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Die Osterklage

Dass es den Osterhasen nicht gibt, er nur eine Legende ist, das weiß mittlerweile jedes Kind. Trotzdem gibt es Sonderbares aus dem Land der Langohren zu berichten: Merkwürdiges passierte mitten in Deutschland. Wer sonst als der legendäre Osterhase wäre, wie in all den Märchen um seine Person, tatsächlich dazu in der Lage, zur selben Zeit vor den Gerichten diverser Städte ein Osternest mit bunten Ostereiern und einer Klage zu verstecken?

Wittenberg, 21. April 2011

Richterin Hildegard Flinkenstein war recht früh auf den Beinen. Sie machte sich gerade auf den Weg zu ihrem Arbeitsplatz, dem Gericht von Wittenberg, als ihr auf den Stufen hoch zum Eingang des Gerichtsgebäudes hinter einer Säule etwas Buntes entgegenschimmerte. Sie zog die Stirn in Falten. Mit ihren 56 Jahren und den grauen Haaren, die ihr in die Stirn fielen, wie auch der geradezu riesigen Hornbrille auf ihrer Nase, wäre das aber niemandem wirklich aufgefallen.

Neugierig blickte sie um die Ecke und erspähte ein Osternest, das dort säuberlich platziert worden war. In dem wuscheligen, aus grün eingefärbter Holzwolle gewobenen Nest war allerlei Süßes versteckt. Sie konnte mehrere bunt bemalte Ostereier und andere Naschereien entdecken, aber auch einen kleinen, gefalteten Brief.

Hildegard blickte sich neugierig um, ob sich jemand einen Scherz mit der Obrigkeit erlaubte, aber es war niemand zu entdecken. Ohne weitere Vorsichtsmaßnahmen griff sie nach dem gesamten Osternest, hob es hoch und stolzierte damit an verdutzten Kollegen vorbei in ihr Büro.

„Wird sicherlich eine hübsche Dekoration auf dem Schreibtisch abgeben“, dachte sie gerade, als ihr erneut der Brief auffiel, der zwischen den Eiern klemmte. Das Papier sah merkwürdig alt aus, fand Hildegard, als sie auf dessen Rückseite auch noch ein angebrachtes dunkelrotes Siegel entdeckte. Auch das wirkte brüchig, als wenn der Brief bereits seit Langem auf seine Auslieferung wartete. Verblüfft erkannte sie auf dem kleinen Siegel das Gesicht des Osterhasen, wenngleich auch mit etwas anderem Aussehen als gewohnt. Dieser hier besaß fast menschliche Züge und nur die langen Ohren waren eindeutig ein Beweis für seine Hasenzugehörigkeit. Im Mundwinkel steckte zufrieden eine Pfeife, deren Rauch ein bemaltes Osterei bildete. Ungeschickt brach sie das Siegel auf und faltete den kleinen Brief vorsichtig auseinander. Verwundert begann sie nun zu lesen, was dort in altdeutscher Schrift geschrieben stand:

An alle Richter dieses Landes:

Lange habe ich gezögert, diesen Brief zu schicken an all diejenigen, die über uns richten. Denn ich habe Klage einzureichen gegen alle, die den Glauben an mich verloren haben. Selbst Kinder verspotten mich, obwohl ich stets mein Bestes gebe. Da ich schon recht alt bin, fällt mir meine Arbeit immer schwerer, weshalb ich leider nicht mehr überall rechtzeitig meine Nester ablegen kann. Diese Klage geht an alle Gerichte, die ich im näheren Umkreis für zuständig erachte. Nachrichten an mich bitte in das Nest legen. Für den Inhalt wünsche ich einen gesegneten Appetit.

Herzlichst,

Meister Eduard Lampe, Ostereiermacher

Osterburg, anno 1812

Flinkenstein kräuselte erneut ihre Stirn. Osterburg war ihr durchaus als Nachbargemeinde bekannt. Ihre kleine Schwester wohnte dort mit ihrem Mann und den drei Kindern. Aber ob die jemals etwas von einem Meister Eduard Lampe gehört hatten? Hildegard wagte, das zu bezweifeln.

Sie wollte gerade den gesamten Kram mit einem Kopfschütteln beiseitelegen, als das Telefon klingelte. Am Apparat war ein richterlicher Kollege aus Salzwedel.

„Du Hildegard, hier ist Klaus“, sagte er glucksend vor Lachen. „Gerade hat mir so ein Spaßvogel ein Osternest vor die Tür gelegt. Mit einem Brief von 1812, hahaha. Verrückte gibt’s vielleicht.“

Noch etliche weitere Anrufe folgten und trugen mittlerweile zur allgemeinen Belustigung der gesamten Belegschaften bei. Nur Hildegard lachte nicht mit. Die Sache kam ihr irgendwie seltsam und eigenartig vor.

Am Abend des 24. Aprils legte sie, so blöd sie sich dabei auch vorkam, das Osternest mitsamt eines kleinen Briefes unbemerkt wieder an seinen Ursprungsort zurück. Dann setzte sie sich in ihren Wagen und wartete geduldig. Sie dachte an den kleinen Brief, den sie verfasst hatte:

Sehr geehrter Herr Lampe,

ich habe Ihre Klage mit großem Interesse gelesen, muss Ihnen aber leider mitteilen, dass wir für Rechtsangelegenheiten aus dem Jahre 1812 nicht mehr zuständig sind. Die Kollegen in meiner Zeit, das sind Richter und Anwälte aus dem Jahre 2011, dürften mit Glaubensfragen an den, ... nun den Ostereiermacher, etwas überfordert sein. Bitte wenden Sie sich mit Ihrer Klageschrift an die werten Richter ihrer Gegenwart. Außerdem möchte ich Ihnen sagen, dass die Kinder in der heutigen Zeit durchaus noch an sie glauben. Also sehen Sie es den Kleinen nicht so lange nach.

Liebe Grüße,

Hildegard Flinkenstein, Richterin

Wittenberg, anno 2011

Dann hatte sie umständlich etwas Kerzenwachs auf den sauber gefalteten Zettel geträufelt und mit dem Stempel „Sonderpost“ abgestempelt und samt dem Nest wieder vor die Tür des Amtsgebäudes gelegt.

Nun starrte sie die ganze Nacht aus dem Fenster ihres Autos. Hildegard wollte unbedingt wissen, wer sie alle zum Narren hielt. Die Kanne mit heißem Tee half ihr wach zu bleiben, doch so sehr sie auch das Nest bewachte und keine Sekunde lang aus den Augen ließ, sie konnte niemanden bemerken. Aber als sie sicherheitshalber gegen halb sechs in der Früh danach schaute, war ihre Nachricht verschwunden und ein weiterer kleiner, versiegelter Brief lag stattdessen darin.

Die Richterin bekam eine Gänsehaut. Sie entnahm die Nachricht und mit zitternden Fingern brach das Siegel auf.

Sehr geehrte Frau Flinkenstein,

ich danke Ihnen für Ihre aufmunternden und ehrlichen Worte. Aber wie um Himmels willen bin ich bloß in das Jahr 2011 gekommen? Ich glaube, ich muss mir meinen Korb einmal ganz genau ansehen. Irgendetwas scheint da mit der Reisemechanik nicht zu stimmen. Vielleicht klemmt auch irgendwo ein Ei? Außerdem bin ich mit den Jahren auch nicht gerade dünner geworden, schließlich muss ich die Qualität der Schokolade ja jedes Jahr aufs Neue prüfen. Und das mit der Klage gegen die Kinder, da haben Sie wohl recht, werte Frau Richterin. Und den Erwachsenen, denen kann man es eh nie ganz recht machen!

In diesem Sinne wünsche ich ein frohes Osterfest, und schauen Sie doch einmal auf den Rücksitz Ihres eigenartigen Gefährts. Ist nur ein kleines Dankeschön für ihre Beratung.

Fröhliche Grüße,

Eduard Lampe, Ostereiermacher

Osterburg, anno 1812

Geradezu hektisch blickte Hildegard auf und ging völlig verunsichert zu ihrem Auto zurück. Immer wieder blickte sie sich ängstlich um, doch niemand war weit und breit zu sehen. Der Platz vor dem Gericht war menschenleer, denn schließlich war Ostern. Und auch keine langen Ohren waren in den hübsch bepflanzten Beeten vor dem Gerichtsgebäude zu erkennen. Vorsichtig öffnete sie die hintere Tür ihres Autos und lugte über den Rahmen in das innere hinein. Über und über war der Rücksitz mit den buntesten und schönsten Ostereiern bedeckt. Wenn sie nicht irgendwann tief und fest eingeschlafen war, dann war das hier einfach überhaupt nicht möglich.

Mit zittrigen Fingern startete sie schließlich das Auto und fuhr nach Hause. Erzählen würde sie wohl niemandem von dieser seltsamen Geschichte, denn wer sollte ihr das schon glauben ...

Lorenz-Peter Andresen lebt in Wanderup.

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Der kleine Hase Trick und die gestohlene Zeit

Es war einmal tief im Herzen eines grünen Waldes. Eulen flogen umher, Eichhörnchen hüpften von Ast zu Ast, Bienen summten über einer bunten Blumenwiese und Schmetterlinge flatterten in der Sonne. Der Name des Waldes war Blätterrauschen, weil der Wind dort besonders schöne Lieder sang.

Inmitten des großen Waldes, in einem gut versteckten Dorf namens Pilzhausen, wohnten die Hasen. Aber es waren keine gewöhnlichen Hasen, denn diese hier hießen Bemalhasen und sie waren zuständig für das Färben der Ostereier. Grasgrün, himmelblau, rosenrot, sonnengelb, mit Punkten und mit Blumenmustern. Alles konnten die kleinen, braunen Pfoten auf die Eier malen.

Doch eines Tages geschah in Blätterrauschen etwas ganz Entsetzliches. Zuerst fiel es keinem auf, da alle vertieft in ihre Arbeit waren. Aber ein kleiner, aufmerksamer Hase mit weiß-braun geflecktem Fell wunderte sich schließlich doch.

„Warum holt denn niemand die bunten Eier ab?“, fragte er einen großen schwarzen Hasen. Die Osterhasen kamen sonst jeden Tag. Erst da bemerkten die Anderen die vielen Körbe mit bunten Eiern, die nach wie vor an ihrem Abholplatz standen.

Der kleine schlaue Hase, sein Name war Trick, wunderte sich außerdem, warum es immer noch hell war.

„Kommt euch der Tag nicht auch besonders lang vor?“ Aber auch darauf wusste keiner der Großhasen eine Antwort.

Trick wusste nicht weiter und beschloss, die älteste Häsin in Pilzhausen zu fragen, obwohl es für die ganz Kleinen unter ihnen verboten war, sie zu besuchen. Denn Lia, die graue Hasenoma, zauberte besonders hübsche und leuchtende Farben auf die Eier und brauchte dafür ihre Ruhe. Daher sollte sie niemand stören und schon gar kein tollpatschiger Junghase. Nun konnte Trick aber ganz besonders leise schleichen, denn nur so kam er heimlich an die frischen Karottenplätzchen, die seine Mama sonntags backte. Auf ganz stillen Pfoten hoppelte er in den großen Pilz, in dem die alte Lia wohnte. Nun stand er vor ihr und konnte nichts anderes machen, als ihr beim Bemalen der Eier zuzuschauen. Solche schönen Blumenmuster hatte Trick noch nie gesehen und seufzte voller Bewunderung auf.

„Wunderst du dich, warum es nicht dunkel wird, kleiner Hase?“ Lia hatte ihre Arbeit unterbrochen und blickte Trick durch ihre runde Brille an.

„Ja, das tue ich“, fiepte Trick mit aufgeregter Stimme und fragte sich nicht, woher sie das wusste, schließlich war Lia die schlauste Häsin in Pilzhausen.

„Immer nach einem besonders langen und dunklen Winter verschwindet die Zeit. Meistens kommt sie zwar wieder, aber es dauert jedes Mal eine ganze Weile. Doch dieses Jahr wird es wohl kein Ostern geben, denn Meister Dachs erzählte mir von einem Gerücht, dass in den Graubergen ein Troll wohnen soll, der die Zeit endgültig eingefangen hat.“ Während sie das sagte, malte sie einen wunderschönen Schmetterling auf ein glänzend gelbes Ei. Nun hob sie ihre ergraute Nase und sah Trick in seine kullerbraunen Augen.

„Nur der Tapferste unter uns kann die Zeit zurückholen, da der Troll besonders gemein und grummelig ist.“

Trick streckte seine kleine Nase in die Höhe, um zu zeigen, wie groß und stark er schon war.

„Ich mache es! Ich hole die Zeit zurück!“ Und bevor die alte Häsin noch ein Wort sagen konnte, war Trick losgehoppelt und verschwand ratzfatz hinter dem letzten Pilz neben dem Karottenbeet.

Trick war ein sehr neugieriger Junghase und verbrachte viel Zeit im Wald, daher kannte er den Weg zu den Graubergen und fand die Trollhöhle im Nu.

Der Eingang war dunkel und stank und Trick bekam nun doch etwas Angst. Fast wäre er wieder umgedreht und nach Hause gehoppelt, denn schließlich war er nur ein kleiner, winziger Hase. Was konnte er schon gegen einen grummeligen Troll ausrichten? Dann dachte er aber an die vielen Kinder, die zu Ostern keine bunten Eier in ihren Gärten finden würden und das konnte er nicht zulassen.

Trick stellte sich auf seine Hinterpfoten, machte sich so groß wie möglich und rief mit lauter Stimme:

„Komm raus, du großer, gemeiner Troll und gib uns unsere Zeit zurück!“ Aus der Höhle hörte der kleine Hase erst ein Gerumpel, dann ein Gepumpel und plötzlich stand im Eingang der größte, grünste Troll, den Trick je gesehen hatte. Aus seinen Ohren wuchsen braune Borsten und als Hose trug er die Rinde eines alten Baumes. Trick beugte seinen Kopf ganz nach hinten, sodass seine langen Ohren schon fast den Boden berührten und er beinahe auf seinem Stummelschwanz landete - so groß war der Troll.

„Wer stört mich hier?“, fragte der Troll nun mit einer solch dröhnenden Stimme, dass den Eichhörnchen in den Bäumen die Nüsse aus den Pfoten fielen und Trick um ein Haar auf den Kopf plumpsten.

Dem kleinen Hasen Trick war bei dem Anblick angst und bange geworden, doch nun nahm er noch einmal seinen ganzen Mut zusammen und sagte: „Ich! Hier unten, du Ungetüm! Gib die Zeit wieder heraus!“

Der Troll beugte sich hinunter und seine Rindenhose knackste und knarzte dabei, als würde ein Baum umstürzen. Er hockte sich hin, um den kleinen Hasen genauer zu betrachten. Trick streckte seine Brust heraus und die Ohren hoch in die Luft, um etwas größer auszusehen.

„Nein, das tue ich nicht!“

„Warum denn nicht? Wir Hasen müssen die Ostereier ausliefern und ohne Zeit geht das nicht!“ Trick war entschlossen, das Osterfest zu retten.

Der große Troll murmelte etwas vor sich hin, kratzte sich mit seinen schmutzigen Fingernägeln hinter den schiefen Ohren und ganz plötzlich fielen dicke Tropfen auf die Erde.

Trick wunderte sich über den Regen, denn es schien ja noch immer die Sonne. Als er dem Troll in sein faltiges Gesicht sah, bemerkte der kleine Hase, dass dieser weinte. Ganz viele Trolltränen platschen um den Hasen herum zu Boden und nun überlegte er, wie man einen mächtigen Troll trösten sollte. „Aber, aber, wer wird denn gleich weinen!“, sagte er, wie es seine Hasenmama immer tat, wenn er traurig war. Der Troll holte schluchzend Luft und Trick hopste ein Stück zur Seite, um nicht von einer Träne getroffen zu werden.

„Sag mir bitte, warum weinst du?“

„Es muss hell bleiben, kleiner Hase!“, sagte der Troll und wischte die Tränen mit seiner Hand weg. „Ich habe solche Angst im Dunkeln und die Glühwürmchen wollen nicht in meiner Höhle bleiben. Ich weiß einfach nicht, was ich sonst noch machen soll!“

Beinahe hätte Trick gelacht, ein Troll der Angst im Dunkeln hatte. Aber dann fiel ihm ein, dass es ihm genauso gegangen war, bis seine Hasenmama ihm eine Sonnenblumenleuchte in sein Pilzzimmer gestellt hatte.

„Großer, lieber Troll, wenn ich dafür sorge, dass du Licht in deiner Höhle hast, bekommen wir die Zeit dann wieder?“

Der Troll fragte sich zwar, wie dies winzige Geschöpf diese große Aufgabe bewältigen wollte, nickte aber zustimmend.

Trick hopste so schnell wie er konnte zurück nach Pilzhausen und sammelte dort alle Sonnenblumenleuchten ein, die er finden konnte und zusammen mit der alten Häsin brachte er sie zu der Trollhöhle. Dort angekommen, erklärte er dem Angsthasen, dass er die Sonnenblumenleuchten einfach tagsüber in die helle Sonne stellen müsse, damit er die ganze Nacht über Licht hätte.

Der Troll war so glücklich und froh, nicht mehr im Dunkeln schlafen zu müssen, dass er die Zeit sofort wieder freiließ. Nun konnten die Osterhasen die wunderschön bemalten Eier abholen und in den Gärten der Mädchen und Jungen verstecken. Dank Trick war Ostern gerettet und der kleine Hase hatte einen neuen Freund gefunden.

Juliane Schiesel wurde 1985 geboren und lebt mit ihrer Tochter in Halle/Saale. Seit frühester Kindheit stehen Bücher im Mittelpunkt ihres Lebens und das Lesen zählt zu ihrer größten Leidenschaft. Vor einem Jahr fing sie selbst an, Geschichten auf das Papier zu bringen. Sie hat bereits drei Kurzgeschichten veröffentlicht und arbeitet zurzeit an einem Fantasy-Roman.

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Das Osterlämmchen

In einem wunderschönen Tal, umgeben von hohen Bergen, lag der Bauernhof von Ilsa und Matthias. Es war ein großer Bauernhof mit vielen Tieren. Ein schöner Garten mit bunten Blumen war hinter dem Haus. Dahinter kam ein Gemüsegarten, den Ilsa mit viel Ausdauer und Liebe angelegt hatte, damit sie jeden Tag gesundes Essen mit frischem Gemüse für ihren Mann und ihre Kinder kochen konnte.

Zwischen den beiden Gärten hatte sie im letzten Sommer auch ein Kräuterbeet angelegt. Ilsa hatte viel Erfolg mit ihrer Gartenarbeit, denn der Boden war fruchtbar. Das sah man auch an den saftigen grünen Wiesen, die rund um den Bauernhof lagen. Die Wiesen und das Vieh versorgte ihr Mann Matthias. Das war viel Arbeit und deshalb hatte er noch einige Angestellte.

Ilsa und Matthias hatten zwei Kinder. Anna war gerade sechs geworden und sollte in diesem Sommer eingeschult werden. Marcel war schon in der Schule und hatte bald, im April, seinen achten Geburtstag. Es waren sehr lebhafte Kinder. Sie liebten Tiere über alles. Das war auch gut so, denn es gab viele Tiere auf dem Hof. Pferde, Milchkühe, Schweine, Ziegen und Schafe, Hühner und Gänse mussten täglich versorgt werden. Die Hühner und die Gänse durften die Kinder zwei Mal am Tag alleine füttern. Wenn das Federvieh in Scharen angelaufen kam und gackerte, kreischten die Kinder vor Freude, denn im Handumdrehen standen sie inmitten einer großen Schar von Hühnern und Gänsen, die mit lautem Getöse ihr Futter forderte.

Der Bauernhof war ein Paradies für Kinder. Da sah man eine Schaukel, eine große Rutsche, eine Turnstange, sogar ein großer Fußballplatz war da, und vieles mehr. Die Kinder Eva-Marie und Peter vom Nachbarhof kamen jeden Tag, um hier zu spielen. Sie waren gute Freunde von Anna und Marcel. Marcel durfte manchmal auf Vaters Pferd reiten und Anna hatte ein Pony. Sie waren vier glückliche Kinder.

Eines Morgens sagte die Mutter: „Kinder, in ein paar Tagen ist Ostern. Im Garten blühen schon die Osterglocken. Wie wäre es, wenn ihr Oma und Opa schreiben würdet? Ich glaube, sie freuen sich, von euch zu hören. Sie sind wie immer herzlich eingeladen zum Osterfest.“

„Ja, das machen wir, nicht wahr, Marcel?“, rief Anna fröhlich.

„Du kannst doch gar nicht schreiben! Wenn du ein Bild malst, das genügt. Darüber freuen sie sich sehr“, erwiderte Marcel.

„Na gut, ich fange gleich an. Mama, wann muss unser Brief zur Post? Wann genau ist Ostern?“ Anna hatte eine Menge Fragen.

„In einer Woche ist der erste Ostertag.“

Anna lief los ins Kinderzimmer. Sie holte ihre Malsachen aus dem Schrank und setzte sich damit an den Tisch. Was sollte sie nur malen? Einen Moment lang überlegte sie, dann entschied sie sich für ein Bauernhaus, ähnlich wie das ihre, mit vielen Tieren. Abends brachte sie das Bild ihren Eltern. Sie zeigten sich erfreut und steckten es in den Umschlag, zusammen mit Marcels Brief.

„Ich nehme ihn nach dem Abendbrot mit zur Post, ich habe noch etwas in der Stadt zu tun“, sagte der Vater.

Nun saßen alle um den großen Tisch in der Küche und aßen zu Abend. Auch die Angestellten. Es war eine lustige Runde und es wurde viel erzählt. Heute aber hatte Mutter Ilsa einiges mit ihren Kindern zu besprechen und sie bat um Aufmerksamkeit. Sie hätte etwas Wichtiges mit ihren Kindern zu bereden.

„Kinder“, sagte sie, „unser Osterfest soll einmal anders aussehen in diesem Jahr. Es gibt hier im Ort ein Waisenhaus. Darin leben Kinder, die keine Eltern mehr haben. Was haltet ihr davon, wenn ihr auf eure Geschenke in diesem Jahr verzichtet und wir für das Geld den Kindern aus dem Waisenhaus eine Freude bereiten. Ich habe schon mit der Leiterin des Waisenhauses gesprochen. Sie meint, dass sich die Kinder sehr freuen würden über einen Besuch von euch.“

„Oh, dürfen wir keine Ostereier suchen?“ Anna schaute etwas enttäuscht drein.

„Ich dachte eher, dass ihr zusammen mit den Kindern aus dem Waisenhaus die Ostereier sucht. Papa und ich kaufen kleine Geschenke und ganz viele Ostereier“, antwortete die Mutter.

„Darauf freue ich mich schon, das wird lustig, und dann schenken wir allen Kindern einen Tag auf unserem Hof. Sie lernen etwas über unsere Arbeit und über unsere Tiere. Vielleicht schon an Ostern? Was meint ihr dazu?“ Der Vater sah nur begeisterte Gesichter, als er in die Runde schaute.

„Na dann ist ja alles klar“, sagten die Eltern und gingen ihrer Arbeit nach.

Die Zeit bis zum Fest ging schnell vorbei. Nun war Ostern. Einen strahlenden Tag würde es geben. Die Sonne schien warm vom blauen Himmel und überall blühten die Frühlingsblumen. Die Kinder waren etwas aufgeregt. Sie kannten ja die Kinder aus dem Waisenhaus nicht. Nur die Leiterin hatten sie gestern bei der Übergabe der Ostereier und der Geschenke kennengelernt. Diese war eigentlich ganz nett, das meinte jedenfalls Anna.

Alle Süßigkeiten hatten sie abgegeben, nicht ein Osterei für sich behalten. Das war für beide Kinder gar nicht so einfach. Aber sie hatten es versprochen, und was man verspricht, muss man halten.

Heute sollten nun die Kinder vom Waisenhaus kommen, so war es mit der Leiterin besprochen. Es war eine fröhliche Schar, die bald auf dem Hof ankam. Als Erstes sangen sie das Frühlingslied „Alle Vögel sind schon da.“ Dann bedankten sie sich herzlich für die Geschenke und Ostereier, die sie von der Familie bekommen hatten.

Anschließend wurde ausgiebig gespielt oder die Tiere beobachtet. Die älteren Kinder durften die Tiere füttern. Das war ein besonderes Erlebnis für sie. Und die ganz Mutigen durften auf dem Pony reiten. Dafür trugen Anna und Marcel die Verantwortung.

„Ich freue mich über so viele glückliche Kinder“, sagte die Oma und der Opa nickte zustimmend.

Plötzlich rief der Vater: „Kommt mal alle her! Ich habe eine Überraschung für euch. Gerade ist ein Schäfchen geboren. Nun haben wir ein richtiges Osterlämmchen bekommen.“

Eilig liefen alle zum Stall. Der Vater kam mit einem kleinen Schäfchen auf dem Arm heraus. Das Lämmchen sah so niedlich aus. Es hatte ganz weiches weißes Fell und alle wollten es streicheln.

Aber der Vater meinte, es müsse wieder zu seiner Mama, um zu trinken, damit es groß und stark werde.

Bevor das Fest zu Ende war, durften alle Kinder nacheinander noch einmal in den Stall und dem Osterlämmchen Auf Wiedersehen sagen.

„War das ein schönes Osterfest!“, sagten alle Kinder.

Auch Anna und Marcel waren glücklich und zufrieden. Sie hatten heute neue Freunde kennengelernt. Ihr Verzicht auf Geschenke und Süßigkeiten hatte sich gelohnt. Sie hatten anderen Kindern, denen es nicht so gut ging, wie ihnen, eine riesige Freude bereitet.

Anderen eine Freude bereiten war also etwas Gutes und Schönes, das hatten sie an diesem Tag gelernt.

Lore Buschjohann, Jahrgang 1929, hat zwei Kinder, acht Enkelkinder und ein Urenkelkind. Sie schreibt am liebsten Kindergeschichten und hat bereits ein Buch zusammengestellt und arbeitet zurzeit an ihrem zweiten Werk. Außerdem hat sie mehrfach Geschichten in verschiedenen Anthologien veröffentlicht. Sie tanzt von Herzen gern und leitet seit 28 Jahren eine Seniorentanzgruppe. Gärtnern und Fotografieren sind weitere Hobbys.

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