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Читать книгу: «Venus in echt», страница 3

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»Nicht?«

Kühle Finger schmierten das Gel in die Falte zwischen meinem Bauch und meinem Oberschenkel. Jeffrey stellte sich neben mich, hob meinen Bauch und steckte seinen Schwanz in die besagte Falte.

»Ganz sicher nicht«, stöhnte er.

Dann stieß er zu, zuerst langsam, dann allmählich schneller. Er krallte dabei seine Finger so fest in meinen Bauch, dass es wehtat. Seltsame Mhm-Laute kamen dabei aus seinem Mund. Gerade hatte ich noch Sandwiches gegessen und mich auf netten Sex mit einem Kurvenliebhaber gefreut, und jetzt fühlte ich mich wie American McGee’s Alice im bizarren Irrenhaus-Wunderlandspiel.

Jeffrey drückte mein Fleisch noch mehr zusammen. »Enger, enger, gut, ja …« Seine Hüften ruckelten und er warf den Kopf nach hinten. Sein Gesicht verkrampfte sich, bis es nur noch eine Masse aus verspannten Muskeln war. Dann spürte ich, wie sein Sperma an meinem Oberschenkel nach unten rann. Ich fischte nach einem Taschentuch aus der Box, die auf dem Nachttisch stand, wischte alles ab, so gut es ging.

Jeffrey rückte von mir ab und sah mich überrascht an. »Was denn, hat es dir nicht gefallen?«

»Hätte es sollen?«

»Du bist aber erregt, ja?«

»Sieht das so aus?«

Jeffrey legte sich aufs Bett. »Dann setz dich doch über mein Gesicht. Das, was ich jetzt machen werde, gefällt dir ganz sicher.«

Ich zögerte. Sollte ich ins Hotel gehen? Andererseits, wenn auch nur eine kleine Chance bestand, den Abend doch noch mit etwas Vergnügen zu beenden, würde ich mich nicht darum bringen. Vielleicht gehörte Jeffrey ja zu der Sorte Männer, die zuerst auf ihre Kosten kamen, und sich hinterher um die Frau kümmerten.

Also kniete ich mich vorsichtig über ihn und senkte mein Becken über sein Gesicht, bis meine Pussy über seinem Mund schwebte und ich seinen Atem an meinen Schamlippen spürte. Das Kribbeln der Erregung war so sanft, dass ich es kaum spürte, aber es war immerhin ein Anfang. Jeffrey drückte mich nach unten, bis sein schmales Antlitz fast ganz in meiner fleischigen Fülle verschwand. Dann lag er wieder nur da, während ich darauf wartete, dass etwas geschah. Nichts passierte. Er liebkoste mich nicht, und seine Lippen blieben seltsam geschlossen. Langsam ging mir dieser dürre, reglose Schotte auf die Nerven.

Als ich aufstehen wollte, drückte er mich noch fester auf sein Gesicht. Ich hörte ihn japsen. Seine Beinchen zappelten und seine Finger, die er in meine Schenkel drückte, zitterten. Ich fürchtete, das er jeden Moment unter mir ersticken würde. Ich fuhr zusammen, als die Erkenntnis mich traf, scharf und präzise wie der Pfeil eines Düsterwaldelben. Jeffrey benütze mich, meinen Körper offenbar dazu, um sich die Luft abzuschnüren.

Ich schnellte hoch und wollte nur noch weg, nur noch runter von ihm, doch das ließ er nicht zu. Jeffrey krallte seine Hände noch fester in mein Fleisch, mit mehr Kraft, als ich ihm zugetraut hätte. Er drückte immer noch das Gesicht in meinen Schoß, während ich mich zu befreien versuchte. Schließlich konnte ich mich losreißen. Ich rollte von ihm und sammelte hektisch meine Kleider ein.

Jeffrey sah mir verärgert vom Bett aus zu. »Was ist denn los, um Himmels willen? Warum unterbrichst du mich, wenn ich deinen Körper genieße?«

Ich sperrte mich im Bad ein und wusch seine Spuren von mir ab, so gut es auf die Schnelle ging.

»Du gehst?«, rief er durch die Tür. »Warum denn?«

Angezogen und bereit zum Aufbruch kam ich wieder aus dem Bad. »Hast du dich schon einmal gefragt, was einer Frau an deinem Liebesspiel gefallen könnte?«

Er baute sich vor der Wohnungstür auf, breitbeinig, aber immer noch nackt, immer noch schmächtig, und sein Schwanz baumelte zwischen seinen Schenkeln. »Was einer Frau daran gefallen kann?«, fragte er. »Das Wissen, dass ihr Körper einem Mann Lust bereitet, natürlich. Andere Frauen sind nicht so undankbar wie du. Die wissen, was sie an einem Mann wie mir haben.«

Ich schob ihn beiseite und öffnete die Wohnungstür. Er hopste mir nach, hinaus ins Stiegenhaus. »Du gehst?«, fragte er.

»Sieht das hier für dich so aus, als würde ich bleiben?«

»Dann hau ab. Du bist sowieso nicht dick genug, du undankbare, prüde dumme Kuh.«

Für diese Kammerspiel des Absurden sollte ich ihm auch noch dankbar sein? Ich langte nach seiner Wohnungstür und gab ihr einen Schubs. Sie knallte gegen die Flurwand, prallte zurück, und fiel ins Schloss. Ich hörte, wie der Wohnungsschlüssel gegen die Türinnenseite klatschte.

Jeffrey riss panisch seine Fetischistenärmchen hoch. Im kargen Licht des Stiegenhauses wirkte er auf einmal so winzig, so verletzlich mit seiner unbedeckten Scham, und für einen Moment verspürte ich so etwas wie Sympathie und Mitgefühl für ihn.

»Hau nur ab, du blödes, prüdes Biest«, fauchte Jeffrey und bedeckte seine Scham notdürftig mit den Fingern.

»Noch viel Spaß heute Abend«, sagte ich. »Und verkühl dich nicht.«

KAPITEL 5

Im Hotel verbrachte ich eine gute halbe Stunde unter der Dusche, und wusch mich immer wieder, um ja alle Spuren von Jeffrey loszuwerden. Ich würde ihm nicht den Gefallen tun, mich schmutzig und benutzt zu fühlen, dachte ich fast trotzig, als ich den Rest des kleinen Hotelduschgels aufbrauchte. Ich würde auch nicht eine Sekunde daran denken, meine Quest abzubrechen, nur weil ich einen Abend in einer bizarren Gegenwelt verbracht hatte, die die Regeln von allem, was ich erotisch fand, auf den Kopf stellte.

Meine Quest würde weitergehen. Musste weitergehen. Auch wenn ich den Anfang irgendwie verpatzt hatte, konnte und wollte ich nicht mehr zurück. Ich durfte nicht mehr in alte Romy-Muster verfallen, mich nie wieder in meine einsame kleine Wehrburg hinter Mauern aus Illusionen und Träumen verkriechen, belagert von Mutlosigkeit und Verzweiflung, heimgesucht vom Geist meiner Niederlage in Sachen Christian. Auch wenn es verlockend schien, in Deckung zu gehen, ich wusste, wenn ich die alten Programme laufen ließ, würde ich nie die Art von Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen finden, wie Sonja und die Plus-Models sie hatten. Ich musste meinen Weg weitergehen, in unvertraute Gefilde. Auch wenn die Reise mich ängstigte, ahnte ich, dass ich auf dem Weg Schätze finden würde, Beutestücke. Wie eine Spielfigur, die sich durch die Level kämpft und nach und nach die Einzelteile einer besonders wertvollen Rüstung einsammelt, würde ich mir alles aneignen, was ich brauchte, um die Romy zu werden, zu der ich geboren war. Und was, wenn ich mich manchmal verlief? Schließlich passierten den Heldinnen diverser Spiele und Sagen am Anfang ihrer Abenteuer ähnlich dumme Dinge, ganz so, als wolle das Schicksal ihre Entschlossenheit prüfen. Insofern konnte ich die Episode mit etwas gutem Willen sogar als Bestätigung betrachten, dachte ich. Außerdem konnte es eigentlich nicht mehr blöder laufen, und das war irgendwie auch ermutigend.

Also lag ich in dieser Nacht noch lange wach, um mir die nächsten Schritte meines Abenteuers zu überlegen. Vielleicht sollte ich diesen Manfred anrufen, dachte ich, als der Morgen schon graute. Er war eigentlich ganz nett gewesen, und er hatte mich an einem Abend anziehend gefunden, an dem ich mich mit meinem verlaufenen Make-up ungefähr so sexy gefunden hatte wie den Joker aus Batman. Sicher, die ganz große Liebe würde sich zwischen dem forschen Sportartikelverkäufer und mir vermutlich nicht entwickeln, aber darum ging es auch nicht. Je länger ich über die Begegnung mit Manfred nachdachte, desto eher konnte ich mir vorstellen, ihn zu mir einzuladen, zu küssen und zu sehen, wie er reagierte.

Ich hatte seine Karte nach unserer ersten Begegnung zwar am Tresen liegen gelassen, an den Namen des Ladens, in dem er arbeitete, erinnerte ich mich aber noch. Mit wenigen Klicks fand ich seine Kontaktdaten heraus, und rief ihn an, kaum dass ich in Wien gelandet und Tamsin per Mail für die nette Begegnung gedankt hatte.

Ich erwischte Manfred am Heimweg von der Arbeit. Seinen Vorschlag, uns in Cems Bar zu treffen, schlug ich aus. Nach noch mehr Geplauder war mir jetzt wirklich nicht, und ich wollte nicht riskieren, dass ein stundenlanger Monolog über Gangschaltungen und Crosstrainer mir die Lust raubte, ihn zu küssen.

»Ich wohne im Sechsten, hinter dem Flakturmpark. Du könntest bei mir vorbeikommen …«

»Ich kann in einer halben Stunde da sein.«

»Sagen wir in einer Dreiviertelstunde.«

Ich legte auf und spürte, wie sich die Vorfreude in mir breitmachte. Ich fühlte meinen Hunger, die Sehnsucht, endlich wieder Lippen an meinen zu spüren, den Geschmack eines Mannes auf meiner Zunge, seinen Körper auf mir und in mir und um mich.

Einen Mann einfach so zu mir einzuladen, war so untypisch für mich, dachte ich, amüsiert über meinen Mut. Olga wäre jedenfalls ziemlich angetan, wie ich meine Quest anging.

Ich räumte schnell die halb ausgepackten Koffer ins Schlafzimmer und machte mich frisch. Als ich meinen Lippenstift auftrug, blitzte in meinem Kopf das Bild meiner Mutter auf, und ich fragte mich, was sie jetzt sagen würde. Nicht nur zu meiner Quest, sondern dazu, dass ich begann, ihre dummem Prophezeiungen Lügen zu strafen, dass dicke Frauen aus Grundprinzip unattraktiv und unerotisch waren. Dann verdrängte ich den Gedanken, und konzentrierte mich darauf, mich möglichst wie eine Venus aussehen zu lassen. Fünfzig Minuten nach unserem Telefonat stand Manfred vor meiner Wohnungstür. Während ich in meinem Kühlschrank nach einem Bier suchte, spazierte er durch mein Wohnzimmer und ließ seinen Blick über meine Comicsammlung und meinen Zeichentisch gleiten. »Du hast einen Freund, oder?«, fragte er.

»Wieso?«

»Du hast mehr Ego-Shooter und Fantasy-Spiele rumliegen als mein dreizehnjähriger Neffe.«

»Ich arbeite in der Spielebranche.«

»Als Sekretärin oder was?«

»3D-Artist.«

»Echt? Kannst du davon leben, ich meine als Frau und so?«

Ich zupfte mein Top zurecht, um seinen Blick auf meinen Ausschnitt zu lenken und ihn zum Schweigen zu bringen. »Schon«, sagte ich.

Ich reichte ihm das Bier, und sah zu, wie sich sein Bizeps und seine Brust unter seinem Poloshirt bewegten. Der Stoff hob sich hell von Manfreds bronzefarbenen Haut ab und weckte in mir den Wunsch, es hochzuziehen, über seine Haut zu streicheln und die Muskeln darunter zu spüren. War er am ganzen Körper gleichmäßig gebräunt? Vermutlich würde ich es bald wissen. Der Gedanke schickte ein kleines Lächeln über meinen Mund.

»Was macht man so, als 3D-Artist?«, fragte Manfred.

»Ich zeichne die Kostüme, die Umgebung, die Waffen, hauptsächlich aber die Figuren.«

Sein Grinsen fiel eindeutig lüstern aus. »Die einzige Figur, die mich im Moment interessiert, ist deine.« Er trat ganz nah an mich heran, und als er »du hast ganz fantastische Titten« flüsterte, klang seine Stimme belegt. Dann senkte er den Kopf und küsste mich auf den Mund, sanfter und vorsichtiger, als ich es erwartet hatte. Mit der Zunge öffnete er meine Lippen, und ich schmeckte eine Mischung aus Minz-Zahnpasta und etwas Bier. Gar nicht mal so unangenehm, fand ich, und erwiderte seinen Kuss. Manfred legte seine Hände auf meine Brüste, und meine Haut begann zu prickeln, obwohl zwischen ihr und seinen Fingern zwei Schichten Stoff lagen.

»Magst du das?«, fragte er.

Ich nickte, bog meinen Rücken durch und drückte meine Brüste der Wärme seiner Finger entgegen.

Manfred griff nach dem Saum meines Kleids und zog es mir über den Kopf. »Wow«, sagte er. »Welche Körbchengröße hast du?«

»Neunzig G.«

»G wie geil. Das ist einer der Vorteile von euch fetten Weibern.«

»Danke?«

Er knetete meine Brüste unter den Körbchen. »Fantastische Titten«, sagte er noch einmal. Als er sein Gesicht zwischen sie steckte, hinterließ sein Haargel eine leicht klebrige Spur auf meiner Haut. »Du bist eine richtige Wuchtbrumme. Ein Megamädel«, sagte er.

Ich zog ihm das Poloshirt aus der Hose, strich über seinen Bauch und konnte fühlen, wie seine Muskeln sich direkt unter der Haut zusammenzogen.

»Ein Pfundsweib, bist du.«

»Hm. Soll ich den BH ausziehen?«

»Lass mich machen.«

Er zog den Büstenhalter nach unten, sodass meine Brüste über den Spitzenrand quollen. »So ist es geil«, sagte er und trat einen Schritt zurück, um mich im Ganzen betrachten zu können. »Himmel«, sagte er, »bist du fett.«

»Ich glaube, das sagtest du schon.«

Manfred zog sich das Poloshirt über den Kopf. Seine Haut sah ein bisschen nach Grillhähnchen aus, fand ich, während ich zusah, wie er sich auch seiner übrigen Sachen entledigte. Seine Bräune war tatsächlich nahtlos, bloß über seine Füße konnte ich nichts sagen. Ich fragte mich, ob er seine Socken auch im Solarium anließ. Sein Schwanz begann, sich zu regen und aufzurichten. Beim Anblick des immer praller werdenden Fleisches, das aus einem hellbraunen Nest ragte, leckte ich unwillkürlich über meine Lippen.

»Wollen wir ins Schlafzimmer gehen?«, fragte er.

»Dort hab ich meine Katzen eingesperrt.«

Er sah sich um. »Das Wohnzimmer ist auch nicht schlecht.«

Er drückte mich aufs Sofa, und zwar so, dass ich kniete und die Wand vor mir und das Poster von Dragon Age Origins anstarrte. Morrigan, Duncan, die Zwerge und die dunkle Brut starrten zurück.

Manfred packte meinen Hintern und fing an, über mein Höschen zu rubbeln. »Was für ein geiler fetter Arsch«, sagte er dabei.

»Hör zu, Manfred«, sagte ich. »Du kannst gerne ein bisschen derb sein, wenn du das brauchst. Aber sei bitte ein bisschen langsamer und vorsichtiger.«

Er nickte, schien es zu mögen, dass ich ihm klare Anweisungen gab. »Klar«, sagte er. »Du sollst schließlich auch Spaß haben. Sag, warum hast du damals in der Bar eigentlich so geweint?«

Wenn Manfred es klug fand, eine Frau mitten im Liebesspiel so etwas zu fragen, hatte er offenbar in ungefähr das Feingefühl des Wrestler-Schurken Zangief aus den Street-Fighter-Spielen.

»Was ist dir gerade wichtiger?«, fragte ich. »Liebe machen oder Konversation treiben?«

»Was glaubst du?«

Er drehte mich wieder um, zog mein Höschen aus und streichelte ein bisschen meinen Hintern. Sein Getätschel fand ich weniger sexy als die Tatsache, dass dieser grobschlächtige Kerl bereit war, sich zu bemühen. Das hatte beinahe etwas Rührendes.

Er fummelte noch etwas an meinem Po herum, dann keuchte er: »Ich muss dich haben. Jetzt.«

Ich hörte, wie er ein Kondom überzog, nahm seinen Schwanz und half ihm, in mich einzudringen. Unverzüglich bewegte er sich mit schnellen kurzen Stößen, und stöhnte: »Du geile fette Sau!«, laut wie ein Berserker, dem man eine Lanze in den Leib rammte.

Ich zuckte zusammen und merkte, wie das bisschen Lust, das ich empfand, in sich zusammenzubrechen drohte. Die Besetzung von Dragon Age Origins sah Manfred und mir zu, und die Figuren schienen sich auch ihren Teil zu denken.

»Nicht so laut, bitte.«

»Du geile fette Sau«, wiederholte er, nicht minder laut.

»Meine Nachbarn können dich hören.«

Das Wohnzimmer von Cem und Klaus lag zwar nicht Wand an Wand mit meinem, aber so wie Manfred schrie, würden sie es bis in den hintersten Winkel ihrer Wohnung hören können.

»Scheiß auf deine Nachbarn«, grunzte Manfred.

Seine Hoden klatschten gegen meine Schenkel, immer und immer wieder. Ich überlegte, ob ich mich selbst streicheln sollte, um etwas Lust abzubekommen, da lief auch schon ein Zucken durch seinen Körper. Ich sah aus den Augenwinkeln, wie er sich über mir aufbäumte, mit einem Keuchen, das wie ein angeschossener Dinosaurier aus den Videospielen von »Jurassic Park« klang.

»War ich gut?«, fragte er danach.

»Fantastisch«, sagte ich.

Manfred zog sich aus mir zurück, und sah sich stolz im Wohnzimmer um, als erwarte er Applaus von den Figuren auf den Postern. »Nächstes Mal ziehen wir uns vorher einen Pornoclip rein«, sagte er.

Ein nächstes Mal wird es nicht geben, dachte ich, als Manfred in seine Kleider schlüpfte.

»Ich rufe dich an, ja?« Er drückte mir einen Kuss auf die Wange und huschte zur Tür.

Bemüh dich nicht, wollte ich sagen, verkniff es mir aber. Dann rief ich ihm doch etwas nach. »Kleiner Tipp, Manfred. Bevor du das nächste Mal eine dicke Frau vögelst, solltest du deinen Wortschatz erweitern, und dir eine andere Phrase überlegen als ›fette geile Sau‹, ja?«

Mit in Falten gelegter Stirn und mit der Hand an der Klinke blieb er stehen. »Warum das denn?«

»Vergiss es.«

»Aber es war ein Kompliment. Ich meine, du bist nun einmal dick. Genieß es. Steh dazu.« Dann drehte er sich um und ging.

Ich zog mich an, und dachte darüber nach, was er gesagt hatte. War es nur sein Tonfall, der mich irritiert hatte, und seine Wortwahl? Oder hatte ich mich irgendwie doch auch unwohl gefühlt, weil er mich ständig auf meine Körperfülle hingewiesen hatte? Egal, dachte ich, zumindest hatte ich Sex gehabt, und zwar mit dem dritten Mann in meinem Leben, wenn ich den Schotten nicht mitzählte, was ihm zweifellos nicht zustand. Sicher, der Sex hätte besser sein können, aber das war der nächste Schritt.

Ich setzte mich an meinen Laptop, unbefriedigt und unruhig. Mir fielen Tamsin und ihr Colin ein, und ich machte mich auf die Suche nach einer Webplattform für Plus-Size-Singles, die in meiner Nähe lebten. Eine Stunde später hatte ich einige deutsche und amerikanische Seiten gefunden, aber keine, die für mich infrage kam. Der webweite Enthusiasmus für Plus-Size-Dating hatte Wien offenbar noch nicht erreicht, was meine Mission zu einer wirklichen Herausforderung machte. Ich setzte mich auf das Sofa, und meine über acht Kilo schweren Maine-Coon-Katzen Loghain und Leliana platzierten sich auf meinem Bauch und meinen Schenkeln. Während ich ihnen abwechselnd das Fell bürstete und ihrem tiefen Schnurren zuhörte, dachte ich über die nächsten Schritte meiner Quest nach. Die Gewandung und Ausrüstung hatte ich mir schon organisiert, und die ersten beiden Schlachten hinter mich gebracht. Was brauchte ich für so ein Abenteuer noch? Eine Art Missionslogbuch oder Tagebuch wäre gut, dachte ich. Ich hatte schon öfter mit dem Gedanken gespielt, ein Blog anzulegen, bisher hatten mir aber am Ende immer das Thema und das Bedürfnis gefehlt. Jetzt würde ich es als weiteren Schritt betrachten, um IRL, in real life, also im echten Leben, zu einer Venus zu werden. Ein Blog über meine Erfahrungen bei der Suche nach Männern mit dem Beuteschema dick könnte mich dann auch zum Weitermachen motivieren, wenn ich zwischenzeitlich einmal den Mut verlieren sollte.

Ich scheuchte die Katzen weg und setzte mich wieder an den Computer. Ein paar Minuten experimentierte ich mit Worten und Namen und sicherte mir schließlich ein Blog unter venusinecht.wordpress.com. Ich spielte mit dem Layout und der Schrift und überlegte, ein paar verfremdete Fotos von mir hochzuladen. Dann beschloss ich, das Blog bis auf Weiteres mit meinen Zeichnungen zu bebildern. Mit einem Illustrationsprogramm machte ich ein paar schnelle, simple Vektorskizzen von runden Frauenkörpern. In meinem ersten Beitrag schrieb ich über meine Quest und die ersten, mäßig erfolgreichen Episoden mit Jeffrey und Manfred.

»Mit den Perversen wäre ich damit durch«, schloss ich. »Jetzt schlägt die Stunde der guten Liebhaber.«

KAPITEL 6

Horst Wittler, Gründer und, nach seinen eigenen Worten, Seele von WittNet, reichte mir das pitching document und sah seine Projektleiterin an. »Romys Ideen für die Frechen Früchtchen sind wirklich entzückend. Findest du nicht, Alexa?«

Alexa nickte stumm und sah aus, als würde sie sich mit Mühe eine bissige Bemerkung verkneifen.

Die nächsten Wochen würden zäh werden, dachte ich. Seit ich vor einer halben Stunde den Besprechungsraum im 23. Stock des neuen Hochhauses neben der UNO-City betreten hatte, sah Alexa mich feindselig an. Ihre kaum verhüllte Aversion hatte mich nicht überrascht, wohl aber, dass sie sich auch in Horsts Gegenwart keine Mühe gab, sie zu verbergen. Für Alexa reichte es offenbar für den Beginn einer lebenslangen Feindschaft, jemandem über die Füße gestolpert zu sein. Blöder Zufall aber auch, dass ich es bei meinem Überbrückungsjob ausgerechnet mit der Frau zu tun hatte, der ich nach Christians Vortrag in die Quere gekommen war.

»Mit Olga haben Sie ja schon öfter gearbeitet«, sagte Horst.

Ich nickte. »Wir sind ein eingespieltes Team.«

Alexa verzog den Mund. »Interessant. Dabei sind Sie ja ziemlich … unterschiedlich.«

Ich zog es vor, die Spitze zu überhören. Schließlich gaben sie und Horst ein Paar ab, das um einiges seltsamer war als Olga und ich; wie eine Eisprinzessin und ein glatzköpfiger, überenthusiastischer Onkel. Olga hatte ihn mir als harmlos beschrieben, doch unter seiner jovialen Fassade schien etwas Dunkles zu lauern.

»Olga hat erwähnt, dass Sie ab Sommer bei Knights of the Dragon Isle mitarbeiten«, sagte Horst. »Ich gratuliere.«

»Danke.«

»Ist Tamsin Daffyd noch Projektleiterin?«

Ich sah Horst überrascht an. WittNet war in der PR-Branche für seine Gesundheitskampagnen für Ministerien und Ähnliches bekannt, und er sah auch nicht aus wie jemand, der in seiner Freizeit Orks und Trolle jagte.

»Ich kenne sie von einem Abendessen mit Venture-Kapitalisten vor ein paar Jahren«, sagte Horst.

Ich nickte. Natürlich, für jemanden wie ihn waren Spiele ein Investment, nichts weiter.

»Da muss ich wohl auch gratulieren«, sagte Alexa. Sie wandte sich an Horst, und die feinen Linien um ihren Mund vertieften sich. »Wir sollten trotzdem bedenken, dass Romy der pädagogische Hintergrund für unser Projekt fehlt«, sagte sie.

Ich fragte mich, wie alt sie war. Zunächst hatte ich sie auf Anfang dreißig geschätzt, auf mein Alter also. Aus der Nähe aber sah sie ausgezehrt aus, fast schon welk, als müsse sie sich ständig aufopfern und verzichten. Ich fragte mich, was genau sie sich verkniff. Den Logos auf ihrer Jeans und Tasche nach zu schließen, war sie sich gegenüber zumindest in Sachen Markenkleidung großzügig.

»Klar, die Frechen Früchtchen sollen ansprechend gestaltet sein, Frucht- und Gemüsekinder eben, ein mutiger Zucchinijunge, ein süßes Rhabarbermädchen und so fort, Sie haben ja das Konzept gesehen. Trotzdem muss es aber ein hochseriöses Lernspiel werden. Gemüse und Obst, das die Jugend zu gesunder Ernährung motiviert«, sagte Alexa. »Das müssen sogar Sie für eine gute Idee halten.«

»Sicher«, sagte ich, obwohl ich vom Projekt inzwischen nicht mehr überzeugt war. Wer auch immer das Konzept geschrieben hatte, hatte die Botschaft von all dem Obst und hochwertigen Essen unter pädagogisch korrekten Mahnungen verschüttet, und ich zweifelte an der Wirksamkeit der ganzen Kampagne. Der erhobene Zeigefinger, den Alexa offensichtlich so schätzte, bewirkte gar nichts, dachte ich, auch wenn er sich hinter lustigen Animationen verbarg. Als jemand, der sich eineinhalb Jahrzehnte lang mit Diäten abgequält hatte, wusste ich, wovon ich sprach.

Ich seufzte, so, dass die beiden mich nicht hören konnten. Am liebsten wäre ich aus dem Projekt ausgestiegen, aber dann fiel mir ein, wie viel Geld ich für die Vampisierung meiner Garderobe in London gelassen hatte. Horst und Alexa jetzt abzusagen, konnte ich mir schlicht nicht leisten.

Am Nachmittag meldete ich mich bei einigen internationalen Plus-Size-Seiten an, um zu sehen, was passierte. Ich hatte das Wochenende durchgearbeitet, um das letzte Projekt abzuschließen, und brannte jetzt darauf, mit meiner Quest weiterzumachen. Ziemlich schnell waren meine Mailboxen mit Smileys und netten Mails gefüllt, aber alle stammten von Männern, die ein paar hundert oder ein paar tausend Kilometer entfernt lebten. Nachdem ich die Mails gelesen hatte, rief ich Olga an, um sie in Sachen Prinzensuche auf den neuesten Stand zu bringen.

Olga war hörbar über die Entwicklung erfreut. »Bist du sicher, dass es diese Plattformen nicht auch bei uns gibt?«, fragte sie.

Im Hintergrund hörte ich etwas, das sich nach dem Pfeifen einer Dampfmaschine und dem Klicken von ineinander greifenden Zahnrädern anhörte. Mir fiel ein, dass Olga gerade eine Steampunk-Spiel-App programmierte.

»Anscheinend nicht«, sagte ich.

»Seltsam.«

Sie dachte nach. Das war eines der Dinge, die ich an Olga mochte. Sie gab keine leichtfertigen Tipps, sondern überlegte sich neue Wege. Ich stellte mir vor, wie sich beim Denken kleine Rädchen in ihrem Hirn drehten und aus ihren Ohren Dampf entwich.

»Eine Plattform für Dicke gibt es schon«, sagte ich, »die gehört aber zu einer ganz normalen Erotikseite. Wenn ich mich registriere, lande ich erst recht wieder im Pool mit allen anderen Frauen.«

»Probier es trotzdem«, sagte Olga. »Denk an die XP.«

Ich lachte. »XP. Das sollte ich mir auf ein Post-it schreiben und über den Schreibtisch kleben.«

»Oder auf die Innenseite eines Rings gravieren lassen. In elbisch.«

Wir lachten beide, dann legte ich auf.

Ich zog mir das Top über den Kopf und nahm mit der Webcam ein Bild meines Dekolletés im schwarzen BH auf, wobei ich mir beim Posieren gleichzeitig sexy und albern vorkam. Bevor mich der Mut verlassen konnte, registrierte ich mich auf dieser eher niveaufernen Plattform und lud das Foto hoch. Dann sah ich mir die Profile der Männer an. Ich fand mehrere hundert Herren, von denen gut die Hälfte ihr bestes Stück als von den Administratoren verpixeltes Profilbild benutzte. Aus denen, die darauf verzichteten, suchte ich mir die heraus, die »dick« als Beuteschema angaben. Doch keiner der Plus-Size-Lover, die ihre echten Fotos auf der Seite zeigten, gefiel mir.

Ich ging wieder zurück zur Startseite und sah mir die Männer näher an, die gar keinen Figurentyp angegeben hatten. Einer weckte meine Neugierde. Wie ich hatte »Freigeist 59« sich für ein Foto seines Oberkörpers entschieden. Sein Bild zeigte in feinen Zwirn gehüllte Schultern, einen Krawattenknopf und ein kantiges Kinn.

Bisher hatte ich für den konservativen Männertyp nichts übrig gehabt. Meine beiden Exliebhaber waren Kreative gewesen, Reisejournalist Harry mit seiner Vorliebe für schwarze Rollis und Kurator Bert, der für kunstvoll zerknitterte Jeanshemden lebte. Wieso war mir nie aufgefallen, wie sexy ein Anzug an einem Mann aussehen konnte? Ich klickte auf das E-Mail-Symbol. »Lieber Anzugträger …«

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