Читать книгу: «Mütter der Neuen Zeit»

Шрифт:

Sabine Mänken (Hrsg.)

MÜTTER DER NEUEN ZEIT

Wir plädieren

für eine

kindgerechte Entwicklung


Bücher haben feste Preise.

1. Auflage 2020

Sabine Mänken (Hrsg.)

Mütter der Neuen Zeit

© Neue Erde GmbH 2020

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlag:

Foto: Tanya Little/shutterstock.com

Gestaltung: Dragon Design, GB

Satz und Gestaltung:

Dragon Design, GB

Gesetzt aus der Minion und der Univers

eISBN 978-3-89060-345-2

ISBN 978-3-89060-778-8

Neue Erde GmbH

Cecilienstr. 29 · 66111 Saarbrücken

Deutschland · Planet Erde

www.neue-erde.de

Widmung

Nun ist es vollendet, dieses Buch Mütter der Neuen Zeit. Und ich sehe und erkenne die Frucht einer Lebensgeschichte, die nicht zuletzt durch mein Lernen und Wachsen an meinen Kindern gereift ist. Sie sind mit mir durch Licht und Dunkelheit gegangen und haben immer wieder in ihrer kindlich reinen Liebe und Hoffnung auf die bestmögliche Mutter Wandlung in mir möglich gemacht.

Ihnen, Jan Thiemo, Maike Lou und Niklas Leander, ist dieses Buch gewidmet.

Eure Kinder sind nicht eure Kinder.

Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht

des Lebens nach sich selber.

Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,

und obwohl sie mit euch sind,

gehören sie euch doch nicht.

Ihr dürft ihnen eure Liebe geben,

aber nicht eure Gedanken,

denn sie haben ihre eigenen Gedanken.

Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben,

aber nicht ihren Seelen.

Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen,

das ihr nicht besuchen könnt,

nicht einmal in euren Träumen.

KHALIL GIBRAN

Inhalt

Vorwort von Gerald Hüther

Vorwort von Dr. Rainer Böhm

Einführung von Sabine Mänken

Die Kunst der Mütterlichkeit · Dr. Sara Tröster Klemm

Dabeisein ist alles · Lini Lindmayer

Fremdbetreuung darf sich nicht fremd anfühlen · Isabell Melzer

Das erste Jahrsiebt – Basis für Selbstannahme und Weltbeziehung · Dr. med. Susanne Hofmeister

Auf der Reise zu uns selbst · Julia Wittor

Hebammen am Limit · Anja Lehnertz

Herzensentscheidung · Lena Bergmann

Das Wunder des Gebärens · Jamina Ruth Hildegard Ehrhardt

Mein Plädoyer für ein freies Leben mit Kind · Nancy Matschke

Das Elterngeld – Ungleicher »Lohn« für gleiche Arbeit · Gertrud Martin

Wir brauchen Mutterliebe, keine Kindergärten! · Ille Bläse

Die unbezahlte Arbeit von Müttern – eine Historie · Wiltraud Beckenbach

Berufung Mami · Jenniffer Ehry-Gissel

Gute erste Kinderjahre · Gisela Geist

»Du kannst doch nicht…« »Und ob ich kann!« · Marion Hackl

Schwierige Kinder – Ein Perspektivwechsel · Danielle Stephano

Begleiten statt Erziehen · Elisabeth Glöckner

Vom Generationenvertrag zum Generationenbetrug · Dr. Johannes Resch

Deine Berufung – dein Platz – deine Erfüllung · Lydia Islami

Von der Nachahmungswürde · Heidrun Hamel

Fürs Dasein entschieden… · Lini Lindmayer

Mit der Stimme berühren · Christine Veicht

Die heilige Mutter-Kind-Verbindung · Andrea Diaz Caceres

In Beziehung sein mit dem Kind · Sabine Mänken

Selbstbetreuung ohne Grenzen · Dorothee Dätwyler

Matrifokalität – Die Revolution im Kopf · Dr. Kirsten Armbruster

Das Wertvollste möchte ich euch schenken · Anne Bernecker

Für eine friedfertige und demokratische Zukunft · Dr. med. H.-J. Maaz

Mutter werden – Mutter sein · Anja Fourmont

Das kleine Kind als seelisch-geistiges Wesen · Ariane Eisenhut

Ein Zuhause haben · Angelika Zielonka

Motive der Waldorfpädagogik · Dr. phil. Angelika Wiehl

Wachsam sein für unsere Kinder · Sandra Heim

Ungeborene haben keine Stimme · Dr. Almut Paluka

Pionierin in der Neuen Zeit · Lotte W. (Anonym)

CARE-Revolution · Aura-Shirin Riedel

Es gibt immer einen Weg · Julia Schirmer

Geburt gehört den Müttern · Sarah Schmid

Muttersein – Verantwortung als heilige Aufgabe! · Marjam Beyg

Von Natur aus immun · Anja Tochterm « ann

Leuchtturm sein für ein natürliches Leben · Nadine Wenger

Vom Spiel zur Kunst und zum freien schöpferischen Menschen · Patricia Aymara Bailer

Nachwort von Sabine Mänken

Danksagung

Über die Herausgeberin

Vorwort
von Gerald Hüther

Als wir einander vor einigen Jahren zum ersten Mal begegnet sind, fragte mich Sabine Mänken, was geschehen müsste, damit es im Gehirn von Erwachsenen zu einem Umbau all jener Nervenzellverschaltungen kommt, die das Denken, Fühlen und Handeln der betreffenden Person steuern. »Ihre innere Einstellung müsste sich verändern«, antwortete ich, »und das geschieht immer dann, wenn diese Person etwas anderes im Leben als wesentlich, als wertvoller, als bedeutsamer zu betrachten beginnt als das, was ihr bisher als besonders wichtig erschienen war.« Aber wie verändert sich diese subjektive Zuschreibung von Bedeutsamkeit?

Interessanterweise hat sich durch die Corona-Krise bedingten Schließungen von Krippen, Kitas und Schulen in vielen Familien genau das ereignet. Fast alles, was bisher ganz normal war, ist dadurch völlig durcheinandergekommen. Es waren vor allem die Mütter, die sich um ihre nun nicht mehr in diesen Einrichtungen untergebrachten Kinder gekümmert haben. Manche sind dabei an ihre körperlichen und seelischen Grenzen gestoßen. Die meisten haben einfach nur durchzuhalten versucht, bis der ganze Spuk vorbei war. Aber manche haben ihre eigenen Kinder auch ganz neu kennengelernt.

»Ich habe mich wieder in mein Mariechen verliebt«, berichtete mir eine Mutter, die ganz fasziniert von ihrer dreijährigen Tochter war. Plötzlich hatte sie Zeit für ihr Kind, konnte zuschauen, wie es jeden Tag etwas Neues hinzulernte, wie begeistert es als kleine Entdeckerin und Gestalterin unterwegs war – und wie glücklich die kleine Marie war, dass sie der Mama zeigen konnte, was sie alles gemacht und gelernt hatte, was sie im Inneren bewegte und wie sehr sie sich über das Zusammensein mit ihr freute. »Ich muss noch herausfinden, wie es gehen kann, aber dass ich meine kleine Marie wieder jeden Tag in eine Einrichtung bringe und gar nicht mehr erleben kann, wie sie sich entfaltet, fast so wie eine Knospe, die aufzublühen beginnt, das kommt für mich nicht mehr in Frage.«

Das war es, was ich Sabine Mänken gar zu theoretisch als »veränderte subjektive Zuschreibung von Bedeutsamkeit« zu erklären versucht hatte. Aber ich bin sicher, dass sie schon damals sehr gut verstanden hatten, was ich meinte. Denn Menschen brauchen ja nicht unbedingt so eine schwere Krise, um den eigenen Blick zu öffnen und auf die Idee zu kommen, dass selbst das perfekteste Funktionieren in einem Hamsterrad nicht das ist, worauf es im Leben wirklich ankommt. Geschweige denn, dass es glücklich macht.

Dieser eigene Blick öffnet sich von ganz allein, wenn eine Mutter Gelegenheit bekommt, sich das anzuschauen, was andere Mütter in ihrem Leben als besonders wichtig erachten und wie sie es dann umzusetzen versuchen. Genau solche Geschichten hat Sabine Mänken in diesem Buch zusammengetragen. Jede einzelne dieser einundzwanzig Mütter berichtet, wie sie auf ihre Weise jeweils genau das zu verwirklichen versucht hat, was ihr in ihrem Leben wirklich bedeutsam, also wichtiger als alles andere ist.

Schauen Sie rein, fangen Sie irgendwo zu lesen an; ich bin sicher, Sie finden eine ganze Reihe Mütter der Neuen Zeit, die sich um das gleiche bemühen, was auch Ihnen – selbst dann, wenn es zwischenzeitlich etwas verschüttet war – wirklich am Herzen liegt.

Göttingen, im Juni 2020

Gerald Hüther

Vorwort
von Dr. Rainer Böhm

Ich danke der Herausgeberin Sabine Mänken für die Einladung, ein Vorwort zu dem vorliegenden Buch zu verfassen, und fühle mich geehrt, als Mann und als Vater den Müttern der Neuen Zeit ein Geleitwort auf den Weg geben zu dürfen.

Wir durchleben eine besondere Zeit, eine Zeit, die charakterisiert ist von der Jagd nach unablässigem, zwanghaftem ökonomischem Wachstum, von einer permanenten, digital beschleunigten Steigerungslogik, wie sie der Sozialphilosoph Hartmut Rosa in seinen Werken eindringlich beschreibt. Der neoliberale Kapitalismus bemächtigt sich in einer scheinbar unaufhaltsamen Dynamik natürlicher Ressourcen, um Renditen und Konsum in schwindelerregende Höhen zu treiben. Die unvermeidlichen Nebenwirkungen spüren wir zunehmend, unter anderem in Form von Klimawandel und Biodiversitätsverlusten. Das System stößt immer stärker an planetare, existenzbedrohende Grenzen.

Es sind aber nicht nur die materiellen Ressourcen, die diese Maschinerie befeuern, es sind auch die Zeit und die Energie des Menschen, die unablässig in den Sog dieses Wirbels geraten. Eine dieser menschlichen Ressourcen ist die Zeit, die wir als Eltern unseren Kindern widmen. Aus unserer Sicht und der Sicht unserer Kinder ist diese gemeinsame Zeit eine langfristige Zukunftsinvestition, aus kapitalistischer Sicht hingegen eine ineffiziente Verschwendung von Potenzial für kurzfristiges Wirtschaftswachstum. Der schönfärberische Begriff der »Vereinbarkeit von Familie und Beruf« als Leitbild unserer sogenannten Familienpolitik kennt daher faktisch nur eine Stoßrichtung: weniger Familienzeit, mehr Erwerbstätigkeit.

Die Gruppe, die hierunter am unmittelbarsten und stärksten zu leiden hat, sind unsere jüngsten Kinder. Die unter dem Vereinbarkeits-Paradigma und dem taktischen Schlagwort der frühkindlichen Bildung vorangetriebene Defamilisierung und Institutionalisierung hat mittlerweile auch die allerersten Lebensjahre erreicht. Betreuungsgarantie ab Geburt, 24/7-Kitas und umfassende »Ferienspiele« sind als nächste dystopische Elemente bereits in der Diskussion.

Gleichzeitig liefern uns wissenschaftliche Studien aus verschiedenen Sektoren seit mehr als zwanzig Jahren Resultate, die eigentlich unsere Alarmglocken schrillen lassen sollten. Sorgfältig konzipierte Untersuchungen zeigen uns immer wieder, dass die frühkindlichen Gruppenbetreuungskonzepte vor dem Alter von drei bis vier Jahren mit einem erheblichen Risiko für Gesundheit und Wohlbefinden verbunden sind – in Form übermäßiger Stressbelastungen und langfristiger Verhaltens- und Persönlichkeitsstörungen.

Die einzigartige individuelle Zuwendung, die in dieser Intensität nur die elterliche Liebe zu den eigenen jungen Kindern hervorzubringen vermag, lässt sich durch noch so ausgefeilte pädagogische Konzepte in »Sternchen-Kitas« nicht ersetzen. Der Bindungstheorie kommt das große Verdienst zu, diesem psycho-spirituellen Phänomen der Eltern-Kind-Liebe auch Widerhall in den modernen Naturwissenschaften verschafft zu haben.

Als Kinderarzt und Sozialpädiater bin ich mittlerweile über Jahrzehnte in der Kinderschutzarbeit damit konfrontiert, welche gravierenden Folgen Misshandlung, Missbrauch und Vernachlässigung besonders im frühen Lebensalter für Kinder haben können. Gleichzeitig bin ich aber immer wieder davon beeindruckt, wie liebevoll, zugewandt und anregend die große Mehrheit der Eltern mit ihren Kindern umgeht – wenn man sie denn lässt; und dies sogar unter erschwerenden Umständen wie Armut, Migration oder Flucht. Die ausgiebige Erfahrung dieser elterlichen Liebe und Zuwendung ist für alle Kinder ein Grundrecht, das elementar zu ihrer Würde und ihrem Entwicklungspotenzial beiträgt.

Viele Frauen hadern heute mit solchen Überlegungen. Der Kampf gegen patriarchale Machtstrukturen hat die Frauenbewegung gestählt, aber zu einem großen Teil auch von ihren mütterlichen Wurzeln entfremdet. Der Feminismus hat sich indes selbst auch als »Bewegung für alle Schwachen« definiert und sollte sich somit auch für die echten Belange von Kindern – als besonders vulnerabler Gruppe unseres Gemeinwesens – verantwortlich fühlen.

Wir sollten daher nicht nur gemeinsam die »Gläserne Decke« durchstoßen, die Frauen davon abhält, sich Positionen mit großem gesellschaftlichem Gestaltungspotenzial zu erschließen. Wir müssen gleichzeitig verhindern, dass in unserem Haus mehr oder weniger unverhohlen ein »Gläserner Boden« eingezogen wird, der uns als Eltern zunehmend von unseren Kindern trennt und entfremdet. Dieses höchst bedeutsame Ziel wird nicht nur persönliches, familiäres Engagement erfordern, sondern auch publizistische Anstrengungen sowie elterlichen Widerstand und basisdemokratischen Aktivismus.

In diesem Sinne wünsche ich den Müttern der Neuen Zeit für ihre überaus wichtige und verdienstvolle Aufgabe den langfristigen Erfolg, auf den wir alle angewiesen sein werden.

Dr. Rainer Böhm, Kinder- und Jugendarzt, Schwerpunkt Neuropädiatrie Leitender Arzt des Sozialpädiatrischen Zentrums Bielefeld-Bethel

Einführung

Die Natur macht aus dem Menschen bloß ein Naturwesen, die Gesellschaft ein gesetzmäßig Handelndes, ein freies Wesen kann er nur selbst aus sich machen.

RUDOLF STEINER

Wir stehen am Beginn einer Neuen Zeit, deren Morgenröte schon seit vielen Jahren in der Suche nach dem Geheimnis der Potentialentfaltung sichtbar wird. Menschen spüren und verantworten ihre Freiheit im Menschsein, suchen und leben ihren ganz eigenen Weg gemäß ihrer eigenen inneren Stimme. So auch die Mütter, die mehr und mehr gesellschaftliche Vorstellungen über das Muttersein und deren Rollenbilder hinterfragen, egal ob diese in der Tradition familiärer Werte verankert sind oder einem Arbeitsmarkt dienen, der die Mutter zur Berufstätigkeit zwangsemanzipiert. Das Ausrichten der eigenen Biographie auf das Dasein-Können für das Kind macht die moderne Mutterschaft heute zum Entwicklungsweg. Sie nähert sich dem Geheimnis von Sein und Werden. Selbstbestimmt.

Dabei liegt in all den Fragen rund um eine kindgerechte Entwicklung eine besondere Herausforderung. Warum?

Dass Frauen auch Mütter sind, ist selbsterklärend. Doch wurde diese Phase natürlicher und lebensspendender Individuation, die jede Gesellschaft nährt, im Zuge wachsender Technologisierung und Digitalisierung ins Abseits gedrängt, entwürdigt, verleugnet oder gar substituiert. Spätestens seit der Krippenoffensive und der Abschaffung des Nacheheunterhaltes (beides 2008 und nicht zufällig in Zeiten der weltweiten Finanzkrise geschehen) sind die Arbeitszeiten von Müttern dem Arbeitsmarkt einverleibt worden. Die Frau als Mutter wurde ökonomisiert, die Betreuung von Kindern institutionalisiert, die Kindheit also verstaatlicht. Die Mutterschaft ein überholtes Konstrukt? Selbst moderne CARE-Aktivistinnen, deren Anliegen es ist, die Ausbeutung der notwendigen, doch unbezahlten Fürsorgearbeiten zur Diskussion zu stellen, lösen die Frau von ihrer Mutterschaft durch ihre Forderung nach mehr und noch mehr Kitaplätzen. Mütter sollen (sich) nicht mehr sorgen… Ist das die Lösung?

Ich selbst habe als Mutter von drei Kindern erlebt, was es heißt, wenn Fürsorgearbeit vor dem Gesetz bewertet wird, als ob man Ferien machen würde. Auch wenn die Bedürfnisse meiner Kinder nach einem Zuhause, nach Schutz, Geborgenheit und Einfach-sein-Dürfen, nach Sicherheit, individueller Zuwendung und Entfaltung mir immer wieder gezeigt hatten, dass meine Präsenz wesentlich und immer wieder auch unerlässlich war, vermittelt unsere moderne Gesellschaft ein weitreichend anderes Bild. Die finanzielle Wahlfreiheit, Kinder, solange sie es brauchen, im familiären Umfeld betreuen zu können, wurde abgeschafft. Mütter sollen (sich) nicht mehr sorgen? Mit dieser erschütternden Einsicht entschied ich mich, das Buch »Die verkaufte Mutter« herauszugeben, dem sich noch zwei weitere Mitstreiterinnen anschlossen. Mütter endlich selbst sprechen zu lassen, war unser tiefes Anliegen – sie sichtbar zu machen in ihren Motiven, für ihre Kinder da zu sein.

Inzwischen ist die frühe Fremdbetreuung von Kleinstkindern eine Selbstverständlichkeit geworden, auch wenn immer wieder gut begründete alternative Sichtweisen laut werden. Auch in meiner Arbeit als langjährige biographische Begleiterin haben viele Gespräche mit Klienten verdeutlicht, wie die mangelnde Präsenz von Eltern ein lebenslanges Liebesvakuum hinterlässt, das gleich einem fehlenden Boden wesentliche Entwicklungen im Erwachsenenleben hemmt. Doch der ökonomische Druck und die politische und mediale Inszenierung von »Vereinbarkeit« scheinen die Lebensentwürfe von Eltern zu normieren. Jetzt, in Coronazeiten, in denen die Macht staatlicher Eingriffe in einer nie gekannten Weise unseren Alltag prägt, wird das individuelle Antworten fast existentiell. Besonders Eltern müssen sich ihren Kindern gegenüber neu finden. Beruf und Betreuung können nicht gleichzeitig geschehen. Dabei wird deutlich, dass es eben doch die Mütter sind, die dem Sorgen am nächsten stehen. Offensichtlicher denn je werden sie zwischen gesellschaftlichen, politischen und finanziellen Erwartungen einerseits und den Bedürfnissen der eigenen Kinder andererseits zerrieben. Um ihre Kinder zu schützen und mit ihren Kindern Leben wieder lebbar zu machen, brauchen sie einen besonderen Mut.

Denn vergessen scheint, was immer noch Grundrecht ist:

Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft (GG 6,4).

Darum geht es in diesem Buch: der Mutterschaft ihre Würde zurückzugeben. Denn ohne die Mutter gibt es kein menschliches Leben. Und es ist nichts Falsches daran, sich für das Leben zu entscheiden. Der Mut moderner junger Frauen zeigt das. Er inspiriert Lebenswege, die ein Sich-treu-Bleiben möglich machen. Denn letztendlich bleibt, wenn die Hoffnung auf die gute Fremdbetreuung zerbricht, die Frage: Was trägt und nährt uns? Mögen die Berichte in diesem Buch gleich Leuchttürmen wegweisende Erfahrungen vermitteln, die Ihnen, liebe Leserin, weiterhelfen können. Einundzwanzig Mütter haben dafür ihre Einsichten auf der Suche nach einer stimmigen Betreuung für ihr Kind niedergeschrieben. In welcher Spannung sie sich dabei zwischen Außen und Innen, zwischen eigenen und fremden Glaubenssätzen und dem liebenden Blick auf das eigenen Kind befinden, macht den Entwicklungsauftrag sichtbar, den die Neue Zeit heute mehr denn je von uns einfordert. Denn der Graben zwischen einem gesellschaftlichen Einheitsparadigma und dem Wachsen in eine individuelle Freiheit – nicht zuletzt auch für unsere Kinder – scheint sich immer weiter zu öffnen.

Dies verdeutlichen auch die einundzwanzig kurzen Berichte von Experten, die sich Themen wie Bindung, Nachahmung, das erste Jahrsiebt, freies Spiel, aber auch politischen Themen wie Elterngeld, Patriarchatskritik, Generationenvertrag oder Care-Revolution widmen. Sie erklären, wie die Verantwortung für eine verbindlich gelebte Mutterschaft, die der Reifung und Entfaltung eines eigenständigen Wesens dient, ökonomisch und politisch ausgehöhlt, ja beinahe unmöglich gemacht wird.

Mütter sind wie ein Zuhause – eine wärmende, nährende und lebendige Hülle, gleichsam einer Fortsetzung der Gebärmutter. Und sie arbeiten mit ihrem Vorbild an der Quelle zukünftigen Lebens. Dabei müssen sie nicht alleinige Bezugsperson bleiben. Was das bedeutet, erzählen die Mütter in diesem Buch. Mutig, eigenwillig und ihrer Intuition folgend, riskieren sie es, Standardfloskeln zu hinterfragen und in Beziehung mit ihrem Kind dessen Lebensumfeld selbst zu gestalten. Denn das ist das Neue in dieser Zeit, die Suche nach der eigenen Wahrheit, die weder Ratgeber noch Mainstream beantworten. Es braucht das Hinwachsen zu einer inneren Freiheit, die neben den eigenen Werten auch die Möglichkeit zur Selbstermächtigung bewusst macht. So lassen uns die Mütter auch teilhaben an ihrer Wut, Verunsicherung und an ihren Zweifeln, an ihren Gefühlen, bevormundet zu werden, zu versagen oder einfach nur überfordert zu sein. Letztendlich sind es immer die Kinder, in deren Trauer oder Strahlen die Antwort liegt. Sie schenken uns das unermessliche Glück, in der Gegenwart ankommen zu dürfen. Das Werdende in der Beziehung zwischen Mutter und Kind, wenn wir es denn zulassen, möchte sich dem Leben offenbaren.

Möge dieses Buch jungen Müttern Mut machen, die gesellschaftspolitischen Entwicklungen zu hinterfragen und die Ernsthaftigkeit ihrer Aufgabe anzuerkennen. Manche Mütter sprechen sogar von einer heiligen Aufgabe: Denn wir lernen darin, nicht wegzuschauen, sondern hinzuschauen. Wir lernen, die Einweihungen des Lebens mit uns selbst zu beantworten. In dieser Selbstheit ist selbstbestimmte Mutterschaft selbstlos. Möge jede Mutter dieses Paradoxon erfahren dürfen.

Sabine Mänken, im April 2020

1 818,46 ₽
Жанры и теги
Возрастное ограничение:
0+
Объем:
352 стр. 4 иллюстрации
ISBN:
9783890603452
Редактор:
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают