Читать книгу: «Engel und Dämon», страница 8

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Cido wollte mehr über seinen Begleiter wissen. So viel mehr. Dadurch bereute er es schon fast vorgerannt zu sein, doch er konnte schon das Stadttor sehen, wodurch er sich entschloss einfach auf den Kämpfer zu warten. Sie hatten alle Zeit der Welt und Cido würde ihn später auch noch Löcher in den Bauch fragen können.

Ein breites Grinsen legte sich auf seine Lippen, als er an den Duft des anderen zurückdachte, den er wahrnahm als er sich um dessen Hals geschmissen hatte. Er strahlte so viel Kraft und Sicherheit aus, dass Cido schon in diesem Moment einfach einschlafen hätte können.

Als er nur noch wenige Schritte von dem Tor entfernt war, verlangsamte Cido seine Schritte und stellte sich in den Schatten der großen Mauer um auf Xenio zu warten. Auf seinen Kämpfer, der ihn immer wieder retten würde. Sein Leben mit dem eigenen verteidigen würde.

Cido hatte nur einen Menschen kennen gelernt, der sich für ihn geopfert hat und das war sein Großvater. Doch daran wollte der Braunhaarige jetzt nicht denken. Denn Xenio wird nicht sterben. Nicht so wie sein Verwandter. Das wird er niemals zulassen. Auch wenn er kein Kämpfer war, so hatte er auch eine Waffe, die ihn half sein Leben und das seiner Liebsten zu verteidigen.

Ruhig beobachtete er den Schatten weiter, wie er sich der Stadt näherte. Die Schritte waren sicher und wenn Cido nicht wusste, was dieser Körper schon alles geleistet hatte, dann würde er nicht damit rechnen, dass es so war. Diese Kraft schien grenzenlos zu sein. Woher nahm er sie nur?

Nach einer schieren Ewigkeit kam Xenio auch endlich bei dem Tor an, wobei er den Jungen sanft anlächelte: „Da bist du ja endlich.“

„Tut mir Leid, aber ich hatte es nicht so eilig wie du. Und es war halt doch noch ein gutes Stück zu gehen“, entschuldigte sich Xenio, wobei Cido ruhig neben ihn trat: „Nicht so wichtig. Du bist ja jetzt da.“

„Na ja, wärst du bei mir geblieben, hättest du nicht warten müssen“, sprach Xenio ruhig weiter, wodurch Cido kurz die Backen aufblähte: „Aber, ich wollte so schnell wie möglich ankommen.“

„Und was hat es dir gebracht? Nichts. Du musstest doch auf mich warten und bist auch keine Sekunde früher in der Stadt oder gar in einem Bett“, widersprach Xenio sofort, was Cido nicht verstand. Warum kritisierten ihn Xenio jetzt? Hätte er sich nicht einfach freuen können, dass er auf ihn gewartet hatte?

„Es tut mir Leid, das nächste Mal warte ich nicht mehr auf dich“, grummelte Cido, wodurch Xenio nur aufstöhnte: „Jetzt komm nicht schon wieder damit.“ „Mit was denn?“, zankte der Braunhaarige weiter. „Damit, dass du auf beleidigt tust und mir den schwarzen Peter zuschiebst. Darauf habe ich keine Lust mehr“, die Stimme von Xenio wurde ohne sein Zutun aggressiver, wodurch Cido kurz zurückschreckte: „Wenn das so ist. Dann geh halt. Wie kommst du überhaupt darauf, dass ich auf dich gewartet habe? Ich wollte mir den Sonnenaufgang noch ein wenig ansehen.“

Xenio seufzte kurz und sah den Jungen verzweifelt an, wobei er seine Hand nach dessen Arm ausstreckte, doch dieser wurde sofort zurückgezogen: „Fass mich nicht an! Verschwinde einfach! Es war Unsinn zu glauben, dass wir zusammen arbeiten können! Dafür sind wir einfach zu verschieden!“

Der Kämpfer konnte nicht glauben, was er dort hörte. War das wirklich der Ernst des Jungen? Sollte er nun einfach gehen? Er ließ seine Hand sinken und ballte sie kurz zur Faust, bevor er resigniert seufzte: „Wenn das dein Wunsch ist.“

„Ja, ist er“, unterbrach ihn der Braunhaarige sofort, was ein erneutes Seufzen von Xenio forderte, bevor er sich umwandte: „Dann trennen sich halt unsere Wege hier. Pass auf dich auf, Kleiner.“

Er schritt davon und Cido wusste nicht, was er sagen sollte. Das wollte er doch gar nicht. Er wollte nur, dass Xenio endlich einmal aufhörte sich selbst als Last zu sehen. Warum konnte der Kämpfer nicht verstehen, wie sich Freunde zueinander verhielten? Rücksicht. Zuneigung. Sorge. Was war mit diesen Gefühlen? Kannte der Blonde sie etwa nicht?

Cido wollte ihm hinterher eilen, doch da tauchte plötzlich ein Schatten über ihn auf und bevor er darauf reagieren konnte, legte man ihm ein feuchtes Tuch auf den Mund und er spürte, wie er schläfrig und es schwarz um ihn herum wurde.

Xenio öffnete die großen Flügel der alten Villa und trat ein. Er wurde von einem staubigen Zwielicht begrüßt und der Geruch von abgestandener Luft stieg ihm in die Nase, was ihn kurz niesen ließ.

Doch er ignorierte die Totenstille in dem Gemäuer und schritt weiter. An den unbenutzten Möbeln vorbei, die aus dunklen Ebenholz und mit Seidenstoff bezogen waren. Sie interessierten ihn nicht, sodass er einfach an den schweren, roten Vorhängen vorbei ging und Fußspuren in dem Staub, der die weißen Marmorfließen bedeckte, hinterließ.

Er mochte dieses Haus nicht, dennoch musste er hier sein, um seine Wunden zu versorgen. Darum nahm er zwei Treppenstufen auf einmal, um schneller in den ersten Stock zu kommen. Auch hier waren die Wände mit Bildern verziert, die von einer dicken Staubschicht bedeckt waren, wodurch man nicht mehr erkannte, was sie einst mal abgebildet hatten.

Doch Xenio kannte jedes einzelne von ihnen blind und er konnte es nicht verhindern, dass er nach wenigen Schritten vor einem Gemälde stehen blieben. Auch auf diesen machte es ihm die Staubschicht unmöglich etwas zu sehen, wodurch er sie kurzerhand mit seinem rechten Ärmel wegwischte.

Er sah in drei Gesichter. Ein junger Mann mit schwarzen Haaren und roten Augen lächelte warm und umarmte sanft seine Frau, die goldene Augen und violette Haare hatte. Auf ihrem Schoß saß ein blonder Junge mit eisblauen Augen, der übers ganze Gesicht strahlte.

Sein Hals schnürte sich zu, als er über die Gesichter der Erwachsenen fuhr, während er die brennenden Tränen versuchte niederzukämpfen. Immer wieder zitterte seine Hand, als sie die sanften Konturen nachfuhr, bevor er sie langsam zu einer Faust ballte und dann sinken ließ.

Sie waren tot. Schon seit vielen Jahren. Doch der Schmerz wurde nicht weniger. Jedes Mal wenn er eine Familie sah, wurde er daran erinnert, was man ihm gewaltsam nahm. Und er würde es nie wieder zurückbekommen. Egal was er dafür tat. Sie waren gestorben und er war für immer alleine. Niemand wollte ihn je wieder haben und keiner würde ihn je wieder verstehen.

Er riss sich schließlich von dem Bild los und ging weiter in das Zimmer neben dem Bild. Auch hier herrschte das Zwielicht, weil die Gardinen zugezogen waren. Doch Xenio brauchte auch kein Licht. Er kannte sich hier blind aus. Schließlich war es sein eigenes Zimmer, wodurch er gänzlich eintrat und schließlich aus dem Anzug schälte. Der kaputte Stoff fiel achtlos auf den Boden, denn es war unwichtig, ob es hier sauber war oder nicht. Niemand würde hier je wieder wohnen solange Xenio am Leben war.

Das Kettenhemd und die Waffen legte er behutsam auf das staubige Bett, bevor er sich daneben niederließ und kurzerhand eine Schublade des Nachtkästchens öffnete, um daraus eine Kruke zu nehmen. Sie beinhaltete eine Salbe, die nach einer alten Familienrezeptur hergestellt wurde und in der Lage war jede Wunde heilen zu lassen.

Kurzerhand öffnete er den Deckel und tauchte die Finger in die kühle Substanz, bevor er damit begann jede Verletzung einzureiben. Er hatte viele Schnittwunden von Drakinas Horn und auch die blauen Flecken des Zwerges waren nicht gerade ohne. Doch er verarztete jede Blessur mit sanfter Hingabe, wobei er froh war, dass sie alle schon geschlossen waren, denn sonst wäre es schmerzhaft geworden.

Nach einer kleinen Ewigkeit konnte er den Deckel wieder schließen und sich langsam wieder anziehen. Erst das Kettenhemd, dann nahm er aus dem Schrank seines Vaters, dessen Schlafzimmer gegenüber seines eigenen Raumes lag, einen neuen Anzug und schlüpfte in die Kleidung, bevor er sich seine Schuhe wieder anzog und die Waffen einsteckte.

Das Schwert kam an die Hüfte, der Dolch wieder an seinen Knöchel, während der Bumerang in eine Schlaufe an der Innenseite des Oberteils gesteckt wurde und die Peitsche auf der anderen Seite seiner Hüfte befestigt wurde. Zum Schluss legte er sich noch den Köcher und den Bogen um die Schulter, nachdem er seinen Bestand an Pfeilen wieder aufgefrischt hatte. Er steckte auch die Kruke ein, um sich bei Bedarf wieder verarzten zu können.

Noch einmal sah er sich in seinem alten Zimmer um, wobei er das Spielzeug auf dem Boden sah. Es lag noch dort, wie an dem Tag als er gegangen war und er wollte es nicht aufräumen. Egal wie oft er nun schon hier gewesen war. Es musste liegen bleiben, um ihn zu zeigen, wann sein altes Leben beendet wurde und das Neue begonnen hatte. Wie brutal ihm seine Kindheit geraubt wurde.

Ein Seufzer stahl sich über seine Lippen und er wandte sich ab, verließ das Zimmer und ging nun die Treppen gemütlicher nach unten, während seine Finger sanft über das Geländer glitten. Wie oft war er aus Spaß einfach nach unten gerutscht und wie oft hatte ihn seine Mutter deswegen ausgeschimpft? Er würde es sofort wieder tun, wenn er dadurch nur noch einmal ihre Stimme hören könnte. Aber sie war für immer verstummt. Genauso wie sein Vater, der ihn nie wieder auf die Schultern heben würde und ihm das Jagen beibrachte. All das musste er sich selbst lehren, um zu überleben.

Schließlich war er unten angekommen und sein Blick glitt in das Wohnzimmer, was vom Flur abzweigte und der Raum war, den er nie wieder betreten wollte, wodurch er seinen Blick abwandte und dann die Villa wieder verließ.

Kaum dass die große Flügeltür wieder ins Schloss fiel, versiegelte sich sein Herz für diese Zeit. Die Tränen stoppten und die Erinnerungen wichen zurück. Sanft drehte er den Schlüssel im Schloss und verstaute ihn wieder an einer Kette um seinen Hals, bevor er sich gänzlich abwandte und das Grundstück verließ.

Eigentlich sollte er schlafen. Sein Körper schrie förmlich danach, doch Xenio saß hier an dem Tresen einer Bar und hielt den Krug voller Bier in der Hand. Er konnte einfach nicht. Immer wieder musste er an den braunhaarigen Jungen denken. Schließlich war er ihm nicht mehr begegnet. Vielleicht würden sie sich jetzt nie wieder sehen und Xenio wusste nicht, ob er sich darüber wirklich freuen sollte, denn er vermisste die menschliche Gesellschaft doch sehr und Cido war der Erste seit Jahren, der sie ihm gewährte.

Alle anderen Menschen mieden ihn. So auch jetzt in dieser überfüllten Gaststätte wurde Abstand zu ihm gehalten, obwohl man über jeden weiteren Zentimeter Raum glücklich sein sollte, doch Xenio ignorierte es. Er war es nicht anders gewohnt, wodurch er sein Bier schließlich leerte und nach einem weiteren Krug verlangte.

„Junge, mach mal halblang. Du solltest zu so früher Stunde nicht so viel trinken“, versuchte der Schankwirt ihn zu bremsen, doch Xenio funkelte ihn nur zornig an, bevor er ihn mit barscher Stimme zum Auffüllen aufforderte: „Das soll nicht Ihr Problem sein. Füllen Sie einfach nach. Ich werde gut bezahlen.“

Damit nahm er ein paar Goldmünzen aus seiner Tasche und legte sie auf den Tresen, was anscheinend die Hemmschwelle des Mannes auflockerte und im nächsten Moment hatte Xenio wieder einen vollen Krug vor der Nase.

Er hielt eigentlich nicht viel vom Alkohol, denn er raubte ihn oft die Kontrolle über seinen Körper und machte aus ihm ein einfacheres Opfer, doch nun erhoffte er sich einfach zu vergessen. Cido, sein Lächeln, seine Bewegungen und seine Stimme. Er fühlte sich einsam ohne ihn und er hatte das Gefühl, dass er mit jeder Sekunde, die er länger von dem Jungen getrennt war, mehr von seinem Lebenswillen verlor.

Erneut kippte er das Bier hinunter, bevor er dann aufstand und die Kneipe nach der Bezahlung verließ. Seine Schritte waren taumelnd und er nahm seine Umwelt nur begrenzt wahr. Was aber eher daran lag, dass er sie gerade nicht wahrnehmen wollte. Schließlich gab es dort nichts, was er sehen wollte. Nichts außer Cido. Ob er ihn je wiedersehen wird?

Langsam schritt er weiter und rempelte immer mal wieder Passanten an. Die Meisten schimpften nur und gingen dann weiter ihres Weges, als sie erkannten in welchem Zustand er war, doch plötzlich wurde er am Arm gepackt und angeschrien.

Er nahm die Worte nicht wahr. Sie waren ihm einfach nicht wichtig. Dieser Mann war nicht Cido und er hatte nur Wut für ihn, doch mit dem nächsten Schachzug hatte er nicht gerechnet, als sich ein Schmerz in seiner Magengrube ausbreitete und man ihn grob an der Schulter schubste.

Er taumelte einige Schritte zurück. Nein, er wollte gegen diesen Menschen nicht kämpfen. Warum griff er ihn an? Sah er nicht die Waffen an seinen Körper? Doch man ließ nicht von ihm ab, wodurch man ihm einen Kinnhaken verpasste, was ihn erneut nach hinten trieb. Seine Schritte waren unsicher und unkoordiniert, wodurch er im nächsten Moment schon über seine eigenen Füße fiel und hart auf den Boden aufprallte.

Es war Xenio einfach egal, was mit ihm geschah. Sein Körper schützte sich selbst mehr aus Reflex als aus speziellen Befehl. Denn sein Geist war nicht da. Er fühlte keinen Schmerz oder gar das Blut, das ihn durch die Adern raste. Es war alles egal, solange Cido nicht da war. Xenio hatte erneut einen Menschen verlor, der ihn akzeptierte so wie er war. Nur weil er es zu spät erkannt hatte. Warum sollte er sich überhaupt noch wehren? Man sollte ihn einfach liegen lassen. Hier in dem Staub und Dreck, wo er hingehörte.

Doch der Mann ließ nicht von ihm ab, sondern trat weiter auf ihn ein. Traf auch seinen Kopf, wodurch Xenio instinktiv tief knurrte und als er hörte, wie man vor ihm ausspuckte, meldete sich der letzte Funken seines Stolzes.

Das tiefe Grollen aus seinem Brustkorb ließ den Mann stoppen, der gerade weggehen wollte, wodurch er sich umdrehte, als sich Xenio gerade nach oben stemmte und den Mann finster fixierte.

„Wer hat dir beigebracht, dass man auf einen Mann, der am Boden liegt, einschlägt?! Wo hast du gelernt einen Menschen zu verprügeln, der sich keine Sekunde wehrt?!“, die Wut entfachte sich von selbst durch die Fragen des Kämpfers, wodurch er im nächsten Moment schon seinen Dolch zog.

„Hast du nicht gesehen, wem du gegenüber stehst?“, fragte er weiter, als er sich gänzlich aufrichtete und seinen Gegner fixierte. Das Adrenalin hatte die Wirkung des Alkohols schon längst aufgehoben, wodurch sein Blick klar und scharf war.

Er sah das Zittern des Körpers vor ihm, als dessen Blick auf die kleine Klinge in der Hand des Kämpfers wanderte. Doch es war zu spät. Niemand außer Cido könnte ihn jetzt noch stoppen. Und dieser war spurlos verschwunden.

Seine Finger legten sich fester um den Griff der kleinen Klinge, bevor sich alle Muskeln in seinen Körper anspannten und er sich abstieß, um auf den Mann zu zustürmen.

Sein Gegner begriff nicht, was mit ihm passierte, als sich die Klinge tief in seinen Hals bohrte und somit sämtliche Luftzufuhr unterbrach. Doch all dies bekam der Mann nicht mehr mit, denn das Stück Metall stieß durch die Halswirbel hindurch und unterbrach somit jegliche Verbindung zu den Nerven. Der Mensch fiel sofort in sich zusammen und war des Lebens entrissen.

Xenio selbst begriff sein Tun nicht. Er sah auf das Blut an seiner Hand und den Dolch, dann auf die Leiche. Wie konnte das passieren? Warum hatte er es schon wieder getan? Er wollte doch nicht mehr morden.

Plötzlich lag Sebastian vor seinen Augen und die Hand des Kämpfers begann zu zittern, bevor er das Blut von der Klinge schlug und sie wieder wegsteckte. All diese Blicke der Passanten. Sie haben es gesehen und sie sehen bestimmt auch die Leiche des Jungen. Er ist schuldig. Nur er alleine hatte Sebastian getötet.

Im nächsten Moment wurde die Leiche wieder zu dem Mann, der sie eigentlich war, doch die Erinnerungen kamen zurück und stürmten die Vernunft des Kämpfers.

Er sah wieder diese entsetzten Augen, als sich der Junge zwischen ihn und das Biest schmiss. Überall dieses Blut. So viel Blut. Er zwang sich die Hände zu Fäusten zu ballen, damit ihr Zittern nicht so stark auffiel.

„Er hat ihn getötet. Eiskalt umgebracht“, begannen die Menschen um ihn zu tuscheln, wodurch Xenio ängstlich in die Runde sah: „Nein, er hat angefangen. Er hat mich geschlagen ohne Grund.“

Doch sie hörten nicht auf ihn, sondern verbreiteten das Gerücht immer weiter ohne auch nur eine Sekunde über die Folgen nachzudenken. Es war ihnen egal. Sie hatten endlich wieder etwas worüber sie reden konnten und das war wichtiger als alles andere.

„Mörder“, drang das Wort zum ersten Mal zu Xenio durch, doch es fiel immer öfters und die Stimmen wurden aggressiver und ungehaltener, wodurch der Kämpfer nicht anders konnte und einfach loslief. Raus aus der Stadt und weg von den ganzen Menschen, die ihn alle nicht verstanden.

Er rannte so weit ihn seine Füße trugen und wich den Händen aus, die ihn bremsen und festhalten wollten. Einfach nur weg. So schnell es ging, wodurch er auf seinen Weg nur so weit achtete, dass er nicht gestoppt wurde.

Da vorne war das Stadttor. Einfach durch und entkommen. Das war sein einziger Gedanke. Die Stadtwachen hatten noch nichts von dem Mord gehört und ignorierten den Flüchtenden, doch bevor Xenio das Tor passieren konnte, stoppte er kurz. Denn etwas verlangte seine Aufmerksamkeit.

Ein Mann stand in einer Seitengasse und starrte ihn an. In seinen Armen lag Cido, der sich nicht bewegte und nur dank der Hilfe des Fremden überhaupt aufrecht blieb. Was hatte das zu bedeuten? Wieso war der Junge bei diesem Kerl? Xenio begriff es nicht und als er sich den Beiden nähern wollte, wich der Fremde zurück in die Schatten.

„Ich erwarte dich, in der Kneipe zum fliegenden Schwein. Komm wenn dir der Junge etwas bedeutet“, es war nur ein Flüstern im Wind, doch Xenio hörte jedes Wort, das für ihn bestimmt war und ein eisiger Schauer glitt über seinen Rücken. Er begriff es nicht, was dieser Fremde von ihm wollen könnte, doch dann hörte er die aufgebrachte Menge, die sich ihm näherte und er schüttelte den Kopf, bevor er einfach weiter rannte und im nächsten Moment schon das Tor passierte und die Stadt hinter sich ließ.

Er musste einfach weg. Weg von der Stadt und dieser aufgebrachten Menge. Cido musste warten, wenn er ihm überhaupt helfen konnte. Vielleicht wollte der Junge auch gar nicht, dass man ihn rettete. Er war zumindest für eine Weile auf sich alleine gestellt.

Nach ein paar Metern verlangsamte Xenio schließlich seine Schritte und beendete den Lauf, wobei er kurz stockte, als er erkannte, wo er war. Hier waren sie Drako und Falco begegnete, aber es war nichts zu sehen. Keine Anzeichen der Anwesenheit des Drachen oder gar des Greifen. Nur die Fußspuren von ihm und Cido. Das war doch nicht möglich. Solche großen Tiere mussten doch irgendwelche Spuren hinterlassen.

Hektisch begann er den Sand nach Abdrücken zu untersuchen, doch er fand nichts. Was hatte das zu bedeuten? Das war doch nicht möglich.

Ohne groß zu überlegen rannte er ein Stück weiter zurück, wo der Kampf mit Sensio und Zwerginio stattgefunden hatte, doch auch dieser Schauplatz war leer. Wie war das möglich? Er sah keine Leichen und auch keine Spuren. Nicht einmal die kaputte Axt lag irgendwo im Staub. Als wäre all das, was sie in der letzten Nacht erlebt hatten, nur ein schlechter Traum gewesen.

Was hatte das zu bedeuten? Wieso waren ihre Körper nicht mehr hier? Wurden sie von ihren Freunden mitgenommen? Aber die Zwei waren so schnell verschwunden. Sie hatten dafür doch gar keine Zeit. Oder haben sie es einfach schon vorher erledigt?

Xenio wollte Antworten auf seine Fragen, doch im Moment würde sie ihn niemand geben können. Nur die Herrscher der Dunkelheit waren in der Lage die Wissenslücken zu füllen, aber ob sie das überhaupt tun wollten, war mehr als fraglich.

Ein Seufzer stahl sich über seine Lippen und er ließ sich in den staubigen Boden fallen. Was sollte er jetzt tun? Er konnte schlecht in die Stadt zurückgehen. Man würde ihn wegen des Mords jagen und verurteilen. Aber es war doch ein Versehen. Beziehungsweise eine Kurzschlussreaktion. Der Kerl hatte angefangen. Er hat sich nur gewehrt.

Ein müdes Lachen drang über seine Lippen und er schüttelte den Kopf. Das würde ihn niemand glauben. Er hatte ihn niedergestochen und das hätte er nicht tun dürfen. Wenn er ihn zu Tode geprügelt hätte, dann würden es die Leute wahrscheinlich nicht so eng sehen, aber so? So hatte er einfach verloren. Dennoch musste er zurück. Er musste Cido retten.

Ein Seufzer schlich über seine Lippen, bevor er von der Straße ging und sich dann langsam an einem Baum am Wegesrand niederließ. Sein Schatten spendete ihn Kühle und Schutz, wodurch er sich bequemer hinlegte.

Ja, er würde zu Cido zurückgehen. Er würde ihn retten. Doch noch nicht jetzt. Er musste erst einmal schlafen, sonst würde er selbst nicht mehr lange überleben.

Noch einmal rückte er sich bequemer an den Stamm, bevor er dann seine Augen schloss und nach zwei Atemzügen eingeschlafen war…

Es glich fast einem Wunder, dass Xenio unbehelligt in die Stadt zurückkehren konnte. Wahrscheinlich rechnete man mit seinem erneuten Auftauchen nicht mehr, wodurch er unbeirrt die Kneipe betrat und nach wenigen Atemzügen schon einen Mann erblickte, der in einer dunklen Ecke saß und sein Erscheinungsbild unter einer schwarzen Kutte versteckte.

Ungeduldig wurde er näher gewunken, was Xenio nur allzu gut verstehen konnte. Schließlich war es nun schon weit nach der Mittagszeit, doch Xenio brauchte den Schlaf und er bereute es nicht. Anscheinend hatte es Cido nicht wirklich geschadet.

Gelassen nahm der Kämpfer auf den angebotenen Stuhl Platz, als der Fremde schon zu sprechen begann: „Endlich bist du gekommen. Was hat dich aufgehalten? Ich hatte schon Angst, dass ich dem Jungen wirklich etwas antun musste.“

„Nichts, was dich bekümmern sollte. Und nun ja, jetzt bin ich ja da. Jedoch nicht um den Jungen zu retten“, Xenio wollte keine Schwäche zeigen, wodurch er sein Interesse an Cido herunterspielte, was der Schwarzgekleidete anscheinend glaubte und dadurch recht überrascht war: „Nicht? Ich dachte, dass er dir am Herzen liegen würde. Schließlich hast du für ihn sogar extra auf deiner Flucht angehalten.“

„Das war wegen einem Gefühl. Er ist in erster Linie nervig und lästig. Du kannst ihn ruhig behalten. Weswegen ich eigentlich gekommen bin, ist der Fakt, dass ich mir von dir Informationen über die Herrscher der Dunkelheit erhoffe“, spielte der Blonde seine Rolle weiter perfekt, jedoch schien er an den Falschen geraten zu sein, denn Unverständnis und Verwirrung traten in die Augen seines Gegenübers, bevor er dann den Kopf schüttelte: „Da muss ich dich enttäuschen, Junge. Ich kenne diese Herrscher nicht und kann dir dadurch nichts über sie sagen.“

„Nicht? Warum bist du dann hinter mir her? Ich dachte“, begann Xenio zu grübeln und wurde prompt unterbrochen: „Tja, da hast du wohl falsch gedacht. Ich habe nur gesehen, wie du ausgerüstet bist und zu was du in der Lage bist. Deswegen habe ich dich als Ziel ausgesucht.“

Xenio konnte das tiefe Knurren in seinem Brustkorb nicht stoppen und spürte wie sich sein Körper ohne sein Zutun anspannte, bevor er sich dann dazu zwang wieder ruhiger zu werden, um das Gespräch weiter lenken zu können: „Wie großzügig. Dennoch muss ich ablehnen. Ich habe kein Interesse an ein Geschäft mit dir. Der Junge interessiert mich nicht. Du kannst mit ihm machen, was dir beliebt.“

„Gut, wenn du ihn nicht haben willst, dann werde ich ihn wohl verkaufen oder in der Wüste aussetzen. Schließlich habe ich dann keine weitere Verwendung für ihn“, versuchte der Fremde erneut den Kämpfer zu ködern, doch Xenio lächelte nur müde und erhob sich schließlich: „Mach was dir beliebt. Ich bin froh ihn los zu sein. Einen schönen Tag noch.“

Er griff sich kurz an den Kopf, als würde er einen Hut ziehen, bevor er sich dann abwandte, um die Kneipe zu verlassen. Zumindest war dies sein Plan. Draußen wollte er dann den Fremden auflauern, um ihn zu verfolgen und Cido im günstigsten Moment zu befreien.

Doch als er die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatte, erblickte er Cido an einen der Tische. Ein zweiter schwarz gekleideter Mann saß bei ihm und etwas Metallenes glänzte im kurzen Schein der Sonne, als die Tür geöffnet wurde.

Und es geschah ohne dass Xenio es verhindern konnte. Sofort stürmte er auf das ungleiche Paar zu und zog geschickt seinen Dolch aus dem Fußhalfter, dessen Klinge er bis zum Heft in die Kehle des Fremden rammte.

Dieser wusste nicht, wie es um ihn geschah, als das Leben aus seinen Augen wich und kaum dass Xenio die Klinge aus dem Fleisch zog, fiel der Körper regungslos zu Boden.

Der dumpfe Aufprall halte in dem ganzen Raum wider, als Xenio die Klinge kurz an dem Stoff des Fremden vom Blut befreite und sämtliche Gespräche erstarben. Man konnte die Spannung förmlich im Raum greifen, als alle Augen auf ihnen ruhten.

Und dann geschah es. Ein einzelner Schrei erklang und die Panik brach aus. Sofort versuchten alle Menschen zu entkommen. Immer wieder stieß man Xenio grob an und auch Cido wurde von dem Stuhl gerissen, wobei Xenio in diesem Moment erkannte, dass es nur eine Puppe war.

Menschen drängten immer weiter. Quetschten und stießen sich. Immer wieder erklang das Geräusch von brechenden Knochen und auch wenn es sich wie eine halbe Ewigkeit anfühlte, so war es nach wenigen Atemzügen schon vorbei und Xenio stand alleine mit dem Fremden im Raum.

Seine Augen waren voller Entsetzen auf die Puppe gerichtet. Sie war nicht Cido gewesen. Erneut hatte er umsonst gemordet. Niemanden hatte dieser Tod etwas gebracht. Nur ein bisschen mehr Blut auf seine Klinge.

Er zwang sich zur Ruhe, als er den Dolch wegsteckte und sich zu dem Fremden umdrehte. Scherben lagen wild verstreut auf dem Boden und er hörte das verzweifelte Schleppen der Verletzten, die sich mühselig aus dem Raum zogen. Doch er beachtete sie nicht, sondern ließ seine Augen weiter auf den schwarz Gekleideten ruhen, der mittlerweile aufgestanden war.

Er ging an einem Mann vorbei, der wimmernd an der Theke lehnte und sogar verzweifelt und Hilfe suchend seine Hand nach ihm ausstreckte, doch so wie ihn Xenio ignorierte, tat es auch der Fremde und schritt einfach an ihm vorbei. Blieb nur eine Armlänge vor dem Kämpfer stehen, sodass Xenio das selbstgefällige und zufriedene Grinsen auf dessen Gesicht sehen konnte.

„So? Er ist dir also egal? Na, so sah das gerade eben aber nicht aus. Also, was ist nun? Kommen wir ins Geschäft?“, der Kämpfer hasste es, dass er nicht fähig war zu widersprechen und er seinen eigenen Plan ruiniert hatte, dennoch rang er sich zu einer Antwort durch: „Was soll ich tun?“

„Schön, dass du doch noch zur Vernunft gekommen bist“, das Grinsen wurde breiter und Xenio musste sich zurückhalten, dass er dem Fremden nicht einfach einen Nierenhieb verpasste. Er hasste es so hilflos zu sein, dennoch konnte er nichts daran ändern. Nur er alleine hatte sich in diese Situation gebracht. Wäre er seinem Plan treu geblieben, dann wäre seine Klinge nicht erneut mit Blut getränkt worden und er hätte Cido ohne diesen Gefallen befreien können. Doch nun stand er hier und musste sich anhören, was dieser widerliche Kerl von ihm wollte.

„Es ist nur eine kleine Befreiungsaktion. Nichts Weltbewegendes und für jemanden wie dich wahrscheinlich der reinste Spaziergang. Kennst du das Stadtverlies?“, sprach der Mann unbeirrt weiter, wobei Xenio auf die Frage nur kurz nickte und das schien den Fremden mehr als nur zu verzücken: „Gut, dann spare ich mir zumindest diese Erklärung. Gut, dort sitzt ein Kumpel von mir. Völlig unschuldig natürlich. Er hatte einen anderen Mann im Affekt getötet, als dieser ihn unnötig provoziert hat. Langweilige Geschichte also. Dennoch hat man ihn verurteilt und er wird strenger bewacht als die Kronjuwelen.“

Xenio hob skeptisch eine Augenbraue. Warum sollte man einen angeblich harmlosen Mann so stark bewachen? Irgendwas war an der Geschichte doch faul, aber dies konnte ihm eigentlich egal sein. Er war gekommen um Cido zu retten und wenn er dafür irgendeinen Gefangenen die Freiheit schenken musste, dann würde er das tun. Was hatte er auch für eine andere Wahl, wenn er den Jungen nicht gänzlich im Stich lassen wollte?

„Schau nicht so skeptisch. Ich weiß auch nicht, was sie für einen Narren an ihm gefressen haben, aber das ist ja auch unwichtig. Man hält ihn in der Zelle mit der Nummer Fünfzig gefangen. Bestimmt wirst du kein Problem haben das Schloss zu knacken und danach wird er sich schon selbst helfen. Du musst also nur einsteigen und die Tür öffnen. Für mehr wird er deine Hilfe kaum brauchen“, erklärte der Erpresser ruhig zu Ende, wobei Xenio nur seufzte: „Ist in Ordnung. Ich werde mein Bestes versuchen. Und danach bekomme ich Cido wieder. So lautet die Abmachung, oder?“

„Ja, so lautet die Abmachung. Wir werden den Jungen frei lassen, sobald sich unser Freund bei uns meldet. Und dann kann er zu dir zurückkommen oder auch nicht. Wie es ihm beliebt. Ich wünsche dir viel Erfolg“, mit diesen Worten schritt der Fremde an Xenio vorbei und ließ ihn alleine in der Kneipe zurück.

Xenio begriff nicht, was man für ein Spiel mit ihm trieb, doch der Auftrag hörte sich nicht sonderlich schwer an, wodurch er einfach sein Bestes geben würde. Entweder er würde siegreich sein oder scheitern. Etwas anderes gab es nicht.

Erneut seufzte er und wandte sich ebenfalls dem Ausgang zu. Schon wieder brachte ihn der Junge nur Ärger. Vielleicht sollte er sich wirklich von diesem trennen und einen eigenen Weg gehen. Doch irgendwie hatte er das Gefühl, alleine bei dem Gedanken Cido nie wieder zu sehen, sterben zu müssen. Darum schritt er aus dem Gebäude und begann sich eine Taktik für die kommende Nacht zu Recht zu legen…

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