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Don Camillo und seine Spelunke

Es war spät, und wir waren hungrig, als wir im Hotel in Pisa ankamen. »Das wird schwierig«, meinte der Hotelangestellte, »aber bei Camillo bekommt ihr vielleicht noch etwas. Ich kenne ihn, grüßt ihn von mir, und er wird euch nicht wegschicken. Aber avanti!« Erste Straße links, dann das zweite Restaurant auf der rechten Seite, lautete die eindeutige Wegbeschreibung.

Die Gaststätte sah nicht sonderlich Vertrauen erweckend aus. Es war eher eine Art Imbissstube mit ein paar Resopaltischen. »Es gibt nur Pizza«, sagte der Wirt zur Begrüßung. Warum nicht? Schließlich waren wir in Italien. Ob er Camillo sei, fragte ich den Wirt, und er nickte stumm. Ich solle ihn von seinem Freund an der Hotelrezeption grüßen, meinte ich und wunderte mich nicht über seinen erstaunten Blick.

Am Nachbartisch saß ein Tonio vor einer halb vollen Dreiliterflasche Rotwein, ihm gegenüber sein Freund Marco, der seine Flasche offenbar schon leer getrunken hatte und bemüht war, nicht vom Stuhl zu rutschen. War das eine Inszenierung für Touristen, um die Klischees vom stets Rotwein trinkenden Italiener zu bestätigen? Andererseits kann man in Irland jederzeit in einen Pub gehen und glasigaugige Männer vor schwarzem Bier finden, ohne dass es inszeniert werden müsste. In den meisten Klischees steckt eben ein Körnchen Wahrheit.

Die Pizza war tadellos, und die Halbliterkaraffe Chianti – ich hatte in Anbetracht des Nachbartischs vorsichtshalber einen kleinen Wein bestellt – war es auch. Dann kamen weitere Gäste: drei Irinnen, die offenbar mit demselben Flugzeug aus Dublin gekommen waren. Camillo fing sofort an, ihnen Komplimente zu machen. Ah, diese Italiener.

Schließlich gab er ihnen einen Sambuca aus. Ob wir auch einen wollten, fragte er. Ich hätte lieber einen Grappa, sagte ich. Es gab aber nur Sambuca. Nach dem zweiten Schnaps schaute Camillo mich listig an und fragte: »Du willst Grappa?« Dann verschwand er aus dem Laden, ging zu seinem Auto und kam mit einer Flasche Grappa zurück. »Die hat meine Exfreundin vor vier Monaten im Auto liegen lassen«, sagte er. »Jetzt ist die Trauerzeit vorbei.« Mit diesen Worten zog er die Metalljalousie vor der Eingangstür herunter. Es wurde eine lange Nacht.

Der Hotelangestellte vergrub bei unserer Rückkehr die Hände im Gesicht und stöhnte: »Ich sehe es euch an: Ihr seid bei Francesco gewesen, der übelsten Spelunke Pisas. Als ich sagte, ihr sollt das zweite Restaurant auf der rechten Seite nehmen, ahnte ich nicht, dass ihr diesen Laden mitzählen würdet. Gelten Schnellimbisse in Irland als Restaurants?«

Aber der Wirt habe doch bestätigt, dass er Camillo sei und sich über die Grüße gefreut. »Ihr habt Francesco von mir gegrüßt?«, fragte der Rezeptionist entsetzt. »Wollt ihr meinen Ruf ruinieren? Hättet ihr nach dem Papst gefragt, hätte Francesco auch genickt. Schließlich will er seine Pizza verkaufen.« Die sei aber ausgezeichnet gewesen, sagte ich. Das liege am Grappa des Vergessens, entgegnete er. »Den Grappa flößt Francesco jedem fremden Gast ein, damit er sich später an nichts mehr erinnert, schon gar nicht an die Rechnung. Es war die Flasche seiner Exfreundin, stimmt’s?«

Ralf Sotscheck (12.12.2005)

Alfredissimo auf einem Bein

Was ist bloß gegen Kannibalen einzuwenden? Plädoyer für eine menschlichere Küche

Nachts, wenn ich nicht schlafen kann, wälze ich mich auf meinem Lager hin und her und frage mich: Was wird eigentlich aus Armin Meiwes, dem Kannibalen von Rotenburg? Rotenburg in Hessen übrigens, nicht das viel bekanntere Rotenburg an der Wümme in Niedersachsen. Ebenda logiert während der WM im Sommer die Nationalmannschaft von Trinidad und Tobago.

Das Leben ist ungerecht. Das eine Rotenburg kriegt hippen Besuch aus Übersee, das andere ist für immer und ewig geschlagen mit einem ziemlich unhippen Zwischenfall. Adolf Eichmann ist in Solingen geboren, aber deswegen können die da jetzt auch nicht auf ihrer Homepage schreiben: »Der berühmteste Sohn der Stadt«.

Der Kannibale muss ins Gefängnis, das ist klar. Aber dann? Serienkiller in den USA bekommen ja sofort lukrative Verträge, damit sie ihre Lebensgeschichte aufschreiben, bevor sie hingerichtet werden. Oder Norman Mailer kommt in die Zelle oder Michael Moore oder Susan Sontag. Die ist schon gestorben, schlechtes Beispiel. Aber ein kleiner Kannibale? Kriegt der Besuch von Maybrit Illner? Oder vom linken Weltgewissen Jürgen Elsässer?

Vermutlich wird er ein Kochbuch schreiben, jeder schreibt heute ein Kochbuch. Es gibt ein Kochbuch mit den Henkersmahlzeitenrezepten von Todeskandidaten, geschrieben von einem ehemaligen Koch im Knast von Huntsville, Texas. Es gibt ein Schlampen-Kochbuch, ein Studenten-Kochbuch, ein Weightwatchers-Kochbuch, ein Aldi-Kochbuch und hunderte von Baby-Kochbüchern. Ein FC-Bayern-Kochbuch gibt es leider auch. Dann lieber noch ein Kannibalen-Kochbuch. Dessen Autor hat dann allerdings Mühe, einen Verlag zu finden und wird ganz oft abgelehnt, bis es dann doch bei Gräfe und Unzer erscheint. »Es war eine kontroverse Entscheidung«, wird ein Verlagssprecher sagen, und sein Statement geht im gierigen Schnalzen der Fotoapparate unter.

Selbstverständlich wird es äußerst kontrovers rauf und runter rezensiert und diskutiert, von Ende Juli bis Anfang August ungefähr. Bei Christiansen gibt es einen Abend mit »Wie viel Kannibalismus braucht Deutschland in der Krise?«. Und in der Zeit schreibt Helmut Schmidt: »Wir schneiden uns ins eigene Fleisch. Wir dürfen China nicht unterschätzen.«

Das Vorwort für das Kannibalen-Kochbuch hat Anthony Hopkins für ungefähr 17 Millionen Dollar verfasst, wie der Verlag weder bestätigt noch dementiert. Zu jedem Rezept wird dann angemerkt: »Sie können anstelle des Menschenfleischs auch Rehnüsschen verwenden.« Um Hemmungen abzubauen.

Erstaunlich, dass Kannibalismus fast 300 Jahre nach Jonathan Swifts »A Modest Proposal« immer noch so die Gemüter erregt, und das in einem Land, in dem Karl Schönfelds Schlagertext »Püppchen, Du bist mein Augenstern / Püppchen, hab Dich zum Fressen gern« schon 1929 die Massen begeisterte. Swifts bescheidener Vorschlag bestand darin, die Kinder armer Leute aufzuessen, um die Familien finanziell zu entlasten und der Allgemeinheit etwas Gutes zu tun. Aber Swift war Satiriker, der Kannibale wollte einfach nur essen.

Ich warte jeden Tag darauf, dass sich die FDP endlich stark macht für ihn. Die ist ja immer vorne mit dabei, wenn es darum geht, staatliche Gängelung zu bekämpfen und sich vampiristisch an Modethemen festzusaugen. Dein Bauch gehört mir! Das wäre doch ein Wahlkampfhammer für Baden-Württemberg. Zweistellige Ergebnisse für den Wahlkämpfer Guido Westerwelle, dessen Haut ja auch aussieht, als ob er alles isst.

Das Kannibalen-Kochbuch wäre ein letzter Befreiungsschlag gegen die ewigen deutschen Bedenkenträger. Atomstrom, Stammzellenforschung, Saures Lüngerl »Rotenburg«. Immer züngelt die German Angst hoch, wenn jemand mal die Initiative ergreift. Irgendwann ist er ja doch wieder auf freiem Fuß. Der Kannibale, nicht der Westerwelle natürlich. Der ist ja frei, freidemokratisch.

Hat sich tipptopp geführt, der Meiwes. Er hat die Gefängnisbücherei betreut und eine neue Software für die Ausleihe geschrieben. Ist ja eigentlich Informatiker. Und dann wird er zu »Alfredissimo« eingeladen. Das Stammpublikum merkt sofort, dass der Gastgeber nicht wie sonst einem läufigen Frettchen gleich in Höchstgeschwindigkeit um seinen Mitkoch herumscharwenzelt, sondern bedächtigere, staksigere Bewegungen macht. Irgendwann, während das Gulasch schon im Topf schmurgelt, stellt sich dann die garstige Wahrheit heraus. Alfred Biolek hat nur noch ein Bein. Allerdings müssen auch seine zahlreichen Neider zugeben, dass er samt seiner Prothese keine schlechte Figur abgibt und mit seinem Überraschungsgast den größten Mediencoup der jüngeren Geschichte gelandet hat. Ich aber schlafe dann ein und träume lauter wirres und schreckliches Zeug.

Rob Alef (25.1.2006)

Die zehn Gebote des Frankfurter Allgemeinen Küchenmoses

Moses ist schwer im Kommen. Jüngst wurden die Hartz-»Reformen« mit den Zehn Geboten verglichen, die Moses von Gott empfangen hat. Der für Weltliches aller Art bei Volkswagen zuständige Peter Hartz wäre demnach der Gott, der der rot-grünen Regierung die »Reform«-Gesetze eingeflüstert hat.

Jede Farce erzeugt einen, der sie überbietet. Hartnäckig arbeitet der Gastronomie-Kritiker Jürgen Dollase jede Woche daran, der FAZ-Leserschaft die »Neue Deutsche Schule« der Kochkunst vorzustellen. Über Nacht geht das nicht. Noch im Mai 2007 sagte Dollase den deutschen Köchen, »lebt wohl, ihr Sößchenfreunde!« und bescheinigte ihnen, sie zählten »international nichts mehr«. Aber schon im Juni gingen die Köche daran »sich zu befreien«, und vier Monate später konnte ihr Prophet Dollase das »Regelwerk der neuen Küche« vorlegen. Die zehn Gebote der »strukturalistischen Küche« drehen sich um das, was Kochen – mehr oder weniger gut – seit weit über hundert Jahren auszeichnet: »Alle Elemente einer Kreation werden unter sensorischen Gesichtspunkten präzise aufeinander bezogen.« Genau.

Aber die »Neue Deutsche Küche« hat zwei Erzfeinde. Da ist Frankreich, das immer noch Platz eins beansprucht. Der Anspruch der klassischen französischen Küche wie der Nouvelle Cuisine ist für den Befreiungskrieger der »Neuen Deutschen Küche« nur »ein Instrument der Unterdrückung durch ein letztlich autoritäres Küchenverständnis«. Die Küchen-Napoleone jenseits des Rheins bekommen Dresche und werden eingedeckt mit Hinweisen auf die Segnungen der deutschen regionalen Küchen. Dem Raffinierten und Überkandidelten der Franzosen setzt Dollase Teutonisch-Handfestes entgegen: Labskaus, Matjesfilet auf Schwarzbrot mit rohen (!) Zwiebeln und selbstverständlich alles vom »Schwein von den Ohren bis zum Schwanz.« Bon appétit.

Der zweite Feind der »Neuen Deutschen Schule« ist gefährlicher und heißt Jürgen Dollase. Sein Anspruch, »das Essen vernünftig zu beschreiben«, lenkt zunächst vom Essen ab, denn darüber muss jeder erst eine Runde lachen. Dollases Lieblingswort und Schwungrad »Textur« stammt aus der Textilindustrie. Bei ihm meint es Struktur oder Konsistenz, neben Temperatur und Aroma die wichtigste Eigenschaft alles Gekochten. Eine Trivialität also. Dollase schmiedet aus »Textur«, »Texturspiel« und »Texturbild« papierene Stichwaffen, die fast weh tun in ihrer lächerlichen und Lachreiz auslösenden Prätention. Gebratene Gänsestopfleber mit Karotten an einer Kaffee-Sauce erzeugen »einen wichtigen Effekt der kulinarischen Dekonstruktion, nämlich den erheblich veränderten Blick auf Zusammenhänge durch texturelle Veränderung ihrer Bestandteile«.

Wo »kulinarische Aufklärung« (Dollase über Dollase) so daherkommt, ist der Bluff nicht weit weg. Wer »das Pauillac-Lamm, das Sisteron-Lamm, das Salzwiesen-Lamm« nicht blind unterscheiden kann, hat keine Ahnung davon, wie die »strukturalistische Theorie und Praxis der kulinarischen Konstruktion« funktioniert und wie »die Nussigkeit« von Fisch »perfekt und originell dekliniert wird«. Gehen wir essen? Nein, wir deklinieren noch ein wenig weiter.

Rudolf Walther (13.11.2007)

Deckweiß hilft: das Missgeschick, das ©Tom das Bild und dem Redakteur fast das Essen versaute

Ist es eine Meldung, wenn dem Zeichner durch ein Missgeschick Tusche auf die frische Arbeit schmaddert und das Bild versaut? Normalerweise nicht, denn das kommt öfter vor. Meldepflichtig wird es jedoch dann, wenn das fünf Minuten vor Redaktionsschluss passiert, der Redakteur auf glühenden Kohlen sitzt, weil garantiert gleich jemand aus der Produktionskontrolle anruft (»Mach ma’ hinne!«) – und es garantiert nachher kein Mittagessen mehr geben wird. Schließlich kann er erst dann zur Pause, wenn die Seite fertig ist. Dabei hatte er sich so auf die Penne al salmone gefreut, die auf dem Speiseplan standen und für die er auf das Schulbrot verzichtete, das er sich normalerweise täglich für die Pause zu schmieren pflegte. Doch der Zeichner hatte die Lösung: Deckweiß! Statt die Zeichnung noch einmal neu anzufertigen, übermalte er den hässlichen Tuscheklecks mit dem strahlendsten Weiß seines Lebens. Nun noch ein paar Striche, und die Zeichnung kam gerade noch rechtzeitig. Der Redakteur schwelgte im Glück: Noch nie waren Lachsnudeln so gut wie heute!

(7.1.2008)

Roland Koch aufgegessen

Kannibale von Rotenburg verspeist kurz vor Wahl hessischen Ministerpräsidenten

Ganz Deutschland ist erschüttert. Die Nachricht schlug gestern ein wie eine Bombe: Roland Koch wurde aufgegessen. Wie der hessische Landeswahlleiter Wolfgang Hannappel am Freitagnachmittag auf einer Pressekonferenz in Wiesbaden bekanntgab, wurde der Spitzenkandidat der Christlich Demokratischen Union und Ministerpräsident des Landes Hessen, Roland Koch, Opfer des sogenannten Kannibalen von Rotenburg. In ersten Stellungnahmen zeigten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der SPD-Vorsitzende Kurt Beck betroffen. Die Oppositionsführerin im hessischen Landtag Andrea Ypsilanti (SPD) erklärte: »Ich bin ein Stück weit entsetzt.« Vertreter der Grünen und der Linken sprachen ihr Bedauern über den Vorfall aus. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte eine lückenlose Aufklärung der Tatumstände an und forderte eine Ausweitung der Vorratsspeicherung auf Kannibalen.

Nach ersten Ermittlungen des BKA muss es dem Täter Armin Meiwes gelungen sein, am Freitagmorgen aus der Justizvollzugsanstalt Kassel zu fliehen. Meiwes habe sich zum Wohnort des Ministerpräsidenten begeben und ihn in seinem Haus allein angetroffen. Daraufhin habe Meiwes Koch zerlegt, gekocht und aufgegessen. Ob der für ein ähnliches Delikt bereits einsitzende »Kannibale« Helfershelfer hatte, wollen die Behörden in einer umfassenden Untersuchung klären. Das BKA stellte eine Sonderkommission mit dem Namen »Coq« zusammen, an der 400 Beamte beteiligt sind.

Wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel in seiner Ausgabe am Montag berichtet, habe Meiwes laut Aussagen von Mithäftlingen seit Monaten Salz und Pfeffer gehortet. Meiwes hätte wörtlich geäußert: »Ich habe noch eine größere Mahlzeit vor mir.« Zuletzt hätte sich der »Kannibale« mehrfach enttäuscht darüber gezeigt, dass ihm bei seiner Verurteilung die bürgerlichen Rechte aberkannt worden seien und er bei der Hessenwahl keine Stimme abgeben könne. Meiwes hatte sich im Gefängnis einer von den Grünen unterstützten Häftlingsgruppe angeschlossen, vermutlich auch, um leichter an Bioprodukte und erlesene Gewürze zu gelangen. Wie das Magazin Essen & Trinken vorab meldet, habe Meiwes Ministerpräsident Koch als Coq au vin zubereitet und dafür exquisite Produkte verwendet, die er alle mitgebracht habe.

Nach Polizeiangaben befand sich Roland Koch wegen einer Erkrankung allein zu Hause. Wo sich seine Sicherheitsbeamten aufhielten, ist zur Stunde noch nicht geklärt. Gegen 13.45 Uhr sei die Ehefrau des Opfers nach Hause gekommen und habe eine verschmutzte Küche sowie im Esszimmer Knochen und andere Überreste einer opulenten Mahlzeit vorgefunden. Da ihr Mann verschwunden war, habe sie sofort die Mitarbeiter der Senatskanzlei verständigt, die eine Gewalttat ausländischer Jugendlicher vermuteten. Eine eilig eingeleitete Fahndung konzentrierte sich jedoch schnell auf den seit dem frühen Morgen flüchtigen Meiwes, der allerdings wegen des schweren Essens nicht weit kam. Er wurde am Freitagnachmittag von einem Spezialkommando der Polizei in der Frankfurter Freßgass festgenommen, wo ihn einige Börsianer erkannten, die sich zum Wochenschluss des Aktienmarktes mit ein paar Flaschen Champagner über ihre Verluste hinwegtrösteten.

In einer ersten Vernehmung bekannte sich Meiwes zu der Tat, bestritt aber politische Motive. Wie das Magazin Focus berichtet, habe er immer wieder von einem »unbändigen Hunger« gesprochen, der durch die Nahrung in der Justizvollzugsanstalt nicht gestillt werden könnte.

»Ich weiß nicht, ob das lecker war«, sagte der bekannte Fernsehkoch Horst Lichter der Nachrichtenagentur dpa. Gegenüber den »RTL II News« erklärten Teilnehmer der Sendung »Das perfekte Promi-Dinner«, dass sie Koch nicht gern als Coq au vin essen würden. Der Gastrokritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Jürgen Dollase, allerdings sprach von einer »interessanten Textur der Sauce«, die ihm ein Informant übermittelt habe.

Wie es nun in Hessen weitergeht und wann die Landtagswahl stattfindet, ist noch völlig ungewiss. Ob die CDU auch ohne Koch wieder mit dem Thema innere Sicherheit in den Wahlkampf zieht, konnte unter dem Schock der Ereignisse in der Partei niemand sagen. Der potenzielle Nachfolger Kochs, Innenminister Volker Bouffier, kündigte jedoch eine »schonungslose Auseinandersetzung« an über die Frage, ob »Grüne und Kommunisten die Finger im Spiel hatten«.

In Frankfurt am Main kam es derweil zu unschönen Szenen in den Straßen der Problemviertel. Nachdem die Nachricht von der Verspeisung Roland Kochs bekannt wurde, zogen hunderte Mitglieder arabisch-türkischer Jugendgangs durch die Mainmetropole und verteilten unter lautstarken Jubelgesängen Bonbons und andere Süßigkeiten an Passanten – »als Nachtisch«, wie es hieß.

Michael Ringel (26.1.2008)

40.000 Jahre Durst

Archäologen finden ältestes Werkzeug Ostfrieslands

Gestern präsentierten Archäologen im ostfriesischen Ort Hesel das älteste archäologische Fundstück Ostfrieslands. Dabei handelt es sich um ein etwa 40.000 Jahre altes Werkzeug aus Feuerstein. Seine Form erinnere an die Maus eines Computers, laufe aber an beiden Enden spitz zu, beschreiben die Archäologen das Objekt. Lebensuntüchtig wie Archäologen sind, wissen sie allerdings nicht, wozu der noch heute messerscharfe Stein verwendet wurde. Dabei muss man nur den ostfriesischen Nationalsport Nummer eins kennen, um zu wissen, wofür das historische Alltagsgerät diente. Das 40.000 Jahre alte Ding ist ein Flaschenöffner. Denn ohne Öffner hätten die alten Ostfriesen ja die Kronkorken nicht von den Bierflaschen bekommen und wären elendig verdurstet. Damals war der Bügelverschluss mit dem »Plopp« schließlich noch nicht erfunden.

(18.9.2008)

Das Wetter: das Fußpils

In dem kleinen westfälischen Städtchen Nottuln gibt es seit Jahrhunderten eine ganz besondere Spezialität: das Fußpils. Beim Fußpils handelt es sich um ein Gebräu aus dem, was sich die Nottulner alljährlich bei einem großen Fest unter den langen Zehennägeln hervorschaben, der Hornhaut und dem Wasser, in dem die Nottulner zu diesem Anlass einmal im Jahr gemeinsam ihre Füße waschen. Dieses Gemisch lässt das drollige Völkchen ein paar Monate gären – und fertig ist das hochprozentige Fußpils, mit dem sich die Nottulner für den Rest des Jahres betrinken. Das ist dann ein Grunzen und Rülpsen, ein Stampfen und Lallen, ein Rempeln und Schieben, dass es nur so eine Art hat. Bis zum nächsten Fußpilsfest. Wohl bekomm’s!

(12. 11. 2008)


Feinde & Freunde

Wahre Schreibtische: Corinna Stegemann – oder Stille Stunden mit Pferdewecker und Lothar, dem Roboter


Auch wenn es auf den ersten Blick so aussehen mag: Dies ist nicht der Arbeitsplatz des zwölfjährigen Schülerpraktikanten. Hier residiert die Redakteurin selbst. Jeden Abend, wenn Corinna Stegemann von einem anstrengenden und aufreibenden Tag in der Wahrheit nach Hause kommt, entspannt sie sich für ein kurzes Viertelstündchen beim Internet-Chat (1). Um nicht erkannt zu werden, trägt sie dabei eine Sonnenbrille (2). Der rosafarbene Wecker von Wendy (3), dem Fachblatt für Mädchen und Pferde, sorgt dafür, dass sie den Arbeitsbeginn am nächsten Morgen nicht versäumt. Mit dem Faxgerät (4) hat schon Gaius Julius Cäsar den Galliern den Krieg erklärt. Es hat aber ein eingebautes Telefon – und darauf kann ebenso wie auf die beiden Mobiltelefone und die fünf Fernbedienungen (5) auf dem Beistelltisch trotz Internet-Chat nicht verzichtet werden.

Nur vor der geheimnisvollen chinesischen Mixtur mit noch geheimeren Ingredienzien (6, hier etwas verborgen im Geheimversteck) hat Corinna Stegemann ein wenig Respekt. Besser stehen lassen, man weiß ja nie. Das Auge (7) sieht indes alles, bei den Tentakeln dahinter handelt es sich nicht um Nervenstränge, sondern um die Zimmerpflanze. Der schicke Pferdekalender (8) beeindruckt Godzilla (9) überhaupt nicht – so wie es aussieht, schimpft er wie ein Rohrspatz auf Lothar. Nein, nicht auf den Mann auf dem Foto (10). Das ist Rainer Brandt – der Mann, der schon vielen Hollywood-Stars eine deutsche Stimme gegeben hat.

Lothar (11) ist der private Hausroboter der Wahrheit-Redakteurin – und längst nicht so depressiv wie Marvin aus »Per Anhalter durch die Galaxis«. Auch setzt er sie beim Schreiben ständig lautstark unter Druck: Wenn sie trödelt, spricht, läuft und schießt Lothar – und dreht sich dabei immerfort blinkend um die eigene Achse. King Kong, der batteriebetriebene Bleistiftspitzer aus Hongkong (12), spitzt ihn auch noch an.

Als nächstes will Corinna Stegemann Lothar beibringen, angelieferte Autorentexte zu redigieren und in Form zu bringen. Dann ist es endlich so weit, dann nimmt sie ihn mit zu Konzerten von Schwermetall-Bands, in den Wahrheit-Klub, auf die Frankfurter »Buchmesse« und andere große Kulturereignisse. Die Backstage-Pässe (13) hängen schon an der Wand.

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