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1. Der Augsburger Religionsfriede (1555)

Freiheiten entstehen weder von selbst, noch werden sie von den Mächtigen gerne gewährt. Freiheiten mussten oft in einer langen Reihe von Auseinandersetzungen erkämpft werden. An erster Stelle stand in der Geschichte nicht der Kampf um politische Freiheiten, sondern um die Religionsfreiheit, die Freiheit, nach seinem Gewissen zu leben.

Als im Jahre 1517 Martin Luther seine 95 Thesen an die Türe der Schlosskirche zu Wittenberg anschlug, löste er die größte kirchliche, religiöse und auch politische Krise in der deutschen Geschichte aus.

In rascher Folge schlossen sich zahlreiche deutsche Fürsten der reformierten Religion an, nicht nur deshalb, weil sie die Erneuerung der Kirche anstrebten, sondern auch, um sich als Widerpart gegen die immer stärker werdende Position der habsburgischen Kaiser im Reich zu etablieren. Innerhalb weniger Jahre wuchs die »protestantische Kirche« in verschiedensten Ausformungen, deren stärkste die lutherische Kirche war, zu einer politischen Kraft im Reich heran, die sich jedem Versuch des Kaisers, sie wieder in die katholische Kirche einzubinden, widersetzte.

1530 wurde durch die protestantischen Stände auf dem Reichstag zu Augsburg versucht, die Anerkennung der reformierten Kirche, also eine erste grundlegende Religionsfreiheit, nämlich die Wahlfreiheit der Religion, zu erreichen. Das hierbei veröffentlichte Augsburger Bekenntnis (»Confessio Augustana«) war noch bestrebt, die Gemeinsamkeit mit der Katholischen Kirche wiederzuerlangen, sie war noch ein ökumenisches Bekenntnis, wurde aber in der Folge zur zentralen Bekenntnisschrift der Lutheraner, und somit ein erster Schritt auf dem Weg zur Kirchenspaltung. Kaiser Karl V., der dies erkannte, verweigerte daher dem Augsburger Bekenntnis die Anerkennung. In der Folge kam es zu innerdeutschen Auseinandersetzungen im Kampf zwischen dem Kaiser und den Protestanten im Reich, die bis 1547 andauerten und mit einem vorläufigen Sieg des Kaisers endeten. 1548 erließ Karl V. das »Augsburger Interim«, mit dem er die Protestanten zur Vereinigung mit der Katholischen Kirche zwingen wollte. Dieser Versuch endete 1552 mit dem Aufstand der protestantischen Fürsten im Reich, worauf im »Vertrag von Passau« die Gleichberechtigung der beiden Konfessionen bis zum nächsten Reichstag ausgesprochen wurde.

Kaiser Karl V. zog sich daraufhin aus der deutschen Politik zurück, sein Bruder Ferdinand I. berief in seiner Vertretung für 1555 einen Reichstag nach Augsburg ein, wo er mit den lutherischen Protestanten den »Augsburger Religionsfrieden« schloss.

Die Kernpunkte dieses Dokumentes, mit dem im Reich eine friedliche Koexistenz beider Konfessionen erreicht werden sollte, umfasst zwei Rechte:

Das »ius reformandi« ist das Recht des Landesherren, in seinem Herrschaftsgebiet die zu praktizierende Religion zu bestimmen. . Daraus aber, und das ist das revolutionäre Gedankengut des Augsburger Religionsfriedens, leitet sich ein zweites Recht ab, das »ius emigrandi«. Es ist dies das Recht der Andersgläubigen, ein konfessionell definiertes Herrschaftsgebiet zu verlassen und nach Bezahlung einer Abzugssteuer in ein Gebiet ihres Glaubens überzusiedeln. Erlaubt war dies aber nur Katholiken und Lutheranern, während Reformierte, Calvinisten und Anhänger Zwinglis davon ausgenommen waren.

Im Augsburger Religionsfrieden wurde damit erstmals ein Individualrecht festgeschrieben, das im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten, in denen die Verfolgung Andersgläubiger durch Zwang und durch den Henker durchgeführt wurde, als fortschrittlich bezeichnet werden konnte. Damit kann das »ius emigrandi« als erstes niedergeschriebenes Grundrecht in der deutschen Geschichte bezeichnet werden.

Der Augsburger Reichs- und Religionsfriede 1555 (Auszug)
§ 14 – Landfriedensformel

Setzen demnach, ordnen, wollen und gebieten, dass fernerhin niemand, welcher Würde, Standes oder Wesens er auch sei, den anderen befehden, bekriegen, fangen, überziehen, belagern, […] [möchte], sondern ein jeder den anderen mit rechter Freundschaft und christlicher Liebe entgegentreten soll und durchaus die Kaiserliche Majestät und Wir alle Stände, und wiederum die Stände Kaiserliche Majestät und Uns, auch ein Stand den anderen, bei dieser nachfolgenden Religionskonstruktion des aufgerichteten Landfriedens in allen Stücken lassen sollen.

§ 15 – Religionsformel

Und damit solcher Friede auch trotz der Religionsspaltung, wie es die Notwendigkeit des Heiligen Reiches Deutscher Nationen erfordert, desto beständiger zwischen der Römischen Kaiserlichen Majestät, Uns, sowie den Kurfürsten, Fürsten, und Ständen aufgerichtet und erhalten werden möchte, so sollen die Kaiserliche Majestät, Wir, sowie die Kurfürsten, Fürsten und Stände keinen Stand des Reiches wegen der Augsburgischen Konfession, und deren Lehre, Religion und Glauben in gewaltsamer Weise überziehen, beschädigen, vergewaltigen oder auf anderem Wege wider Erkenntnis, Gewissen und Willen von dieser Augsburgischen Konfession, Glauben, Kirchengebräuchen, Ordnungen und Zeremonien, die sie aufgerichtet haben oder aufrichten werden, in ihren Fürstentümern, Ländern und Herrschaften etwas erzwingen oder durch Mandat erschweren oder verachten, sondern diese Religion, ihr liegendes und fahrendes Hab und Gut, Land, Leute, Herrschaften, Obrigkeiten, Herrlichkeiten und Gerechtigkeiten ruhig und friedlich belassen, und es soll die strittige Religion nicht anders als durch christliche, freundliche und friedliche Mittel und Wege zu einhelligem, christlichem Verständnis und Vergleich gebracht werden.

§ 17 – Beschränkung des Vertrages auf zwei Religionen – Katholiken und Lutheraner

Doch sollen alle andere so obgemelten beiden Religionen nicht anhängig in diesem Frieden nicht gemeint, sondern gänzlich ausgeschlossen sein.

§ 18 – Geistlicher Vorbehalt

Wo ein Erzbischof, Bischof, Prälat oder ein anderer geistliches Standes von Unser alten Religion abtreten würde, dass derselbige sein Erzbistum, Bistum, Prälatur und andere Benificia, auch damit alle Frucht und Einkommen, so er davon gehabt, alsbald ohne einige Verwiderung und Verzug, jedoch seinen Ehren ohne Nachteil, verlassen, auch den Kapiteln, und denen es von gemeinhin Rechten oder der Kirchen und Stift Gewohnheiten zugehört, ein Person, der alten Religion verwandt, zu wählen und zu ordnen zugelassen sein, welche auch samt der geistlichen Kapiteln und anderen Kirchen bei der Kirchen und Stift-Fundationen, Elektionen, Präsentationen, Konfirmationen, altem Herkommen, Gerechtigkeit und Gütern, liegend und fahrend, unverhindert und friedlich gelassen werden sollen, jedoch künftiger christlicher, freundlicher und endlicher Vergleichung der Religion unvergreifflich.

§ 23 – Recht zur Auswanderung

Es soll auch kein Stand den andern, noch desselben Untertanen zu seiner Religion dringen, abpraktizieren, oder wider ihre Obrigkeit in Schutz und Schirm nehmen, noch verteidigen in keinen Weg. Und soll hiermit denjenigen, so hiebevor von alters Schutz- und Schirmherrn anzunehmen gehabt, hiedurch nichts benommen, und dieselbige nicht gemeint sein.

Wo aber unsere, auch der Churfürsten, Fürsten und Stände Untertanen der alten Religion oder Augsburgischen Konfession anhängig, von solcher ihrer Religion wegen, aus unsern, auch der Churfürsten, Fürsten und Ständen des Heiligen Reiches Landen, Fürstentümern, Städten oder Flecken, mit ihren Weib und Kindern, an andere Ort ziehen und sich nieder tun wollten, denen soll solcher Ab- und Zuzug, … zugelassen und bewilligt, auch an ihren Ehren und Pflichten allerding unentgolten sein.

§ 27 – Religionsfreiheit in Reichsstädten

Nachdem aber in vielen Frei- und Reichsstädten die beiden Religionen ..] eine Zeit im Gang und Gebrauch gewesen, so sollen dieselbigen hinführ auch also bleiben, und in denselben Städten gehalten werden, und derselben Frei- und Reichsstädtischen Bürger, und andere Einwohner, geistlichen und weltlichen Stands, friedlich und ruhig, bei und neben einander wohnen, und kein Teil des andern Religion, Kirchengebräuche, oder Zeremonien, abzuthun, oder ihn davon zu bringen, unterstehen, sondern jeder Teil den andern, laut dieses Friedens, bei solcher seiner Religion, Glauben, Kirchengebräuchen, Ordnungen und Zeremonien, auch seinen Hab und Gütern und allem andern, wie hie oben beider Religion Reichs-Stände halben verordnet und gesetzt worden, ruhig und friedlich bleiben lassen.

Der Augsburger Religionsfriede war ein erster Ansatz in Europa, das Grundrecht der Gewissens- und Religionsfreiheit zu akzeptieren. Es ging darum, die Konfessionsspaltung zu bewältigen und einen Ausgleich zwischen den christlichen Konfessionen, besonders zwischen der Katholischen Kirche und dem Luthertum, zu etablieren.

Der Religionsfriede war allerdings auch der Beginn eines staatlichen Zwangskirchentums. Jeder deutsche Landesherr konnte ab 1555 für sich und seine Untertanen die Glaubenszugehörigkeit (»cuius regio, eius religio«: In wessen Gebiet ich lebe, dessen Religion muss ich annehmen«) verpflichtend festlegen. Wer dem auf Grund seines Gewissens nicht folgen wollte, konnte nach dem Auswanderungsrecht das Territorium des Landesherren mit einer Eigentumsgarantie verlassen. Wegen dieser Bestimmung sehen Historiker im Augsburger Religionsfrieden die erste mitteleuropäische Menschenrechtserklärung. Allerdings waren von der Friedensgarantie alle diejenigen protestantischen Strömungen ausgeschlossen, die nicht auf dem Boden des Augsburger Bekenntnisses von 1530 standen.

Das Vertragswerk von 1555 regelte erstmals dauerhaft das gleichberechtigte konfessionelle Zusammenleben beider christlicher Glaubensgemeinschaften, ohne die umstrittene Frage nach dem »wahren Glauben« zu entscheiden. »Nicht Theologen haben damals eine Lösung gefunden, sondern Politikern war es gelungen, ein eigentlich unlösbares Problem zu regeln«, bewertet der Historiker Johannes Burkhardt das Zustandekommen des Augsburger Religionsfriedens. »Es war das erste Mal, dass für eine weltanschauliche Unstimmigkeit eine politisch-rechtliche Lösung ohne Gewaltanwendung gefunden wurde.«

Dieses System des »Landesherrlichen Kirchenregiments« wurde durch das aufkommende Presbyterial- und Synodalwesen sowie durch das allmähliche Auseinandertreten von Staat und Kirche im 19. Jahrhundert gelockert. Erst mit dem Ende der deutschen Monarchie 1918, mit der Weimarer Reichsverfassung von 1919 sowie mit den eigenständigen evangelischen Kirchenverfassungen der folgenden Jahre kam es zu einer völligen Trennung von Kirche und Staat.

2. Die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Niederlande (1581)

Einen ungeliebten Herrscher konnte ein Volk seit alters her durch Aufstand, Revolution und Krieg beseitigen. Die Vereinigten Niederlande fanden am Ende des 16. Jahrhunderts einen neuen Weg der Befreiung, indem sie ihrem König von sich aus den Gesellschaftsvertrag zwischen König und Untertanen aufkündigten und so eine Republik schufen, die zum Vorbild für andere Staaten werden sollte.

Die »Niederen Lande« waren seit dem Mittelalter ein Teil des Heiligen Römischen Reiches gewesen. Politisch bestimmend in den Niederlanden waren die Städte, die durch Handel zu Reichtum gekommen waren und sich zu größeren politischen Verbänden zusammenschlossen. Da die Niederlande ein Teil des Habsburgischen Imperiums waren, kamen sie zu Beginn des 16. Jahrhunderts unter die Herrschaft Karls V., der das Land in siebzehn Provinzen aufteilte. Gegen die Herrschaft der Spanier organisierten sich die Niederlande mit dem Adel, den Bürgern und der Geistlichkeit in den Generalständen. In der Reformation zum Großteil calvinistisch geworden, standen diese im Gegensatz zu den katholischen spanischen Habsburgern, die auf eine zentralistische Verwaltung und auf die Durchsetzung des katholischen Glaubens bedacht waren.

Ab 1568 begann sich die niederländische Widerstandsbewegung gegen die Spanier militärisch unter der Führung Wilhelms von Oranien zu formieren. Am 19. Juli 1572 kamen die Vertreter der Generalstände in Dordrecht, der ältesten Stadt der Niederlande, zusammen, um Wilhelm von Oranien als Statthalter anzuerkennen. Wilhelm machte die Akzeptanz seiner Wahl von verschiedenen Umständen abhängig, darunter von der Gewährung der Religions- und Versammlungsfreiheit in den ihm unterstellten Gebieten, insbesondere auch für die Katholiken in den südlichen, an Frankreich angrenzenden Provinzen.

Die Dordrechter Ständeversammlung stellt damit erstmals zwei wesentliche Grundrechte des Menschen als Maßstab in der Politik fest. Es war die erste verbriefte Gewährung von solchen Grundrechten durch einen Staat im modernen Sinne und durch eine »verfassunggebende Versammlung«. Die Grundlage bildete die Festlegung der Volkssouveränität durch Wilhelm, in der zum Ausdruck gebracht wurde, dass das Volk eine »auctoritas« habe. Daran schlossen sich ein Gesellschafts- und Herrschaftsvertrag Wilhelms an, mit dem ausdrücklich bekundeten Willen, gemeinsam den Spaniern und der Inquisition zu widerstehen.

Diese Formulierungen wurden in der Folge immer wieder für Verträge der Vereinigten Niederlande verwendet, so beim Zusammenschluss der niederländischen Provinzen in der Genter Pazifikation 1576 und der Utrechter Union 1579.

1581 vollzogen die niederländischen Staaten den endgültigen Bruch mit dem spanischen König und machten den entscheidenden Schritt zur Unabhängigkeit, als sie in der »Acte van Afzwering« (Akte der Abschwörung), die einen Teil des »Plakkaat van Verlathinge« (Unabhängigkeitserklärung) darstellt, dem Landesherren abschwörten und sich damit endgültig von Spanien lösten.

Diesem Dokument geht eine umfangreiche Präambel voraus, welche die Form einer juristischen Rechtfertigung, ausgedrückt als Anklage gegen den spanischen König Philipp, annimmt. Diese Präambel gründet sich auf die Schrift »Vindiciae contra tyrannos« von Philippe de Mornay und auf andere Werke der als »Monarchomachen« bezeichneten Staatstheoretiker, welche die Auffassung vertraten, dass die Herrschaftsgewalt des Monarchen durch die Rechte der Stände, welche die Vertretung des Volkes sind, beschränkt sei. Eine der zentralen Thesen der Monarchomachen war, dass ein seine Macht missbrauchender, tyrannischer Herrscher abgesetzt oder auch getötet werden könne.

Die niederländischen Stände sahen dies im »Plakkaat van Verlathinge« pragmatischer und beriefen sich bei der Absetzung des Königs auf Quellen und alte Rechte. In ihrer Meinung, man könne einen Herrscher, der den Gesellschaftskontrakt zwischen sich und seinen Untertanen nicht erfüllt habe, beseitigen oder absetzen, war die niederländische Verfassung die erste, die dies aussprach. Ihre Ideen sollten sich zweihundert Jahre später die Gründungsväter der Vereinigten Staaten von Amerika zum Vorbild nehmen, um sich vom englischen König Georg III. loszusagen.

Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Niederlande (1581)
Präambel

Ein Volk ist nicht wegen des Fürsten, sondern ein Fürst um des Volkes willen geschaffen; denn ohne das Volk wäre er ja kein Fürst. Er ist dazu da, dass er seine Untertanen nach Recht und Billigkeit regiere und sie liebe wie ein Vater seine Kinder. Dass er treu walte, wie ein Hirte über seine Herde. Behandelt er sie aber nicht so, sondern bloß wie Sklaven, dann hört er auf, ein Fürst zu sein, und ist ein Tyrann. Die Untertanen aber haben das Recht, nach gesetzlichem Beschluss ihrer Vertreter, der Stände, wenn kein anderes Mittel mehr übrig ist und dass sie durch keine Vorstellung ihrer Not irgendwelche Versicherungen der Freiheit für Leib und Gut, für Weib und Kind von dem Tyrannen erlangen können, diesen zu verlassen.

Unter dem Vorwand der Religion hat der König von Spanien eine Tyrannei einzurichten versucht, und, ohne auf irgendeine Vorstellung des Landes zu achten, dessen Privilegien verletzt, den Eid gebrochen, den er auf deren Erhaltung geschworen. Und so erklären wir jetzt den König von Spanien verlustig jeden Anspruchs auf die Herrschaft in den Niederlanden; wir entbinden hiermit alle Amtsleute, Obrigkeiten, Herren, Vasallen und Einwohner von dem einst dem König von Spanien geleisteten Eid des Gehorsams und der Treue und befehlen allen Beamten, fortan den Namen, die Titel und die Siegel des Königs von Spanien nicht mehr zu gebrauchen und einen neuen Eid abzulegen, des Inhalts, uns treu zu sein gegen den König von Spanien und allen seiner Anhänger.

Mit diesem Dokument hat in der Neuzeit erstmals ein Volk seinem König von sich aus abgeschworen und ihn für abgesetzt erklärt. Dennoch hielten sich viele Beamte nicht daran und traten lieber von ihren Ämtern zurück als den König zu verlassen. In der Folge fielen die südlichen katholischen Provinzen ab und die Vereinigten Niederlande bestanden nur noch aus den sieben nördlichen protestantischen Provinzen.

Dennoch hatten die Verfasser des »Plakkaats van Verlanthinge« ihren Schritt zunächst nicht bis zur vollen Konsequenz durchdacht. Man suchte einen neuen Herren oder König, den man aber nicht fand, da sich kein ausländischer Souverän in einen politischen Gegensatz zu Philipp II. von Spanien begeben wollte. Nachdem Wilhelm von Oranien 1584 einem Mordanschlag zum Opfer gefallen war, lehnte es Königin Elisabeth I. von England ab, neue Herrin der Niederlande zu werden; auch dem von ihr ausgesandten Statthalter Robert Dudley, Earl von Leicester, war kein Glück beschieden. Nach Leicesters Abreise 1587 übertrugen die Generalstaaten das Recht der Souveränität auf sich selbst und machten die sieben Vereinigten Provinzen zur Republik.

Die niederländische Erklärung zur Absetzung eines Tyrannen hatte einen grundlegenden Einfluss auf Thomas Jefferson, einen der Verfasser der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Es ist anzunehmen, dass die Niederländische Unabhängigkeitserklärung durch mehrere Kopien in Amerika bekannt war, und die bereits einmal erfolgte Absetzung eines Königs durch das Volk war für die auf Rechtssicherheit bedachten Verfasser der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung der Präzedenzfall, den sie benötigten, um eine Republik unter Absetzung des bisherigen Souveräns zu gründen. Damit hat die niederländische Unabhängigkeitserklärung durch die Amerikanische Verfassung bis heute ihre Bedeutung bewahrt.

3. Der Friede von Münster und Osnabrück – Westfälischer Friede (1648)

Einmal gewährte Freiheiten und Menschenrechte haben keine Garantie, dass sie für immer gelten. Im Gegenteil, es gab immer wieder Personen und Mächte, welche diese wieder revidieren und zurücknehmen wollten. Im Westfälischen Frieden von 1648 wurden keine neuen Freiheiten begründet, aber die rund achtzig Jahre zuvor in Augsburg vereinbarten weiter bekräftigt. Zugleich wurde dabei ein erstes Modell internationaler Konfliktbewältigung und Friedenssicherung versucht und ein erstes deutsches Grundgesetz geschaffen.

Der Friede von Münster und Osnabrück, genannt der Westfälische Friede, wurde am 24. Oktober 1648 gleichzeitig in Münster und Osnabrück unterzeichnet. Der Vertrag beendete nicht nur den Dreißigjährigen Krieg und die spanische Hegemonialstellung in Europa, sondern stellte auch einen ersten Versuch einer neuzeitlichen europäischen Friedensordnung dar.

Der Dreißigjährige Krieg von 1618 – 1648 setzte sich zusammen aus einer Vielzahl von verschiedenen, miteinander verschränkten konfessionellen, verfassungs- und mächtepolitischen Konflikten, in die fast alle europäischen Mächte verwickelt waren. Der Krieg begann 1618 mit dem Prager Fenstersturz, als die protestantischen böhmischen Stände die Kaiserlichen Statthalter aus den Fenstern der Prager Burg stürzten. In der Folge verheerten die Soldaten des Kaisers, Frankreichs und Schwedens das Reich, das in den dreißig Jahren des Krieges fast ein Drittel seiner Einwohnerzahl verlor. Die Auseinandersetzungen spielten sich unter dem Vorwand der Konfessionen in einer Auseinandersetzung von katholischer Majestät gegen protestantische Fürsten, und andererseits im Gegensatz von Reich gegen Frankreich und Schweden ab. Nach 1640 führte der Krieg zu einer weitgehenden Erschöpfung der verfeindeten Parteien, sodass klar wurde, dass man den Krieg mit einer gewaltigen diplomatischen Kraftanstrengung, welche nicht nur territoriale, sondern auch religionspolitische Fragen lösen sollte, beenden musste.

Bei den Verhandlungen von 1643 bis 1648 im katholischen Münster und evangelischen Osnabrück – Katholiken und Protestanten wollten sich nicht Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen – waren Gesandte fast aller europäischen Mächte, der einzelnen Reichsstände und des Papstes beteiligt. Die Friedensverträge von Münster und Osnabrück waren völkerrechtliche Verträge und wirkten zugleich als ein erstes Reichsgrundgesetz.

Die beiden Vertragswerke beendeten den Dreißigjährigen Krieg und schufen die Grundlage für die weitere politische und religiöse Entwicklung in Deutschland. Neben der Vielzahl der Einzelregelungen ist eines der wichtigsten Ergebnisse die Lösung der Konfessionsfrage im Reich durch gegenseitige Toleranz. Mit dem Vertrag wurde die Gleichberechtigung der protestantischen und katholischen Gebiete festgelegt. Dies stellte die Grundlage für die weitere politische Entwicklung im Reich dar und bedeutete eine beginnende Trennung von Politik und Kirche in den protestantischen Territorien. Die protestantischen Fürsten wurden damit unabhängig vom Kirchenrecht, weshalb der Papst die Anerkennung des Westfälischen Friedens verweigerte.

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