Читать книгу: «Handbuch des Strafrechts», страница 45

Шрифт:

3. Die Aufstiftung

104

Unter dem Begriff der „Aufstiftung“ (oder auch „Übersteigerung“) diskutiert die h.M. Fälle, in denen der Haupttäter sich aufgrund der Aufforderung dazu entschließt, eine schwerere als die ursprünglich geplante Begehungsform zu realisieren.[312] Der Begriff wird in der Literatur recht unterschiedlich verwendet: Einigkeit besteht noch insoweit, als jedenfalls der Fall gemeint sein soll, in dem der zur Begehung eines Grundtatbestandes entschlossene Haupttäter aufgrund der Aufforderung einen Qualifikationstatbestand verwirklicht, also z.B. anstelle eines einfachen Diebstahls oder Raubes einen solchen unter Beisichführen eines gefährlichen Werkzeuges begeht (§ 244 Abs. 1 Nr. 1a bzw. § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB). Regelmäßig wird auch der Fall einbezogen, dass der Haupttäter innerhalb des gleichen Tatbestandes größeres Unrecht verwirklicht.[313] Sachgerecht ist damit sicher weiterhin (erst recht) die Einbeziehung solcher Fälle, bei denen der Täter auf die Aufforderung hin einen selbstständigen, gegenüber dem ursprünglich ins Auge gefassten Tatbestand speziellen Tatbestand von größerem Gewicht verwirklicht, also etwa von einem geplanten Diebstahl zu einem Raub übergeht.[314]

105

Auch für die Aufstiftung ist zunächst der Fehlintuition der h.M. zu widersprechen, wonach Bezugspunkt der Aufstiftung ein im Vorfeld der Tat bereits gefasster „Tatentschluss“ sei (dazu schon Rn. 39 f.). Die Aufforderung trifft lediglich auf einen Täter, der böse Pläne hegt. Auch hier geht es also richtigerweise um die Frage, ob und inwieweit der rechtlich relevante, also im Ausführungsstadium gefasste Tatentschluss auf die Aufforderung zurückgeht.[315] Eine Konstellation der Aufstiftung liegt dann vor, wenn der Haupttäter ohne die Aufforderung immerhin die weniger schwer wiegende Tat realisiert hätte. Es ist also eine hypothetische Betrachtung zur Klärung der Frage vonnöten, ob sich die Aufforderung im Sinne einer Aufstiftung im Erfolg niedergeschlagen hat.[316] Der schon vor der Tatausführung gefasste Plan ist bei der Beantwortung dieser Frage nicht mehr als ein Indiz, welches dafür geltend gemacht werden kann, dass der Täter auch ohne die Aufforderung jedenfalls das weniger gravierende Unrecht verwirklicht hätte.

106

Diese Präzisierung der Struktur der Aufstiftung lässt aber das zentrale Problem unberührt, nämlich die Antwort auf die Frage, wie die Aufstiftung rechtlich zu behandeln ist. Grundsätzlich sind zwei Positionen denkbar, nämlich entweder die Annahme, die Aufforderung bezogen auf die Erschwerung könne eine Anstiftung bezogen auf die Tat in ihrer Gesamtheit begründen oder aber die Annahme, es könne allenfalls hinsichtlich des überschießenden Teils eine Anstiftung vorliegen (sofern dieser Teil tatbestandlich fassbar ist).

107

Die erste Auffassung ist die der Rechtsprechung und eines Teils der Literatur und wird häufig als „synthetische Konzeption“ bezeichnet. In der grundlegenden Entscheidung BGHSt 19, 339 hat der BGH den Rat, zur Ausführung eines Raubes, bei dem das Opfer mit den Fäusten niedergeschlagen werden sollte, einen Knüppel mitzunehmen, als Anstiftung zum schweren Raub bewertet. Der Umstand, dass die Haupttäter ohnedies einen Raub begangen hätten, soll also der Verurteilung wegen Anstiftung zum (schweren) Raub nicht entgegenstehen. Der BGH erteilt damit der Möglichkeit einer getrennten Beurteilung der Unrechtsgehalte eine Absage. Die Annahme, die Veranlassung zur Verwirklichung eines gesteigerten Unrechtsgehalts begründe eine Anstiftung bezogen auf das Unrecht in seiner Gesamtheit, veranlasst den BGH dann auch zu dem Schluss, dass es hierfür nicht auf eine Änderung des Tatbestandes ankomme. Die Aufforderung zur Realisierung eines „erheblich erhöhten Unrechtsgehalts“, etwa durch eine gefährlichere Ausführungsart, könne also eine Anstiftung bezogen auf einen Tatbestand begründen, den der Haupttäter auch bei Festhalten an seinem ursprünglich gefassten Plan verwirklicht hätte.[317] Freilich bleibt es eine im Einzelfall nicht ganz einfach zu beantwortende Wertungsfrage, wann die Änderungen die erforderliche Erheblichkeit aufweisen.[318] In der Literatur wird dieser Rechtsprechung häufig mit der Überlegung zugestimmt, dass die Verwirklichung gesteigerten Unrechts diesem eine neue Qualität geben könne: So sei etwa ein Raub mehr als die Summe von Wegnahme und Nötigung und auch eine Qualifikation oder gravierende Unrechtssteigerung im Rahmen des gleichen Tatbestandes gebe dem Unrecht insgesamt ein neues Gepräge.[319] Eine Zerlegung in unterschiedliche Unrechtsbestandteile laufe „auf ein sachwidriges Zerreißen einer rechtlich und tatsächlich einheitlichen Tat hinaus“.[320] Dem Umstand, dass der Unrechtsgehalt der Anstiftung hier geringer sei als bei Veranlassung eines Täters, der sonst überhaupt keine Tat begangen hätte, begegnet die Literatur unter Hinweis auf die Strafzumessung.[321]

108

Dagegen stehen die Vertreter eines „analytischen Trennungsprinzips“ auf dem Standpunkt, dass dem Anstifter der Tatentschluss in dem Umfang nicht angelastet werden könne, wie ihn der Haupttäter auch unabhängig vom Wirken des Anstifters gefasst hätte.[322] Häufig wird darauf hingewiesen, insoweit sei der Haupttäter omnimodo facturus.[323] Bezogen auf die ohnedies verwirklichte Tat sei der Außenstehende lediglich Gehilfe durch Bestärkung des bereits vorhandenen Tatentschlusses. Lediglich hinsichtlich des „übersteigerten“ Teils der Tat komme Anstiftung in Betracht, sofern ein entsprechender Tatbestand existiert. Der Wertung, wonach die Aufforderung dem Unrecht der Haupttat insgesamt eine neue Qualität gebe, wird entgegengehalten, dass dieser Änderung jedenfalls nicht solches Gewicht zukomme, dass seine Veranlassung die tätergleiche Strafbarkeit tragen könnte. Der Hinweis der Vertreter der „synthetischen Konzeption“ auf die Spielräume der Strafzumessung laufe mitunter ins Leere, wie etwa der Fall einer Aufstiftung vom Totschlag zum Mord mit seiner absoluten Strafdrohung zeige.[324] Bezogen auf Unrechtssteigerungen innerhalb des gleichen Tatbestandes wird weiterhin für das Trennungsprinzip dessen größere Rechtsklarheit geltend gemacht.[325]

109

Zwischen diesen beiden grundsätzlichen Konzeptionen stehen verschiedene Zwischenlösungen,[326] die sich im Kern darin einig sind, dass die „synthetische Konzeption“ mit der Annahme, jedwede erhebliche Unrechtssteigerung könne bereits eine Anstiftung bezogen auf das Gesamtunrecht begründen, zum einen zu weit gehe und zum anderen keine trennscharfe Abgrenzung erlaube. So wird zum Teil angenommen, eine Anstiftung zum gesamten Unrecht sei nur bei Aufforderung zur Verwirklichung eines selbstständigen Tatbestandes anzuerkennen, wenn also der Haupttäter etwa von § 242 StGB zu § 249 StGB übergeht. Bei Qualifikationen hingegen liege der Kern des Unrechts im Grunddelikt und die Qualifikationsmerkmale begründeten im Wesentlichen quantitative Steigerungen.[327] Eine andere Auffassung, der es insbesondere um die Klarheit der Abgrenzung geht, will es hingegen ausreichen lassen, wenn der Anstifter den Haupttäter zur Verwirklichung qualifizierender Merkmale auffordert.[328]

110

Eine sachgerechte Behandlung der Fälle wird zunächst zu bedenken haben, dass es häufig schon an der Aufforderung fehlt (oder sich der auffordernde Charakter eines Verhaltens nicht in der Tatbegehung realisiert), wenn der Haupttäter im Rahmen seiner Tatplanung Hinweise zu deren Optimierung erhält. Denn der Haupttäter, der sich bereits an einer Unrechtsmaxime orientiert, bedarf oftmals nicht fremder Aufforderung zu einer „Übersteigerung“, sondern nutzt die ihm dargebotene Idee zur Optimierung seines Vorhabens.[329] Beispielhaft: Wenn der Außenstehende denjenigen, der einen Gemäldediebstahl plant, darauf hinweist, dass das neben dem ausersehenen Gemälde hängende Bild um ein vielfaches wertvoller ist, dann bedarf es keiner Aufforderung, um den Haupttäter zu einer Änderung des Tatplans zu bewegen. Der Haupttäter kann den Hinweis im Rahmen seiner eigenen Unrechtsmaxime, bei der Tat möglichst wertvolle Güter zu stehlen, berücksichtigen. Ähnliches gilt, wenn der Außenstehende denjenigen, der dem Opfer offen gegenübertreten will, um es zu töten, anrät, es überraschend von hinten zu erschlagen (also nach h.M. heimtückisch zu handeln). Natürlich modifiziert eine Befolgung dieses Rats die Tötungshandlung und macht sie für das Opfer gefährlicher. Aber es mag sein, dass sich der Haupttäter nicht von dem auffordernden Charakter der Äußerung des Außenstehenden, sondern von den praktischen Vorzügen der vorgeschlagenen Tatausführung überzeugen lässt. Ein letztes Beispiel: Weist der Außenstehende den Haupttäter darauf hin, dass die Ausführung des geplanten Diebstahls mit Blick auf die körperliche Überlegenheit des Opfers äußerst riskant und es empfehlenswert sei, einen Knüppel mitzunehmen, so wird sich der Haupttäter möglicherweise nicht mit Blick auf die vom Außenstehenden an ihn herangetragene erweiterte Unrechtsmaxime, sondern deshalb zu einer Änderung des Tatplans entschließen, weil ihn die Argumente überzeugen. In allen Konstellationen dieser Art kann es einmal so liegen, dass der Außenstehende nur ein Bedenken oder einen Hinweis formuliert, der von vornherein nicht im Sinne einer Aufforderung zu verstehen ist. Eine solche Reflexion über einen Tatplan liegt tatsächlich sogar nahe, weil Hinweise zur Optimierung der Tatausführung im Regelfall im Interesse des Haupttäters gegeben werden und damit aus Sicht des Außenstehenden kein Anlass besteht, den Haupttäter besonders in Richtung auf eine Tatmodifizierung zu motivieren. Solche Unterstützung ist der Prototyp der Rathilfe. Und wenn der Außenstehende den Täter doch zu einer Modifizierung seiner Maxime auffordert, ist immer noch nicht gesagt, dass der Täter sich gerade durch die Aufforderung motivieren lässt (vgl. Rn. 88).

111

Nur wenn der Haupttäter gerade deshalb entgegen seiner anfänglichen Planung die Haupttatbegehung modifiziert, weil der Außenstehende ihm die geänderte Unrechtsmaxime als normativ richtig empfohlen hat, stellt sich das Problem der Aufstiftung. Hier dürfte der „synthetischen Konzeption“ zuzustimmen sein, wenn der Unrechtsgehalt durch die Übersteigerung eine neue Qualität bekommt, und zwar unabhängig davon, ob tatbestandliche Grenzen überschritten werden oder nicht. Erforderlich ist stets eine Änderung des Unrechtsgehalts, der auch dem bereits ins Auge gefassten Anteil eine neue Qualität gibt, so dass die unbeeinflusst realisierte Tat eben nicht nur ein Minus im Verhältnis zur tatsächlich begangenen darstellt. So erhält etwa die Wegnahme als Angriff auf das Eigentum eine neue Qualität, wenn sie durch Gewalt ermöglicht wird oder sie auch nur unter Bedingungen erfolgt, die für das Opfer besonders gefährlich sind (etwa bei Mitnahme eines gefährlichen Werkzeugs). Ändert sich aufgrund der Anstiftung zu einem Eigentums- oder Vermögensdelikt der durch die Haupttat verursachte wirtschaftliche Schaden, so genügt für die Begründung eines qualitativen Unterschieds nicht schon der schlichte Blick auf die Wertverhältnisse: Ob sich eine Diebstahlstat auf einen Gegenstand bezieht, der 100 oder 1000 Euro wert ist, macht nur einen quantitativen Unterschied. Qualitativ ist der Unterschied erst dann, wenn sich der Charakter der Tat ändert, der Täter also z.B. nur einen Bagatelldiebstahl begangen hätte und sich aufgrund der Beeinflussung durch den Außenstehenden zur Verwirklichung eines gravierenden Diebstahls entschließt.[330] Da es darum geht, mit und ohne Einfluss des Anstifters realisierte Taten ins Verhältnis zu setzen, sind immer die Relationen entscheidend: Gemessen am Diebstahl eines Gegenstandes im Wert von einer Mio. Euro ist der Diebstahl eines Gegenstandes im Wert von 1000 Euro eine Bagatelle. Praktisch wird in den meisten Fällen, in denen sich der Haupttäter nicht lediglich von den praktischen Vorzügen des Ratschlags des Außenstehenden überzeugen lässt, sondern sich gerade aufgrund der an ihn herangetragenen Aufforderung zur Übernahme einer neuen Unrechtsmaxime entschließt, ein qualitativ neues Unrecht vorliegen.

IV. Anstiftung durch Unterlassen

112

Einen Garanten können Pflichten treffen, durch sein Eingreifen das Entstehen eines Tatentschlusses bei einem potentiellen Haupttäter zu verhindern. Solche Handlungspflichten sind in ihrer Zielrichtung das Pendant zu der Verpflichtung, nicht auf das Entstehen eines Tatentschlusses aktiv hinzuwirken. Als Fall dieser Art kann etwa die Konstellation diskutiert werden, dass der Vater eines (strafmündigen) Kindes nicht dagegen einschreitet, dass das Kind den Entschluss zur Begehung einer Straftat fasst. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Haupttäter bereits im Vorfeld der Tat zu deren Begehung „entschlossen“ ist.[331] Es wäre nämlich nach den Überlegungen zum „omnimodo facturus“ (Rn. 39 f.) unzutreffend, in diesen Konstellationen von der Annahme auszugehen, der Haupttäter habe bereits einen Tatentschluss gefasst und der Garant versäume es lediglich, auf das Aufgeben dieses Entschlusses hinzuwirken. Berücksichtigt man die Einsicht, dass auch der „feste“ Entschluss im Vorbereitungsstadium noch nicht der Tatentschluss (im technischen Sinne) ist, um dessen Hervorrufung es bei der Anstiftung geht, wird klar, dass die Untätigkeit im Planungsstadium immer nur auf das Entstehen eines Tatentschlusses bezogen sein kann und nicht darauf, den potentiellen Haupttäter von einem Tatentschluss wieder abzubringen.

113

Ob die Verletzung solcher Pflichten zu einer Strafbarkeit wegen Anstiftung durch Unterlassen führen kann, hängt zunächst davon ab, dass die Verletzung der Garantenpflicht keine Täterschaft begründet (dazu → AT Bd. 3: Noltenius, § 50 Rn. 117 ff.).[332] Ist der Garant nach der Pflichtdeliktslehre grundsätzlich als Täter anzusehen, so bleibt kaum Raum für eine Anstiftung. Wer den Unterlassenden dagegen in einer gegenüber dem Täter untergeordneten, allenfalls Teilnahme begründenden Position sieht, erweitert damit auch den Bereich, in dem eine Anstiftung diskutabel sein kann. Zwischen diesen Polen bewegen sich unterschiedliche vermittelnde Konzepte.

114

Ist eine Anstiftung nicht bereits wegen der Annahme von Täterschaft ausgeschlossen, hängt ihr Vorliegen von den spezifischen Anforderungen ab, die an ein Bestimmen zu stellen sind: Genügt es, den Tatentschluss (irgendwie) hervorzurufen, so erscheint es konsequent, die Verletzung einer Pflicht, den Haupttäter vom Fassen eines Tatentschlusses abzuhalten, als Anstiftung zu erfassen.[333] Denn die sogenannte „Quasi-Kausalität“ dahingehend, dass der Haupttäter den Tatentschluss auf die Intervention des Garanten hin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gefasst hätte, ist der bei positivem Tun geforderten Kausalität zumindest äquivalent. Tatsächlich ist bei einem Unterlassen das Verhalten sogar in normativer Hinsicht stärker konturiert, weil die Verletzung der Garantenpflicht bereits einen Verhaltensnormverstoß zum Ausdruck bringt. Deshalb ist auch dann, wenn man für die Anstiftung die Schaffung einer rechtlich missbilligten Gefahr in Richtung darauf verlangt, dass der Haupttäter den Tatentschluss fasst (Rn. 26, 43 ff.), dieses Erfordernis mit der Pflichtverletzung des Garanten im Grundsatz erfüllt. Freilich lässt sich noch weiter fragen, ob die spezifischen Anforderungen an eine rechtlich missbilligte Gefahrschaffung im Sinne von § 26 StGB erfüllt sind (s. Rn. 55 ff.). Das lässt sich bezweifeln und ist insbesondere dann abzulehnen, wenn man einen geistigen Kontakt zwischen Anstifter und Haupttäter verlangt.[334]

115

Das Problem dürfte sich deutlich entschärfen, weil das Schweigen eines Garanten in einer Situation, in der er dazu verpflichtet ist, auf das Nichtentstehen eines Tatentschlusses hinzuwirken, nicht selten als konkludente Aufforderung – also als Anstiftung durch aktives Tun – aufzufassen sein wird.[335] Es bleiben aber Konstellationen, in denen ein solches „beredtes Schweigen“ nicht in Betracht kommt, insbesondere weil der potentielle Haupttäter den Schweigenden gar nicht sinnlich wahrnehmen und sein Verhalten deshalb für ihn keinen Erklärungswert entfalten kann. Ein Beispiel hierfür bildet der Fall, in dem der Außenstehende nur versehentlich eine objektiv tatauffordernde Äußerung an den potentiellen Haupttäter richtet und, nachdem er dies bemerkt, nicht darauf hinwirkt, diese Aufforderung wieder zu neutralisieren. Hier trifft den Außenstehenden eine Ingerenzgarantenpflicht zur Klarstellung und das Unterlassen einer solchen Klarstellung begründet eine Pflichtwidrigkeit in Richtung darauf, dass der Haupttäter den Tatentschluss fasst (und zwar nach den Ausführungen bei Rn. 112 auch dann, wenn der Haupttäter aufgrund der „fahrlässigen Aufforderung“ bereits einen entsprechenden Tatplan geschmiedet hat). Man kann freilich bezweifeln, ob das Nichtstun den Charakter einer Aufforderung und damit die erforderliche Handlungsmodalitätenäquivalenz (§ 13 Abs. 1 Hs. 2 StGB) aufweist.[336] Hintergrund des Erfordernisses, dass die Anstiftung tatauffordernden Charakter haben muss, war die Einsicht, dass sich die tätergleiche Strafe nur legitimieren lässt, wenn der Anstifter mit seinem Verhalten zum Ausdruck bringt, dass die Orientierung an der Unrechtsmaxime richtig und gesollt ist (Rn. 59 ff.). Im Beispiel trägt das lediglich versehentlich tatmotivierende Verhalten einen solchen Erklärungswert zwar objektiv, aber nicht aus der Sicht des Äußernden. Das anschließende Unterlassen, das in Kenntnis der pflichtbegründenden Umstände erfolgt, lässt sich dagegen dahingehend verstehen, dass sich der Unterlassende den zunächst nur versehentlich in die Welt gesetzten Erklärungswert zu eigen macht. Eine Anstiftung dürfte hier also durchaus in Betracht kommen.[337]

116

Eine Konstellation, in der häufig eine Anstiftung (oder wenigstens eine rechtliche Behandlung als Anstifter) selbst von denjenigen propagiert wird, die sonst den Unterlassenden stets als Täter ansehen, liegt dann vor, wenn ein Überwachungsgarant seine Pflicht verletzt, die von ihm zu überwachende Person von einer Anstiftung abzuhalten.[338] Ist die zu überwachende Person nicht für ihr Handeln verantwortlich, so ist der Unterlassende grundsätzlich (mittelbarer)[339] Täter der begangenen Tat. Ist die zu verhindernde Tat eine Anstiftung, so kann dem Unterlassenden aber nicht mehr vorgeworfen werden als das, was er verhindern sollte, also eine Anstiftung.[340] Ist der zu Überwachende dagegen für sein Verhalten verantwortlich, so kann die Pflicht des Garanten lediglich dahin gehen, durch Einwirken auf die freie Entscheidung des zu Überwachenden die Chancen zu verbessern, dass dieser nicht als Anstifter auf den potentiellen Haupttäter einwirkt. Sieht man den Garanten deshalb nur als Teilnehmer, so ist für die Verwirklichung des anstiftungsspezifischen Unwerts weiter erforderlich, dass das Untätigbleiben des Garanten im Sinne einer Aufforderung motivierend auf den Anstifter wirkt. Das setzt zumindest voraus, dass sich die zu überwachende Person des Umstands bewusst ist, dass der Garant im Angesicht des drohenden Tatentschlusses vorsätzlich untätig bleibt. Weiß der zu Überwachende nicht einmal, dass der Garant seine Pflichten verletzt, so kann er dessen Nichthandeln nicht im Sinne einer Aufforderung zur Orientierung an der Unrechtsmaxime verstehen; es liegt dann lediglich Beihilfe (zur Haupttat) durch Unterlassen der Einwirkung auf den Anstifter vor.[341] Weiß die zu überwachende Person aber von dem pflichtwidrigen Untätigbleiben des Garanten, so wird sich dessen Schweigen schwerlich anders interpretieren lassen als dahingehend, dass der Garant die Orientierung an der Unrechtsmaxime billigt. Ein je nach Situation denkbares „beredtes Schweigen“ ist auch hier aktive Anstiftung durch konkludentes Verhalten. Sowohl das Unterlassen als auch das konkludente Tun führen hier zur Kettenanstiftung.

Бесплатный фрагмент закончился.

26 727,79 ₽
Жанры и теги
Возрастное ограничение:
0+
Объем:
2681 стр. 3 иллюстрации
ISBN:
9783811483385
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают