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Читать книгу: «Blinde Liebe», страница 16

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Siebenunddreißigstes Kapitel

Als Hugh Mrs. Vimpany alles das mitgeteilt hatte, was er in Bezug auf die Unterredung mit ihrem Gatten erzählen konnte, verstand und würdigte sie seine Befürchtungen für die Zukunft. Nur darin stimmte sie nicht mit ihm überein, daß er schon unter den gegenwärtigen Umständen seine Reise nach Paris unternehmen wollte.

»Warten Sie nur noch ein wenig länger hier in London,« sagte sie. »Wenn Iris in den nächsten Tagen nicht an mich schreibt, so hat sie einen Grund für ihr Schweigen, und in dem Falle werde ich, wie ich Ihnen schon gesagt, von Fanny Mere hören. Sobald ich einen Brief aus Paris bekomme, werde ich Sie aufsuchen.«

Am letzten Morgen in jener Woche wurde Mrs. Vimpany bei Hugh Mountjoy gemeldet. Der Brief, den sie brachte, kam von Fanny Mere. Auch in ihrem Schreiben zeigte sich der merkwürdige Charakter des Mädchens so sonderbar wie immer:

»Madame, ich habe Ihnen versprochen, Ihnen mitzuteilen, was hier vorgeht, wenn ich es für notwendig halten würde. Jetzt scheint es mir notwendig zu sein. Mr. Vimpany kam gestern zu uns. Er bewohnt das leere Schlafzimmer. Meine Herrin sagt nichts und schreibt nichts. Aus diesem Grunde schicke ich Ihnen den Brief. Ihre ergebene Dienerin

F.«

Mountjoy war ganz bestürzt und wußte nicht, was er über dieses Schreiben denken sollte, so klar es auch war.

»Es kommt mir sonderbar vor, daß Iris nicht selbst an Sie geschrieben hat. Sie hat doch seither kein Geheimnis aus ihrer Meinung über Mr. Vimpany gemacht.«

»Sie verheimlicht sie aber jetzt,« antwortete Mr. Vimpanys Frau ernst.

»Wissen Sie, warum?«

»Ich fürchte, ich weiß es. Iris wird vor keinem Opfer zurückschrecken, um Lord Harry gefällig zu sein. Sie wird ihm ihr Geld geben, wenn er es verlangt. Wenn er ihr sagt, sie solle ihre Meinung über meinen Gatten ändern, so wird sie ihm gehorchen. Er wird auch ihr Vertrauen zu mir erschüttern können, sobald es ihm nur gefällt. Und er hat es wahrscheinlich schon gethan.«

»Dann ist es jetzt doch sicherlich Zeit, zu ihr zu gehen,« sagte Hugh.

»Gewiß, hohe Zeit,« gab Mrs. Vimpany zu, »wenn Sie nur Ihrer selbst sicher sind. Können Sie es im Interesse der armen jungen Frau fertig bringen, kühl und vorsichtig zu sein?«

»Im Interesse von Iris kann ich alles.«

»Noch ein Wort,« fuhr Mrs. Vimpany fort, »ehe Sie Ihre Reise antreten. Ob nun der Schein gegen oder für ihn ist, seien Sie immer auf der Hut vor meinem Gatten. Lassen Sie mich von sich hören, solange Sie weg sind, und vergessen Sie nicht, daß zwischen Ihnen und Iris ein Hindernis steht, welches selbst Ihre Geduld und Ihre Ergebenheit auf eine harte Probe stellen wird.«

»Sie meinen Ihren Gatten?«

»Ja.«

Sie hatten jetzt nichts weiter miteinander zu besprechen. Hugh ging weg, um die Vorbereitungen zu seiner Abreise nach Paris zu treffen.

Am Morgen nach seiner Ankunft in der französischen Hauptstadt hatte Mountjoy zwischen zwei Möglichkeiten zu wählen. Er konnte entweder an Iris schreiben und sie fragen, ob sie ihn empfangen wolle, oder er konnte gleich unerwartet in dem Hause in Passy erscheinen. Nachdenken überzeugte ihn, daß die beste Gelegenheit, ein Hindernis auf listige Weise zu beseitigen, die zweite Möglichkeit bieten würde; er mußte Lord Harry und den Doktor überraschen.

Er fuhr daher nach Passy. Der lebhafte französische Geschmack hatte das Haus, in dem das junge Ehepaar wohnte, mit glänzenden Farben geschmückt; die schönen weißen Fenstervorhänge waren mit rosafarbigen Bändern zurückgebunden, die Jalousien strahlten in heiteren Farben, die Essen zeigten künstlerische Verzierungen, und der kleine Garten war ein Paradies von Blumen. Als Mountjoy an der Glocke geschellt hatte, wurde die Thür von Fanny Mere geöffnet. Sie blickte ihn mit ernstem Erstaunen an.

»Erwartet man Sie?« fragte sie.

»Kein Gedanke daran,« entgegnete Hugh. »Sind sie zu Hause?«

»Sie haben soeben das Frühstück beendet, Sir.«

»Erinnern Sie sich noch meines Namens?«

»Ja, Sir.«

»Dann melden Sie mich an.«

Fanny öffnete die Thüre eines Zimmers, welches im Parterre lag, und meldete Mr. Mountjoy.

Die beiden Herren saßen da und rauchten. Iris begoß einige Blumen am Fenster. Sie verlor sofort alle ihre Farbe, als sie Hugh eintreten sah. Angstvoll und von bangen Zweifeln erfüllt, schienen ihre Augen Lord Harry zu fragen, was er dazu sage. Der befand sich aber in der liebenswürdigsten Laune. Dem Drange des Augenblickes nachgebend, gab er ein mustergiltiges Beispiel eines herzlichen Empfanges.

»Das nenn' ich wirklich eine angenehme Ueberraschung!« sagte er, indem er Mountjoy die Hand schüttelte in seiner ungezwungenen, liebenswürdigen Weise. »Es ist sehr freundlich von Ihnen, daß Sie uns aufsuchen!«

Von ihrer Angst befreit – sie hatte augenscheinlich etwas ganz anderes erwartet – folgte Iris eifrig dem Beispiele ihres Gatten; ihr Gesicht gewann die Farbe wieder, und ihre Lippen umspielte ein reizendes Lächeln. Mr. Vimpany stand in einer Ecke; seine Cigarre war ausgegangen. Seine eigene Frau würde ihn kaum wiedererkannt haben – er bot in der That ein Bild der Verwirrung dar. Lord Harry brach in ein fröhliches Lachen aus und rief:

»Sieh ihn Dir an, Iris! Der Doktor ist zum erstenmal in seinem Leben schüchtern.«

Die gute Laune des Irländers war wirklich unwiderstehlich. Die junge Frau stimmte heiter in das Lachen ihres Gatten ein. Als Mr. Vimpany den freundlichen Empfang bemerkte, der Hugh zu teil wurde, sah er die Notwendigkeit ein, sich den Umständen anzupassen. Er kam daher aus seiner Ecke hervor und wandte sich an Hugh mit der Entschuldigung:

»Ich bitte Sie, Mr. Mountjoy, mein sonderbares Benehmen von neulich zu entschuldigen, als ich Ihnen in London meinen Besuch machte. Geben Sie mir Ihre Hand! Nicht wahr, Sie sind mir nicht böse?«

Iris ahmte in unnatürlich gesteigertem Uebermut die rauhe Sprache des Doktors, mit der er seine Lieblingsentschuldigung wiederholte, so täuschend nach, daß Lord Harry entzückt in die Hände klatschte.

»Nun, Mr. Mountjoy,« fragte der Lord, »Sie finden gewiß nicht, daß die Heirat Iris ihrer Heiterkeit beraubt hat. Darf ich die Hoffnung aussprechen, daß Sie an unserem Frühstück teilnehmen? Sie sehen, der Tisch ist schon gedeckt.«

»Und ich habe Unterricht genommen,« fügte Iris hinzu, »wie man hier in Frankreich Eier kocht; Sie müssen mir schon das Vergnügen machen, zu bleiben, damit ich Ihnen zeigen kann, was ich bereits gelernt habe.«

»Ich bin Lady Harrys ärztlicher Ratgeber,« fiel der Doktor scherzend ein, »Sie werden ihre französischen Leckerbissen schon halb verdaut finden, ehe Sie nur den Mund öffnen, und das ist mein Verdienst, das Verdienst – Clarence Vimpanys, Mitglied des Kollegiums der Wundärzte.«

Hugh gedachte der Warnung Mrs. Vimpanys und verbarg sein Mißtrauen gegen diesen übertriebenen Ausdruck gastfreundlicher Heiterkeit: er sagte einige entschuldigende Worte. Lord Harry erwiderte darauf in gleicher Weise. Er bedauerte es sehr, aber er sei gezwungen, einen Ausgang zu machen.

»Haben Sie schon die neue Zeitung gesehen, Mr. Mountjoy,« fragte er, »die Galignanis Messenger aus dem Felde schlagen soll? Sie heißt: ›The Continental Herald‹. Vierzigtausend Exemplare der ersten Nummer sind gerade jetzt über ganz Europa verbreitet worden; wir haben unsere Agenten in jeder bedeutenden Stadt, in jedem Teile der Welt.«

Seine glänzenden Augen funkelten vor knabenhaftem Vergnügen, als er von seiner eigenen Wichtigkeit sprach. Mr. Mountjoy möge so liebenswürdig sein, ihn zu entschuldigen, er habe aber heute vormittag notwendig auf dem Bureau zu thun.

»Nehmen Sie Ihren Hut!« rief er dann dem Doktor zu. »Sie müssen nämlich wissen, unser Freund hier trägt in seiner Tasche etwas, was unsern Geldbeutel erleichtern soll. Sie werden mich schon verstehen, ich bin eben im Begriff, ihn in die Liste der Mitarbeiter unserer Zeitung einzuschreiben. Er hat, unter uns gesagt, eine Reihe von Artikeln verfaßt, welche einerseits den Schwindel der Aerzte bloßstellen, andererseits in fein satirischer Weise den so sehr überfüllten ärztlichen Beruf in Schutz nehmen und verteidigen. Sie werden sich jetzt gewiß freuen, mit Iris über die Vergangenheit sprechen zu können, ist es nicht so? Mein Engel, zeige unserem guten Freund den Continental Herald und suche ihn zurückzuhalten, bis wir wieder kommen. Vorwärts, Doktor! Auf Wiedersehen, Mr. Mountjoy!«

Sie schüttelten sich wieder die Hände in herzlicher Weise; dem irischen Lord konnte man wirklich nicht widerstehen, wie bereits Mrs. Vimpany versichert hatte.

Die sonderbaren Erfahrungen, die dieser Morgen für Hugh mit sich brachte, sollten aber noch nicht zu Ende sein.

Achtunddreißigstes Kapitel

Nachdem Mountjoy sich mit der Frau allein sah, deren Reize ihn immer noch fesselten, so grausam sie auch seine Liebe durch ihre Heirat getäuscht hatte, fand er, daß die gesprächige Liebenswürdigkeit des Gatten von der Gattin nachgeahmt wurde. Auch sie war eifrig bemüht, nachdem sich kaum die Thür hinter Lord Harry geschlossen, Hugh zu überzeugen, daß ihre Heirat das glücklichste Ereignis ihres Lebens gewesen sei.

»Werden Sie schlimm von mir denken,« begann sie, »wenn ich eingestehe, daß ich kaum erwartet habe, Sie wiederzusehen?«

»Gewiß nicht, Iris.«

»Bedenken Sie meine Lage,« fuhr sie fort. »Wenn ich daran dachte, wie Sie versucht haben, und zwar in guter Absicht versucht haben, meine Heirat zu verhindern – wie Sie nur die traurigsten Folgen voraussagten, die es haben müßte, wenn ich mein Leben mit dem Harrys verbände, – konnte ich dann noch zu hoffen wagen, daß Sie hierher kommen würden, um sich selbst zu überzeugen? Lieber und guter Freund, ich habe nichts von den Folgen zu befürchten; Ihre Gegenwart konnte mir niemals willkommener sein, als sie es jetzt ist.«

War es nun dem Vorurteile auf Mountjoys Seite zuzuschreiben oder seiner scharfen und richtigen Beobachtung, – er entdeckte etwas Erkünsteltes und Unnatürliches in dem Ausdrucke ihrer Fröhlichkeit. Aus ihren Augen sprach nicht die ruhige, lichte Wahrheit, welche er in den vergangenen besseren Tagen darin gesehen hatte. Er war auch etwas, aber nur sehr wenig, beleidigt. Die Versuchung, sie daran zu erinnern, daß sein Mißtrauen gegen Lord Harry einstens auch von ihr geteilt worden war, erwies sich stärker, als daß seine menschliche Schwachheit Widerstand hätte leisten können.

»Ihr Gedächtnis ist zwar im allgemeinem ausgezeichnet,« sagte er, »aber es scheint jetzt doch nicht mehr so gut zu sein wie früher.«

»Was habe ich denn vergessen?«

»Sie haben die Zeit vergessen, liebe Iris, wo Sie ebenso wie ich vor einer Heirat mit Lord Harry Furcht hegten.«

Sie hatte die Antwort darauf sofort bereit.

»O, damals habe ich ihn noch nicht so gut gekannt, wie ich ihn jetzt kenne.«

Manche Männer würden, wenn sie sich in Mountjoys Lage befunden hätten, durch diese Worte veranlaßt worden sein, ihr zu verstehen zu geben, daß ihres Gatten Charakter auch andere Seiten habe, die sie vermutlich noch nicht entdeckt. Aber Hughs liebenswürdige und vornehme Seele war nur einen Augenblick aus der Fassung gebracht, dann gewann er seine schöne Ruhe wieder. Ihr Freund war immer noch ihr wahrer Freund; er sagte nichts mehr über ihre Heirat.

»Alte Gewohnheiten sind nicht abzuschütteln und beiseite zu legen,« fuhr er fort, »ich bin so lange gewohnt gewesen, Ihnen zu raten und zu helfen, daß ich hoffte, Sie würden meine Dienste auch jetzt noch entgegen nehmen. Gibt es denn gar kein Mittel, wodurch ich Sie von der verhaßten Gegenwart Mr. Vimpanys befreien könnte?«

»Mein lieber Hugh, ich wollte, Sie hätten Mr. Vimpany nicht erwähnt!«

Mountjoy erkannte aus diesen Worten, wie wenig angenehm ihr das angeschlagene Thema sei.

»Nach der Ansicht, welche Sie mir in Ihrem Brief über den Doktor mitgeteilt haben,« sagte er, »hätte ich eigentlich nicht von ihm sprechen sollen.«

Iris sah betrübt zu ihm empor.

»O, Sie sind vollständig im Irrtum, man hat den armen Doktor ganz falsch beurteilt und ich,« – sie schüttelte ihren Kopf und seufzte reumütig – »ich gehöre auch zu denjenigen, die ihm unwissentlich unrecht gethan haben. Bitte, fragen Sie meinen Gatten, hören Sie, was er Ihnen sagen kann, und dann werden Sie gewiß auch Mitleid mit Mr. Vimpany haben. Die Zeitung stellt so große Anforderungen an unsere Kasse, daß wir nur wenig zu seiner Unterstützung thun können. Auf Ihre Empfehlung hin würde er sicherlich eine Anstellung oder Beschäftigung finden.«

»Er hat mich schon gebeten, ihm zu helfen, Iris, ich habe es ihm aber rundweg abgeschlagen. Ich kann überhaupt nicht mit Ihrer Meinungsänderung über Mr. Vimpany übereinstimmen.«

»Warum? Vielleicht etwa deswegen, weil er sich von seiner Frau getrennt hat?«

»Das ist ein Grund neben verschiedenen anderen,« entgegnete Hugh.

»Sie haben unrecht, wirklich, Sie haben unrecht. Lord Harry kennt Mrs. Vimpany schon seit Jahren, und er sagt – es hat mir, offen gestanden, sehr leid gethan, dies hören zu müssen – sie wäre der schuldige Teil.«

Hugh änderte wieder das Gesprächsthema. Die Ursache, die ihn hauptsächlich dazu gebracht hatte, England zu verlassen, war noch nicht berührt worden.

Er kam jetzt auf die Zeitung zu sprechen und auf die schweren pekuniären Opfer, welche das neue Journal schon im voraus gefordert. Er erinnerte Iris daran, daß ihre lange und vertraute Freundschaft ihm das Recht gebe, sich ihrer Sache anzunehmen.

»Ich würde es nicht gewagt haben, meine Meinung darüber auszusprechen,« fügte er hinzu, »wenn ich Sie nicht fragen wollte, ob Lord Harry wegen der Summe, die er zu der Spekulation beisteuern mußte, Ihr kleines Vermögen anzugreifen hat.«

»Mein Gatte weigerte sich entschieden, mein Vermögen anzurühren,« antwortete Iris, »aber – wissen Sie, wie edel und ehrenhaft er sich benommen hat?« fuhr sie unvermittelt fort. »Er hat sein Leben versichert, er hat sich die Last aufgeladen, jedes Jahr eine bedeutende Summe Geldes zu zahlen. Und das alles für mich, wenn ich so unglücklich sein sollte – Gott möge mich davor bewahren! – ihn zu überleben. Glauben Sie da, daß ich hätte so undankbar sein können, als ein großer Anteil an der neuen Gründung zu kaufen war, ihm die günstige Gelegenheit zu rauben, uns ein Vermögen zu erwerben, sobald erst später einmal die Zinsen bezahlt werden? Ich bestand darauf, ihm das Geld zu geben; wir haben uns fast deswegen gestritten, aber Sie wissen ja, wie lieb er ist. Ich sagte zu ihm: Mache mich nicht traurig und böse, und der liebste und beste der Männer ließ mich meinen Willen haben.«

Mountjoy hörte schweigend zu. Wenn er das, was er dachte, ausgesprochen hätte, so würde er Iris nur tödlich beleidigt haben. Alte Gewohnheit aber, wie er gesagt, hatte den Gedanken, sich einzig und allein ihren Interessen zu widmen, zu der alles beherrschenden Idee in seinem Innern gemacht. Er fragte sie, ob sie ihr ganzes Vermögen hingegeben. Als er hörte, daß noch ein Teil vorhanden war, beschloß er, den Versuch zu machen, den Rest ihres Vermögens ihr sicher zu stellen.

»Sagen Sie mir,« fragte er, »haben Sie schon einmal etwas von einer jährlichen Leibrente gehört?«

Sie wußte nichts davon. Er setzte ihr genau und vollständig die Art und Weise auseinander, durch die eine geringe Geldsumme im stande sei, ein genügendes Einkommen fürs Leben zu gewähren. Sie machte keine Einwendungen, als er ihr vorschlug, an seinen Anwalt in London schreiben zu wollen, damit dieser die nötigen Schritte thue, ihr eine solche Leibrente zu besorgen. Als er sie jedoch bat, ihm die Summe zu nennen, über welche sie noch verfügen könne, da zögerte Iris und gab keine Antwort.

Jetzt kam Hugh endlich zu dem richtigen Schlusse.

Es war nur zu ersichtlich, daß die Summe, welche ihr von dem Geld übrig geblieben war, einen so unbedeutenden Betrag ausmachte, daß sie sich schämte, sie zu nennen. Jetzt war auch kein Zweifel mehr vorhanden, daß es nötig sei, ihr zu helfen, und was den Weg anbetraf, auf dem das geschehen sollte, so boten sich Mountjoy weiter keine Schwierigkeiten dar, ausgenommen das einzige Hindernis, welches ihm die junge Frau selbst entgegensetzen konnte. Die Erfahrung hatte ihn jedoch gelehrt, daß er nur sehr vorsichtig und indirekt zu einem Ziel, wie das beabsichtigte, gelangen konnte.

»Sie kennen mich gut genug,« sagte er, »um überzeugt zu sein, daß ich vollständig unfähig bin, irgend etwas zu sagen, was Sie in Verlegenheit setzen oder was nur einen Augenblick ein Mißverständnis zwischen uns, die wir so zwei alte Freunde sind, hervorrufen könnte. Wollen Sie mich nicht ansehen, Iris, wenn ich mit Ihnen sprechen möchte?«

Sie blickte immer noch von ihm weg.

»Ich fürchte mich vor dem, was Sie mir sagen wollen,« antwortete sie kühl.

»Dann lassen Sie es mich sofort sagen. In einem Ihrer Briefe, den Sie mir vor langer Zeit geschrieben haben – ich setze nicht voraus, daß Sie sich darauf noch besinnen – haben Sie mir gesagt, daß ich ein eigensinniger Mensch sei, wenn ich mir einmal etwas in den Kopf gesetzt hätte. Sie hatten vollkommen recht. Ich habe mir nun jetzt in den Kopf gesetzt, liebe Iris, daß Sie auch diesmal, so wie es immer bisher gewesen ist, bereit sein werden, meinen Rat anzunehmen, und daß Sie mir als einem Geschäftsmann die Erlaubnis geben werden, eine jährliche Leibrente für sie zu kaufen.«

Sie unterbrach ihn heftig.

»Nein,« schrie sie in leidenschaftlicher Erregung, »ich will kein Wort mehr hören! Glauben Sie denn, daß ich unempfindlich bin für Ihre langjährige uneigennützige Liebe und Güte, die ich niemals verdient habe? Glauben Sie denn, ich könnte vergessen, wie edelmütig Sie mir all das grausame Unrecht verziehen haben, wodurch ich Ihr Leben verbittert habe? Ist es möglich, daß Sie noch erwarten, ich könnte mir von Ihnen Geld borgen?« Sie blickte voll wilder Verzweiflung auf ihre Füße nieder. »Ich erkläre, und Gott sei mein Zeuge, daß ich lieber sterben würde, als daß ich dieses mich erniedrigende und für mich schmähliche Anerbieten Ihrer Güte annehme. Es hat noch keine Frau gelebt, die so viel einem Manne schuldig gewesen wäre wie ich Ihnen – nur kein Geld. Lieber Hugh, kein Geld, kein Geld!«

Er war zu tief erschüttert, als daß er im stande gewesen wäre, zu ihr zu sprechen, und sie bemerkte es. »Wie schlecht bin ich!« sagte sie vor sich hin; »ich habe ihm weh gethan.«

Er hörte diese Worte. Aus reinem Mitgefühl mit ihr – an sich dachte er gar nicht – suchte er sie zu beruhigen. Aber in dem aufgeregten Zustande, in dem sie sich die Selbstvorwürfe machte, war sie nicht geneigt, ihn anzuhören. Sie schritt im Zimmer auf und nieder von dem einen Ende bis zu dem andern und steigerte noch mehr die heftige Erregung, die sich ihrer bemächtigt hatte. Bald tadelte sie sich mit Worten, welche die Schranken durchbrachen, die die gute Lebensart einer Dame setzt, bald aber vergaß sie sich noch in viel traurigerer Weise und brach mit echt weiblicher Sorglosigkeit in unnatürliche Heiterkeit aus.

»Wenn Sie glücklich verheiratet sein wollen,« rief sie, »so seien Sie niemals gegen eine andere Frau so gut, wie Sie es gegen mich gewesen sind! Keine von uns ist es wert. Lachen Sie über uns, Hugh, thun Sie alles, aber glauben Sie uns nur nicht. Wir lügen alle, mein Freund, und ich – ich habe auch gelogen – schamlos gelogen.«

Er versuchte immer wieder, sie zu einer ruhigen Erörterung ihrer Lage zu bewegen.

»Scherzen Sie doch nicht in dieser Weise!« sagte er traurig.

Sie lachte über ihn.

»Scherzen?« wiederholte sie; »was ich sage, ist keine Redensart, es ist ein Bekenntnis.«

»Ich wünsche aber ein solches Bekenntnis nicht zu hören.«

»Sie müssen es hören, Sie haben es selbst aus mir herausgelockt. Kommen Sie, wir wollen uns verständigen! Nehmen Sie das Gegenteil von jedem Worte an, das ich soeben über diesen elenden und schlechten Menschen, den Doktor, gesagt habe, und Sie werden das Richtige treffen. Nicht wahr, was ist das für eine furchtbare Inkonsequenz? Ich kann mir aber nicht helfen, ich bin ein unglückliches, unvernünftiges Geschöpf. Ich weiß nicht mehr, was ich will, und das alles meines Gatten wegen. Ich liebe ihn zu sehr. Harry ist so vollständig unschuldig, er ist wie ein guter Junge, er schien gar nicht mehr an Mr. Vimpany zu denken, bis es zwischen ihnen ausgemacht wurde, daß der Doktor hierher kommen und hier bleiben solle, und dann überredete er mich, ich weiß nicht wie, daß ich seinen Freund in einem ganz andern Lichte sah; ich glaubte ihm, und ich glaube ihm noch jetzt, das heißt, ich würde ihm noch jetzt glauben, wenn Sie nicht wären. Wollen Sie mir einen Gefallen erweisen, o, dann sehen Sie mich nicht so mit diesen Augen an, welche nicht lügen können, dann sprechen Sie nicht zu mir mit dieser Stimme, welche mich so bewegt! O, Gott im Himmel, glauben Sie denn wirklich, ich würde es dahin kommen lassen, daß Sie meinen Mann für einen schlechten Menschen hielten? Niemals! Wenn es auch mein Blut kochen macht, daß ich mit Mr. Vimpany an demselben Tische sitzen und essen muß, so bin ich doch nicht grausam genug, um den lieben Doktor zu tadeln. Meine Leichtfertigkeit, die ist zu tadeln. Wir werden noch in Streit geraten, wenn Sie mir sagen, daß Harry einen Schuft zum Freunde hat. Ich bin glücklich, ich bin glücklich, ich bin glücklich! Verstehen Sie das? O Hugh, ich wünschte, Sie wären niemals hierher gekommen!«

Sie brach in ein leidenschaftliches Weinen aus, ihre Standhaftigkeit sank endlich zusammen unter der Last, die auf ihr ruhte. »Lassen Sie mich gehen, damit ich mich verberge!«

Das war alles, was Iris zu ihrem alten Freunde sagen konnte, bevor sie aus dem Zimmer eilte und ihn allein ließ.

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Дата выхода на Литрес:
04 декабря 2019
Объем:
515 стр. 10 иллюстраций
Правообладатель:
Public Domain

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