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3. Durchbruch und Wendepunkt

Die Weltanschauungen einer Epoche haben sich in der darauffolgenden Ära als Absurditäten erwiesen und die Dummheiten von gestern wurden zu den Weisheiten von morgen.

SIR WILLIAM OSLER (berühmter kanadischer Arzt am Johns Hopkins Hospital in Baltimore)

Auch nachdem ich im Januar 1972 mit meinem Magisterstudium in Soziologie an der St. John’s University in Queens begonnen hatte, putzte ich nebenbei weiterhin Häuser mit Ben, sodass wir uns nahezu täglich sahen. Zwar fand ich die Vorlesungen über verschiedene Theorien, Forschungsmethoden und Statistik durchaus interessant, aber mein wirkliches Interesse galt immer noch dem, was ich gemeinsam mit Ben erlebte. Ich ahnte, dass dem Auflösen von Wolken und „Aus-der-Luft-Greifen“ von Informationen ein Prinzip zugrunde lag, das meine Vorstellungskraft überstieg. Bevor ich an den Punkt kam, an dem das Ganze möglicherweise zur Routine und somit langweilig wurde, erlebte Ben einen Durchbruch, der den weiteren Verlauf seines und zu einem großen Teil auch meines Lebens bestimmen sollte.

Wir saßen mit ein paar Freunden in Bens Wohnung, als einer von ihnen Ben einen Brief von einer Cousine in Dallas in die Hand drückte und um ein Reading bat. „Erzähl‘ mir bloß nicht mehr“, warnte Ben. „Je weniger ich weiß, umso genauere Angaben kann ich machen.“ Nach wenigen Sekunden griff er sich an Kopf. „Keine Ahnung, was da los ist, aber ich bekomme plötzlich derart massive Kopfschmerzen, das könnt Ihr euch gar nicht vorstellen.“ Er legte den Brief aus der Hand und die Kopfschmerzen verschwanden. Dann nahm er ihn wieder auf und prompt schmerzte sein Kopf erneut. Er probierte dies mehrere Male aus.

Ich schlug ihm vor, den Brief lieber nicht anzufassen, aber Ben hatte sich in den Kopf gesetzt, dass er die Schmerzen auflösen wolle. Er ging also in sein Schlafzimmer und legte sich hin, den Brief weiterhin in der Hand haltend. Etwa fünfzehn Minuten später kehrte er zu uns zurück – völlig erschöpft, aber mit triumphierendem Blick verkündete er stolz, dass er die Schmerzen habe verschwinden lassen.

Ben war mit diesem Ergebnis schon höchst zufrieden, und erst nachdem der Freund seine Cousine in Dallas angerufen und ihr von dem Reading berichtet hatte, sollte uns die Idee kommen, dass wir auf etwas völlig Neues gestoßen sein könnten: Denn offensichtlich litt die Cousine zu dem Zeitpunkt, als Ben ihren Brief in der Hand hielt, an einem Migräneanfall. Als die Schmerzen in Bens Kopf sich auflösten, geschah das Gleiche auch bei ihr. Dabei hatte Ben gar nicht die Absicht gehabt, sie zu heilen, sondern wollte lediglich die entsetzlichen Schmerzen in seinem eigenen Kopf loswerden.

Schon bei vorherigen Readings hatte Ben manchmal Informationen über körperliche Symptome bekommen, aber diesmal hatte er sie zum ersten Mal am eigenen Leib verspürt. Einmal, als er den Büchereiausweis eines besonders skeptischen Freundes von mir in der Hand hielt, legte Ben seine rechte Hand an seinen eigenen unteren Rücken: „Dein Freund Douglas hat sich etwa hier den Rücken verrenkt, und zwar erst vor Kurzem. Ich glaube, es ist passiert, als er etwas gehoben hat. Es ist nicht weiter schlimm, könnte aber chronisch werden, wenn er sich nicht darum kümmert. Außerdem sind seine Schultern verspannt, aber das ist nur nervöse Anspannung.“ Dann stellte Ben eine seiner seltenen Fragen: „Worüber macht sich dein Freund Sorgen?“

„Er heiratet bald.“

„Sag ihm, er soll es lieber sein lassen, zumindest wenn er die Anspannung loswerden will“, riet Ben. Dann wurde sein Blick wieder leer. „Und dann ist da eine Geschwulst hinter seinem linken Ohr. Das ist nichts Ernstes, auch wenn er sich Sorgen deswegen macht.“ Und nach einer Pause fügte er noch hinzu: „Ich glaube, es ist eine Talgzyste.“ Ich fragte ihn, was das sei, und er antwortete: „Keine Ahnung. Das kam mir einfach so in den Sinn.“

Da Ben sich nie danach erkundigte, ob er richtig gelegen hatte, erzählte ich ihm nicht, dass mein Freund sich einen Monat vorher beim Hochheben einer Kiste den Rücken verrenkt hatte. Als ich Douglas wenig später den Büchereiausweis zurückgab, bestätigte er die Anspannung in den Schultern. Die Geschwulst hinter seinem linken Ohr sah ich mit eigenen Augen und ein Arzt diagnostizierte wenig später eine harmlose Talgzyste …

Douglas‘ Reaktion auf Bens Diagnose war auch wieder „typisch“: Zwar erstaunte ihn die Genauigkeit von Bens Aussagen, aber er zeigte keinerlei Interesse an seinen Fähigkeiten – der „Douglas-Effekt“.


Der Brief der Cousine aus Dallas markierte den Beginn von Bens Arbeit als „Diagnostiker“. Und wie der Zufall es wollte, war ich die erste Person, die er wissentlich heilte.

Wir befanden uns in der Küche eines Kunden und legten gerade eine Putzpause ein. Da der Hausbesitzer Ben aufgefordert hatte, sich ruhig zu bedienen, lehnte er am Kühlschrank und trank einen Kaffee, während ich mit baumelnden Füßen auf der Arbeitsplatte saß und mir ein Mineralwasser gönnte. Die Geschichte mit dem Brief aus Dallas hatte sich erst am Abend zuvor zugetragen und ließ Ben immer noch nicht los: „Also, ich kriege ein Gefühl im Kopf, als habe mir jemand die obere Kopfhälfte weggepustet. Ich denke mir, dass dieser Schmerz etwas ist, was ich genauso auflösen kann wie eine Wolke, also tue ich das und es geht mir besser. Und dann höre ich, dass es der Frau mit der Migräne angeblich zur gleichen Zeit ebenfalls besser geht. Ist das was Besonderes oder lese ich da zu viel hinein?“

Ich war froh, das Wort „angeblich“ aus seinem Mund zu hören. „Man kann natürlich nicht ausschließen, dass es sich um einen reinen Zufall handelt“, antwortete ich und kam mir sehr weise vor. „Schmerzen kommen und gehen.“ Niemand wusste das besser als ich selbst: Seit rund fünf Jahren hatte ich so starke Schmerzen in meinem unteren Rücken, dass ich das Stipendium, das ich aufgrund meiner Fähigkeiten als Schwimmer bekommen hatte, aufgeben musste. Mittlerweile waren die Schmerzen chronisch geworden. Selbst längeres Stehen konnte sie auslösen. Verschiedenste Ärzte hatten meinen Rücken untersucht und weder an Knochen und Muskeln noch an den Nerven irgendetwas feststellen können. Wie vielen anderen Menschen blieb auch mir nichts anderes übrig, als mit den Schmerzen zu leben und sie durch Stretching-Übungen ein wenig zu lindern.

Während wir uns unterhielten, spürte ich, wie mein Rücken sich verkrampfte, und ich beugte mich unwillkürlich nach vorne. Ben lehnte mit seiner linken Schulter am Kühlschrank und gestikulierte mit der rechten Hand. Plötzlich zog er eine Grimasse, setzte die Kaffeetasse ab, fasste sich mit der linken Hand an den unteren Rücken und begann über Rückenschmerzen zu klagen.

Ich fragte ihn beiläufig, wo die Schmerzen denn sitzen würden. „Genau hier, unter meiner Hand. Mensch, das ist vielleicht merkwürdig. Der Schmerz kam ganz plötzlich, genau wie bei dem Brief.“ Er begann seine Taschen zu durchwühlen. Vielleicht trage ich ja irgendetwas von jemandem bei mir, der ein Rückenproblem hat.“ Er öffnete seine Brieftasche. „Hm, hier habe ich ein paar Schecks von anderen Leuten, aber ich glaube nicht, dass es das ist.“ Dann ging er aus der Küche, die Hand immer noch am Rücken: „Vielleicht ist es etwas in meiner Manteltasche.“

„Nein, du Dussel!“, rief ich ihm hinterher. „Komm zurück – ich bin das Problem!“ Trotz des unangenehmen Gefühls im Rücken war es mir heimlich eine Genugtuung, dass ich ihm diesmal zuvorgekommen war: „Und du bezeichnest dich selbst als Hellseher?!“

„Na toll“, sagte Ben. „Nun haben wir beide Rückenschmerzen. Hättest du deine Schmerzen nicht für dich behalten können?“ – „Ich weiß was viel Besseres“, sagte ich grinsend. „Warum heilst du uns nicht beide gleichzeitig?!“ – „Und wie soll das gehen?“ Ich ließ mich von der Arbeitsplatte gleiten und beugte mich über den Küchentisch. „Leg deine Hand hier auf meinen Rücken“, sagte ich. – „Warum, wozu soll das gut sein?“ – „Tu’s doch einfach!“

Also legte Ben seine Hand auf mein Kreuz. Die Stelle wurde sofort warm, dann heiß. Während die Wärme meine Wirbelsäule durchdrang, spürte ich, wie mein unterer Rücken in einem Bereich von rund 10 Zentimetern Durchmesser taub wurde, als hätte man mir ein Betäubungsmittel gespritzt. Bens Hand ruhte weiterhin auf meinem Kreuz und die Taubheit nahm langsam wieder ab, ausgehend vom äußeren Rand des Bereichs. Als Ben die Hand schließlich wegnahm, war der letzte Rest von Taubheit verschwunden. Der gesamte Vorgang hatte weniger als zehn Minuten in Anspruch genommen.

„Meine Rückenschmerzen sind weg!“, verkündete Ben. Ich stellte mich aufrecht hin, beugte mich nach vorne und nach hinten, drehte den Oberkörper zur Seite und berührte meine Zehen. „Was machst du da?“, fragte er mich. – „Ich versuche, den Schmerz zu finden.“ – „Also sind deine Rückenschmerzen auch verschwunden?“ – „Komplett!“

„Was du nicht sagst“, zog Ben mich auf, der offensichtlich zu seinem üblichen prahlerischen Auftreten zurückgefunden hatte. Wie so oft hatte im Widerstreit der gegensätzlichen Gefühle, mit denen er zu kämpfen hatte, sein selbst eingestandener Größenwahn kurzfristig die Oberhand gewonnen: Wenn überhaupt jemand heilen konnte, dann war es selbstverständlich er! – Ich fragte ihn, wie er diesmal vorgegangen sei.

„Keine Ahnung. In den vergangenen Wochen hatte ich das Gefühl, dass sich irgendetwas veränderte, ohne jedoch genau zu wissen, was. Als du mich um Hilfe batest, hatte ich so eine Vorahnung, was wohl passieren würde. Sobald ich die Hand auf deinen Rücken legte, spürte ich, wie Energie meinen Arm hinunterpulsierte. Es lief ganz automatisch – als wäre es das Natürlichste von der Welt – und ich wusste, dass dies die nächste Station auf meinem Weg sein würde.“

„Du willst als Heiler arbeiten?“ Auch wenn sich in meinem Kopf tausend Fragen drehten, machte die seltsame Traurigkeit ins Bens Augen mir klar, dass diese Fragen auf einen besseren Zeitpunkt würden warten müssen. Im Stillen wunderte ich mich, wie die Fähigkeit zu heilen ein Grund für Melancholie sein konnte statt für Freude. Aber wie immer ahnte Ben bereits etwas, was ich auf die harte Tour würde lernen müssen. Er drückte es ungefähr so aus:

„Mit dieser ‚Heilungs‘-Geschichte öffne ich die Büchse der Pandora und ich bin mir nicht sicher, ob es das wert ist. Zwischen dem reinen Mitteilen von Informationen und dem Umgang mit der Gesundheit anderer Menschen besteht ja ein riesiger Unterschied. Stell dir einfach mal vor, du könntest Schmerzen auflösen oder heilen, oder wie auch immer du es nennen möchtest. Wenn nun Menschen mit schrecklichen Krankheiten zu dir kommen, wie könntest du sie dann ignorieren? Ich werde den Rest meines Lebens damit verbringen, schlimmste Krankheiten zu durchleben – dabei möchte ich am liebsten völlig in Ruhe gelassen werden. In Wahrheit wollen nämlich viele Kranke gar nicht gesund werden, ganz gleich, wie sehr sie das Gegenteil behaupten mögen. Sie genießen entweder die Aufmerksamkeit, die ihr Kranksein ihnen verschafft, oder sie wollen vielleicht einfach nur keine Verantwortung übernehmen. Die Menschen, die ich erfolgreich behandle, werden es mir verübeln, die Ärzte werden mich verachten und ich werde als Freak gelten …“ Leider erwiesen sich Bens Vorhersagen in allen Punkten als korrekt.

Was meinen Rücken betrifft, so kann ich berichten, dass die Schmerzen in den vergangenen 35 Jahren kein einziges Mal zurückgekehrt sind, auch wenn ich damals zunächst dachte, die Besserung sei nur vorübergehend. Obwohl ich an Sportwettkämpfen teilnahm und schwere Lasten hob, habe ich nie wieder auch nur ein Ziehen oder Stechen im Rücken gespürt. Ich würde sogar wagen zu behaupten, dass mein Rücken außerordentlich belastbar ist. Wenn irgendwer nun die Behauptung aufstellen möchte, dass meine Beschwerden bestimmt „psychosomatisch“ gewesen seien, dann ist das völlig in Ordnung. Eine Heilung ist eine Heilung ist eine Heilung.

Sobald Ben bekannt machte, dass er als Heiler tätig sein würde, mangelte es ihm nicht an Klienten. Es begann mit kleinen Wehwehchen von Freunden und Nachbarn, die wiederum anderen davon erzählten, sodass ein nie versiegender Strom an „Kunden“ da war. Zwar waren dramatische Sofortheilungen wie die meinige selten, aber es zeigte sich bei verschiedensten Beschwerden zum ersten Mal überhaupt eine Besserung.

Auch wenn Bens neue berufliche Laufbahn mich faszinierte, waren diese Fälle von Heilung in meinen Augen sozusagen gnadenlos undurchsichtig, ja „schwammig“. Das war alles irgendwie mysteriös, nichts lief kontrolliert ab. Es wäre bequem und praktisch gewesen, diese Heilungen einfach zu glauben, aber ich war nun mal Empiriker – ich musste einfach wissen, wie die Methode wirkte.

Widerwillig erlaubte mir Ben, seine Diagnosen in einer Doppelblindstudie zu testen, die ich ganz formlos am Deepdale Hospital in Little Neck durchführte. Patienten, die sich im Krankenhaus anmeldeten, wurden gefragt, ob sie freiwillig eine Karteikarte unterschreiben würden, die die Krankenschwester anschließend in zwei verschiedene, blickdichte Umschläge steckte. Am Ende hatten wir acht Umschläge. Als ich Ben später die einzelnen Umschläge zur Diagnose in die Hand gab, wusste keiner von uns etwas über die jeweiligen Patienten, noch nicht einmal, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte. Ben lag bei allen Diagnosen außer einer einzigen richtig. Später erfuhren wir, dass auch diese korrekt war, denn beim ersten Besuch des Patienten war eine falsche Diagnose gestellt worden, die bei seinem zweiten Besuch einen Monat später korrigiert wurde.

Zwischenzeitlich hatten wir ein Erlebnis, das jegliche Zweifel, die ich vielleicht noch gehabt haben mochte, endgültig ausräumte. Ben und ich saßen mit meiner Schwester Lynn und meiner Freundin zusammen, die versuchte, den Verschluss einer Getränkedose mit einem Messer zu öffnen. „Pass mit dem Messer auf!“, warnte Ben sie just in dem Moment, als sie sich in den rechten Zeigefinger stach und eine tiefe Wunde hinterließ. Ben sprang auf und nahm ihren Finger, aus dem nun das Blut quoll, in seine linke Hand.

„Hör auf, so zu drücken!“, protestierte sie. „Das tut weh!“ Aber Ben drückte keineswegs zu und ich konnte zwischen ihren und seinen Fingern deutlich einen kleinen Abstand erkennen. „Bleib einfach still sitzen, es heilt“, beharrte Ben und behielt den Finger in seiner Hand. Zwanzig Minuten später ließ er ihn los. Die Wunde war verheilt. Kein Schnitt, keine Narbe, kein Schorf – bis auf die Blutflecke war kein Anzeichen einer Verletzung mehr zu entdecken.

Jeder lässt sich von anderen Dingen beeindrucken. Vorher hatte ich ja schon erlebt, wie Ben meinen Rücken kuriert und andere spektakuläre Heilungen erzielt hatte, aber nichts bewegte mich so tief wie das hier: zu sehen, dass der Finger meiner Freundin vor meinen Augen heilte. Ich war im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos, während sie mit kreidebleichem Gesicht immer wieder über die Stelle strich, an der die Wunde hätte sein müssen, und dabei murmelte: „Ach, du lieber Gott!“ Ich glaube, selbst Ben war das Ganze nicht geheuer, denn er verabschiedete sich an diesem Abend sehr bald von uns.

4. Bens spektakuläre Heilungen

Wunder stehen nicht im Gegensatz zur Natur, sondern nur im Gegensatz zu dem, was wir über die Natur wissen.

AUGUSTINUS (Philosoph und Kirchenlehrer,

354–430 n. Chr.)

Rund ein Jahr nach meinem Einstieg als Bens Putzpartner hatte ich es geschafft, auch noch den letzten seiner Kunden zu vergraulen. Ben arbeitete damals bereits „in Vollzeit“ als Heiler. Während er Readings stets kostenlos gab, nahm er für seine Healings Geld: „Zahlen Sie, was und wann Sie möchten!“ Irgendwann bot ich ihm einmal im Scherz an, ein Schild zu basteln mit der Aufschrift „ANGEBOT DES TAGES! LEUKÄMIE HEUTE NUR 15 DOLLAR!“ Viele Menschen gaben ihm sogar noch weniger. Ben machte das nichts aus – seiner Frau allerdings schon.

Die Leute kamen in Scharen, aus allen Schichten und mit jedem nur erdenklichen Gebrechen. Damals wurde mir bewusst, dass es eine riesige verborgene Schicksalsgemeinschaft verzweifelter, schmerzgeplagter Menschen gab, die durch das Raster des Gesundheitssystems gefallen waren. Ich stellte auch fest, dass Ben es trotz seines ständigen Gejammers darüber, was alles von ihm erwartet wurde, durchaus genoss, im Mittelpunkt zu stehen.

Einer seiner ersten Klienten war ein Schüler namens Mark, der zusammen mit seinen Eltern an Krücken laufend bei uns ankam. „Ich kann meinen rechten Fuß nicht anheben“, sagte er zu Ben. Obwohl Ben nicht nach Einzelheiten fragte, fühlte sich Marks Mutter bemüßigt, uns diese mitzuteilen. Mark war eine Woche zuvor bei einem Football-Spiel bewusstlos geschlagen worden. Als er wieder zu sich kam, zuckte sein Fuß unkontrolliert. Da die Ärzte einen neurologischen Schaden vermuteten, hatten sie ihm ein Medikament für parkinsonähnliche Syndrome verschrieben. Dieses half zwar gegen die Krämpfe, aber Mark konnte trotzdem seinen Knöchel nicht bewegen: ein klassischer Fall von Fallfuß. [Anmerk. d. Übers.: Beim Fallfuß hängt die Fußspitze aufgrund einer Nervenlähmung und der Fußrücken kann nicht aktiv angehoben werden.]

Während ich zusah, setzte sich Ben Mark gegenüber, sodass er Marks rechten Fuß auf sein eigenes linkes Knie legen konnte. Er bewegte seine linke Hand rund eine Minute lang über Marks Knöchel hin und her und verkündete dann, er könne nicht feststellen, dass damit etwas nicht in Ordnung sei. Und Schmerzen seien da auch keine. „Woher wissen Sie das?“, fragte Marks Vater. Ben erklärte, dass er Schmerzen wahrnehmen könne. Mark, ein eher schüchterner Bursche, saß währenddessen nur schweigend da.

Als Nächstes stellte Ben Marks Fuß wieder auf den Boden und forderte ihn auf, ihn zu bewegen. Aber wenngleich Mark sein gesamtes Bein anheben konnte, blieb der Knöchel weiter unbeweglich. Daraufhin stellte Ben sich hinter Mark und legte seine Hände auf dessen Nacken, fast so, als wolle er ihn strangulieren. Nach etwa fünf Minuten bewegte er seine linke Hand über Marks Kopf und hielt sie schließlich über einen Bereich an der linken oberen Kopfhälfte. „Das Problem liegt hier“, verkündete er. „Die Verletzung liegt im Gehirn, genau wie die Ärzte gesagt haben, und nicht im Knöchel.“ Ben hielt seine Hand etwa fünfzehn Minuten lang an der gleichen Stelle und forderte Mark dann auf, seinen Fuß zu bewegen.

Mit starker Konzentration gelang es Mark, seine Zehen einige Zentimeter hochzuheben, während seine Ferse weiterhin am Boden blieb. Dann ließ er die Zehen am Boden und bewegte die Ferse drei bis vier Zentimeter nach oben. Dann drehte er den Knöchel leicht und strahlte seine Eltern an: „Schaut mal, er bewegt sich!“ Marks Vater war wie vor den Kopf geschlagen, während seine Mutter in Tränen ausbrach und ich Gänsehaut bekam.

Ben nahm seine Hände von Marks Schultern. „Das reicht für heute. Wenn du morgen noch einmal wiederkommst, erledigen wir den Rest.“ Mark strahlte immer noch über das ganze Gesicht. „Danke, Mann, das war super!“ Nachdem die Familie gegangen war, zogen Ben und ich Bilanz. Ich fragte ihn, was genau passiert war.

„Da ist so eine Energie, die mich durchläuft. Ich kann spüren, wie sie sich meinen linken Arm hinunterbewegt und von dort aus in meine Hand strömt.“ Er zeigte auf einen Punkt in seiner linken Handfläche, ein wenig außerhalb der Mitte in Richtung Daumen. „Der Punkt ist genau hier. Ich habe gespürt, wie hier eine Wärme herausgeflossen ist, die nicht von mir zu stammen schien.“

„Und was hast du gemacht, als du deine Hand über Marks Fuß und Kopf bewegt hast?“

„Ich habe nach etwas gesucht, was sich anders als üblich anfühlt, was auch immer das bedeutet. Da ich an Marks Fuß nichts spüren konnte, habe ich rein intuitiv um seinen Kopf herum nachgespürt und dort eine heiße Stelle gefunden. Ich bin mir nicht sicher, ob es sein Kopf war, der die Wärme ausstrahlte, oder meine Hand oder beide, aber es erschien mir nur natürlich, an der heißen Stelle zu arbeiten.“

„Und wieso konntest du meinen Rücken und die Schnittwunde meiner Freundin sofort in Ordnung bringen, Marks Fuß aber nicht?“

„Nun, das Gefühl in meiner Hand ließ nach und ich hatte den Eindruck, dass Mark nicht mehr Energie aufnehmen konnte. Ich bin sicher, dass sein Problem durch weitere Sitzungen vollständig behoben werden kann.“ Und so war es auch. Nach fünf weiteren Healings konnte Mark seinen Knöchel wieder vollständig bewegen.

Marks „Fall“ erwies sich als richtungweisend: Ben legte seine Hände auf die Schultern eines Klienten, manchmal auch auf den Solarplexus. Nach ein paar Minuten suchte er dann nach heißen Punkten. Meistens, aber nicht immer, stimmten diese mit den Bereichen überein, in denen der Klient Beschwerden hatte. In jedem Fall konzentrierte Ben sich dann auf diese Stellen.

Die meisten Healings dauerten 30 bis 60 Minuten, manche auch länger, je nach der Schwere des Symptoms. Je bekannter Ben wurde, umso mehr ähnelte sein Wohnzimmer dem Wartezimmer eines Arztes, nur dass er dort auch arbeitete. Er ging von einem zum anderen und behandelte manchmal fünfzehn Personen in einer Sitzung.

Erstaunliche Dinge spielten sich vor meinen Augen ab. Ohne biblisch klingen zu wollen, wurde ich doch Zeuge, wie Blinde einen Teil ihrer Sehkraft wiedererlangten, wie Taube wieder hören und Lahme wieder gehen konnten, ganz abgesehen von einigen Krebsheilungen, die die Ärzte kurzerhand als Spontanremissionen abtaten.

Sofortheilungen wie diejenige, die ich selbst erfahren hatte, waren eher selten, auch wenn sich bei den meisten Healings sofort eine sichtbare Wirkung einstellte. Manchmal verschlimmerte sich der Zustand der Betroffenen zunächst, speziell bei schmerzhaften Krankheiten. Wenngleich mich dies anfangs beunruhigte, sah Ben es als einen notwendigen Teil des größeren Heilungsprozesses an. Meistens mussten die Erkrankten mehrmals kommen, um wieder ganz gesund zu werden, und manchmal reichte auch das nicht aus. Ich kann mich an eine Frau in den Vierzigern erinnern, die an rheumatischer Arthritis litt und von Ben wochenlang betreut wurde. Zwar konnte er die Schmerzen etwas lindern und ihre verkrümmten Finger ein wenig begradigen, aber heilen konnte er sie nicht.

Im Laufe der Zeit stellte ich fest, dass es einen Zusammenhang gab zwischen der Länge des Zeitraums, den ein Gebrechen bereits bestand, und der Anzahl der Healings, die erforderlich waren. Während jemand, der erst kürzlich bei einem Unfall erblindet war, relativ schnell das Augenlicht wiedererlangen konnte, erlebte ein Mensch, der im Laufe der Jahre aufgrund von Diabetes erblindet war, eher eine graduelle Verbesserung, die mit einem geringeren Bedarf an Insulin einherging.

Ähnlich war es bei Krankheiten, die man als „naturgegeben“ bezeichnen könnte. So ist beispielsweise Myopie oder Kurzsichtigkeit keine Krankheit des Augapfels, sondern ein Problem, das durch seine Form entsteht. Als Ben meine Kurzsichtigkeit behandelte, verbesserte sich meine Sehstärke zunächst nur so weit, dass ich Probleme mit meinen damaligen Brillengläsern bekam. Da meine Augen noch viele weitere Healings benötigt hätten, sah ich eine längere Zeitspanne vor mir, in der ich weder mit Brille noch ohne Brille würde sehen können. Ich hätte mir natürlich zwischendurch immer wieder neue Gläser verschreiben lassen können, aber auch das erschien mir nicht besonders praktisch. Also ließ ich es gut sein und meine Augen passten sich wieder an die alte Brille an.

Meine Erfahrung erwies sich als typisch. Ben stellte sich zwischenzeitlich vor, wie spaßig es wohl sei, einen Optiker mit Zugriff auf eine unbegrenzte Anzahl unterschiedlicher Linsen zu behandeln. Gleichwohl beschloss er, sich selbst zu behandeln, sodass er seine Lesebrille wenig später nicht mehr benötigte.

Bei keinem von Bens erfolgreichen Healings war es erforderlich, dass Heiler oder Klient oder beide an etwas Bestimmtes glaubten. Viele Menschen, die bereits bei Gesundbetern oder Geistheilern gewesen waren, fragten, ob sie an etwas Spezielles glauben müssten; das verneinte Ben stets. Es erschien uns im Gegenteil so zu sein, dass bei vergleichbaren Fällen diejenigen Menschen am schnellsten Heilung erfuhren, die am wenigsten daran glaubten. Ben und ich wandelten daher den Satz „Dein Glaube hat dich geheilt“ im Scherz um in: „Dein Unglaube hat dich geheilt.“ Bens Lieblingsklienten waren diejenigen, die ihn gleich mit einem Satz wie diesem begrüßten: „Ich persönlich halte das ja für absoluten Müll, aber ich weiß nicht, an wen sonst ich mich noch wenden soll …“

Ich erinnere mich gerne an einen ganz besonderen „Fall“: Nicholas war damals Anfang oder Mitte zwanzig und hatte sein Leben lang davon geträumt, Nationalgardist zu werden. Die Mindestgröße hierfür lag allerdings bei 1,72 Meter und Nicholas lag mit etwas über 1,70 Meter knapp darunter. Ben und ich behandelten ihn mehrere Male, bis er eines Tages ganz aufgeregt zu uns kam: Er war Nationalgardist geworden! Ob wir ihm nun zu den zusätzlichen knapp zwei Zentimetern verholfen hatten oder ob er es schaffte, den für die Musterung zuständigen Beamten auszutricksen, das werden wir wohl nie erfahren.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Menschen mit übersinnlichen Fähigkeiten gab es bei Ben keine guten oder schlechten Tage. Ob eine Sitzung erfolgreich war, das hing von dem behandelten Problem ab und nicht davon, wie er sich fühlte. War er zu Beginn der Arbeit auch manchmal mürrisch, so heiterte sich seine Stimmung bei der Arbeit stets auf. Auch schien er gegen jede Form von Ablenkung immun zu sein. Er konnte der einen Person heilende Energie zukommen lassen, während er sich mit einer anderen unterhielt. Und er behauptete sogar, dass diese Art von „Nebenbeschäftigung“ seine Heilungsfähigkeit verbessere.

Wie bereits an dem Brief aus Dallas deutlich geworden war, konnte Ben auch „Fernheilungen“ durchführen, die wir lieber als „Healing in Abwesenheit“ bezeichneten. Allerdings laugte ihn dies stark aus. Wenn er etwa einen Gegenstand, der einem woanders lebenden Klienten gehörte, unter sein Kopfkissen legte, erwachte er am nächsten Morgen völlig erschöpft.

Von Zeit zu Zeit kam es auch zu unerwarteten Fehlschlägen. Ein Klient, der wegen einer schweren Krankheit zu Ben kam, bat ihn beispielsweise: „Da ich sowieso gerade hier bin, könnten Sie vielleicht auch meine Warze behandeln?“ Aber Ben konnte weder Warzen zum Verschwinden bringen noch einen gewöhnlichen Schnupfen heilen, wenngleich bei Letzterem zumindest eine zeitweilige Besserung der verstopften Nase möglich war.

Spektakuläre Erfolge erzielte Ben vor allem bei einer großen Bandbreite an Krebserkrankungen, bei denen seine Arbeit zumindest als eine Art Diagnoseinstrument diente: Wenn eine Geschwulst sofort auf die Behandlung reagierte, war sie bösartig. Passierte dies nicht, war sie wahrscheinlich gutartig. Die beste Aussicht auf Heilung hatten Fälle, in denen aggressiver Krebs bei jungen Menschen auftrat, die noch keinerlei Bestrahlungen oder Chemotherapie erhalten hatten. Bestrahlungen und Chemotherapie stellen einen großen Eingriff in den Körper dar, da sie sowohl gesunde als auch kranke Zellen zerstören. Da Krebszellen sich jedoch schneller vermehren als gesunde Zellen, liegt die Hoffnung bei diesen Behandlungsmethoden darin, dass Krebszellen schneller betroffen sind und auch schneller absterben. Bens Healings schienen im Gegensatz dazu das Wachstum der gesunden Zellen zu fördern.

Ben war noch nicht lange als Heiler tätig, als bereits die ersten der merkwürdigen psychologischen Reaktionen auftraten, die er vorhergesehen hatte: Wenn sie zur Behandlung kamen, wollten die meisten Leute erst einmal vorab wissen, wie lange diese dauern würde. Viele, die sich zum ersten Mal in die von ihnen als „Hokuspokus“ betrachtete Welt des Heilens mit Handauflegen begaben, erwarteten sozusagen als Beweis eine sofortige Heilung – ganz im Gegensatz zu den frustrierend langen Behandlungen, die sie im konventionellen Gesundheitssystem ohne Murren in Kauf nahmen. Ein Mann, der an Leukämie erkrankt war, regte sich darüber auf, dass Ben ihn nicht in einer einzigen Sitzung geheilt hatte. Wenn Ben die Zahl seiner Blutkörperchen innerhalb einer Woche um 40 Prozent in die Höhe treiben könne, müsse es doch wohl auch möglich sein, ihn gleich ganz zu heilen, damit er nicht noch einmal kommen müsse …

Es erstaunte mich immer wieder, dass rund die Hälfte der Klienten, die nicht innerhalb einer Sitzung geheilt werden konnten, kein weiteres Mal zu uns kamen, und zwar selbst solche, die bei Allergien, Schmerzen, kräftezehrenden Krebssymptomen, Diabetes oder Arthritis eine deutliche Linderung ihrer Symptome erlebt hatten. Während ich mich darüber aufregte, sah Ben das Ganze philosophisch: Er hatte es schließlich vorausgesehen. Ich kam letztlich zu dem gleichen Schluss wie er: Manche Menschen wollten offenbar nicht gesund werden. Das galt vor allem für all jene, die schon länger krank waren oder Schmerzen litten. Für sie schienen ihre Beschwerden Teil ihrer Identität geworden zu sein. Ein Leben ohne Krankheit schien ihnen unvorstellbar, selbst wenn sie pro forma verzweifelt nach Heilung und Linderung suchten – und zwar nicht nur, um ihre Mitmenschen zufriedenzustellen, sondern auch, um die Farce vor sich selbst aufrechtzuerhalten.

Besonders überrascht war ich, als ein ausgesprochen intelligenter Freund von mir die gleiche befremdliche Reaktion zeigte. Walter war ein Studienkollege, mit dem ich manchmal zusammen lernte. Als ich eines Tages in der Unibibliothek saß, kam er an Krücken auf mich zu. Eine Woche zuvor hatte er plötzlich einen stechenden Schmerz im rechten Bein verspürt, der sich stetig verschlimmerte. Die beiden Ärzte, die er aufsuchte – der eine Chiropraktiker, der andere Neurologe – konnten ihm nicht helfen. Während wir uns unterhielten, traten Tränen in seine Augen. „Die Schmerzen sind kaum auszuhalten. Ich würde mir am liebsten das Bein abhacken.“

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