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Wo die Probleme anfangen

Schon am Beispiel von McClelland lässt sich aufzeigen, wie schwierig es werden dürfte, so etwas wie eine homogene Unternehmerpersönlichkeit zusammenzufassen. Die Auseinandersetzung offenbart nicht nur den Facettenreichtum an Eigenschaften, die es im unternehmerischen Milieu braucht, sondern auch dessen Widersprüchlichkeit. Das wird auch kaum besser, wenn man einen anderen Ansatz zu Rate zieht, um mögliche Indikatoren für eine Unternehmerpersönlichkeit ausfindig zu machen. Dabei sind die Big Five der Persönlichkeitsfaktoren ein anerkanntes Modell, um eine umfassende Beschreibung der menschlichen Persönlichkeit zu liefern, basierend auf empirischen Untersuchungen von Persönlichkeitsmerkmalen.

Exkurs: Ausgangspunkt für den Big Five-Ansatz ist die sogenannte „lexikalische Hypothese“. Nach dieser können alle wichtigen Persönlichkeitsaspekte aus den Eigenschaftswörtern einer Sprache gefiltert werden. Dazu werden diese zunächst zusammengetragen und zu einer Selbst- und Fremdbeschreibung von Personen an Studienteilnehmer weitergegeben. Mittels einer Faktorenanalyse gelangt man schließlich zu den Eigenschaftswörtern, mit denen gleiche Persönlichkeitsfaktoren umschrieben werden.

Die Big Five der Persönlichkeitsfaktoren bestehen aus:

• Neurotizismus, was die emotionale Stabilität beschreibt, also ob die Neigung eher zu Ruhe und Gelassenheit oder Ängstlichkeit und Traurigkeit geht.

• Extraversion, also die Neigung zu Geselligkeit und Optimismus.

• Offenheit für Erfahrung, worunter Eigenschaften wie Wissbegierde oder das Interesse an allem Neuen fallen.

• Verträglichkeit als sozialem Faktor, zu dem die Neigung zum Altruismus, zur Kooperation und eine gewisse Nachgiebigkeit gehören.

• Gewissenhaftigkeit, was mit Diszipliniertheit, einer hohen Leistungsbereitschaft und Zuverlässigkeit verbunden wird.

Das ist prinzipiell der Standard, an dem sich die Persönlichkeitsforschung orientiert, wenn auch bisweilen in Abwandlungen (zum Beispiel mit mehr oder weniger Eigenschaften). Sie haben außerdem eine gewisse Aussagekraft bezüglich des Zusammenhangs zwischen Persönlichkeit und unternehmerischem Erfolg – je höher die Werte bei Offenheit, Gewissenhaftigkeit, emotionaler Stabilität und Extraversion, so haben Beobachtungen gezeigt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit des Erfolges.

Die Frage, die sich nun im Zusammenhang mit den Gründern unserer Zeit stellt, ist jedoch: Sind diese nach einem klassischen Modell, wie dem von Joseph Schumpeter, überhaupt noch als Unternehmer nach dessen Verständnis? Oder anders gefragt: Was hatten Schumpeters Unternehmer, was heutige Gründer womöglich nicht mehr haben? Gemäß der Theorie des in Österreich geborenen Ökonomen zeichnet sich ein dynamischer Unternehmer dadurch aus, dass er sich auf seiner wirtschaftlichen Position nicht ausruht, sondern diese durch Innovation zu verbessern versucht. Die Leistungsmotivation (und gleichzeitig die Gewinnmotivation) rührt bei ihm von dem Wunsch her, die Bedürfnisbefriedigung der Konsumente mit den kleinstmöglichen Produktionskosten erreichen zu können. Innovation und Wachstum sind die Eckpfeiler dieses Unternehmertums, das bei Schumpeter noch erweitert wird durch den Gedanken, den aufgebauten Betrieb irgendwann in die Hände eines Nachfolgers geben zu können.

Ungeachtet des Eindrucks in denen Gründer mit exorbitanten Gewinn- und Wachstumsprognosen aufwarten und so zumindest scheinbar im Geiste Schumpeters handeln – für die meisten Gründer geht es in erster Linie um den Schritt in die Selbständigkeit. Sie wollen „ihr Ding“ durchziehen, ihre Ideen verwirklichen, endlich das tun, was ihnen Spaß machen und dabei von niemand anderem mehr Anweisungen entgegennehmen. Die ein funktionsfähiges Unternehmen schaffen wollen und keines, das wirtschaftlich „durch die Decke geht“.

Ist es unter diesen Voraussetzungen nicht obsolet, immer noch auf einer Unternehmerpersönlichkeit zu beharren, wenn diese Art zu denken für die meisten Gründer/Unternehmer/Selbständige auf den ersten Blick gar keine wirkliche Relevanz mehr hat? Nicht unbedingt, denn auch wer eine Existenz gründet, um sich vornehmlich mit sich selbst und seiner Arbeit auseinandersetzen zu müssen und dabei erst einmal gar nicht Erwägung zieht, diese Existenz zu etwas Größerem zu machen, darf nicht blauäugig vorgehen.

Die Sache mit der Persönlichkeitsentwicklung

Das gilt im Übrigen in vielerlei Hinsicht, wobei die Unternehmerpersönlichkeit als Eignungsmaßstab und vermeintlicher Erfolgsgarant ganz besonders kritisch betrachtet werden muss. Die Gründe hierfür sind Folgende:

Es gibt ohne Frage eine Reihe von Eigenschaften, die es für die Unternehmensführung – ganz gleich, wie groß oder klein dieses Unternehmen ist – braucht oder die zumindest vorteilhaft sind. Die müssen aber nicht zwingend auf die Persönlichkeit beschränkt sein. An dieser Stelle ließe sich eine fast beliebig lange Liste von Eigenschaften aufführen, die allgemeinhin als Voraussetzung für das Gründen betrachtet werden. Manche dieser Eigenschaften sind auf den ersten Blick recht abstrakt, wie die intrinsische Motivation etwa oder die Befähigung zu konstruktiven Problemlösungsstrategien. Andere scheinen da klarer, wie Risikobereitschaft – immerhin ist es grundsätzlich ein Wagnis, den Schritt in die Selbständigkeit zu tun. Das ist es umso mehr, wenn die Gewissenhaftigkeit fehlt, sich mit den vorher zu vollziehenden Schritten auseinanderzusetzen. Die wiederum ist nur bedingt hilfreich, wenn die Kreativität für eine interessante Geschäftsidee fehlt.

Viele dieser Eigenschaften lassen sich leicht auf das Big Five-Modell zurückführen und ebenso leicht lässt sich darüber vergessen, dass es neben den (zahlreichen) psychologischen Faktoren eine mindestens genauso große Zahl an Voraussetzungen gibt, die ebenfalls ausschlaggebend für den Erfolg eines Unternehmens sein können: eine solide Ausbildung etwa oder Berufserfahrung, Startkapital, grundlegendes Wissen in Sachen Buchführung oder ein generelles Verständnis für die Funktionsweise wirtschaftlicher Zusammenhänge. Alles Dinge, die eher nicht durch Persönlichkeitsfaktoren erfasst werden, aber zum Gründen unerlässlich sind.

Keine Unternehmerpersönlichkeit ist statisch

Was alle diese Voraussetzungen und Eigenschaften wiederum gemeinsam haben, was durch Persönlichkeitstest und Modelle aber nicht abgebildet werden kann: Sie können sich verändern. Die Betrachtungsweise der Unternehmerpersönlichkeit ist viel zu oft noch bestimmt von dem Gedanken, dass die damit verbundenen Eigenschaften entweder vorhanden sind – oder eben nicht. Tests für potenzielle Gründer, fragen in erschreckender Knappheit ab, ob die erforderliche Eignung der Persönlichkeit für die Selbständigkeit vorliegt. Dabei kann ein solcher Test bestenfalls eine Momentaufnahme sein (und selbst die wäre nicht ansatzweise vollständig). Wo bleibt denn in dieser Konstellation der notwendige Raum, um Fähigkeiten und Eigenschaften zu entwickeln? Die irrige Annahme von Eignungstests – die im Übrigen auch beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) zwecks Entscheidungsfindung absolviert werden können – ist ja schlicht und ergreifend, die Unternehmerpersönlichkeit mit all ihren Eigenschaften sei entweder vorhanden oder nicht.

Entweder ist man also ein Unternehmer, dann steht der Gründung und dem Erfolg nichts im Wege, oder man ist kein Unternehmer. In diesem Fall, so scheint es, müssten viele innovative Geschäftsideen bereits im Vorfeld abgeschrieben werden, weil offenbar die unternehmerische Eignung fehlt, sie mit Erfolg zu verwirklichen. Dabei ist es doch gerade die Grundidee hinter Startups – sofern sie nicht in erster Linie darauf hinauslaufen, eine wohlvertraute Tätigkeit nun nicht mehr als Angestellter, sondern als Selbständiger auszuüben –, etwas vollkommen Neues zu schaffen. Ausgehend von der Idee für eine neue Dienstleistung oder ein neues Produkt beginnen in vielen Fällen ja erst die Überlegungen, ob diese Idee überhaupt in ein Geschäftsmodell übertragbar ist – und ob das mit den eigenen Mitteln machbar ist. Ist für die nächsten Schritte zwingend eine Unternehmerpersönlichkeit notwendig, sofern es sie überhaupt gibt? Höchstwahrscheinlich nicht, aber das hängt von unterschiedlichen Faktoren ab:

• Zum einen geht es um den persönlichen Antrieb, eine Idee weiterzuentwickeln und ein Geschäft daraus zu machen. Wie oben bereits angedeutet wurde, muss dieser Antrieb nicht unbedingt in der Schumpeter’schen Vorstellung eines leistungs-, wachstums- und gewinnorientierten Unternehmers liegen. Selbstverwirklichung kann ebenso gut ein wichtiger Antriebsgrund sein.

• Der andere Grund ist darin schon implizit enthalten, denn Erfolg – persönlicher oder Unternehmenserfolg – liegt letztlich im Auge des Einzelnen. Es muss nicht immer jede Geschäftsidee global gedacht werden, es muss nicht immer um stetige Verbesserung und das Überflügeln der Konkurrenz gehen. Das macht viele der heutigen Gründer nicht weniger zu Unternehmern, es gelten für sie nur andere Maßstäbe.

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9783753195162
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