Licht und Wärme alle Lebensbedingungen andere werden. Alles wäre in Bewegung. Immerfort würde sich der Wechsel in der Lage der vielen Sonnen uns gegenüber bemerkbar machen. Unsere eigene Sonne würde in eine Bahn von unglaublicher Kompliziertheit gedrängt werden, und die Erde würde immer hinter ihr her oder vielmehr um sie herum jagen. Bald würde sie sich dem Mittelpunkt des Nebels nähern, bald wieder an der Peripherie desselben hinausgehen, und immerwährend würde sich der Anblick des Himmels, der Intensität des Lichtes und die Intensität der Wärme ändern. Der Himmel wäre wie ein Kaleidoskop, das in immerwährender Drehung befindlich ist, und immer neue und wunderbare Kombinationen strahlender Lichteffekte bieten würde. Es ist aber auch möglich, daß unter dem Widerstreit so vieler verschiedener Anziehungskräfte unsere Erde der Kontrolle ihrer Sonne einfach entzogen und unter die Herrschaft einer anderen kommen würde. Und das kann immer und immer wieder geschehen, so daß im Laufe der Zeit unser Planet der Gravitationssklave der verschiedenen Sonnen werden könnte, und mit jedem Wechsel der Herrschaft würde auch ein Wechsel der auf unsere Erde wirkenden Sonneneinflüsse stattfinden, und damit würden sich immer aufs neue wieder alle Lebensbedingungen und Lebensverhältnisse ändern. Jede andere Sonne in dem Sternenbild des Herkules mag ihre besonderen Strahlungseigentümlichkeiten haben, und die lebenden Wesen auf unserer Erde würden ihnen immerfort ausgesetzt sein. Der Magnetismus der einen Sonne dürfte ein anderer sein, als der der zweiten und dritten, die Lichtart und Wärme stets eine andere, und die Erde müßte sich, wenn sie von einer Sonne zur andern geht, in immer neue Verhältnisse finden; ungefähr so, wie wenn eine Frau der Reihe nach Männer von anderem Charakter und anderem Temperament nähme; der eine heiß, glühend und leidenschaftlich, der andere kalt, ernst und gleichgültig, ein anderer reizbar und nervös, ein vierter launenhaft und abstoßend. Und die Erde würde all das auch in ihrem Wesen und ihrer Erscheinung wiederspiegeln; denn so wie das Weib das ist, wozu der Mann es erst gemacht, so ist auch ein Planet nur das, wozu die Sonne ihn macht.

„Wenn ich jemals mir einen Gott schaffen würde,“ sagte Napoleon, „so würde ich mir die Sonne dazu machen, die der Quell alles Lebens ist und aller Kraft.“

In der Mitte des Herkulesnebels würde Napoleon nicht einen einzigen Gott, sondern viele Götter gehabt haben.

Возрастное ограничение:
12+
Дата выхода на Литрес:
01 ноября 2017
Объем:
280 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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