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[24]Schreibdidaktische Aspekte des digitalen Schreibens

Computer, Schreibprogramme und Netz-Plattformen haben die Bedingungen, unter denen Texte verfasst werden, radikal verändert. Das gilt auch für die Schule. Doch die Szenarien, in denen im Unterricht heute geschrieben wird, haben sich in den letzten Jahren kaum geändert: Klassische Aufsätze sind weiterhin weit verbreitet.19

Das ist aus medienpädagogischer Sicht erstaunlich – aber insbesondere auch aus schreibdidaktischer: In den letzten zwanzig Jahren haben sich Einsichten durchgesetzt, die Schreiben als eine Auseinandersetzung mit Textvorlagen verstehen, den Fokus von Schreibprodukten auf Schreibprozesse verlagern und insbesondere auch Interaktionen als wesentliche Bedingungen von Schreibkompetenz nennen. Verfahren wie das digitale Kopieren und Einfügen von Textpassagen oder die Möglichkeit, Texte permanent überarbeiten zu können, weil sie nicht gedruckt oder handschriftlich auf Papier fixiert werden müssen, spielen hier eine wichtige Rolle. Aus medienhistorischer wie auch aus schreibdidaktischer Sicht muss also im Unterricht anders geschrieben werden, wenn die Schule diese Aufgabe weiterhin kompetent wahrnehmen soll. Im Folgenden sind die wesentlichen schreibdidaktischen Aspekte für die Nutzung digitaler Endgeräte, digitaler Schreibprogramme und digitaler Plattformen im Netz zusammengestellt.

[25]Schreiben als Prozess

Schreiben ist ein komplexer Prozess. Das gilt in mehrfacher Hinsicht: 1. Ein Schreibprodukt entsteht in einem Schreibprozess, der aus verschiedenen Schreibphasen besteht. Diese Phasen bewegen sich entlang der Einsichten der klassischen Rhetorik und trennen somit Ideen- und Materialfindung, Strukturierung des Materials, Planung eines Schreibprozesses, Niederschrift eines Textentwurfs sowie Redaktion und Überarbeitung dieses Entwurfs. 2. Schreiben ist als kognitive Tätigkeit ein komplexer Prozess. Verschiedene Formen von Wissen und Kompetenz spielen auf unterschiedlichen Ebenen eines Textes zusammen. 3. Schreiben ist in einen psychisch-sozialen Prozess eingebunden, eine Schreibaufgabe entsteht in einem gesellschaftlichen Kontext, in dem Schreibende eine bestimmte Aufgabe durch die Niederschrift eines Textes so zu lösen versuchen, dass der Text ihre Handlungsabsichten unterstützt. Einfacher gesagt: Schreiben ist eine Handlung und deshalb auch in einen Handlungsprozess eingebunden.

Schulisches Schreiben wurde lange Zeit im Hinblick auf Schreibprodukte geplant und beurteilt. Schreibdidaktische Instruktionen wie auch Beurteilungen bezogen sich auf ein Endprodukt, meist auf einen Aufsatz, der in einer bestimmten, meist recht kurzen Zeit, verfasst werden musste. Die prozessorientierte Schreibdidaktik hat den Fokus verschoben.20 Diese prozessorientierte Schreibdidaktik beachtet 1. die verschiedenen Phasen des Schreibprozesses und räumt Zeit für jeden Schritt ein. Zudem entwickelt die Lehrperson mit den Schülerinnen und Schülern zusammen zielführende Arbeitsformen, zu denen insbesondere auch [26]Feedback-Verfahren sowie Planungs- und Überarbeitungsstrategien gehören. 2. Der prozessorientierte Unterricht regt zum Aufbau aller nötigen Kompetenzen an und zeigt, wie sich orthografisches, lexikalisches, textuelles und pragmatisches Wissen aufbauen und anwenden lassen. 3. Weiter resultiert aus dieser didaktischen Herangehensweise die Einsicht, Schreibaufgaben als Lösung von echten, alltagsnahen Problemen zu gestalten, so dass Texte auch für reale Leserinnen und Leser geschrieben werden sollten.

Wer von diesen Einsichten ausgeht und versucht, Schreibsettings zu schaffen, in denen Schülerinnen und Schüler fokussiert und prozessorientiert lernen können, wird digitale Hilfsmittel in Betracht ziehen.

Im Folgenden können nicht alle Facetten digitaler Schreibarrangements dargestellt werden, aber es werden die zentralen Aspekte zusammengestellt, die individuell an die Lernsituation angepasst werden müssen: Digitale Schreibwerkzeuge (Smartphone, digitale Stifte, Tastaturen, Diktierprogramme) erweitern und ergänzen die bisher zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Es ist heute denkbar, für jede Phase eines Schreibprozesses das kognitiv und physisch passende Werkzeug zu verwenden. Wie bereits erwähnt, bieten sich für Planungs- und Strukturierungsarbeiten Papier und Bleistift an (allenfalls digitales Papier und digitaler Bleistift). Für eine erste Niederschrift eines Entwurfes eignet sich hingegen eine Tastatur, auf der schnell getippt werden kann. Fürs Überarbeiten scheinen Tablets ideal, auf denen Passagen markiert und mit Kommentaren versehen werden können. Die einzelnen Phasen des Schreibens werden so auch medial sichtbar getrennt, die Affordanzen21 der entsprechenden Schreibumgebungen unterstützen die in einer Phase relevanten Prozesse.

[27]Was Schreibumgebungen leisten können, kann am Beispiel eines Texteditors deutlich gemacht werden. Der iA Writer ist ein Programm, das für verschiedene Betriebssysteme zur Verfügung steht. Grundsätzlich ist es minimalistisch eingerichtet: Es bietet wenig Menüs und Knöpfe, dafür primär eine leere Seite, die beschrieben werden kann. Beim Schreiben können verschiedene Modi gewählt werden: Ein Fokus-Modus färbt beispielsweise den gesamten Text grau ein und hebt den aktuellen Satz schwarz hervor, damit der Schreibprozess auf einen Satz fokussiert wird. Das Programm kann aber auch einzelne Wortarten farbig hervorheben, um beispielsweise syntaktische Strukturen zu zeigen (s. Abb. 3). Das sind zwei Funktionen, die z. B. beim Schreiben auf Papier nicht verfügbar sind.


Abb. 3: Screenshot des iA Writer mit Fokusmodus (aktueller Satz schwarz) und Hervorhebung des Verbs (»haben … geholt«, im Original blau)

iA Writer (ia.net/de/writer)

 Textverarbeitungsprogramm zum Download in minimalistischer Ausstattung mit Fokusmodus

 Verfügbar für Windows, Mac und mobile Geräte, Trial-Download kostenlos

[28]Als digitale Dateien vorliegende Textentwürfe laden generell dazu ein, überarbeitet zu werden. Digitale Texte sind immer in einen Prozess der Überarbeitung eingebunden, weil sie nicht grafisch auf Papier fixiert werden. Sie verdeutlichen das Angebot, an Texten zu feilen, sie neu zu strukturieren oder an neue Kommunikationszusammenhänge anzupassen. Technische Möglichkeiten wie Copy & Paste oder eine automatische Rechtschreibkorrektur vereinfachen wesentliche Schritte beim Überarbeitungsprozess. Noch deutlicher wird das Überarbeitungspotenzial, wenn die kollaborativen Möglichkeiten der Textproduktion in den Blick genommen werden: Dateien in Textverarbeitungsprogrammen können heute von mehreren Personen gleichzeitig bearbeitet und kommentiert werden. Die Prozesshaftigkeit des Schreibens wird sichtbar, wenn kollaborative Text- oder Redaktionsarbeit mit Peer-Feedback22 verbunden erfolgt. Das gilt in zweierlei Hinsicht: Erstens müssen in einen sozialen Kontext die einzelnen Phasen in der Interaktion mit anderen Schreibenden abgestimmt werden, zweitens können Veränderungen an Texten in den entsprechenden Programmen sichtbar gemacht werden. Viele Textverarbeitungsprogramme bieten Ansichten an, in denen Überarbeitungsprozesse rekonstruierbar werden.

[29]Auch digitale Plattformen wie Twitter, Instagram oder Facebook stützen prozessbezogenes Schreiben. Texte, die im Netz publiziert werden, sind in Kommunikationssettings eingebunden. Sie werden gelesen (nicht nur von einer Lehrperson oder Peers) – und kommentiert. Digitale Medien haben die Publikation von Texten radikal vereinfacht. Daraus ergeben sich für den Schreibunterricht neue Möglichkeiten, Schreibarbeit in einen Kommunikationsprozess einzubinden.

Lindauer und Senn schreiben über die Prozesshaftigkeit des Schreibens:

»Der Aufbau der dafür nötigen Schreibkompetenzen ist grundsätzlich nur möglich, wenn die Schülerinnen und Schüler lernen, diese Prozesse selbstständig zu steuern. Dies bedingt, dass sie während des Schreibens laufend ihre Arbeit überwachen und beurteilen: Ist das Wichtigste aufgeschrieben? Habe ich genügend verständlich formuliert?«23

Schreiben wird in der Schreibdidaktik als Verfahren betrachtet, mit dem prozesshaft Probleme gelöst werden. Ein Bewusstsein für die Bedeutung der nötigen Schritte und Kompetenzen kann nicht an Software übertragen werden. Programme und insbesondere digitale Plattformen können aber das Einüben und Erkennen dieser Schritte und Kompetenzen unterstützen und erleichtern.

[30]Interaktionsorientiertes Schreiben

Die Linguistin Angelika Storrer hat in ihren Arbeiten zu Schreibprozessen im Internet das Konzept des interaktionsorientierten Schreibens ausgearbeitet. Sie definiert es in Abgrenzung zu textorientiertem Schreiben: Führt das textorientierte Schreiben zu einem Text, der »ohne unmittelbare Interaktion zwischen Schreiber und Leser zu verstehen« ist, bezieht sich interaktionsorientiertes Schreiben »auf einen Kommunikationsverlauf in einer digitalen Interaktionsumgebung, bei der die Möglichkeit besteht, Verstehensprobleme interaktiv zu bearbeiten.«24 Das Ziel des Schreibens besteht darin, die Interaktion aufrechtzuerhalten und von anderen daran beteiligten Personen verstanden zu werden. Aus diesen Gründen kann Reaktionsgeschwindigkeit eine größere Bedeutung einnehmen als formale Korrektheit; Gesprächsnormen erhalten Priorität vor anderen sprachlichen Normen.

Interaktionsorientiertes Schreiben lässt sich als spezielle Ausprägung der prozessorientierten Schreibdidaktik betrachten. Allerdings gibt es gravierende Unterschiede zwischen einem interaktionsorientierten und einem textorientierten Prozess: Storrer erwähnt die Bereitschaft, Kompromisse hinsichtlich sprachlicher und formaler Genauigkeit zu machen, um auf der Handlungsebene schnell genug und adäquat reagieren zu können. Das muss bei der Beurteilung des Schreibprozesses berücksichtigt werden.

[31]Storrer arbeitet mit Verweis auf den Linguisten Hennig Lobin25 zentrale Tendenzen heraus, die bedeutsam für interaktionsorientierte Schreibformen sind:

 Digitale Vernetzung führt zu einer »schnelle[n] Rückkopplung«26 zwischen Personen. Fast alle Personen sind über digitale Nachrichten schnell erreichbar.

 Datenintegration verbindet unterschiedliche mediale Formen: Text- und Sprachnachrichten sind, wie auch bewegte und unbewegte Bilder, auf denselben Kanälen zu finden.

 Automatisierung zeigt sich darin, dass auch sogenannte Bots an Interaktionen beteiligt sind. Auf den Webseiten von vielen Dienstleistern erscheinen Chatfenster, in denen Besucherinnen und Besucher Anliegen formulieren können. Diese werden dann von Programmen beantwortet.

Im Unterricht interaktionsorientierte Schreibanlässe zu schaffen, ist von großer Bedeutung, weil Menschen beruflich und privat die Kompetenz brauchen, auf digitalen Plattformen angemessen und wirkungsvoll schreiben zu können. Zwei Beispiele mögen das verdeutlichen: Immer mehr Firmen ersetzen den E-Mail-Verkehr durch Chat-Tools wie Slack oder Microsoft Teams. Die Belastung durch E-Mails soll durch interaktivere Kommunikationsformen reduziert werden. Das bedeutet aber, dass von Mitarbeitenden effizientes und professionelles Chatten verlangt wird. Im privaten Bereich lässt sich das am Stellenwert von Partnervermittlungsplattformen zeigen: Gemäß einer soziologischen Studie lernen sich in den USA rund 40 % [32]der heterosexuellen Paare online kennen – im Jahr 2000 waren das erst rund 5 %.27 Eine ähnliche Tendenz lässt sich auch im deutschsprachigen Raum feststellen. Die Fähigkeit, sich in Chats als interessante Person präsentieren zu können, wird so wichtiger.

Die digitale Transformation hat also dazu geführt, dass die Fähigkeit, interaktionsorientiert zu schreiben, neben dem textorientierten Schreiben eine eigenständige Bedeutung erhalten hat. Storrer hält fest: »[K]ompetente Schreiber [sind] durchaus dazu in der Lage, ihren Schreibstil an die jeweiligen Gegebenheiten zu adaptieren und zwischen verschiedenen Schreibhaltungen zu wechseln. Die Nutzer passen ihren Sprachstil bewusst oder unbewusst an den kommunikativen Kontext an und gehen […] mit den zur Kommunikation verfügbaren Ressourcen oft sehr kreativ um.«28

Für den Unterricht ist das jedoch eine Herausforderung: Texte und Schreibprozesse müssen unterschiedlich beurteilt werden, je nachdem, in welches Setting sie eingebunden sind. Wer einen formal sorgfältigen Brief in einem Chat veröffentlicht, wird damit seine Ziele nicht erreichen können. Andererseits ist ein interaktionsorientiert geschriebenes Bewerbungsschreiben nutzlos. Die Verbreitung zweier unterschiedlicher Schreibmodi verlangt nach Unterrichtsszenarien, in denen beide geübt, verbessert und auch bewertet werden können. Textsortenkompetenz und Kommunikationskompetenz überlagern und ergänzen sich dabei.

[33]Materialgestütztes Schreiben

Materialgestütztes Schreiben bezieht sich auf die Aufgabe, »auf der Grundlage von Materialien (Grafiken, Tabellen, Bildern, weiteren medialen Angeboten) sowie Texten unterschiedlicher Art einen längeren eigenen informierenden oder argumentierenden Text zu einem Sachthema [zu] verfassen«.29

Auf diese Definition in einem Artikel der Deutschdidaktiker Abraham, Baurmann und Feilke folgt ein Beispiel: Eine Klasse erstellt vor einer Studienreise gemeinsam einen Reiseführer für Berlin, der spezifisch für die Reise der Klasse geschrieben ist. Anders als die von Verlagen publizierten Texte ist er im besten Fall aktuell und auf die konkrete Reise der Klasse zugeschnitten. Um einen solchen Reiseführer schreiben zu können, recherchiert die Klasse in Gruppen und entnimmt die relevanten Informationen verschiedenen Materialien, die sie auch kuratiert und mit eigenen Texten zusammen im Reiseführer arrangiert.

Betrachtet man dieses Beispiel, wird deutlich, dass digitale Arbeitsformen materialgestütztes Schreiben erleichtern: Anders als von Abraham, Baurmann und Feilke in Bezug auf Prüfungssituationen beschrieben, ist es nicht zwingend nötig, dass Lehrpersonen das Material selbst vorgängig auswählen – Bilder, Daten, Karten, Öffnungszeiten und andere relevante Informationen finden die Schülerinnen und Schüler im Netz. Sie können – sofern das urheberrechtlich unbedenklich ist – digitale Materialien auch leicht in eigene Dokumente als Quellen einfügen oder zumindest Informationen daraus entnehmen und selbst neu formulieren.

[34]Diese Schreibform hat, so betonen auch die Autoren, für verschiedene Handlungsfelder eine praktische Bedeutung. In schulischen oder universitären Kontexten kommt dem Schreiben informierender Texte, die sich auf verschiedene Formen von Vorlagen beziehen, eine wichtige Bedeutung zu. Aber das gilt auch später für viele berufliche Tätigkeiten.

Ein weiterer Aspekt des materialgestützten Schreibens: Es »sollte in für Schüler sinnvolle Handlungskontexte eingebettet werden«.30 Hier zeigt sich noch einmal die schon in Bezug auf Schreibprozess- und Interaktionsorientierung erwähnte Forderung, Schreibprozesse so anzulegen, dass Leserinnen und Leser erreicht werden, die auf den Text auch reagieren. Damit ist eine zweite Brücke vom materialgestützten Schreiben zum digitalen Schreiben geschlagen: Nicht nur erleichtern Netzrecherche und digitale Verarbeitung den Zugriff und Umgang mit informativen Vorlagen, die Publikation von Texten im Netz macht es auch möglich, mit wenig Aufwand Handlungskontexte in schulische Schreibsettings einzubinden.

Kollaboratives Schreiben

Das Beispiel des Reiseführers, den eine Klasse vor einem Ausflug nach Berlin schreibt, lässt bereits erkennen, was mit kollaborativem Schreiben gemeint ist. Kathrin Passig spricht von »gemeinsamem Schreiben«. Sie hat in einem Google-Docs-Dokument Möglichkeiten dargestellt, die sich durch die gleichzeitige Arbeit mehrerer Personen an einem Text eröffnen. Jenes Dokument ist als kollaborativer Text entstanden – Passig setzt also die Methode des sogenannten »pädagogischen [35]Doppeldeckers«31 ein, bei der angehende Lehrkräfte eine Lernmethode kennenlernen, indem sie damit lernen.

Die Autorin geht in ihrer Empfehlungssammlung von der Einsicht aus, dass kollaboratives Schreiben durch entsprechende Software enorm einfach geworden ist, aber viele Menschen noch keine konkreten Erfahrungen damit gesammelt haben. Das dürfte auch für die Schule und Lehrerinnen und Lehrer zutreffen. Die grundlegenden Einsichten, die Passig notiert:

»Anwesenheit am selben Ort ist fürs gemeinsame Schreiben nicht mehr erforderlich. […] Man kann gleichzeitig (statt abwechselnd) am selben Text schreiben. […] Weil das gemeinsame Schreiben technisch einfacher geworden ist, wird es öfter praktiziert.«32

Obschon Kooperation im Unterricht eine verbreitete Methode ist, wird sie selten für die Redaktion von Texten im Schulkontext angewandt. Im heutigen Berufsleben dagegen ist es bereits üblich. Entsprechend wichtig sind Erfahrungen mit gemeinsamem Schreiben und Kompetenzen im Umgang mit kollaborativen Schreibprozessen.

Vorschläge für sinnvolle gemeinschaftliche Schreibanlässe lassen sich leicht zusammenstellen: gemeinsame Notizen machen, einen Text übersetzen (und schwierige Passagen in den Kommentaren diskutieren), gemeinsam eine Textsammlung anlegen (wie z. B. einen Reiseführer), journalistische Texte kollaborativ verfassen und redigieren.33

[36]Aus didaktischer Sicht ist beim gemeinsamen Schreiben das co-konstruktive Lernsetting von großer Bedeutung: Der Schreibprozess wird von unterschiedlichen Wahrnehmungen auf Absichten, Wirkungen und Sprache eines Textes beeinflusst. Schreibende sprechen miteinander über ihre Schreiberfahrungen und handeln wesentliche Entscheidungen aus – statt sie unbewusst und alleine fällen zu müssen.

Ein Online-Editor für interaktive und nicht-lineare Texte, die kollaborativ entstehen, ist z. B. Twine. Er eignet sich für eine große Spannbreite von Aufgaben, z. B. für Geschichten, die Bearbeitung von Sachthemen und Anleitungen. Beiläufig erwerben die Lernenden auch Grundkenntnisse in HTML, ohne programmieren zu müssen. Wer Twine-Texte liest, bestimmt an Verzweigungen mit, wie die Lektüre verläuft.

Twine (twinery.org)

 Online-Editor für interaktive und nicht-lineare Texte

 Einführung von Nele Hirsch: ebildungslabor.github.io/twinetutorial

Produktionsorientierter Literaturunterricht

Schreiben ist im Deutsch- und Fremdsprachenunterricht auch eine Auseinandersetzung mit literarischen Vorlagen. Unter dem Paradigma des produktionsorientierten Literaturunterrichts entstand in den letzten Jahrzehnten eine Reihe von Vorschlägen, wie Schülerinnen und Schüler in aktiver Auseinandersetzung mit Texten eigene Lernprodukte entwickeln können. Produktionsorientierter Literaturunterricht hat ein mehrfaches Ziel: »das Verstehen des Textes und die Aneignung von reflektierbaren Erschließungsverfahren«, »die [37]Entwicklung der inneren Vorstellungskraft« wie auch den »Aufbau von Lesemotivation«.34

Ein anregendes Beispiel für ein produktionsorientiertes Verfahren ist »Blackout Poetry«. Das Verfahren erzeugt aus einer Textvorlage – in der Regel einer Seite eines literarischen Buches – eine Text-Bild-Komposition, die aus ausgewählten Wörtern der Vorlage gebildet wird.35 Es ist nicht erstaunlich, dass das Verfahren in einer Kultur der Digitalität an Popularität gewonnen hat und auch für den Deutschunterricht fruchtbar gemacht worden ist.36 Blackout Poetry ist eine Technik, welche die eigene Produktion an eine Textvorlage anbindet – ganz im Sinne von Stalders Referentialitäts-Merkmal. Sie löscht die physische Textvorlage teilweise aus und schafft ein neues physisches Artefakt, das aber wiederum Buch- und Bastelkultur für ein Netzpublikum zelebriert (vermutlich, weil der Text auch digital vorliegt oder zumindest digital reproduzierbar ist). Blackout Poetry wird auf Pinterest- und Padlet-Boards im Netz geteilt.37


Abb. 4: Blackout Poetry zu einer Seite aus Hesses Steppenwolf. – © Maike Bonsen.

Blackout Poetry ist nicht nur symbolisch auf den Leitmedienwechsel bezogen: Hilfsprogramme ermöglichen, digitale [38]Formen zu erstellen oder das Format sogar weiterzudenken.38 Die Webseite »Versteckte Verse«39 ermöglicht es, einen Text digital zu schwärzen und so nach Wortmaterial zu suchen, aus dem ein Gedicht entstehen kann. Dieses Vorgehen ersetzt eine künstlerische Bearbeitung einer Buchseite (vgl. Abb. 4) nicht, kann jedoch als Entwurf den Schreibprozess unterstützen. Mit digitalen Verfahren können Buchseiten durch Augmented-Reality-Inhalte ergänzt werden: Hält man beispielsweise auf einem Smartphone die Lego-App über eine Seite des Lego-Katalogs, sieht man die abgebildeten Modelle aufgebaut, die Figuren spielen zudem kleine Szenen darauf. Mit einfachen Hilfsmitteln können solche AR-Ergänzungen auch für Buchseiten eines Romans erstellt werden.40

Versteckte Verse (versteckteverse.glitch.me)

 Webseite, auf der Blackout Poetry mit eigenen (digitalen) Texten erstellt werden kann

 Produkte lassen sich herunterladen und speichern bzw. ausdrucken

[40]Blackout Poetry zeigt, dass produktionsorientierter Literaturunterricht zu attraktiven und multimedialen Schreibaufträgen führen kann – es handelt sich um eine Art kreative Form materialgestützten Schreibens. Digitale Hilfsmittel erweitern einerseits die Handlungsmöglichkeiten bei der Bearbeitung solcher Schreibaufträge, andererseits ermöglichen sie eine Reflexion des Leitmedienwechsels. Eine Buchseite ist in Zeiten von Augmented Reality mehr als eine physische Seite: Sie kann auch ein Code sein, mit dem Inhalte im Netz abgerufen und auf einem Display sichtbar gemacht werden.

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9783159617428
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