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Kapitel 4

Beim Abendessen spürte Scarlett Grandmas forschenden Blick. Sie tat, als bemerke sie ihn nicht.

»Nun sage, was los ist«, forderte Gloria sie auf. »Ich sehe, dass du dich anders verhältst als bisher. Was ist vorgefallen zwischen euch? Hast du ihn beleidigt?«

»Aber nein, Grandma. Wir sind uns näher gekommen und haben uns geküsst. Philipp sagt, er sei in mich verliebt.«

»Erstaunlich. Das will was heißen. Nach dem Tod seiner Frau hat er andere Frauen gemieden. Er ist kein Casanova. Sagt er, dass er dich mag, meint er das ehrlich.«

»Du kennst ihn gut, Grandma.«

»Ich habe Augen im Kopf, Kind. Mit einundzwanzig hatte er eine Freundin. Ich kannte sie, war ein nettes Mädchen. Bis zu dem Tag, als ein Mann, namens David, hier aufkreuzte. Er war eine frühere Liebe von ihr. Er hat sie ihm weggenommen und sie ist mit ihm gegangen. Philipp hat gelitten. Zwei Jahre später, traf er bei der Segelregatta, Mary. Es hat sofort gefunkt zwischen den beiden. Nach einem Jahr haben sie geheiratet.«

»Ich mag ihn«, sagte Scarlett.

»Das ist gut.«

»Grandma, wer ist F …?« Scarlett hielt die Luft an. Was würde sie sagen?

»Ich verstehe deine Frage nicht.«

»Ich fand in der Bodenkammer ein altes Portrait.«

»Was machst du in der Bodenkammer?«

»Ich hatte Langweile und habe mich dort umgeschaut. Ich liebe altes Gerümpel.«

»Erzähle, was du auf dem Herzen hast.«

»Aus dem Rahmen des Bildes fiel ein beschriebenes Blatt Papier. Ich habe es gelesen, es war ein Liebesbrief.«

»Das ist spannend und was stand in dem Brief?«, fragte Gloria neugierig.

»Mal sehen, ob ich es zusammen kriege.«

Geliebte G. Wir werden uns nicht mehr treffen. Die Gefahr ist zu groß. Unsere Familien sind gegen eine Beziehung. Wir haben keine Zukunft. Es war schön mit dir. Ich werde dich ewig in meinem Herzen tragen. Dein F.

»So lautete der Text.«

Grandma lachte. »Der Mann auf dem Bild ist Finlay, dein Urgroßvater und Geraldine war deine Urgroßmutter. Die Familien duldeten ein Zusammenkommen der beiden nicht. Aber sie waren nicht von einander zu trennen. Als Geraldine schwanger wurde, haben sie klein beigegeben um der Schande zu entgehen. Ihre Ehe war glücklich. Von diesem Brief wusste ich nichts. Bist du zufrieden?«

»Danke, jetzt weiß ich Bescheid, Grandma. Ich dachte G … «

» … wäre ich gewesen. Ich habe deinen Großvater geliebt bis zum Ende, ohne ihn zu betrügen. Lassen wir die alten Familiengeschichten ruhen. Blicken wir nach vorne.«

Nach dem Frühstück beschloss Scarlett, eine Runde zu joggen. Sie zog eine kurze Sporthose an und ein T-Shirt. Gloria hielt sich in ihrem Zimmer auf. Leise verließ sie das Haus. Jenny hatte sie durch das Fenster gesehen und klopfte an die Scheibe. Scarlett blieb stehen und wartete, bis Jenny die Blumentöpfe von der Fensterbank geräumt hatte und es öffnete. »Wo soll es hingehen?«, fragte sie.

»Ich jogge zum Strand hinunter; in einer guten Stunde bin ich zurück. Nach oben werde ich länger brauchen«, entgegnete Scarlett. »Ich muss mich mal richtig verausgaben. Zuhause laufe ich regelmäßig.«

»Machen Sie das, viel Spaß.« Jenny schloss das Fenster. Obwohl die Sonne nicht schien, waren es noch milde 22 Grad. Scarlett rannte die Treppe hinunter, durch die Siedlung, zum Strand. Dort gab es einen kleinen Pfad, den sie entlang lief. Nach zwanzig Minuten brauchte sie eine Pause. Sie ließ sich in den feinen Sand gleiten, streckte alle Viere von sich, und blickte in den bewölkten Himmel. Morgen würde sie zum Gut fahren. Der Gedanke an Philipp, an seine fordernden, heißen Küsse, jagten kleine Schauer über ihren Körper. Sie sehnte sich danach, von ihm umarmt zu werden. Lange genug hatte sie auf körperliche Liebe verzichtet. Ihr Körper forderte sein Recht und sie war bereit, ihm nachzugeben. Ihre Zeit war begrenzt. In fünf Wochen musste sie nach Deutschland. Ein schrecklicher Gedanke. Sie sprang auf und joggte zurück. Dieser Weg war beschwerlicher, da es bergauf ging. Die Treppen nahm sie mit letzter Kraft. Keuchend kam sie zum Haus und sah Dr. Miller davor stehen.

»Schön, dass Sie kommen, ich habe auf Sie gewartet.«

Scarlett atmete schwer, als sie fragte: »Was gibt es, Dr. Miller.«

»Haben Sie Lust, morgen mit mir zur Royal Regatta zu gehen, bevor sie endet? Sie ist eine der wichtigsten Segelregatten Großbritanniens und eine Mords Gaudi. Alles, was Beine hat, ist dort vertreten. Eine echte Attraktion«, bekundete er.

Scarletts erhitztes Gesicht wurde noch eine Spur röter, aber sie nickte, obwohl sie befürchtete, dass er sich mehr davon versprach. In seinem ehrlichen Gesicht konnte sie lesen, wie in einem Buch.

»Gerne, Dr. Miller. Wann holen Sie mich ab? Oder wollen wir uns in der Stadt treffen?«

»Besser nicht, bevor wir uns verfehlen. Ich komme um elf Uhr. Das Mittagessen nehmen wir am Hafen ein. Da gibt es leckere Speisen.«

»Dann bis morgen.« Scarlett reichte ihm die Hand.

»Ich freue mich.« Lächelnd stieg er in seinen Wagen.

Als sie durch die Tür trat, kam Jenny aus der Küche. »Ich habe den Verdacht, dass unser smarter Doktor verliebt in Sie ist.«

»Das denke ich auch.« Scarlett grinste. »Aber da hat er keine Chance.«

Jenny lachte. »Der Arme, er wird Ihnen nicht zu nahe treten. Er ist viel zu schüchtern. Deshalb klappt es nicht mit den Frauen. Alt genug wäre er, um eine Familie zu gründen.«

»Ich werde ihm keine Avancen machen, Jenny.«

Scarlett hatte ihre Sandaletten angezogen, als der Türgong ertönte. Noch ein Blick in den Spiegel, sie war zufrieden, in ihrem hellbraunen Leinenkleid. Absolut passend für die Regatta. Sie verabschiedete sich von ihrer Grandma und trat aus dem Haus. Dr. Miller hielt ihr galant die Wagentür auf. »Guten Morgen, Miss Scarlett, chic sehen Sie aus.«

»Danke, guten Morgen«, antwortet sie und stieg ein.

Die Kommunikation zwischen ihnen war nicht als lebhaft zu bezeichnen. Aber sie hatte es nicht anders erwartet. Dr. Miller war der Gegensatz zu Philipp. Gefühlsbetont, scheu, bescheiden, feine Gesichtszüge. Aber ein guter Arzt. Philipp hatte ein markantes Gesicht, sinnliche Lippen, sicheres Auftreten, von sich überzeugt. Kurz gesagt: männlich, gutaussehend, erotisch.

Sie brauchten nicht lange, bis sie am Hafen ankamen. Nach langer Suche fanden sie einen Parkplatz, in den sie sich hineinquetschten. Die Regatta war in vollem Gange. Menschen schrien und winkten, andere saßen gemütlich an Tischen und ließen sich die angebotenen Speisen munden. Die Gaumenfreuden kamen hier auf ihre Kosten.

Scarlett schlenderte mit Dr. Miller am Ufer entlang. Eine Weile schauten sie den Segelbooten hinterher.

»Da ist ein Tisch freigeworden, Miss Scarlett, setzen wir uns dort hin. Der Ausblick ist ideal und es gibt hier gutes Essen.«

»Gute Idee, Doktor.«

»Sagen Sie bitte George zu mir.« Er errötete leicht.

»Mache ich gerne, dann lassen Sie das Miss weg.«

Er nickte.

Das war alles, worüber sie sich unterhielten. George kümmerte sich um die Getränke. Sie waren beim Pasta essen, als eine junge Frau auf sie zugeeilt kam.

»George? Wir haben uns lange nicht gesehen.«

Er stand auf. »Lucie?«

Sie nickte eifrig und umarmte ihn. Obwohl er überrascht wirkte, drückte er sie. »Lucie, wie schön, dich zu treffen. Darf ich vorstellen: Das ist eine liebe Bekannte, Scarlett Södermann, Lucie Brown. Wir kennen uns aus der Studienzeit.«

»Inzwischen Dr. Brown, Neurologin«, sagte sie lachend und reichte Scarlett die Hand.

Ich lasse die beiden alleine. Sicher haben sie sich mehr zu berichten, als George und ich, dachte Scarlett. Zeit, zu verschwinden. »Ich gehe nach Hause, George, ich fühle mich nicht gut.«

»Ich fahre Sie, Scarlett. Muss ich mir Sorgen machen?«

»Überhaupt nicht. Ich habe schlecht geschlafen und gehe zu Fuß, das entspannt.«

»Tut mir leid. Kommen Sie gut nach Hause.«

»Kein Problem, viel Vergnügen«, sagte sie und marschierte los. Sie hatte das Gefühl, dass die zwei sich näher kannten.

Scarlett war am Nachmittag mit Philipp zum Reiten verabredet. Zuvor musste sie sich ausruhen. Dass sie schlecht geschlafen hatte, war nicht gelogen.

Es war dreizehn Uhr, als sie zuhause eintraf. Grandma hatte sich zu einem Nickerchen zurückgezogen. Von Jenny war nichts zu sehen.

Scarlett legte sich in ihrem Zimmer aufs Bett und telefonierte mit ihrer Mutter, die wenig Zeit hatte.

»Der Laden läuft gut«, erklärte sie erfreut. »Um die Mittagszeit gehen viele Essen raus. Die ideale Zeit zum Reden, wäre um sechzehn Uhr.«

»Da bin ich unterwegs«, antwortete Scarlett.

»Ich freue mich, wenn du anrufst. Egal zu welcher Zeit. Dein Vater hat gestern Abend mit Grandma gesprochen. Wir sind froh, dass es ihr besser geht. Hab’s gut, Liebes. Bis bald.«

»Danke, Grüße an Papa.« Scarlett wählte noch die Nummer von Micha, aber er meldete sich nicht. Sie fiel in einen leichten Schlummer.

Kapitel 5

»Hast du mit Scarlett gesprochen?« Henry Södermann sah seine Frau fragend an, als sie in die Küche kam.

»Das habe ich. Deine Tochter lässt dich schön grüßen.« Sie griff nach zwei belegten Teller und fragte: »Wohin?«

»Tisch sieben.«

Zwei Minuten später kam sie zurück.

»Wir hätten Sie hier gebraucht«, sagte Henry und rührte in der Pfanne. »Bernd, richte die Steaks an, die Zwiebel sind fertig.«

»Grandma geht es viel besser. In vier Wochen muss Scarlett ohnehin zurück, damit sie ihre Arbeitsstelle pünktlich antreten kann«, antwortete Lina.

»Da ist sie uns keine Hilfe im Restaurant. Sie muss sich um ihre hörgeschädigten Kinder kümmern«, meinte Henry.

Lina zuckte mit den Schultern. »Es wäre an dir gelegen, deiner Mutter beizustehen, Henry.«

»Ich kann dich nicht alleine im Restaurant lassen. Wenn die Zeiten ruhiger sind, fliegen wir beide, für eine Woche, zu ihr.«

»Ausspannen, das wäre schön«, stöhnte Lina.

Der Beikoch schob Henry die Teller mit den Steaks hin. Er schaufelte Zwiebel, Kartoffel und Gemüse darauf, appetitlich angerichtet. »Tisch drei«, sagte er.

»Lass uns weitermachen, wir reden heute Abend.« Er nickte Lina zu.

Kapitel 6

Scarlett wachte auf. Eine Stunde war vergangen. Sie erfrischte sich und zog die Reithose über, die Philipp ihr mitgeben hatte. Sie schaute zu Grandma ins Zimmer, aber die alte Dame schlief noch. Jenny kam ihr im Erdgeschoß entgegen. »Viel Spaß«, wünschte sie und verschwand in der Küche.

Scarlett nahm den Rover und fuhr zum Gut.

Die Pferde standen gesattelt im Hof, von Philipp jedoch keine Spur.

John, der Pferdepfleger kam aus der Stallanlage. »Hallo, Miss Scarlett.«

»Hallo, John. Ist Lord Sinclair bei den Pferden?«

»Ich weiß es nicht. Nachdem er mich angeblafft hatte, weil es ihm nicht schnell genug ging, stürmte er davon.«

»Ich werde nachsehen. Sprechen Sie nicht so abfällig über Ihren Arbeitgeber, John. Sie erhalten einen anständigen Lohn für Ihre Arbeit.«

Er zuckte mit den Schultern und ging zurück in den Stall.

Scarlett eilte zum Wohnhaus. Sie hörte Philipp lautstark mit der Hausdame diskutieren. Als er sie erkannte, brach er das Gespräch ab. Sie hörte, wie er sagte: »Wir reden später.« Philipps Gesicht entspannte sich. Er nahm sie kurz in den Arm und begrüßte sie liebevoll. »Komm, wir holen die Pferde und verschwinden. Ich brauche eine Pause.«

»Gibt es Probleme?«, fragte Scarlett.

»Die gibt es zu jeder Zeit, auf einem Gut. Wir lassen uns den Tag nicht verderben«, entgegnete er.

Sie ließen die Pferde traben; sie kannten ihren Weg.

»Das wird einer der letzten schönen Tage sein. Das Wetter schlägt um. Dann regnet es tagelang, das ist normal«, sagte Philipp.

»Ich staune, über die Wetterlage hier in der Gegend, es ist mild«, entgegnete Scarlett.

»Das haben wir dem Golfstrom zu verdanken«, lachte er.

Nachdem sie die halbe Strecke hinter sich gelegt hatten, schlug Philipp vor: »Lass uns heute einen anderen Weg erkunden. Es gibt nicht weit von hier eine versteckte Bucht, die wenige kennen.«

Scarlett lachte. Dann lass uns einen schnelleren Gang einlegen.«

Die Pferde gingen in den Galopp über.

»Ist es noch weit?«, fragte sie.

»Wie sind gleich da.«

Minuten später erkannte sie von fern die Bucht. Das Felsgestein hing an dieser Stelle über.

»Ein verschwiegenes Plätzchen«, stellte Scarlett fest, als sie ankamen.

Philipp half ihr vom Pferd, hielt sie fest im Arm. Er schaute ihr in ihre warmen, rehbraunen Augen und strich über ihre rot goldene Mähne. »Du bist wunderschön, Scarlett.« Seine Stimme klang rau. »Lass uns hier verweilen und den Pferden Ruhe gönnen. Er gab ihnen einen Klaps und sie trotteten gelassen umher. Scarlett und Philipp standen unter der Felsenwand. Sie spürte, was auf sie zukam. Sie hatte darauf gewartet. Ihre Reitjacke hatte sie zur Seite gelegt. Darunter trug sie ein Top mit schmalen Trägern. Philipp hatte ein T-Shirt an, was seine Muskeln deutlich hervorbrachte.

In Scarlett regte sich eine unwiderstehliche Lust auf diesen Mann, der umwerfend sexy und erotisch auf sie wirkte. Sie vermutete, dass er das Gleiche dachte. Er legte sich in den warmen Sand, nicht ohne zuvor die Pferdedecke unter sie zu legen. Behutsam zog er sie zu sich herab. Ihr Haar verdeckte sein Gesicht. Mit beiden Händen schob er es nach hinten und küsste sie auf die Augen, die Nase, den Mund. Sie drückten sich aneinander und jeder musste den Herzschlag des anderen spüren. Ihr Unterleib zog sich lustvoll zusammen. Er streifte die Träger ihres Tops herunter. Langsam genießend, bis ihr wundervoller Busen frei lag. Er liebkoste ihre zarte Haut. Sie stöhnte. Es gab kein Halten mehr. Sie zerrten die Kleidung von sich und die Sehnsucht ließ sie ineinander verschmelzen. Wie zwei Verdurstende küssten und liebten sie sich. Später saßen sie zusammen gekuschelt am Boden und Philipp flüsterte ihr ins Ohr: »Ich liebe dich, Scarlett, es war schön mit dir.«

»Ja, Philipp, es war wunderschön.«

Sie schauten eine Weile auf das ruhige Meer.

Als sie zurückritten, schwiegen beide, berauscht von den ausgelösten Glücksgefühlen.

Auf dem Hof angekommen, sagte Scarlett: »Auf Wiedersehen, Philipp. Wir sehen uns übermorgen bei deinem Fest. Bis dahin werde ich mich um Grandma kümmern.«

»Mach das, Liebste.« Er küsste sie auf die Nasenspitze und führte die Pferde in die Box.

Scarlett schwebte auf Wolken. Philipp war ein wunderbarer Liebhaber. Er liebte sie, sagte er. Sollte sie das glauben oder war es im Rausch der Gefühle hervorgebracht?

Sie kannten sich erst vier Wochen. Konnte er da von Liebe sprechen? Liebte sie ihn? Sie mochte ihn. Er war unwiderstehlich. Ein toller Mann. Aber Liebe? Sie wusste es nicht. Obwohl ihr Herz schwer wurde, wenn sie daran dachte nach Deutschland zurückzukehren. Auf dem Fest werde ich ihm sagen, dass ich bald wieder abreise, nahm sie sich vor.

Sie stellte den Wagen in die Garage und ging strammen Schrittes in ihr Zimmer. Das intensive Gefühl seiner zärtlichen Umarmung, war noch nicht abgeklungen.

Scarlett hatte nicht damit gerechnet, das Grandma sie bemerkte. Sie stand vor ihrer Tür und rief: »Kind, ist was passiert?«

Scarlett seufzte. Warum dachte sie jedes Mal, es wäre was passiert? »Komm rein, Grandma.«

Da stand sie ohne Stock in der Tür und sagte: »Ich brauche ihn nicht mehr.«

»Wen, Grandma?«

»Siehst du es nicht? Den Stock.«

»Das ist wunderbar. Fühlst du dich standfest genug?«, fragte Scarlett besorgt.

»Absolut. Warum rennst du in dein Zimmer und kommst nicht in den Salon?«

»Das Reiten ermüdet mich. Und ich mache mir Gedanken, wie ich Philipp sagen soll, dass ich bald gehen muss.«

»Ach, Scarlett, für mich ist das viel schlimmer. Ich werde dich vermissen. Von mir aus kannst du bleiben.«

»Sag das meinen Eltern. Auch wartet die Arbeit auf mich.«

Gloria winkte ab. »Ich weiß. Komm mit runter. Es ist bald Zeit für das Abendbrot. Lass uns vorher noch ein Teechen trinken.«

»Einverstanden. Du gehst beachtenswert leichtfüßig die Treppe hinunter, Grandma. Ich bin froh für dich, dass nichts zurückbleibt.«

»Wem sagst du das. Ein Leben lang auf fremde Hilfe angewiesen zu sein, wäre nicht mein Ding.«

Auf dem Tisch im Salon stand die Glaskanne mit Tee, auf der Wärmeplatte. Scarlett befüllte zwei Tassen.

»Wie steht es mit dir und Philipp?«

Scarlett fand, dass ihre Beziehung zu ihm ihre Sache war. »Ich mag ihn. Mehr kann ich nicht sagen. Wenn ich erstmal weg bin, ist das kein Thema mehr.«

»So, so«, sagte Gloria.

Was ziehe ich an?, dachte Scarlett und lief in ihrem Zimmer auf und ab. Es ging um Pferde. Manche Gäste werden in Reitkleidern erscheinen, andere in salopper Kleidung oder elegant. Sie entschied sich für das kornblumenblaue Kleid mit dem schmalen Oberteil und dem glockigen Rock. Dazu Pumps, mit einem dickeren Absatz. Ihre widerspenstigen, gewellten Haare steckte sie mit einigen Kämmchen zurück und ihre vollen, schön geschwungenen Lippen bemalte sie mit einem warmen Rotton.

Grandma rief von unten: »Scarlett, Dr. Miller hat angerufen, er ist gleich da.«

»Auch das noch. An ihn habe ich nicht mehr gedacht«, murmelte sie. »Komme sofort.«

Sie kam die Treppe herunter, als er vorfuhr. Grandma und Jenny standen im Flur.

»Sie sehen wunderschön aus«, sagte Jenny aus ehrlichem Herzen und öffnete die Tür.

»Meine Enkelin, zauberhaft.«

Der Doktor hatte die Worte von Gloria gehört. »Ich stimme Ihnen zu. Wirklich entzückend«, gab er von sich.

»Genug des Lobes. Fahren wir, George.«

»Viel Spaß!«, riefen die Frauen hinterher.

»Ich fahre gerne mit Ihnen, aber Sie sind nicht als Aufpasser angestellt.«

»Ich verstehe. Sie sind volljährig, denke ich.«

Sie sah an seinem Gesicht, dass ihm dieser Hinweis nicht gefiel. Aber das war ihr egal. Er war ein Bekannter, mehr nicht. Das musste ihm klar sein.

Als sie die vielen Menschen sah, wäre sie gerne umgekehrt. Außer Philipp und Dr. Miller kannte sie niemand.

Als Philipp sie ankommen sah, lief er ihnen entgegen. Fragend schaute er Scarlett an. »Seien Sie Willkommen«, grüßte er. »Doktor, stürzen Sie sich ins Vergnügen. Sie werden bekannte Gesichter treffen.« Er nahm Scarlett am Arm und führte sie weg von dem Trubel. »Warum kommst du mit ihm in Begleitung?«

»Ist nicht meine Schuld, Philipp. Grandma hat es arrangiert. Sie war der Meinung, es schickt sich nicht, alleine zu gehen. Es ist alles gut. Ich habe ihm klargemacht, dass er mir lediglich als Fahrer dient.«

Philipp lachte. »Und das hat er hingenommen?«

»Nicht gerne. Ich habe dir was mitgebracht, Philipp«, wechselte Scarlett das Thema. Sie reichte ihm ein hübsch verpacktet Päckchen.

»Ein Geschenk, für mich? Habe ich das verdient?«

Sie lächelte. »Ich helfe dir beim Auspacken.«

Vorsichtig zogen sie die Schleife ab und entfernten das Papier. Hervor kam die Pferdefigur, die Scarlett erstanden hatte.

Philipp staunte. »Liebes, ein tolles Geschenk, trifft voll meinem Geschmack. Das bekommt einen Ehrenplatz auf meinem Kaminsims. Vielen Dank, ich freue mich.« Er drückte sie zärtlich und sagte: »Ich stelle dir die wichtigsten Leute vor, danach stürzt du dich ins Vergnügen. Ich bin bei dir. Ein Höflichkeitsplausch mit Gästen zwischendurch ist unerlässlich. Übrigens: Du siehst bezaubernd aus. Gerne würde ich dich auf der Stelle küssen. Wir holen es nach.«

Sein Versprechen konnte Philipp nicht halten. Bekannte nahmen ihn in Beschlag, was sie verstand. Sie schaute in den Boxen nach den Pferden, nach Fee, mit der sie ihre Ausritte unternahm. Das Tier wieherte erfreut. Es hatte sie erkannt. Scarlett streichelte es und ging zurück in den Trubel. An einem der Stände, ergatterte sie sich ein Getränk. Eine junge Frau, die dort stand, sprach sie an. »Hallo, Sie kenne ich nicht. Gehören Sie zu den Touristen?«

»So kann ich das nicht sagen. Ich bin zu Besuch bei meiner Grandma, die hier seit fünfzig Jahren lebt.«

»Oh, sorry, ich wollte nicht unhöflich sein. Ellie Smith«, stellte sie sich vor und reichte Scarlett die Hand.

»Scarlett Södermann, meine Grandma ist Lady Montgomery.«

»Das ist schön. Ich kenne Ihre Grandma flüchtig von vorjährigen Festen. Ich bin eine Pferdenärrin. Wo Pferde sind, bin auch ich«, lachte sie.

»Ich liebe Pferde ebenfalls«, sagte Scarlett.

»Wollen wir uns setzten, da vorne sind noch Plätze frei?«, fragte Ellie.

»Warum nicht.«

Ellie entpuppte sich als eine gebildete junge Frau. Sie war gleichaltrig mit Scarlett, studierte Rechtswissenschaft, im 4. Semester.

»Haben Sie Ihre Reitbekleidung mitgebracht?«, fragte Ellie.

Scarlett schüttelte bedauernd den Kopf.

»Kein Problem, ich habe zwei davon. Haben Sie Lust?«, fragte sie schelmisch.

»Gerne, sagen wir Du zueinander.«

»Einverstanden.«

Scarlett konnte Philipp nirgendwo entdecken, um ihm Bescheid zu sagen. Sie informierte einen Pferdepfleger, als sie Fee bestieg.

»Reiten wir zum Strand, da gibt es einen schönen Pfad«, schlug Scarlett vor.

Die beiden Frauen hatten erstaunlich viele gemeinsame Interessen und vergaßen die Zeit.

»Wie geht es deiner Grandma?«, fragte Ellie.

»Jeden Tag besser. Bald reise ich zurück nach Deutschland«, antwortete Scarlett.

»Schade, hätte gerne öfter mit dir geplaudert«, sagte Ellie.

»Vier Wochen habe ich noch«, entgegnete Scarlett und schaute erschrocken auf die Uhr. »Reiten wir zurück, es sind zwei Stunden vergangen.«

Sie brachten die Pferde in die Box und zogen sich um. »War schön mit dir auszureiten, Ellie.«

»Gleichfalls, Scarlett. Vielleicht wiederholen wir es mal. Ich gebe dir meine Karte. Wenn du erneut deine Grandma besuchst, melde dich.«

»Das mache ich, versprochen«, sagte Scarlett und reichte ihr ebenfalls ein Kärtchen. Die beiden umarmten sich kurz und gingen ihrer Wege.

Scarlett schaute sich suchend um. Wo war Philipp? Sie schlenderte in Richtung Wohnhaus, da war es ruhiger. Sie traute ihren Augen nicht, als sie ihn eng umschlungen, mit einer jungen Frau, an der Seitenwand des Hauses, stehen sah. Scarlett sog die Luft ein, ihr Herz drohte auszusetzen. Sie drehte sich um und tauchte in der Menschenmenge unter. Das darf nicht wahr sein, mich derart zu betrügen. Liebe? Für ihn ist es nur ein Wort. Sie wollte fort, weit weg von ihm. Da sie keinen Wagen dabei hatte und Dr. Miller nicht fragen wollte, entschied sie sich, zu Fuß zu gehen. Zwei Kilometer lange Weg, war kein Problem. Unterwegs flossen die Tränen in Strömen. Sie fühlte sich enttäuscht und hintergangen. Zuhause stahl sie sich die Treppe hinauf. Doch Jenny und Grandma bemerkten ihr Kommen.

»Wieso bist du schon zurück?« Gloria war erstaunt.

»Es hat mir nicht zugesagt. Die vielen Menschen, keinen den ich kannte.«

»Und Philipp?«

»Den habe ich kaum zu Gesicht bekommen. Er musste sich um die Gäste kümmern.«

»Ich habe mir gleich gedacht, das ist nicht das Richtige für dich. Wer hat dich hierher gebracht?«

»Ich bin gelaufen.«

Gloria seufzte. »Trinken wir Tee, es ist gleich fünf.« Sie hakte Scarlett unter und tätschelte ihren Arm.

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